Blutbad gegen Kassam-Raketen – kommen
wir so zum Frieden ?
Ein
Kommentar von Hakam Abdel-Hadi
Der jüngste massive Angriff auf Gaza sei nur der
Anfang, so der israelische Armeesprecher, und der
Sprecher von Hamas erklärte kurz darauf: „Ja,
es ist nur der Anfang, und Israel kann sich auf
etwas gefasst machen“.
Beide Seiten fühlen
sich wie immer im Recht, angeblich hätten sie keine
andere Wahl, als sich zu verteidigen: Die Israelis
wehren sich gegen die Kassam-Raketen, und die
Hamas-Kämpfer wollen die zermürbende Blockade
beenden, die seit über einem Jahr anhält und das
Leben der 1,5 Millionen Bewohner in jeder
Hinsicht kaputt macht.
Frage: Kämpfen da
wirklich zwei Parteien gegen einander, die im Recht
sind? Viele Bürger bei uns sind vielmehr der
Meinung, dass sie beide im Unrecht sind, und dass
sie so nicht aus dem Teufelskreis herauskommen.
Unbekümmert erklärt der
israelische Ministerpräsident Olmert den
„Krieg“ gegen Hamas, und die Medien übernehmen
diesen Ausdruck mit leichter Feder, obwohl er bei
solcher Asymmetrie völlig unzutreffend ist.
Scheinbar sprach alles
in Israel für den Zeitpunkt der ungeheuerlichen
Aggression: Bei dem scheidenden amerikanischen
Präsidenten Busch hatten die israelischen Falken
stets einen Blankoscheck, wenn nur über jedem
Angriff das Wort Terrorismus stand. Wer weiß, wie
sich Nachfolger Barack Obama verhalten würde. Wäre
ein solches Blutbad ein guter Einstieg in die
vielleicht neue Israelpolitik des neuen
US-Präsidenten? Zum anderen steht Israel kurz vor
den Wahlen, und die regierende Kadima muss den noch
härteren oppositionellen Natanjahu-Likud überbieten,
zumal die Prognosen ein Kopf an Kopf Rennen
voraussagen. Ferner ergaben die Umfragen in Israel,
dass die Mehrheit der Bevölkerung einen massiven
Angriff begrüßen würde. Hinzu kommt, dass Hamas
angeblich einseitig die Waffenruhe aufgekündigt hat
- obwohl jedermann weiß, dass diese Vereinbarung
nicht aufgekündigt wurde, sondern nach sechs Monaten
abgelaufen war. Hamas stellte lediglich fest, die
Waffenruhe sei ohnehin von Israel nicht eingehalten
worden. In Gaza verlautete, dass Israel in diesen
sechs Monaten etwa 200 Palästinenser liquidiert hat.
Es steht außer Zweifel,
dass Israel mit diesem Blutbad das Prinzip der
Verhältnismäßigkeit gravierend verletzt, was
in der Erklärung des UN-Generalsekretärs Ban Ki-Moon
als „exzessiver Waffeneinsatz“ bezeichnet wurde,
während der deutsche Außenminister in seiner
Stellungsnahme wie üblich jede Kritik an Israel
vermied. Steinmeier gab allein der Hamas die
Verantwortung für den Ausbruch der Kämpfe und zeigte
Verständnis für Israels „Recht auf
Selbstverteidigung“. Die gegen die
Bewohner von Gaza verhängte Blockade, die von allen
internationalen Menschenrechtsorganisationen als
rechtswidrige Kollektivstrafe abgelehnt wird,
erwähnte er mit keinem Wort. Äußerungen wie die von
Steinmeier machen es Israel leicht, solche brutalen
Angriffe zu führen.
Bei allem Verständnis
für die deutsche Geschichte muss die
Außenpolitik Berlins endlich eine Grenze ziehen. Man
kann doch den Satz des früheren israelischen
Ministerpräsidenten Begin nicht stehen lassen, der
einst in der Knesset sagte: „Nach allem, was mit uns
geschah, dürfen wir alles!“ Nein, Israel darf
nicht alles: Weder die Palästinenser im
Gazastreifen, noch die Libanesen im Südlibanon
dürfen niedergemetzelt werden. Das
Völkerrecht muss auch für Israel gelten.
Zwar darf auch Hamas
keine Raketen auf israelische Dörfer und Städte
abfeuern, aber die 1,5 Millionen Menschen im
Gazastreifen dürfen nicht weiterhin kollektiv
bestraft werden: Die Blockade muss endlich
aufgehoben werden.
Erst dann können wir
über eine Zwei-Staaten-Lösung reden, welche die
meisten Palästinenser längst akzeptiert haben.
Aber will Israel wirklich eine solche Lösung? Allein
seine Siedlungspolitik lässt große Zweifel
aufkommen.
................ Ende ...............
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