„Die Kirchen mystifizieren
Israel und verteidigen so seine Politik“
Die Theologen Peter Bingel
und Winfried Belz attackieren in scharfer Form die
protestantische Nach-Auschwitz-Theologie
Arn Strohmeyer
Ich
muss gestehen, dass ich in der Vergangenheit oft
ziemlich rat- und hilflos war angesichts der Haltung von
Theologie und Kirchen in Deutschland zum
Nahost-Konflikt, vor allem angesichts ihrer Position zu
Israels verbrecherischer Politik gegenüber den
Palästinensern. Naiver Weise hatte ich als Nichtinsider
angenommen, dass Theologie und Kirchen – vor allem als
Konsequenz aus dem Holocaust – automatisch im Sinne der
Bergpredigt immer auf der Seite der Schwächeren,
Beraubten und Unterdrückten (der „Mühseligen und
Beladenen“) stehen und dass sie sich überall da
protestierend zu Wort melden müssten, wo Moral,
Menschenrechte und Völkerrecht in schlimmster Weise
verletzt werden. Dass ich mit dieser Annahme einem
fatalem Irrtum aufgesessen war, weiß ich, seitdem ich
das Buch „Israel kontrovers. Eine theologisch-politische
Standortbestimmung“ von Peter Bingel und Winfried Belz
gelesen habe. Dieses kleine Taschenbuch von 173 Seiten
hat es im wahrsten Sinne des Wortes in sich, denn es ist
eine Generalabrechnung mit der protestantischen
Nach-Auschwitz-Theologie.
Die Autoren nehmen die
verschiedensten Ausprägungen des Begriffs „Israel“ in
religiösen Institutionen und Strömungen in Augenschein,
um so die jeweils gemeinten Israel-Realitäten zu
erfassen. Das ist unbedingt nötig, denn schon bei der
Auslegung des Wortes „Israel“ lassen sich unzählige
begriffliche Unschärfen, die bis zu Täuschungen und
Lügen gehen, feststellen. Hier Klarheit zu schaffen ist
das erste Anliegen der Autoren. Denn der Begriff Israel
kann für ein Volk, ein Land und einen Staat stehen,
wobei die Begriffe nicht nur politisch, sondern auch
religiös verstanden werden können, eben im Sinne der
jüdischen Religion. Der Begriff Israel – verstanden als
Volk Israel – stammt natürlich aus der Bibel und
aus der Geschichte von Judentum und Christentum. Nur
hier wird das jüdische Volk „Israel“ genannt.
Heute bezeichnet das Wort
als internationaler und säkularer Begriff den
israelischen Staat. Dieser Staat zieht seine
Legitimation und sein Existenzrecht aus der
UNO-Resolution 181 vom 29.11.1947, der zufolge in
Palästina zwei Staaten entstehen sollten: ein jüdischer
und ein arabischer. Der Staat Israel bleibt aber
politisch weiterhin äußerst umstritten, weil er eine
„moralisch höchst fragwürdige Basis hat, denn seine
ganze Geschichte ist mit extremer Gewalt und massivem
Unrecht gegen die einheimische arabische Bevölkerung
verbunden“, schreiben die Autoren. Zudem nimmt Israel im
Bereich der Menschenrechte und des Völkerrechts ein
exklusiv eigenes Recht in Anspruch, das es international
in der Staatengemeinschaft gar nicht gibt. Außerdem hat
Israel wegen seiner expansionistischen Politik auch nach
über 60 Jahren Existenz noch keine festen Grenzen. Wegen
der Diskriminierung der palästinensischen Staatsbürger
(immerhin 20 Prozent der Bevölkerung) ist auch der
Anspruch dieses Staates, eine Demokratie zu sein (sogar
die „einzige im Nahen Osten“!) höchst umstritten.
Spricht man vom Land
Israel, muss man zuerst an das international anerkannte
Staatsgebiet Israels denken, dessen Grenze die
Waffenstillstandslinie von 1949 war – die sogenannte
„Grüne Linie“, die aber von Israel heute nicht mehr
anerkannt wird. Mit Land Israel kann man aber auch die
biblischen Vorstellungen vom Territorium des damaligen
jüdischen Volkes meinen, die aber nicht historisch
sondern eher mythologisch zu verstehen sind, denn ein
jüdisches Großreich hat es – wie von den Zionisten
behauptet – nie gegeben. Unter Eretz Israel ist
das ganze Palästina westlich des Jordan und darüber
hinaus zu verstehen, das der Zionismus für sich
beansprucht. Auf offiziellen israelischen Landkarten
gibt es das besetzte Westjordanland bereits nicht mehr,
es ist als israelisches Staatsland bereits annektiert.
Das Land Israel ist
auch für die jüdische Religion von großer Bedeutung.
Denn es ist die Region, die den Juden nicht nur von
ihrem Gott versprochen wurde, es ist auch der Ort auf
den das messianische Ziel der Weltgeschichte
ausgerichtet ist. Hier soll sich die Heilsgeschichte
durch das Kommen des Messias vollenden. Aber auch für
den jüdischen Nationalismus – den Zionismus – spielt das
Land Israel die zentrale Rolle. Es ist der
Mittelpunkt seines staatlichen Wirkens.
In diesem Sinne sprechen die
Autoren auch von drei ganz verschiedenen Phasen des
Judentums. Das erste Judentum umfasst die Einheit
von Volksgemeinschaft/ Ethnie und Religionsgemeinschaft.
Sein Zentrum lag in Palästina. Dieser Zeitabschnitt
reichte von der Zusammenführung der jüdischen Stämme bis
zum Jahr 70 u. Z. – der Zerstörung Jerusalems und des
zweiten Tempels durch die Römer. Schon vorher gab es
aber eine bedeutende jüdische Diaspora-Bevölkerung im
ganzen Mittelmeerraum. In der Zeit des zweiten
Judentums gibt es noch die Einheit von Volks- und
Religionsgemeinschaft, das Judentum hat aber keinen
politischen und kulturellen Mittelpunkt mehr in
Palästina. Dieser Abschnitt der jüdischen Geschichte
reicht vom Jahr 70 bis in das 20. Jahrhundert. Im
Zeitalter der Aufklärung im 18. Jahrhundert löste sich
die enge Bindung von Volks- und Religionsgemeinschaft
auf. Viele Juden wurden säkular und assimilierten sich,
andere sammelten sich in orthodoxen oder reformierten
Gemeinden.
In der Zeit des dritten
Judentums findet die vollständige Trennung von
Volks- und Religionsgemeinschaft statt, denn die
Zionisten gestalten ab dem Ende des 19. Jahrhunderts
eine neue Form des Judentums, das sich von der Nation
und der Ethnie her begreift, aber nicht mehr von der
Religion. Das politische und später auch das religiöse
Zentrum befindet sich nun in Palästina. Die Etablierung
der kolonisierenden zionistischen Siedlergesellschaft
findet aber auf Kosten der arabisch-palästinensischen
Bevölkerung statt, die immer mehr verdrängt, vertrieben
und ihres Landes beraubt wird.
Den Zionismus definieren die
Autoren folgendermaßen: Er ist eine „nationalistische
Ideologie, in deren Mittelpunkt das ‚Land‘ stand. Diese
Ideologie besagt: Das geografische Palästina ist nicht
das Land seiner bisherigen arabischen Bewohner, die seit
weit über tausend Jahren dort beheimatet sind und
zusammen mit einer kleinen Gemeinschaft von Juden dort
wohnten. Vielmehr ist es prinzipiell ‚unser‘ Land,
jüdisches Land. Dazu muss überhaupt nicht auf Religion,
auf das ‚gelobte‘ (also von Gott ‚versprochene‘) Land
Bezug genommen werden. Der zionistisch bestimmte Staat
Israel und seine Vertreter und Botschaften tragen
offiziell ‚Rechtsgründe‘ vor: Das jüdische Volk habe
‚ein natürliches und historisches Recht‘ auf dieses
Land. Der zionistische Geist sucht sich seine ‚Rechte‘
passend zu seiner Ideologie. In Wirklichkeit gibt es
derartige Rechte nicht im allgemeinen Völkerrecht, das
in den Statuten der Vereinten Nationen seinen Ausdruck
gefunden hat.“
Der an sich säkulare
Zionismus und die Gründung des Staates Israel
veränderten auch die jüdische Religion. Das „Land“, ein
Faktum, das in der jüdischen Religion der Antike eine
bedeutende Größe war, dann aber fast 2000 Jahre nur eine
spirituelle Rolle auf die messianische Endzeit hin
gespielt hat, trat nun wieder als „konkreter
Glaubensgegenstand ins Zentrum des religiösen
Judentums.“ Die Aussagen über das Land in der
Hebräischen Bibel (Altes Testament) bekamen also wieder
einen neuen Sinn. Es entstand eine neue Land-Theologie,
eine neue Land-Frömmigkeit, ein Land-Mystik, in deren
Mittelpunkt die Begriffe Eretz Israel und Land Israel
standen. Religion und nationale Politik gingen eine enge
Verbindung ein, was aber bedeutete, dass die jüdische
Religion in ihrer orthodoxen Gestalt zunehmend politisch
im Sinne von Machtpolitik wirkte.
Die Autoren beschreiben den
Grund für diese Entwicklung so: „Das beruht darauf, dass
Eroberung, Landraub und Vernichtung der einheimischen
Bevölkerung in der Hebräischen Bibel unmittelbar
vorgegeben sind – damals waren es die Kanaaniter, heute
sind es die Palästinenser, die gegenwärtig nur noch zehn
Prozent ihres ehemaligen Gebietes haben. Für das
orthodoxe religiöse Judentum in Israel gehören ‚Land‘
ebenso wie ‚Volk‘, nunmehr als Staatsvolk begriffen, und
damit der jüdische Staat zur Mitte des Glaubens und des
Handelns. Die Hebräische Bibel wird diesbezüglich
fundamentalistisch ausgelegt, am radikalsten von den
Militärrabbis und den Siedlerrabbis. Das Land ist
heilig, im Zweifelsfall heiliger als der Mensch. Das
Land wird ‚erlöst‘, ‚befreit‘ für Gott und das
Judentum.“
Jüdisch-religiöse Kräfte
bestimmen also zusammen mit nationalistischen Kräften
heute in Israel maßgeblich die Politik mit, wobei im
Westen kaum registriert wird, wie extremistisch die
herrschenden politischen Kräfte sind und wie anders das
Judentum dort ist im Vergleich zu dem in den westlichen
Ländern bekannten. Für dieses „andere“ nationalreligiöse
Judentum spielen das Internationale Recht und die
Allgemeinen Menschenrechte keine Rolle, es unterstützt
seit Jahrzehnten das zionistisch-nationalistische
Judentum in seiner Unterdrückungs- und Raubpolitik.
Wenn man die genauen
Begriffsbestimmungen von Volk, Land und Staat Israel im
Zusammenhang mit der Religion und in ihrer
geschichtlichen Veränderung nicht berücksichtigt und
auch übersieht, wie sich die jüdische Religion mit dem
radikalen jüdischen Nationalismus (Zionismus) verbunden
hat, muss das zu völlig irreführenden und
verhängnisvollen Schlussfolgerungen führen. Das ist die
Hauptthese der Autoren und an dieser Stelle setzen sie
mit ihrer Kritik an der Nach-Auschwitz-Theologie an.
Diese neue Theologie hat sich auch weitgehend in den
Landeskirchen durchgesetzt.
Der Nach-Auschwitz-Theologie
geht es vorrangig darum, die Unterschiede zwischen
Christentum und Judentum weitgehend zu nivellieren, wohl
um die Schuld der Kirchen – Stichworte: Antijudaismus
und Holocaust – aufzuarbeiten. Der Widerspruch entzündet
sich an der Gottesfrage, die für die politischen
Schlussfolgerungen von großer Bedeutung ist. So
behauptet die Nach-Auschwitz-Theologie, dass der Gott
des Neunen Testaments derselbe ist, von dem die
Hebräische Bibel spricht. Die Autoren setzen dem
entgegen: Der Gott des Neuen Testaments (der Vater Jesu
Christi) kann nicht der Gott der Hebräischen Bibel sein,
der etwa den vielfachen Mord an den Einwohnern
kanaanitischer Städte befohlen hat, um Platz für das
einwandernde Volk Israel zu machen.
Für die
Nach-Auschwitz-Theologie ist das im Alten Testament
gotterwählte jüdische Volk, mit dem der Gott Jahwe
seinen Bund schloss, mit dem heutigen jüdischen Volk
identisch. Es ist für sie ein Beweis der Treue Gottes,
dass das jüdische Volk bis heute existiert und 1948 in
Palästina seinen Staat gründen konnte. Auch das heutige
Volk Israel ist für diese Theologie in religiöser,
ethnischer und politischer Hinsicht noch „erwählt“, es
ist ein Volk des „Heils“. Mit anderen Worten: dem
historischen wie jetzigen Judentum – der jüdischen
Ethnie in Palästina und anderswo – und damit auch dem
heutigen Israel wird eine „heilsgeschichtliche
Bedeutung“ zugesprochen. Das bedeutet dann aber auch,
dass die Landverheißungen der Hebräischen Bibel volle
Gültigkeit haben.
Die Schlussfolgerungen einer
solchen Theologie, die religiöse und politisch-ethnische
Dimensionen vermischt, halten die Autoren mit Recht für
völlig unverantwortlich. Sie schreiben: „Diese
Gleichsetzungen übergehen alle zum Teil revolutionären
geschichtlichen Wandlungen und verleugnen die
gegenwärtigen politischen, soziologischen und religiösen
Realitäten. Der pauschale Israel-Begriff dieser
verfehlten Theologie hat keinen Boden in der
Wirklichkeit. Er ist weder theologisch noch politisch
mit der erforderlichen Klarheit anwendbar und behindert
jede angemessene ethische, das heißt menschen- oder
völkerrechtliche Stellungnahme. Die
Nach-Auschwitz-Theologie ist hinsichtlich des modernen
zionistisch-nationalistischen Israel mit seinem
säkularen Fundament und seiner unvertretbaren Politik
gegenüber den Palästinensern völlig blind.“
Und weiter schreiben die
Autoren: Es ist völlig klar, „dass das israelische
Judentum mit seinen Organisationen und Institutionen vor
und erst recht nach der Staatsgründung im Zusammenhang
mit der ‚Heimkehr‘ unendliches Leid über Millionen
arabische Menschen gebracht hat. Völkerrechtswidrig
besetzte, zerstörte, raubte und raubt der israelische
Staat fortschreitend palästinensisches Land. Er vertrieb
Hunderttausende, tötete Zehntausende, hält Millionen
arabisch-palästinensische Menschen unter brutaler
Besatzungsherrschaft und in absichtlich herbeigeführtem
Elend, um unter dem Vorwand von Sicherheitsinteressen
dem zionistischen Ziel, ganz Palästina zu einem
araberfreien jüdischen Land zu machen, immer näher zu
kommen. Den israelischen Landanspruch über die
Waffenstillstandslinie von 1949 hinaus von christlicher
Seite zu unterstützen, ist auf dem Boden christlicher
Ethik in keiner Weise zu rechtfertigen. (...) Die
Nach-Auschwitz-Theologie setzt jedoch in ihrer bewussten
Verdrängung aktueller ethisch-politischer Fragen –
konkret der Fragen des Völkerrechts und der
Menschenrechte – an die Stelle eines mit Recht beklagten
antijüdischen Rassismus implizit einen projüdischen
antiarabischen oder antipalästinensischen Rassismus.“
Das abschließende Urteil der
beiden Autoren lautet: „Wegen der falschen
Begrifflichkeit und der damit verbundenen Realitätsferne
sind alle theologischen und kirchlichen Beschlüsse und
Erklärungen der vergangenen Jahrzehnte zur Erneuerung
des Verhältnisses von Kirche und Israel ebenso wie die
zum Verhältnis von Christen und Juden im Kern verfehlt.“
Die katholische Theologie
und die Konzilsbeschlüsse betonen auch eine enge
geistliche Verbundenheit zwischen Christen und Juden,
weil der Gott des Alten Testaments auch der Gott Jesu
sei. Der Begriff Israel bleibt auch hier unscharf, wenn
von der „Heilsbedeutung Israels“ oder der „Heilszusage
Gottes an Israel“ die Rede ist. Zumeist wird unter
„Israel“ das biblische Judentum verstanden und vom
heutigen Judentum unterschieden, auf den Staat Israel
wird kein Bezug genommen – genauso wenig wie auf die
Beziehung zwischen Kirche und Juden und den Holocaust.
Hatte die katholische Kirche den Zionismus mit seinen
Bestrebungen in Bezug auf Palästina zunächst abgelehnt,
erkannte sie den Staat Israel später (1994) an, ohne ihm
aber eine theologische Bedeutung zuzumessen. Es wird
aber eine „geistliche Verwandtschaft“ mit der Kirche
betont; die Juden sind aber nicht mehr diejenigen, die
Jesus schuldhaft ablehnen.
Auffallend ist, dass die
katholischen Stellungnahmen etwas näher an der
politischen Realität sind und im Gegensatz zu den
protestantischen öfters auch die Lage der Palästinenser
ansprechen. Israel wird – etwa von Papst Johannes Paul
II. – ermahnt, einen gerechten Frieden mit den
Palästinensern zu suchen. Mehrmals wird in päpstlichen
Äußerungen auch die Gewalt der israelischen Politik
gegenüber den Palästinensern verurteilt – auch der Bau
der Mauer. Dem deutschen Papst Benedikt XVI. lagen die
Palästinenser offenbar besonders am Herzen. Er
solidarisierte sich bei seinem Besuch in Bethlehem mit
diesem „Volk in seiner Bedrängnis“ und unterstützte ihr
Verlangen nach einem eigenen Staat.
Völlig undifferenziert ist
das fundamentalistische Israel-Bild der Evangelikalen.
Für diese christliche Gruppe haben die Texte des Alten
Testaments wortwörtliche Geltung für die Gegenwart –
auch die Landverheißungen Gottes für das Volk Israel.
Das bedeutet: Der heutige Staat Israel wird zusammen mit
dem weltweiten Judentum völlig mit dem Israel des Alten
Testaments in eins gesetzt. Die Identifizierung mit dem
modernen Israel geht so weit, dass das „evangelikale
Christentum zum verlängerten Arm des politischen Israel
wird – einschließlich seiner Propaganda“, schreiben die
Autoren. Die menschenrechtlichen und völkerrechtlichen
Realitäten werden dabei völlig ausgeblendet. Die
Evangelikalen übernehmen sogar das Feindbild Israels,
den Hass auf die Araber und rechtfertigen mit den
Aussagen des Alten Testaments die zionistische
Landraubpolitik. Sie beten für Israels Regierungschef
Netanjahu und seinen Außenminister Lieberman, dass diese
keine Kompromisse entgegen den Absichten Gottes eingehen
...
Peter Bingel und Winfried
Belz haben ein sehr wichtiges Buch geschrieben, das auch
für Nicht-Theologen von größter Bedeutung ist. Der
Einfluss der Kirchen in der deutschen Gesellschaft ist
groß – auch auf die Politik. Eine konsequentere Haltung
Deutschlands gegenüber der israelischen Unrechtspolitik
hinsichtlich der Palästinenser gibt es nicht nur wegen
der NS-Verbrechen an den Juden nicht, sondern offenbar
auch weil der Begriff „Israel“ so intensiv mit
christlich-religiöser Bedeutung beladen ist. Gerade hier
scharfe und aufklärende Begriffsdefinitionen
vorgenommen zu haben, ist das Verdienst der Autoren. Man
kann nur hoffen, dass sich ihre Sicht durchsetzt, damit
das deutsche Israelbild endlich realistischere Konturen
erhält. Denn wie sie schreiben : „Wohl in keinem Bereich
der Welt gibt es so viele verzerrende Aussagen, wird so
viel getäuscht, vernebelt und gelogen wie dann, wenn es
um Israel geht.“ Ohne Entmythologisierung und
Entideologisierung des Begriffs Israel und seiner
Realität kann es keinen Frieden in der nahöstlichen
Region geben. Das machen die Autoren in ihrem Buch
überzeugend deutlich.
Peter Bingel/Winfried Belz:
Israel kontrovers. Eine theologisch-politische
Standortbestimmung, Rotpunkt Verlag Zürich 2013, 12 Euro