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Vor zwei Wochen versuchten zwei Mitglieder der Gruppe Palästina Forum Kontakt aufzunehmen mit dem Kulturzentrum Klapperfeld in Frankfurt zwecks Feststellung, ob man dort die Ausstellung zur Administrativhaft in Israel ausrichten könnte. Hier die Stellungnahme des Kulturzentrum und die Antwort von Abraham Melzer.


Stellungnahme des Kulturzentrum


Vor zwei Wochen waren zwei Vertreterinnen von euch bei uns im selbstverwalteten Kulturzentrum Klapperfeld auf dem Plenum mit einer Anfrage. Diesbezüglich wollen wir euch nun mitteilen, dass wir die Ausstellung des Vereins Handala E.V. zur Administrativhaft in Israel nicht im selbstverwalteten Kulturzentrum ehemaliges Polizeigefängnis Klapperfeld zeigen wollen. Dieser Entscheidung liegt eine Diskussion im Plenum vom 25.02.2014 zugrunde, deren Argumentation wir euch hier darstellen wollen.

Auseinandersetzungen mit den Formen staatlicher Repression zu führen ist für uns im Klapperfeld eine Thematik, die uns für unsere politische Tätigkeit an diesem Ort sehr naheliegt. Daher finden wir eine Auseinandersetzung mit dem Thema Administrativhaft grundsätzlich interessant.
Für die Auseinandersetzung mit der Ausstellung des Vereins Handala zur Administrativhaft in Israel fehlte uns allerdings eine Kenntnis der Ausstellungsinhalte. Dieser Umstand ist aber nicht der Grund für unsere Ablehnung eurer Anfrage.

Offen gesagt sind wir nicht bereit weder mit Handala E.V. noch mit dem Palästina Forum FFM eine Ausstellung zur Administrativhaft in Israel und ein damit verbundenes Begleitprogramm in den Räumen des Klapperfeld durchzuführen. Dies aus folgenden Gründen:
Die Positionierungen beider Gruppen zum Nahostkonflikt finden wir problematisch und unvereinbar mit unseren grundlegenden Einstellungen zu politischen Zielen und Zwecken unserer Arbeit im selbstverwalteten Kulturzentrum Klapperfeld.

Die Situation der als Palästinenser_innen lebenden Menschen wird von beiden Gruppen ausschliesslich als Resultat der Politik des Staates Israel verhandelt. Eine historische Einordnung der Bedingungen der Existenz des Staates Israel findet aus dieser Perspektive nicht statt. Zudem erkennen wir, in der Weise wie sich von Seiten beider Gruppen beider auf den Staat Israel und sein Verhältnis zur Situation der Palästinenser_innen bezogen wird, Denkmuster welche antisemitische Stereotype beinhalten.

Auch wenn Handala E.V. keine expliziten Aussagen zur israelischen Politik tätigt, in denen antisemitische Denkmuster auftreten, finden wir bei Handala E.V. implizite Bezüge auf antisemitische Projektionen gegenüber Israel. Handala E.V. bezieht seinen Namen von der Comicfigur des Jungen Handala, der von dem palästinensischen Cartoonist Naji Al-Ali entworfen wurde. Handala E.V. schreibt dazu „'Handala' ...ist ein Sympbol für die palästinensische Machtlosigkeit gegen die Besatzung Israels.“

Wir haben uns Comics von Al-Ali angesehen, die auf www.handala.org zu finden sind und stellen fest, die Comicfigur Handala stellt sich vor allem als Botschafter einer Deutung des Geschehens in Israel und Palästina dar, die auf antisemitischen Stereotype zurückgreift.
Einige Beispiele dieser Cartoons und ein vergleichender Blick auf die Geschichte antisemitischer Karikaturen – machen dies eindeutig: Mit Davidsternen markierte Figuren werden ausschliesslich mit hakigen Nasen porträtiert. In anderen Bildern wird die Durchsetzung einer UN-Resolution als Fußballspiel dargestellt, doch das Erreichen des Ziels, der Torschuss ist verhindert einmal durch eine Mauer, einmal durch ein Spinnennetz in deren Mitte sich jeweils ein Davidstern befindet. In einem weiteren Bild wird die selbe UN-Resolution als Cremetube dargestellt, die Comicfigur Handala tritt auf die Tube und stellt dar: Aus der Tube kriecht eine Schlange, die mit Davidsternen markiert ist. Müssen wir dazu wirklich noch etwas sagen? Die Symbolisierung von Juden als Ungeziefer, ist ein klassisches Bild aus der Geschichte des Antisemitismus; die Rede von der Macht der Juden oder in diesem Fall gleichgesetzt – Israels über die Politik der Vereinten Nationen ist eine Idee, die dem Wahnsinn derer entspringt, die sich antisemitisch die Welt deuten.

Auch wenn sich die Bilder selbst auf der Homepage von Handala E.V. nicht wiederfinden, halten wir deren Bezug auf die Figur Handala für problematisch. Eine Auseinandesetzung mit dem Antisemitismus in den Comics scheint nicht stattzufinden bzw. keine Relevanz für Handala E.V. zu haben.

Ebenso problematisch finden wir eine einseitige Thematisierung der Situation der Palästinenser_innen und des Konflikts im Nahen Osten in den Veranstaltungen des Vereins Handala E.V. Hier erkennen wir ausschliesslich eine Thematisierung der Politik Israels. Eine Auseinandersetzung mit den anderen politischen Kräften welche die Situation der Palästinenser_innen bestimmen, scheint nicht in der Perspektive des Vereins
Handala zu liegen. Was ist eigentlich mit der Situation linker oder sonstwie emanzipatorisch eingestellter Menschen die unter der Herrschaft der Hamas-Milizen leben? Was ist mit der Situation der Menschen in den Flüchtlingslagern in Jordanien, denen dort grundlegende Rechte vorenthalten werden? Gehört die Auseinandersetzung mit der Situation dieser Menschen nicht zur Sache einer Propalästinensischen Gruppierung in Deutschland?

Auch beim Palästina Forum Nahost müssen wir eine Nähe zu antisemitischen Weltanschauungen feststellen. Das Palästina Forum lässt auf seiner Homepage unkommentiert Aussagen Dritter über einen Vergleich des Staates Israel mit dem rassistischen Apartheidsystem Südafrika stehen: „'Auch wenn Südafrika, im Gegensatz zu Israel, nie geplant hatte, die schwarze Bevölkerung aus dem Land zu vertreiben, so war es doch ein rigides, grausames und effizientes System der Rassentrennung und Diskriminierung eines anderen Volkes. Ähnlich, vielleicht aber raffinierter und hinterlistiger, ist das israelische System.' (aus dem Vorwort von Abraham Melzer, Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden)“.

Den Vorwurf sich antisemitischer Stereotype zu bedienen muss sich schliesslich auch ein jüdischer Publizist gefallen lassen. Hier wird nicht nur die Apartheid in Südafrika verharmlost. Es wird auch der Politik Israels ein bösartiger Charakter zugeschrieben. Müssen wir denn noch expliziter auf die Nähe dieser Charakterisierung zu antisemitischen Projektionen verweisen? Für uns ist das eindeutig: Eine Nichtkommentierung solcher Aussagen von Seiten des Palästina Forum Nahost ist auch ein Kommentar aus dem wir nur eine stillschweigende Zustimmung zu diesen Aussagen lesen können.

Wir könnten unsere Beispiele noch fortsetzen. Wir denken allerdings, dass diese Beispiele als symptomatisch für die in den beiden Gruppen vorherrschende Weltanschauungen gelesen werden können. Bezeichnend hierfür bleibt für uns auch die Äusserung einer Vertreterin des Palästina Forum Nahost in unserem Plenum, mit welcher sie die israelischen Behörden in Bezug auf die Adminstrativhaft mit der deutschen SS gleichsetzte.
 
Wenn Antisemitismus so leichtfertig in die eigene Sicht auf die Geschehnisse auf der Welt – insbesondere in Israel und Palästina Eingang finden kann, und eine Auseinandersetzung damit offenbar nicht stattfindet, sehen wir keinen Grund den beiden Gruppen Vertrauen in ihr Selbstverständnis zu geben, das mit unseren grundlegenden Einstellungen zu politischen Zielen und Zwecken unserer Arbeit im Klapperfeld vereinbar wäre. Für uns gehört dazu die Bereitschaft zur Reflexion auch des eigenen Selbstverständnisses in Bezug auf herrschaftsaffirmative Ideologien, wie u.a. Antisemitismus, Homophobie und Rassismus. Diese wäre für uns eine Grundlage einer sachlichen Auseinandersetzung mit der Thematik Adminstrativhaft in Israel, zu natürlich auch konträre Positionen gehören. Beim Palästina Forum Nahost und bei Handala E.V. hat so scheint es uns solche Reflexion keine wirkliche Relevanz.

Unser Eindruck schließt nicht aus, dass wir uns täuschten. Aber wir haben unsere Gründe dargelegt und die halten wir für stichhaltig. Dennoch bleiben wir nicht ohne Hoffnung, dass unsere Kritik an den Einstellungen, die wir in beiden Gruppen ausmachen, zumindest gelesen wird, vielleicht sogar Diskussionen innerhalb der Gruppen anregen kann.

Das Plenum der Initiative Faites Votre Jeu! -
Faites votre jeu! | Klapperfeldstraße 5 | 60313 Frankfurt
Infotelefon: 0163 9401683 | E-Mail: faitesvotrejeu@yahoo.com | Web: www.faitesvotrejeu.tk





Antwort von
Abraham Melzer - Sehr geehrte Frau Artur,


da Sie mich in Ihrem Pamphlet namentlich erwähnen, möchte ich auch direkt antworten. Schade nur, dass ich mich wieder mit „antideutschen“ Argumenten auseinandersetzen muss, die absurder und primitiver nicht sein können. Ich bin durchaus bereit mir Vorwürfe anzuhören, wenn diese berechtigt sind und sachlich vorgetragen werden. Ich lege aber keinen Wert darauf von Leuten belehrt und kritisiert zu werden, die nicht wissen wovon sie reden und schreiben. Es wäre schon nützlicher gewesen, wenn Sie Ihre lächerliche Diffamierung mit Fakten und sachlichen Argumenten belegt hätten, statt mir eine Nähe zu „antisemitischen Stereotypen“ vorzuwerfen, die Sie mit keinem Wort und keinem Beispiel belegen konnten. Dass in Südafrika ein Apartheidsystem herrschte ist wohl unbestritten und dass in Palästina ein grausames und effizientes System der Unterdrückung und Diskriminierung der Palästinenser herrscht, weiß inzwischen jedes Kind. Israel kann das selbst mit seinem gewaltigen Propagandaapparat nicht verheimlichen. Dass Sie aber in der Tatsache, dass ich beide Systeme vergleiche eine „antisemitische Stereotype“ sehen, ist weniger mein Problem als Ihres, denn gerade das zeigt mir, dass bei Ihnen und ihresgleichen überhaupt keine Bereitschaft und wahrscheinlich auch keine Fähigkeit zur Reflexion vorhanden sind. Sie beharren immer wieder auf Positionen, die aus dem Lehrbuch der israelischen Propaganda stammen, statt die Augen zu öffnen und zu sehen wie die Lage wirklich ist.

Ausgerechnet heute, am 13.3.2014, schreibt Haaretz im Beitrag der Redaktion, dass die Araber in Israel systematisch benachteiligt werden. Die öffentlichen Ausgaben für einen arabischen Bürger sind weniger als die Hälfte dessen, was man für einen jüdischen Bürger ausgibt. Die arabischen Gemeinden erheben 60% weniger Steuern, als jüdische Gemeinden, weil ihnen die Einnahme aus gewerblich genutzten Flächen fehlt, da die Regierung ihnen keine Gewerbeflächen genehmigt. Das ist nur ein Beispiel für Apartheid – es gibt noch viele weitere Beispiele, die man sehen kann, wenn man sehen will.

Eine Änderung zum Positiven kann im Nahostkonflikt erst dann erfolgen, wenn das Unrecht eingesehen worden ist, welches man dem palästinensischen Volk getan hat, wenn Leute wie Sie endlich einsehen und anerkennen, dass die Palästinenser anstelle der Deutschen den Preis für den jüdischen Holocaust bezahlt haben. Die Wiedergutmachung, die Deutschland bezahlt hat kann nicht wieder gut machen, dass das Lebensglück der Israelis dadurch erkauft wurde, dass ein anderes Volk, die Palästinenser, totunglücklich wurden. Und ich bin es leid mich mit Menschen auseinanderzusetzen, die niemals in Palästina waren und niemals mit Opfer und Täter gesprochen haben und ihr Wissen nur aus der überaus reichlich vorhandenen zionistischen Propaganda beziehen und das mit einer ziemlich verkorksten Ideologie vermischen, die zu nichts Gutem führt und nicht einmal lächerlich, sondern nur noch traurig ist.

Die Welt um Israel ändert sich täglich und auch Israel ändert sich, aber die blinden und tauben Freunde Israels wollen es nicht wahrhaben. Für sie ist Israel das ewige Opfer, auch wenn es längst schon Täter geworden ist.

Auch Sie scheinen zu jenen Leuten zu gehören, die besser zu wissen meinen, wovon Sie eigentlich nicht die geringste Ahnung haben. Sie geben zu, dass Ihnen eine „Kenntnis der Ausstellung fehlt“, gleichwohl maßen Sie sich an ein Urteil abzugeben, über die Ausstellung, über die Gruppen, die sie ausrichten wollen und nicht zuletzt über mich. Sie können sich vorstellen, dass ich nicht sehr amused bin darüber, dass Sie mich zum Kronzeugen für Antisemitismus machen und auch darüber, dass Sie den Palästina Forum ebenfalls in Ihre Antisemitismus Fantasien einbeziehen.

Sie beklagen sich, dass wir die Situation der „als Palästinenser/innen lebenden Menschen“ als Resultat der Politik des Staates Israel betrachten. Es wundert mich, warum Sie nicht in der Lage sind von Palästinenser/innen zu sprechen. Es sind demnach keine Palästinenser, sondern nur „als Palästinenser“ lebende Menschen. Das erinnert sehr an den berühmten Ausspruch der zionistischsten aller israelischen Ministerpräsidenten, Golda Meir, die behauptet hat: Ich kenne keine Palästinenser. Hier ist schon Ihre Sprache die Verräterin Ihrer Gedanken, als ob es in Wahrheit gar keine Palästinenser/innen gäbe und diese nur eine Erfindung der Antisemiten seien.

Ich beschäftige mich schon mein Leben lang mit dem Konflikt zwischen Araber und Israelis, ich bin in diesem Konflikt hineingeboren, und da ist es vielleicht möglich, dass mir entgangen ist, wer für die Situation der Palästinenser verantwortlich ist, obwohl mir in der Schule in Israel und später in der Armee sehr deutlich und gründlich beigebracht wurde, dass nur die Palästinenser allein schuldig sind, denn sie sind ja „freiwillig“ geflohen, während wir sie doch gebeten haben zu bleiben. Ich habe später erfahren, dass die Israelis für die Nakba und die Situation der Palästinenser verantwortlich sind. Sie aber wollen sagen, dass die Palästinenser selbst schuld sind, so wie Antisemiten uns weismachen wollen, dass die Juden selber verantwortlich für den Antisemitismus sind.

Ich erkenne es an, dass Sie sich gegen Antisemitismus und Antisemiten engagieren. Auch ich mag sie nicht. Aber noch weniger mag ich Philosemiten wie Sie, die Juden lieben, weil sie Juden sind und andere Semiten hassen, weil sie keine Juden sind. Ich bin Jude und dazu auch noch Israeli (obwohl ich schon längst auf meine israelische Staatsbürgerschaft verzichtet habe), ich habe sogar in der israelischen Armee gedient und weiß was ich weiß, was auch meine ehemaligen Kameraden wissen und wofür sich immer mehr Israelis schämen, auch ich. Wir haben es nicht nötig von Menschen wie Ihnen weißgewaschen zu werden, die nicht dabei waren, als wir nachts arabische Kinder, Frauen und Alte aus ihren Häusern vertrieben und auf Lastwagen verladen haben, um sie mehrere Kilometer entfernt wieder abzuladen, damit sie zu Fuß zurückgehen. Sinn der Aktion, nach Aussage der verantwortlichen Kommandeure war sehr simpel: Ihnen das Leben bitter zu machen, damit sie bald „von selbst“ abhauen. Ihre Schuld, die man ihnen vorwirft, ist, dass sie nicht abgehauen sind.

Sie werfen uns Heuchelei vor, weil wir uns angeblich nicht um die Situation anderer Palästinenser kümmern, die womöglich von der Hamas verfolgt werden oder solche, denen in Flüchtlingslager in Jordanien grundlegende Rechte vorenthalten werden. Als ob Sie und Ihre Freunde sich dafür wirklich interessieren. Wann haben Sie sich um deren Schicksal gekümmert? Und was, wenn deren Schicksal auch eine Folge der Vertreibung und Verfolgung durch die Israelis ist?

Am meisten amüsiert es mich, dass Sie mir den Vergleich mit der Apartheid übel nehmen, Sie sehen in einem solchen Vergleich eine Nähe zu „antisemitischen Weltanschauungen“. Für Sie, wie für viele Philosemiten Ihrer Art, ist Kritik an Israel bzw. am Zionismus gleich mit „antisemitischer Weltanschauung“ verbunden. Dabei bezweifele ich, ob Sie überhaupt wissen, was Antisemitismus ist und was es bedeutet. Es ist schon absurd und fast auch lustig, dass Sie mir beibringen wollen, was Antisemitismus ist, nachdem mehr als die Hälfte meiner Familie Opfer des Antisemitismus geworden ist.

Über Antisemitismus sind viele Bücher geschrieben worden aber eigentlich kann man es in einem Satz erklären: Antisemitismus ist Judenhass; wenn man Juden hasst, nur weil sie Juden sind. Aus keinem anderen Grund. Antisemitismus hat nichts mit Kritik an der Politik des Staates Israel zu tun und schon gar nicht mit der Kritik an der von Israel praktizierten administrativen Haft. Auch Kritik am Zionismus hat nichts mit Antisemitismus zu tun und diejenigen, die das behaupten bezwecken nur eines: die Kritiker der israelischen Apartheidpolitik, ob Juden oder Nichtjuden, als Antisemiten zu diffamieren, was sie von der Notwendigkeit befreit sich mit ihren Argumenten auseinanderzusetzen. Bis 1966 lebten die im Staatsgebiet von Israel gebliebenen Araber unter Kriegsrecht. Sie durften ihre Dörfer nicht ohne Erlaubnis verlassen, obwohl sie israelische Staatsbürger waren. Sie hatten nur nicht die vollen Rechte israelischer Staatsbürger. Das hat sich zwar inzwischen verändert, aber noch haben die Araber in Israel nicht die vollen Rechte, zumindest in der Praxis nicht.

Zionismus ist eine Ideologie, ähnlich wie Nazismus, Kommunismus, Faschismus oder Sozialismus, die ja auch nur Ideologien sind, mit deren Hilfe man Menschen verführt und Gehirne wäscht. Man kann dagegen sein und man kann auch dafür sein. Es geht immer um die Ideologie und nicht um die Menschen, gleichwohl werden Menschen, die solche Ideologien bewundern, von Gegnern bekämpft. Wer also gegen den Zionismus ist, wie ich und meine Freunde und noch viele Israelis und Juden überall auf der Welt, ist nicht zwangsläufig ein Antisemit, genauso wie jeder, der den Nazismus bekämpft hat, nicht zwangsläufig ein Feind aller Deutschen war und ein Antikommunist nicht zwangsläufig ein Feind des russischen Volkes bzw. aller Russen war.

Was haben Sie denn schon für eine Ahnung wie viele verschiedene Gruppierungen es unter den Juden gibt? Als der Zionismus Ende des 19ten Jahrhundert entstanden ist, war nicht einmal ein Prozent der europäischen Juden gewillt dieser Ideologie zu folgen. Die Juden in München haben verhindert, dass Herzl den ersten Kongress in München durchführen konnte, weil sie fast alle nichts vom Zionismus wissen wollten. Erst die Verfolgung der Juden in Osteuropa und später in Mittel- und Westeuropa durch die Nazis, hat viele Juden in die Arme der Zionisten getrieben, obwohl mehr noch von den Zionisten nichts wissen wollten und nach Nord- und Südamerika ausgewandert sind.

Sie sollten also zur Kenntnis nehmen, dass Zionismus nicht Judentum bedeutet und Judentum nicht Zionismus.

„Wovon man nicht sprechen kann, darüber sollte man schweigen“, schrieb einst der Philosoph Wittgenstein. Mir scheint es, dass Sie vom Konflikt im Nahenosten lieber schweigen sollten und auch über Vergleiche mit der Apartheid in Südafrika. Oder kennen Sie die Worte von Erzbischof Desmond Tutu, der sich ebenfalls für die Rechte der Palästinenser eingesetzt hat. Ihm werden Sie hoffentlich nicht vorwerfen, dass er Antisemit sei bzw. „antisemitischen Weltanschauungen“ verfallen ist und noch weniger, dass er die Apartheid nicht kennt. Er schreibt: „Mein Besuch im Heiligen Land hat mich zutiefst erschüttert; es erinnerte mich so sehr an das, was uns Schwarzen in Südafrika zugestoßen war. Ich sah die Demütigung der Palästinenser an den Checkpoints und Straßensperren, die leiden mussten wie wir, als uns junge weiße Polizisten der Bewegungsfreiheit beraubt hatten.“

Ich habe die Apartheid erlebt auf der Seite der israelischen Armee, der nach Meinung der israelischen Führung „moralischsten Armee der Welt“, und muss sagen, dass sie brutal und gnadenlos war.

Sie sind empört darüber, dass die „Administrativhaft“ mit der SS verglichen wurde. Was war denn die „Schutzhaft“, in die die SS tausende von unschuldigen Juden, Kommunisten und Homosexuellen genommen hat, anders, als das, was die Israelis „Administrativhaft“ nennen? Wie kann man eine Einrichtung verteidigen und verharmlosen, die inzwischen mehr als zehntausend Menschen in Haft hält, zwölfjährige Kinder, Erwachsene, die nichts getan haben außer sich gegen die brutale und gnadenlose Besatzung zu wehren und alte Männer, die zum Teil schon seit über zwanzig Jahren auf eine Verhandlung vor Gericht warten?

Sie haben allerdings Recht, wenn Sie Vergleiche mit der SS verurteilen. Vergleiche sind gar nicht notwendig. Die Taten der Israelis sprechen für sich und sind allemal zu verurteilen, auch ohne Vergleich. Man muss aber bereit sein diese Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihnen vorurteilsfrei auseinanderzusetzen. Wie kann man das aber bewerkstelligen, wenn Ihnen die Inhalte der Ausstellung unbekannt sind und Sie nicht einmal bereit sind diese zur Kenntnis zu nehmen, weil die Veranstalter angeblich „antisemitischen Stereotypen“ anhaften und sie deshalb die „historische Einordnung der Bedingungen der Existenz des Staates Israel“ nicht genügend zu würdigen wissen. Findet denn bei Ihnen und bei Ihren Freunden eine relevante historische Einordnung der Situation der Palästinenser statt? Wohl kaum.

Wer soll denn an der misslichen Lage der Palästinenser schuld sein? Ist es nicht so, dass die Juden wegen des europäischen und besonders des deutschen Judenhasses, nicht zu Unrecht hungrig und gierig nach einem eigenen Land waren? Ist es nicht so, dass sie schon in dem ersten Zionistenkongress, 1897 in Basel, beschlossen haben Palästina in Besitz zu nehmen, obwohl es auch Alternativen gab und nicht alle Delegierten mit Palästina einverstanden waren? Haben sie nicht schon damals den Slogan ausgerufen und verbreitet: Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land? Ein Slogan, der später von den Nazis übernommen wurde.

Aber das Land war nicht unbewohnt, sondern mit mehr als achthunderttausend Palästinensern bevölkert, die in Städten wie Jerusalem, Jaffa, Tiberias, Jericho, Ramallah, Acco, Haifa u.a. und in mehr als vierhundert Dörfer gewohnt haben und eine gut entwickelte Infrastruktur besassen. Dann kamen die Juden, die von der Landbevölkerung gastfreundlich und friedlich aufgenommen und angenommen wurden, erklärten sich zu „Gottes auserwähltes Volk“, dem das Land vor dreitausend Jahren von Gott persönlich übergeben worden ist, und die Palästinenser, die seit Generationen dort lebten, zu Fremden im eigenen Land. Und es gelang ihnen innerhalb eines halben Jahrhunderts mehr als dreiviertel der Urbewohner zu vertreiben und einen jüdischen Staat zu gründen. Die UN hat 1947 beschlossen ihnen, den Juden, 52% von Palästina zu „schenken“, obwohl sie in der Minderheit waren, und der palästinensischen Mehrheit nur 48%, die 1967 noch auf 22% reduziert wurden. Dabei gehörte das Land nicht den Vereinten Nationen und wenn die Europäer und Amerikaner ein schlechtes Gewissen hatten, weil sie die Ermordung von sechs Millionen Juden zugelassen hatten, dann hätten sie doch etwas Land von ihrem Territorium abgeben können. Es ist sehr leicht und tut überhaupt nicht weh Land zu verschenken, was einem nicht gehört. Das sind nur Fakten und wer sie nennt ist noch nicht einmal ein Antizionist, sondern einer, der die geschichtlichen Fakten kennt. Im Gegensatz zu Ihnen.

Und da wundern Sie sich noch, warum die Palästinenser darüber nicht amused sind? Würden Sie bereit sein Ihre Heimat an ein anderes Volk zu verschenken, einem Volk dem Sie und Ihr Volk nichts getan haben?

Und wie kommen Sie dazu Israelis, die dieses Unrecht bedauern und beklagen und die die zionistische Expansion Israels und seine ungerechte und völkerrechtswidrige Politik kritisieren, zu verurteilen? Würden Sie auch heute noch behaupten, dass Thomas Mann, sein Bruder Heinrich und viele bekannte und unbekannte Deutsche, die sich gegen die Nazis erhoben und gegen ihre Politik protestiert haben, selbsthassende Deutsche waren, wie es die Nazis getan haben? Die Nazis waren zwar Deutsche, aber nicht alle Deutsche waren Nazis.

Thomas Mann und alle anderen haben die Nazis gehasst, so wie ich und viele andere Israelis und Juden die Zionisten verachten. Zionisten sind zwar auch Juden, aber nicht alle Juden sind Zionisten und deshalb ist es absurd zu behaupten, Antizionismus sei Antisemitismus. Antizionismus ist und bleibt Antizionismus, nicht mehr und nicht weniger. Und es ist nicht unmoralisch und schon gar nicht verboten, Ideologien zu hassen, zumal wenn man moralische Gründe dafür hat, wie es auch nicht verboten ist sie zu lieben, auch wenn man keine Gründe hat, sondern nur von Nationalismus und Fremdenhass zerfressen ist.

Natürlich sieht die rechte, zionistische, israelische Regierung im zivilen Protest gegen ihre Politik keinen Akt der Meinungsäußerung, sondern ein Verbrechen und eine Beteiligung an den Boykottaufrufe gegen israelische Waren steht inzwischen in Israel unter Strafandrohung. Aber wenn der Boykott Südafrikas schließlich zum Zusammenbruch der Apartheidpolitik, nicht Südafrikas, geführt hat, dann darf man auch hoffen, dass der Boykott israelischer Waren und Einrichtungen über kurz oder lang zum Zusammenbruch der zionistischen Apartheidpolitik führen wird, nicht Israels. Oder wie lange soll man zusehen und schweigen, wenn Menschen, die seit Jahrzehnten und Jahrhunderten auf ihrem Land und in ihrem Haus wohnten, plötzlich feststellen müssen, dass ihr Land „judaisiert“ wurde und sie ohne die mindeste Entschädigung alles verlassen müssen?

Die arge Not der Menschen in Palästina, die dort in der Tat als Palästinenser leben und nicht als Juden, zwingt zum Widerstand gegen die inhumane Politik der Zionisten, die über das Land herrschen.

Ihre Reaktion verrät mir freilich, dass es in unserem freien Land, in dem vor dem Grundgesetz die Würde jedes Menschen unantastbar ist, immer noch Menschen gibt, die glauben, dass die Würde mancher Menschen gleicher bzw. anderer Menschen wertloser ist.

Ja, Sie haben Recht, wenn Sie feststellen, dass der Politik Israels ein bösartiger Charakter zugeschrieben oder gar unterstellt wird. Die Politik des Staates Israel ist rassistisch, nationalistisch, ungerecht und in der Tat auch bösartig, zumindest gegenüber den Palästinensern. Sie wollen es nicht sehen, weil sie eine Antisemiten sind, die die Juden und Israelis liebt und die anderen Semiten weniger. Solche Antisemiten nennt man Philosemiten. Tatsache ist aber, dass Israel mit dieser Politik immer mehr Freunde verliert, seit einigen Jahren auch immer mehr jüdische Freunde und israelische Bürger. Vielleicht ist es das, was Sie und ihresgleichen bezwecken, wenn sie eine solche grausame und unanständige Politik verteidigen, wohlwissend oder ahnend oder hoffend, dass es sich am Ende wie ein Bumerang gegen Israel selbst wenden wird.

Ein letztes, vielleicht überflüssiges, Wort zu den Handala Karikaturen. Wenn in den Karikaturen oft der Davidstern auftaucht, dann ist das nicht unbedingt ein Zeichen für Antisemitismus, sondern liegt in der Natur der Sache. Der Davidstern symbolisiert im Nahostkonflikt nicht die Gesamtheit der Juden, sondern den Staat Israel, der ja nicht zufällig den Davidstern auf seiner Fahne hat. Es ist Israel, welches mit aller Macht versucht Zionismus und Juden gleichzusetzen, auch wenn viele Juden gar keinen Wert darauf legen und die Palästinenser, die Israel inzwischen längst anerkannt haben, müssen Israel nicht auch noch als „jüdischen“ Staat anerkennen. Sie, die Palästinenser, kämpfen gegen Israel und nicht gegen die Juden.

In den vielen Karikaturen gegen die Nazis kommt auch immer wieder das Hakenkreuz vor. Auch da ging es nicht um Deutschland und noch weniger um das Hakenkreuz, welches ein altes indisches Symbol ist, sondern um die Nazis, die ebenfalls das Hakenkreuz auf ihrer Fahne hatten.

Es sind nicht die Palästinenser, die die Welt antisemitisch deuten, sondern Menschen wie Sie, die die Niederträchtigkeit und Chuzpeh haben, berechtigte politische Karikaturen mit den Karikaturen des Stürmers zu vergleichen. Bei den Nazis ging es um Rassenwahn und bei Handala geht es um Befreiung, um den Kampf des schwachen und unterlegenen palästinensischen Volkes um Freiheit und Unabhängigkeit. Und es ist üblich in Karikaturen zu übertreiben. Das hat Grosz in seinen Karikaturen gegen die Nazis auch getan. Und wenn es um die Macht der Israelis geht, wobei es immer um Israel geht und nicht um die Juden, dann entspringt diese Vorstellung nicht dem „Wahnsinn derer, die sich die Welt antisemitisch deuten“, sondern derer, die unter der Macht der Israelis tatsächlich leiden und sterben. Leute wie Sie sind es, die sich die Welt antisemitisch deuten, die im Kampf eines Volkes um seine Freiheit, Unabhängigkeit und um sein Land eine Judenphobie sieht bzw. sehen will. Die Palästinenser haben vor tausend Jahren auch um ihr Land gekämpft. Damals waren es Christen, die es erobert haben und sie v erdrängen wollten.

Es ist schon merkwürdig, dass ausgerechnet diejenigen, die für die Veröffentlichung der Muhammed Karikaturen eingetreten waren, jetzt plötzlich vor Karikaturen warnen oder sogar vor ihnen Angst haben. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Erfinder und Zeichner dieser Figur 1987 in London ermordet wurde.

Die Figur Handala symbolisiert den Freiheitskampf der Palästinenser und hat nichts mit Antisemitismus zu tun und deshalb haben Vereine wie Handala E.V. oder Palästina Forum es nicht nötig sich mit dem Antisemitismus auseinanderzusetzen, der für sie nicht relevant ist. Vielleicht sollten Sie sich noch intensiver mit dem Antisemitismus beschäftigen, um zu erkennen, dass nicht alles was gegen Israel spricht und handelt auch tatsächlich antisemitisch ist. Man muss wirklich nicht Antisemit sein, um Israels Politik zu kritisieren und Tatsache ist, dass ausgerechnet viele Antisemiten in Deutschland, Frankreich, Holland und anderswo Israel gar nicht kritisieren, sondern bewundern. Denn der Feind meines Feindes ist mein Freund und Israel ist inzwischen auf solche Freunde angewiesen, denn die nicht antisemitischen Freunde Israels werden immer rarer.

Ich bezweifle allerdings ob Sie in der Lage sind das alles zu reflektieren, die Pfade der zionistischen Propaganda zu verlassen und eigenständig nachzuforschen wie es wirklich war. Und ich frage mich wann Sie einsehen werden, dass ich allemal mehr Rechte und Kompetenzen habe mein früheres Land und die Armee, in der ich gedient habe, zu kritisieren, als Sie das Recht haben alles mit banalen und absurden Argumenten zu verharmlosen.

Sie werden mir deshalb nicht übel nehmen, wenn ich über Ihren Vorwurf ein Antisemit zu sein nicht einmal lache und es nicht einmal ignoriere.

Abraham Melzer - Jude und Antizionist

 

 


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