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Normalisation im Namen des Friedens: Wie Israel die arabische Friedensinitiative versteht

Ramzy Baroud - 07.04.2017

Wieder einmal steht die arabische Friedensinitiative von 2002 im Mittelpunkt (des Interesses). PA-Präsident Mahmoud Abbas bestand in seiner Rede vor dem vor kurzem zu Ende gegangenen Gipfel der Arabischen Liga in Jordanien darauf, dass die Initiative die einzige Lösung sei, die auf dem Tisch liege; und erklärte, sie werde nicht geändert und auch nicht verbessert.

Aber warum wird diese Initiative, die vor 15 Jahren von Saudi Arabien vorgeschlagen wurde, wieder in die bereits verstopften Adern des politischen Diskurses über den Nahem Osten infundiert, obwohl Israel sie wiederholt zurückgewiesen hat und die USA wenig Interesse an ihrer Durchsetzung gezeigt haben?

Im März 2002 wurde die aus wenigen Sätzen bestehende Initiative auf dem Gipfel der Arabischen Liga in Beirut proklamiert.

Weniger als die Hälfte der arabischen Führer hatte an dieser Konferenz teilgenommen. Der Vorsitzende der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Yasser Arafat, durfte nicht teilnehmen. Der damalige israelische Premierminister Ariel Sharon hatte Arafat in Ramallah unter Hausarrest gestellt. Er sagte Arafat, wenn Israel ihm erlaube wegzufahren, dürfte er nicht mehr zurückkehren. Arafat starb zwei Jahre später; es gibt Behauptungen, er sei vergiftet worden.

Der arabische Vorschlag war im Wesentlichen eine Wiederaufnahme der UN-Resolutionen 242 und 338. Er versprach vollständige Normalisierung zwischen den arabischen Staaten und Israel, wenn sich Israel aus dem palästinensischen und arabischen Land zurückziehe, das es 1967 besetzt hatte.

Die Initiative schien eine schwache Position zum Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge einzunehmen, da es eine gerechte Lösung auf der Basis der UN-Resolution 194 versprach, ohne auf ihrer vollständigen Umsetzung zu bestehen.

Sie wurde von Washington zurückhaltend begrüßt und dann rasch nicht mehr beachtet, nachdem Sharon sie leichthin als 'non-starter' zurückgewiesen hatte.

Israel war an der mutig erscheinenden Initiative zur Lösung des Konflikts durch die Araber, die Amerikaner oder andere kaum interessiert. Israelische Führer hatten aber doch das Gefühl, dass die Initiative bedeutsam war, zumindest im historischen Kontext.

Als die Arabische Initiative neu bestätigt wurde, diesmal 2007 von der Mehrheit der arabischen Führer auf dem Gipfel der Arabischen Liga in Saudi Arabien, hatte der damalige israelische Prenierminister Ehud Olmert eine äußerst expressive Antwort.

Einserseits begrüßte er die Initiative als 'revolutionären Wandel', nahm ihr aber jeglichen praktischen Wert.

Er sagte der hebräischen Zeitung "Yedioth Ahronot", er sehe "eine reale Chance, dass Israel innerhalb von fünf Jahren in der Lage sein wird, ein umfassendes Friedensabkommen mit seinen Feinden zu erreichen".

Die Palästinenser zu umgehen und mit arabischen Ländern Friedensabkommen zu unterzeichnen, um die regionale Isolation Israels zu durchbrechen, ist in der Außenpolitik Israels seit seiner Gründung 1948 von größter Bedeutung.  

Seit damals hat Israel Friedensabkommen mit Ägypten und Jordanien geschlossen und hat informelle Kontakte und Verbindungen zu mehreren anderen Regierungen.

Dies erklärt zum Teil das Beharren von Abbas – und seinem Außenminister Riyad al-Maliki – auf die Arabische Friedensinitiative statt zum Beispiel auf das tote Oslo-Abkommen oder irgendeine andere spezifische UN-Resolution hinzuweisen.

Auf diese Weise will er sagen, dass jede Normalisierung zwischen den Arabern und Israel über Palästina gehen muss, und insbesonders über seine Führung in Ramallah.

Natürlich hat Israel nichts gegen das erneuerte Interesse an der Initiative, einfach weil sie zu Bemühungen unter Führung der Amerikaner anspornen könnte, eine Normalisierung mit den Arabern ohne vorherigen Frieden mit den Palästinensern zu erreichen.

Die Initiative ist aus israelischer Sicht in diesem Zusammenhang 'revolutionär'. Das wird verständlicher, wenn man sich an den Arabischen Gipfel in Khartoum im September 1967 erinnert, nach der Niederlage der Araber im Krieg mit Israel, dessen Sieg von den Vereinigten Staaten vollendet und finanziert worden war.

Obwohl der Gipfel damals viel von seiner Vorkriegssprachregelung, die auf der geografischen Einheit des historischen Palästina bestanden und vorbehaltlos das Rückkehrrecht gefordert hatte, aufgegeben oder abgeschwächt hatte, proklamierte es seine berühmten "drei Neins": keine diplomatische Anerkennung Israels; kein Friedensabkommen und keine Verhandlungen ohne kompletten, vollständigen und bedingungslosen Rückzug Israels aus mit Gewalt besetztem Land.

Auch wenn Historiker oft versuchen, die arabische Position als radikal zu beschreiben, war das kaum der Fall, wenn man es im historischen Kontext analysiert. Ihre Position stimmt mit dem Völkerrecht und der UN-Resolution 242 im Besonderen überein. Zudem wollten sie – die Araber – eine Botschaft an Israel und die USA senden, die (beide) versuchten die überraschende Niederlage dazu zu benutzen, als Folge des Krieges Zugeständnisse zu fordern und den Arabern demütigende Auflagen zu machen. Auch fürchteten sie in die Länge gezogene, nutzlose Verhandlungen, während deren sich Israel an seiner Besetzung von Palästina, arabischem Land, bereicherte.

Die Arabische Friedensinitiative erschien Israel als eine komplette Abkehr von dieser Position, besonders da sie während in den blutigsten Phasen der zweiten palästinensischen Intifada gemacht worden war. Wenige Tage, nachdem die Initiative aufgestellt worden war, belagerte Israel das Flüchtlingslager in Jenin im Nordern der Westbank und griff es mit nie dagewesener Brutalität an. In diesem zweiwöchigen Kampf (bekannt als das Jenin-Massaker) gab es mehr als 60 Tote, fast 300 Verletzte, weitere hundert wurden verhaftet, ein großer Teil des Lagers wurde niedergewalzt und seine Bewohner vertrieben.

Was Israel damals aus der Initiative herausgelesen hatte, war, dass es, nachdem die Araber einen großzügigen Frieden vorgeschlagen hatten, seine militärische Besatzung so führen könnte wie es ihm beliebte.

Seit der Intifada von 2002 ist noch mehr Blut vergossen worden, sind die Siedlungen zu einer irreversiblen Realität angewachsen, ist das besetzte Ost-Jerusalem (von der Westbank) komplett abgeschnitten worden, eine sogenannte Trennungsmauer (von den Palästinensern als Apartheidmauer verstanden) hat wiederum weite Teile palästinensischen Landes gefressen, Gaza ist unter eine Dauerblockade geraten, und der 'Friedensprozess' ist zu einer Sache der Vergangenheit geworden.

Noch schlimmer, seit Donald Trump in das Weiße Haus gewählt wurde, hat er noch weiter zum Ende jeglicher Aussicht auf eine gerechte Lösung der Krise  beigetragen und hat Amerikas Unterstützung für Israel auf neue Höhen gepuscht.

Außerdem hat Trump seinen Schwiegersohn Jared Kushner, einen orthodoxen Juden und einen entschiedenen Unterstützer der israelischen Rechten, zum Friedensvermittler zwischen Israel und den Palästinensern bestimmt.

Und vor wenigen Tagen wurde David Friedman, den Trump als US-Botschafter in Israel ausgewählt hatte, tatsächlich vom US-Senat bestätigt.

Friedman ist sogar in den Augen mancher Israelis umstritten wegen seiner engen Verbindung zu extremistischen jüdischen Parteien, die daran arbeiten palästinensisches, muslimisches und christliches Eigentum in Ost-Jerusalem zu konfiszieren.

Unter dem Deckmantel des Friedenstiftens konzentrieren sich Kushner und Friedmann wahrscheinlich darauf Israels Position in der Region zu stärken. Für sie steht das Thema Normalisierung an der Spitze ihrer künftigen Strategien.

Das erklärt das palästinensische Beharren auf der Arabischen Friedensinitiative. Das geschieht nicht, weil die Initiative eine magische Formel für einen Frieden hätte.

Die Sorge liegt in der Angst der Palästinenser (begründet), dass die Nahostpolitik von Trump sich darauf konzentrieren wird, jede kleinste Vereinbarung zu brechen, die arabische Länder noch bezüglich Palästina haben.  

Abbas, der im April nach Washington gereist, ist, weiß nur zu gut, dass seine Position schrecklich schwach und ohne Rückhalt bei den Arabern nur symbolisch ist, wird feststellen, dass er von einem kriegerischen Trump-Regime in die Enge getrieben wird.

Während die US-Administration ihre Herangehensweise an den Konflikt umbenennen mag, so ist das, was Israel und seine amerikanischen Unterstützer wirklich interessiert, das Durchbrechen der Isolation Israels mittels regionalen 'Friedensabkommen' und separaten Vereinbarungen – mit anderen Worten eine Normalisierung unter Besatzung.

Quelle                       Übersetzung: K. Nebauer

 

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