Die „Israelisierung der Welt“
als Modell für die Zukunft?
Wie der zionistische Staat aus seiner Unterdrückung und
Kontrolle der Palästinenser einen begehrten Exportartikel
macht und welche Rolle die Propaganda bei der Verhüllung der
Besatzungsrealität spielt
Arn Strohmeyer
Eine deutsche Talkshow an einem Freitagabend. Da sitzen
Gäste aus Israel, ein paar deutsche Promis, darunter ein
deutscher Schauspieler, der als „harter Hund“ gilt. Die
Gäste aus Tel Aviv bringen das Gespräch auf ihre
„wunderbare“ Stadt, die voll von brodelndem Leben sei. Die
Runde nickt und ist sich in der Beurteilung Israels völlig
einig: Ein großartiges Land, wenn da nicht die Bedrohung
durch die Feinde von außen und die Terroristen (also die
Palästinenser) im Inneren wäre, die Israel „plattmachen“ und
das an sich schöne und friedliche Leben dort aus den Angeln
heben wollten. Dagegen müssten die Israelis sich natürlich
wehren – „Selbstverteidigung“ nennen sie das. Die Runde
nickt, kein Widerspruch. Ja, das ist die Realität im
„Heiligen Land“!
So wird im deutschen Fernsehen ein Staat dargestellt, der
sich nur gründen konnte, weil er 1948 ein großes Verbrechen
(eine ethnische Säuberung) an der einheimischen Bevölkerung
(den Palästinensern) beging und die Hälfte dieses Volkes
(800 000 Menschen) aus ihrer Heimat vertrieb, ihr Eigentum
konfiszierte und ihre Gesellschaft und Kultur zerstörte. Die
Vertreibung und der Landraub gingen weiter und dauern bis
heute an. Gerade hat das israelische Parlament (die Knesset)
das „Nationalstaatsgesetz des jüdischen Volkes“
verabschiedet. Dieses Gesetz diskriminiert alle anderen in
Israel lebenden Volksgruppen und hat deshalb
Apartheidcharakter.
Hier der Inhalt des Gesetzes:
· Israel ist die ausschließliche „historische“ und
„nationale Heimat“ des jüdischen Volkes;
· nur Juden haben das Recht, nationale Selbstbestimmung in
Israel auszuüben;
· Jerusalem ist die ungeteilte Hauptstadt Israels;
· die offizielle Sprache in Israel ist Hebräisch, Arabisch
hat nur noch einen niederen Status;
· die jüdischen Siedlungen in den besetzten
palästinensischen Gebieten [die völkerrechtlich illegal
sind] haben „nationalen Wert“ und werden vom Staat
gefördert.
Dieses Nationalstaatsgesetz stellt rechtlich die Juden über
alle nicht-jüdischen Bürger im Land, es hat deshalb
diskriminierenden Charakter und macht sie zu Bürgern zweiter
Klasse. Das betrifft vor allem die Palästinenser, die 20
Prozent der israelischen Bevölkerung ausmachen, aber auch
Drusen und Christen. Kritiker bezeichneten das Gesetz denn
auch als „rassistisch“. Der israelische Anthropologe Jeff
Halper schreibt: „Das neue Nationalstaatgesetz macht die
Realität israelischer Apartheidpolitik deutlich und
offiziell. Es gibt jetzt zwischen Mittelmeer und Jordan ein
Apartheidregime.“
Die auch in Deutschland bekannten israelischen
Schriftsteller Amos Oz und David Grossmann sprachen im
Zusammenhang mit diesem Gesetz von „Diskriminierung“ aller
nicht-jüdischen Gruppen und forderten die Regierung auf,
diese „Sünde zu beseitigen“. Der Dirigent Daniel Barenboim,
der die israelische Staatsangehörigkeit besitzt, sagte nach
der Verabschiedung des Gesetzes: „Ich schäme mich heute, ein
Israeli zu sein!“
Die Realität im „Heiligen Land, wie sie nicht in Talkshows
vorkommt, ist: Palästinenser in den besetzten Gebieten – dem
Westjordanland und dem Gazastreifen, also im israelischen
Herrschaftsbereich – werden hinter hohen Mauern und Zäunen
weggesperrt, überflüssige Menschen eben, die man in kleinen,
voneinander abgetrennten Reservaten (Bantustans)
eingeschlossen hat, um sie besser kontrollieren zu können.
Und wenn sie aufmucken und ihr Recht auf Selbstbestimmung
und Humanität einfordern, dann werden ihre friedlichen
Demonstrationen brutal niedergeschlagen wie in der zweiten
Intifada in den Jahren 2000 – 2002 oder von den
Scharfschützen der israelischen Armee abgeknallt wie jetzt
an der Grenze zum Gazastreifen geschehen. Die Menschen dort
sind seit über einem Jahrzehnt durch die israelische
Belagerung von der Außenwelt völlig abgeschnitten und sind
dazu verurteilt, ein erbärmliches Armuts- und Elendsdasein
zu führen. Selbst kritische Israelis – wie der israelische
Historiker Ilan Pappe und der Journalist Gideon Levi von der
Zeitung „Haaretz“ – sprechen vom „größten Freiluftgefängnis
der Welt“.
Die Besatzung in den von Israel okkupierten Gebieten sieht
so aus: Mauern, Elektrozäune und Checkpoints nehmen den
Palästinensern jede Bewegungsfreiheit, ihr Leben wird von
der israelischen Besatzungsmacht vollständig überwacht;
nächtliche Razzien und Verhaftungen sind an der
Tagesordnung. In israelischen Gefängnissen sitzen Tausende
von Palästinensern ein, darunter Hunderte von Kindern.
Geständnisse werden mit Folter erpresst. Administrativhaft
macht es möglich, dass Häftlinge Jahre lang im Gefängnis
ohne Anklage auf ihren Prozess warten müssen.
Der Raub palästinensischen Landes für den Bau neuer
jüdischer Siedlungen geht weiter, die jüdischen Siedler
terrorisieren die noch verbliebenen Palästinenser, zerstören
ihre Felder und Olivenhaine. Auch der Abriss
palästinensischer Häuser wird fortgesetzt. Seit 1948 hat
Israel über 120 000 Häuser von Palästinensern zerstört, in
den besetzten Gebieten seit 1967 circa 60 000. Das Ziel
Israels ist es, das gesamte Land und seine Ressourcen in
seinen Besitz zu nehmen und die verbleibenden Palästinenser
entweder zu vertreiben oder sie in kleine Enklaven
abzudrängen.
Rund 4,5 Millionen Menschen im israelischen
Herrschaftsbereich sind ohne bürgerliche und politische
Rechte und völlig der Willkür ihrer Besatzer ausgeliefert.
Und die israelische Justizministerin Ajelet Shaked kann das
sogar öffentlich rechtfertigen: Der Zionismus habe sein
eigenes Recht und seine eigene Moral und fühle sich den
universalen Menschenrechten und dem Völkerrecht nicht
verpflichtet.
Das ist die reale Situation, man kann sie nicht beschönigen.
Aber der israelische Staat tut alles, sie in positives Licht
zu stellen, als sei alles ganz anders und völlig normal und
in Ordnung. Die Kluft zwischen schlimmer Realität und
idealem Anspruch wird mit der Hasbara (der Staatspropaganda)
überbrückt. Danach gibt es gar keine Besatzung mehr. Die
israelischen Medien berichten nicht über sie, und so
entsteht bei den Menschen der Eindruck, ja die Gewissheit,
es gibt sie gar nicht! Das Unrecht, das im israelischen
Herrschaftsbereich täglich geschieht, wird mit ganz eigenen
Sprachschöpfungen im Stil von „1984“ aus der Welt geschafft.
Der israelische Publizist Uri Avnery hatte schon vor Jahren
darauf hingewiesen: „Die israelischen Führer haben seit
Beginn des Zionismus gewusst, dass ihre politische Vision
ein großes Maß an Tarnung benötigt. Es ist unmöglich, ein
Land wie Palästina zu übernehmen, das von einem anderen Volk
bewohnt wird, ohne das Ziel zu vertuschen und seine Taten
vor Ort hinter einem Schirm blumiger Worte zu verbergen.“
Geht es um die Darstellung der eigenen Politik und des
militärischen Vorgehens wird der euphemistische
„Weichspüler“ eingeschaltet. Der israelische Journalist
Jonathan Mendel hat eine Fülle solcher täglich gebrauchten
Begriffe aufgeführt. Wenn etwa Palästinenser bei einer
Auseinandersetzung getötet oder verletzt werden, heißt es –
zumeist ohne Angabe der Quelle der Information – , dass „die
Palästinenser etwas behaupteten“, was den Wahrheitsgehalt
der Aussage natürlich mindern soll. Palästinenser werden nie
von israelischen Soldaten ermordet oder getötet, sie „finden
den Tod“ – als hätten sie ihn gesucht. Nehmen die
Palästinenser einen Israeli gefangen (etwa den Soldaten
Gilad Shalit), wird er „entführt“. Holen Israelis nachts
Palästinenser aus dem Bett und führen sie ab (was sehr oft
vorkommt), werden sie „verhaftet“ – was völlig willkürlich
und ohne jeden Haftbefehl geschieht.
Die israelische Armee, schreibt Mendel, ergreift nie die
Initiative, sie entscheidet nie über einen Angriff oder eine
Militäraktion, sie reagiert immer nur: auf Qassam-Raketen
und Terrorakte – eben auf palästinensische Gewalt. Die
israelische Armee ist „gezwungen“ zu kämpfen, Häuser zu
zerstören, Palästinenser zu erschießen.“ Für keine dieser
Aktionen sind die Soldaten selbst verantwortlich. „Die
Tatsache, dass ihre Aktionen – Ausgangssperren,
Verhaftungen, Belagerung auch vom Meer her, das Schießen und
Töten die Hauptursachen für die Aktionen der Palästinenser
sind, scheint die Medien nicht zu interessieren.“
Wenn die israelische Armee überfallartige Aktionen in die
besetzten Gebiete unternimmt, sind das reine „Akte der
Selbstverteidigung“. Palästinenser verteidigen sich dagegen
aber nie selbst, sie begehen „terroristische Aktionen“.
Israel verkündet immer wieder, dass es palästinensische
Gefangene entlassen will, aber „nur solche ohne Blut an den
Händen“. Israelis haben aber niemals „Blut an den Händen“.
Israelis leiden auch, sind offenbar „leidensfähig“ (etwa
nach Verlusten oder Verletzungen der eigenen Leute),
Palästinenser leiden dagegen nie, sind hartherzig und
„strapazierfähiger“. Das Wort „Besatzung“ kommt – wie
erwähnt – im Sprachschatz der israelischen Medien so gut wie
nicht vor, „Vertreibung“ wird zum „Transfer“. Die besetzten
Gebiete hießen zuerst „verwaltete“ oder „umstrittene“
Gebiete, dann nach dem Alten Testament „Judäa“ und „Samaria“,
heute werden sie einfach nur noch als die „Gebiete“
bezeichnet. Auf offiziellen Landkarten sind sie längst
israelisches Staatsgebiet.
Die Juden sind nach zionistischer Auffassung – so Mendel –
immer die Opfer, das ist auch der Grund, dass Israel stets
nur in „Selbstverteidigung“ handelt, und die Palästinenser
sind immer die Angreifer, die Bösen, sie sind grundsätzlich
aggressiv. Abraham Burg resümiert diese sprachliche Praxis
so: „Aber wir dürfen nicht ignorieren, dass die moderne
hebräische Sprache verharmlosende, beschönigende Begriffe
benutzt, um eine arrogante, gewaltgeprägte und sogar
rassistische Einstellung zum arabischen Feind zu
kaschieren.“ Und : „Beschönigende, verharmlosende Worte
ermöglichen uns, schmutzige Realitäten als sauber
wahrzunehmen. Diese Methode haben wir nicht erfunden, aber
verbessert, als ob wir nichts von den Bösen gelernt hätten,
die vor uns die Sprache beschönigt haben.“
Äußerst zynisch und menschenverachtend sind im Übrigen auch
die Bezeichnungen der großen israelischen Militäraktionen
gegen die Palästinenser. Diese Unternehmen, die Tod und
Zerstörung bringen, haben oft sehr positiv klingende und
bisweilen sogar lyrisch anmutende Namen: so „Schutzschild“
(die Invasion 2002 ins Westjordanland, die die gesamte
Infrastruktur des besetzten Gebietes zerstörte). Oder die
Einfälle oder Bombardierungen des Gazastreifens: „Erster
Regen“, „Sommerregen“, „Herbstwolken“ und „Gegossenes Blei“.
Letztere war die Bezeichnung des Überfalls auf den Streifen
an der Jahreswende 2007/08, die wohl Assoziationen an
Bleigießen zu Silvester im trauten Familienkreis wecken
sollte. Der Überfall auf Gaza 2014 hieß „Protective Edge“,
„Starker Fels“.
Eine noch radikalere Analyse der Medien nimmt der
israelische Historiker Ilan Pappe vor. Er spricht von einer
regelrechten „Militarisierung der Medien“ und sieht eine
frühe, sehr enge Kooperation mit dem Militär, die so weit
gehe, dass jede wesentliche Kritik oder alternative
Denkansätze gebremst würden. Die Unterordnung der Medien
unter das Militär ginge bis zur Korruption. Er führt das
Beispiel der zweiten Intifada an. Bei diesem (zunächst
gewaltlosen) Aufstand der Palästinenser hätten es die Medien
der Armee erlaubt, zur einzigen Quelle von Informationen und
Interpretationen zu werden: „Die elektronischen und die
Printmedien versorgten ihre Leserschaft mit einem
eindimensionalen und verzerrten Bild der Realität. Die
Botschaft war simpel: Israel befand sich wieder einmal im
Krieg gegen einen barbarischen Gegner, der ohne Grund
angegriffen hatte.“ Friedliche Proteste der Palästinenser
seien als „Anschläge auf die Soldaten“ dargestellt worden.
Reporter vor Ort hätten die Lage ganz anders beschrieben.
Aber ihre Berichte seien in den Redaktionen an das verlangte
Bild angepasst worden. Pappes Schlussfolgerung: Israels
Medien sind zumeist tendenziös und nationalistisch und
belieferten Leser, Zuschauer und Zuhörer zumeist mit
verfälschten Berichten und Bildern. Sie seien von Hass,
Angst und Ignoranz angetrieben und übernähmen völlig
unkritisch und mit vorauseilendem Gehorsam Darstellungen und
Interpretationen der Regierung und des Militärs.
Das Ziel jeder Propaganda-Sprache, die die Wirklichkeit so
schönfärberisch verstellt, ist, eine neue Wirklichkeit zu
schaffen. Die israelische Propaganda arbeitet auf diese
Weise sehr erfolgreich, weil es ihr wirklich gelingt, die
verheerende Wirkung der israelischen Politik zu vertuschen.
Mit der Mystifizierung des Konflikts durch seine Umdeutung
zum klassischen kolonialen Kampf zwischen zivilisierten
(weißen) Menschen des Westens gegen (dunkelhäutige) Barbaren
schafft die israelische Propagandasprache es, den Kern des
Problems, das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung
in ihrem historischen Heimatland zu vernebeln, die
Täter-Opfer-Kategorien zu verwischen und so jede
Verantwortung für den Konflikt von sich zu weisen.
Der größte Erfolg, den die israelische Propaganda erreicht
hat, ist das vollständige Verschwindenlassen der ethnischen
Säuberung von 1948/49 (der Nakba) aus dem weltweiten
öffentlichen Gedächtnis. Für Abraham Burg ist die
Propaganda-Sprache Israels der Sprache des Todes erheblich
näher als der Sprache des Lebens. Der israelische
Schriftsteller David Grossmann schrieb: „Ein Staat in
Aufruhr erfindet ein neues Vokabular für sich. Israel ist
nicht der erste Staat, der das tut, (...) aber es ist
empörend, Zeuge der allmählichen Entstellung zu werden. Nach
und nach wird eine neue Gattung rekrutierter, betrügerischer
Worte entwickelt: Worte, die ihre ursprüngliche Bedeutung
verloren haben, Worte, die die Realität nicht beschreiben,
sondern zu kaschieren suchen.“ Israel praktiziert also seit
langem, was neuerdings als „fake news“ bezeichnet wird.
Diese israelische Form der Selbstdarstellung hat inzwischen
viele Nachahmer gefunden – man denke nur an US-Präsident
Trump und seine eigenwillige Sicht auf die Realität und
seine ständige Produktion von „fake news“. In diesem und
noch einem anderen Zusammenhang – dem „Kampf gegen den
Terrorismus“ – ist der Begriff der „Israelisierung der Welt“
aufgekommen. Zum ersten Mal hat ihn der französische
Journalist Christophe Ayad benutzt, der Ende 2016 in der
renommierten Pariser Tageszeitung „Le Monde“ einen Artikel
unter dieser Überschrift veröffentlich hat. Ayad leitet bei
dem Blatt das außenpolitische Ressort. Und den Vorwurf des
Antisemitismus kann man weder ihm noch seinem Blatt machen.
Worum geht es, wenn man von der „Israelisierung der Welt“
(und besonders Deutschlands) spricht? Es ist eine Sicht, bei
der unter völliger Vernachlässigung des Völkerrechts und der
Menschenrechte allein das Recht des Stärkeren und die
Sicherheit durch totale Kontrolle im Vordergrund stehen.
Soll heißen: Der zionistische Staat hat aus dem eigentlich
politischen Problem – dem Konflikt mit den Palästinensern,
die gegen einen brutalen Besatzer und Unterdrücker für ihre
Freiheit und politische Selbstbestimmung kämpfen – ein
System der perfekten Überwachung und Sicherheit gemacht, das
mit allen nur denkbaren technologischen und
geheimdienstlichen Mitteln durchgeführt wird.
Die Palästinenser sind in der israelischen Vorstellung keine
Menschen, sondern von Natur aus Attentäter, eben
„Terroristen“, die man deshalb lückenlos und ständig
kontrollieren muss. Dass Demokratie, Liberalität und
Rechtsstaatlichkeit bei einem solchen Vorgehen auf der
Strecke bleiben, versteht sich von selbst. Das politische
Establishment Israels interessiert das aber wenig oder gar
nicht, viel wichtiger ist ihm der wirtschaftliche Vorteil,
den es aus dieser Unterdrückungspolitik ziehen kann. Vor
Jahren schon wurde bekannt (vor allem durch den israelischen
Dokumentarfilm „Das Labor“), dass Israels bedeutende
Rüstungsindustrie seine Produkte mit dem Gütesiegel „In der
Praxis erprobt“ in alle Welt exportiert, was heißt: in der
Auseinandersetzung mit den Palästinensern, die dabei die
Versuchskaninchen abgeben müssen.
Jeff Halper beschreibt den Profit, den der zionistische
Staat aus dem Verkauf seiner inzwischen sehr begehrten
Sicherheits- und Kontrollprodukte, macht, so: „So kann
Israel seinen endlosen Kampf gegen die Palästinenser/innen
in einen gefragten Exportartikel verwandeln. Israel wirbt
mit seinem Image als die führende Autorität – als ‚der‘
Staat, an den man sich wenden muss – im Krieg gegen den
Terror. Es hat seinen ewigen Konflikt mit den
Palästinensern/innen in einen Marktvorteil verwandelt – und
das ist sogleich ein Vorteil für seine Sicherheitspolitik.
Israel exportiert mehr als nur Waffen, Sicherheits- und
Überwachungssysteme, Aufstandsbekämpfungs- und
Antiterrorinstrumente, Modelle der Bevölkerungskontrolle
oder Polizeitaktiken. Israel verkauft und wirbt für etwas,
was viel weiter geht und viel gefährlicher ist: einen
Sicherheitsstaat, der Sicherheit über alles andere stellt
und der Demokratie und Menschenrechte in einer Welt des
Terrors als ‚liberalen Luxus‘ betrachtet (und dabei wird
jeder Widerstand, ganz gleich, ob er sich gegen
Unterdrückung oder gegen kapitalistische Ausbeutung richtet,
schnell unter der Rubrik ‚Terrorismus‘ eingeordnet. (…) In
einem der vielleicht größten Akte von Chuzpe der Geschichte
präsentiert Israel sich gegenüber Ländern wie Deutschland
als das Modell der Zukunft.“
Dieses Modell ist außerordentlich erfolgreich; Regierungen
aus der ganzen Welt suchen bei Israel Rat und Hilfe. In
einer Zeit, in der sich die liberale Demokratie durch den
Vormarsch der Rechtspopulisten in der Defensive, ja in der
Krise befindet, ist das israelische Konzept des totalen
Sicherheits- und Überwachungsstaates Wasser auf die Mühler
der Feinde der Demokratie. Deutschland, das aus historischen
Gründen, zu Israel eine „Sonderbeziehung“ unterhält und auf
so gut wie allen Gebieten mit diesem Staat auf das Engste
zusammenarbeitet, muss sich fragen, ob es dieses Modell der
„Israelisierung“ akzeptieren oder am Prinzip der liberalen
Demokratie festhalten und es ausbauen will. Die
„Israelisierung der Welt“ ist ein sehr gefährliches Symptom
der Krise des Westens insgesamt.
Was die deutschen Talkshows angeht: Könnte man nicht einmal
auch einen Palästinenser/in einladen, der/die die Sicht
dieser Menschen vortragen kann? Zum Beispiel einen Bewohner
des Gazastreifens, der erzählen kann, was elf 11 Jahre
israelische Blockade und drei furchtbare Kriege für die
Menschen dort bedeuten?
18.09.2018
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