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TEXTE 10

    

 

Ein Schandfleck über dem Judentum, jüdische Geschichte und Ethik – britische Juden bedauern die Balfour-Erklärung - Philip Weiss on October 10, 2017 - Unabhängige jüdische Stimmen in England haben eine große neue Video-Erklärung  über die Balfour-Erklärung abgegeben, an deren 100. Jahrestag wir  im nächsten Monat erinnern und Groß-Britannien aufrufen,  mit dem Dokument so umzugehen, dass die palästinensischen Rechte geachtet werden.

Es ist eine äußerst nachdenkliche Präsentation über die problematische Erklärung, die besonders die schneidenden Beurteilungen von  Jaqueline Rose, Avi Shlaim, Brian Klug und Mir Weingarten herausstellen. Der größte Teil des Video beschreibt die Geschichte und die Konsequenzen der Erklärung: den höheren Status, den man im Dokument  den Juden vor den Palästinensern gewährt. (die Palästinenser werden als „ existierende nicht-jüdische  Gemeinschaft zitiert, nicht mit Namen, die  „zivile und religiöse Rechte“ besitzen, während Juden genannt und ihnen nationale Rechte gegeben werden) . Die Enteignung der Palästinenser (Shlaim  nennt 730 000 Flüchtlinge der Nakba) , die Konkretion der jüdischen Religion durch den Zionismus, als eine Art des Glaubens, der mit dem tatsächlichen Land zu tun hat und die Katastrophe des 67er-Krieges und die Besatzung. Die verschiedenen Stimmen  vereinigen sich zu einem Crescendo und verurteilen die Erklärung persönlich.

Klug sagt: Selbst wenn eure Definition des Judentums national ist, eine von Volkszugehörigkeit (Peoplehood)ist .  so solltet ihr nur dann eine Flagge hissen, wenn ihr sie mit gutem Gewissen für Gerechtigkeit hissen könnt. Rabbi Howard Cooper  betont die Teilung innerhalb der jüdischen Gemeinde. „Da wir uns dem 100. Jahrestag (der Balfour-Erklärung) nähern … ist es wirklich bedeutsam, dass es den  Leuten klar wird, dass es da eine leidenschaftliche Debatte innerhalb der jüdischen Welt rund um Israel gibt.

Klug: „ Die schlimmste Phase der arabisch-jüdischen Konfrontation in modernen  Zeiten beginnt mit der Balfour-Erklärung.“

Rose: Diese ist für mich eine Tragödie. Die Juden gingen durch eine der schlimmsten Traumatas in der Geschichte. Die Tragödie ist, dass sie zu einer anderen historischen Ungerechtigkeit gegenüber einem anderen Volk führt. Rose erkennt die „ existenzielle Krise, die Juden in Europa erlitten und  ihren legitimen Wunsch der Selbstbestimmung. Aber sie sagt, „dass der Geist des Rechtes und der Gerechtigkeit, der ein Teil der jüdischen Geschichte ist, es jetzt zum Imperativ macht, dass Juden jetzt  (dies laut und deutlich) aussprechen.“

Shlaim: „England sollte eine ehrliche Erklärung über  sein Versagen abgeben, „ die palästinensischen Rechte nicht geschützt zu haben. Und England sollte mit der Tatsache übereinkommen, dass es eine zionistische Minderheit in die Lage versetzte, systematisch ein ganzes Land zu übernehmen. Da gibt es nichts zu feiern.

Klug: Wir brauchen eine Zukunft, die für jeden sorgt und das steht nicht in der Balfour-Erklärung. Was da gefeiert wird, ist ein Dokument, das in die falsche Richtung jeder lebensfähigen Zukunft für alle Menschen zeigt, die in Palästina und Israel leben.

Mir Weingarten, die in der israelischen Armee gedient hat und dies bedauert, sagt: nichts wird sich ändern, bis  die Erklärung aufgelöst wird und den Israelis beigebracht wird, dass die Palästinenser Rechte haben. Balfour wird in triumphaler Weise in Israel dargestellt, doch die Israelis können nicht sehen, dass andere Menschen auch Menschen mit Rechten sind.

Antony Lerman: dies ist ein Schandfleck auf dem Judentum, auf der jüdischen Geschichte und der jüdischen Ethik. Was mit der Balfour-Erklärung kam, ist etwas, über das sich Juden  schämen sollten. Und wir sollten in der Lage sein, etwas zu tun, das die Sache richtigstellt: wir sollten den Palästinensern die Rechte geben, die sie verdienen.

Während der junge Barnaby Raine sagte: Wir sehen eine bedeutende Veränderung im jüdischen Leben. Es gibt eine Kluft zwischen den Generationen; junge Juden sehen bei den jüdischen Werten eine „klaffende Ausnahme,“ wenn man mit den Marginalisierten steht, was die schlechte Behandlung der Palästinenser betrifft.

Meine Bedenken über den historischen Inhalt des Video sind die Bedenken über die Balfour-Konferenz  in Princetown im letzten Mai (http://mondoweiss.net/2017/09/going-veg/)  sie ließ den Glauben über den Teil der imperialen Macht außen vor und zwar  in der Rolle des jüdischen Einflusses während des Weltkrieges, der Bedarf der imperialen Führer, Juden auf ihre Seite als Aktivposten zu bekommen. Rose nannte drei Gründe für die koloniale Erklärung/ imperiale Motivation, um einen Fuß im Nahen Osten zu haben; Antisemitismus (um die britischen Juden los zu werden); und auch Achtung  vor dem Minderheitenstatus. Es hat nichts mit jüdischer Agentur zu tun; es wird nichts davon erwähnt, dass die Deutschen und die Britten bei der jüdischen Unterstützung im Wettbewerb miteinander stehen; keine Rolle spielten jüdischer Finanziers  bei der Befreiung von Juden aus Osteuropa, einschließlich meines Großvaters. Und was den kolonialen Impuls betraf, wollten die Briten 1947  aus Palästina raus. Aber die jüdische Unterstützung für den Zionismus und das westliche jüdische Lobbying in ihrem Auftrag involvierte große politische Spender bis auf diesen Tag.    Quelle     dt. E.Rohlfs)
 

 

Die Balfour-Erklärung treibt einen Keil  in den britischen Konsens über Israel
Robert Cohen, 24.Oktober 2017

In der letzten Woche brüskierte der Führer der Labor-Partei Jeremy Corbyn  eine -Einladung des Jüdischen Führungsrates (JLC), während Jonatan Arkush, Präsident des Vorstandes der Vertretung der britischen Juden eine zornige Email an den britischen Botschafter der UN sandte.

Arthur Balfour und seine berüchtigte Erklärung sind für beide Vorfälle schuld.

Es klingt nicht so, als ob hier viel aufgearbeitet werden müsste. Aber  man sollte es tun. Da der hundertste-Jahrestag der Balfour-Erklärung am 2. November seinen Höhepunkt hat, sind wir  in England Zeugen des Aufbrechens  des jahrzehntelangen Konsenses der politischen Mitte über Israel und der allmählichen Isolierung der jüdischen Gemeinde, wie sie immer intoleranter gegenüber der palästinensischen Solidarität wird.

Bei der jährlichen Labor-Partei-Konferenz vor drei Wochen erhielt Corbin den größten Applaus nicht wegen Brexit oder wegen Sparpolitik sondern für Folgendes:

Lasst uns das Ende der Unterdrückung des palästinensischen  Volkes  wirklich    unterstützen. Es ist das 50. Jahr der Besatzung und Siedlungserweiterung. Unterstützen wir den Schritt zu einer echten Zwei-Staatenlösung des Israel-Palästina-Konflikts.“

Es war nicht nur wegen der 4000 Partei-Mitglieder in der Halle, dass so lange applaudiert wurde. Es war deshalb, weil sie von der Einschüchterung der israelischen Lobby in Großbritannieneinfach die Nase voll hatten. Diese versuchte jeden Ausdruck palästinensischer Solidarität als Antisemitismus zu deuten. Ja man versuchte, der Labour-Partei in dieser Richtung eine politisch giftige Neigung zuzuschreiben.

Kaum überraschend - Corbyn ist viele Jahre ein Schirmherr der palästinensischen Solidaritäts-Kampagne gewesen. Deshalb war es kaum überraschend, dass er die Einladung  des JLC zur Balfour-Feier ablehnte, da für die Palästinenser dieses Dokument ein Betrug ihrer  Rechte war. Man würde sich sehr gewundert haben, wenn der Führer der Labor-Partei ja gesagt hätte. Und die  JLC würde dies gewusst haben.

Das würde den Chef des JLC Jonatan Goldstein nicht daran gehindert haben,  Corbyns Ablehnung  der Einladung zum Balfour-Jubiläumfest als anti-jüdisches Gefühl zu interpretieren.  Aber dies war wahrscheinlich auch der Plan.  …

Man kann sicher sein, dass Tony Blair oder Gordon Brown die Einladung angenommen hätten, wenn sie heute noch die Labor-Partei geführt hätten. Die Zeiten haben sich gewiss ändert.

Während dessen hat es im Ausschuss der Abgeordneten während der letzten Tage viel scheinbares Kritisieren und auch sinnloses aufgeregtes Treiben gegeben.

Die ganze Geschichte dreht sich um  einen Twitter, der von einem Mitglied des britischen Vertreters bei der UN-Mission in New York kam und der  sagte: „…  erinnern wir uns daran , dass  die Balfour-Erklärung  2 Teile hat. Der 2. Teil ist nicht erfüllt worden. Da gibt es ein nicht beendetes Geschäft“.

Wer immer den Twitter geschrieben und gesandt hat, er bezog sich auf die 2. Hälfte der Balfour-Erklärung, die  „eine jüdische Heimstätte“ verspricht,  mit der Versicherung: „…wobei wohlverstanden nichts geschehen soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte der bestehenden, nichtjüdischen Gemeinschaften in Palästina … in Frage stellen könnte“.

„Die bestehenden nichtjüdischen Gemeinschaften“ waren natürlich die mehr als 90% der einheimischen Araber, die in Palästina leben, die als nicht wert geachtet wurden, über die Sache wenigstens gefragt zu werden.

Es lohnt sich auch zu fragen, dass dieser anonymen  Mehrheit von Nichtjuden nur „zivile und religiöse Rechte“ versprochen wurde, während  den Juden auch nationale und politische Rechte versprochen wurden.

Präsident Arkush war allerdings wütend. Er verschwendete keine Zeit und schickte eine tadelnde Mail an den britischen Botschafter bei der UN, Matthew Rycroft und teilte ihm seine große Enttäuschung mit. Arkush beschrieb  den Twitter als „unwürdig, feindselig, einseitig, negativ und  offensichtlich als Kritik am Staat Israel beabsichtigt“.

Es lohnt sich, einen Moment Arkush s Twitter-Kritik zu prüfen,  weil  es sich herausstellt, dass  „ unwürdig, feindselig, einseitig, negativ“ eine bessere Beschreibung des Präsidenten ist  als des  britischen Vertreters bei der UN in New  York.

Die übliche  zionistische Geschichtslektion - Arkush ist heftig dabei , dem Botschafter Rykroft die übliche   zionistische  Geschichtslektion zu erteilen, in der alle Schuld des Konfliktes der letzten 100 Jahre voll und ganz und ausschließlich auf den unversöhnlichen und  zurückweisenden Palästinensern liegt.

…“ Die zivilen und religiösen Rechte aller existierenden  nichtjüdischen Gemeinden in Palästina (wie sie in der Balfour-Erklärung stehen) werden geschützt.“

Nun  gelten diese auf den 60% der Westbank, die seit 50 Jahren unter totaler israelscher Kontrolle sind, nicht. Das Leben der Palästinenser wird von einem Apartheidsystem verwaltet. Es stimmt auch nicht für die 1,8 Millionen Gazaner, die von Israel zu Land, zu Wasser und aus der Luft von Israel belagert ist.. Und während die palästinensischen Bürger Israels selbst (20% der Bevölkerung) Bewegungsfreiheit haben und das Recht an den demokratischen Wahlen teilzunehmen, auf vielfache Weise diskriminiert werden.

Arkush versucht auf andere Weise anzugreifen.

„…zweitens boten die UN die Teilung Palästinas zwischen den jüdischen und arabischen Gemeinschaften mehr als einmal an. Die jüdische Gemeinschaft akzeptierte dies. Die Araber haben es auf der Stelle abgelehnt..“

Aber warum sollten die Palästinenser freiwillig die Teilung ihres Landes anbieten, als sie noch die Mehrheit an Zahl und Besitztum waren, ihnen aber nur die Hälfte des Landes angeboten wurde?

Arkush versucht noch einmal:

„… Drittens, die Balfour-Erklärung war mehr oder weniger  ein Ausdruck der Sympathie einer britischen Regierung. Sie kam 30 Jahre bevor die UN für die Errichtung eines jüdischen „Homeland“ stimmte. Falls kein arabisches oder palästinensisches „Homeland“ errichtet wurde, kann das nicht Israels Schuld sein, das nicht existierte; sondern würde entweder ein Vorwurf der internationalen Gemeinschaft  oder eher der arabischen Gemeinschaft sein, die wiederholt die Idee, die Errichtung eines eigenen Staates/Landes zurückgewiesen hat.

Aber das originale Twitter ( falls man sich so weit zurück erinnern kann), erwähnte Israel gar nicht. Im ihm steht nur etwas von einem „ nicht beendeten Geschäft“. Die Verantwortung liegt nicht allein an Israel oder den Palästinensern. Das Problem – so gibt Arkush zu -  wurde international geschaffen. Es wird auch international  gelöst werden müssen. Und wenn die Balfour-Erklärung nichts anderes als ein „Ausdruck der Sympathie“ war, warum ist die Abhaltung eines Festes (ihretwegen)  zum Prüfstein der Unterstützung Israels geworden und die Kritik derselben  mit Antisemitismus bezeichnet worden?

Arkush beschuldigt die Palästinenser für alle anhaltende Zurückweisung und Gewalt.

„….In Camp David wurde der PLO die Anerkennung eines palästinensischen Staates  auf 95% der Westbank angeboten.  Yasser Arafat hat dies zurückgewiesen und  mit  einer Gewaltrunde geantwortet, die bis heute andauert.“

Viel wurde über das sog. „großzügige Angebot“ geschrieben, das man Arafat in Camp David  2000  machte. Es war kein solches. Prüfe es, wenn du es wissen willst, wie man diese ständige Verdrehung der jetzigen Geschichte herausfordert.

Heuchelei oder Genauigkeit? - Schließlich zeigte Arkush, worum es ihm wirklich ging. Es ist die Diskrepanz der Haltung zwischen der britischen konservativen Regierung, auf die er sich verlassen  bei der Unterstützung Israels verlassen kann  und den Karrierediplomaten in New York, die tatsächlich verstehen, was vor sich geht und die ein wenig Geschichte studiert und das entsprechende Buch über das Problem gelesen haben.

      „der Twitter steht vollkommen im Widerspruch zur erklärten Politik Großbritanniens, aus Anlass des Erinnern und Feierns  der Balfour-Erklärung (auch alle in den letzten Wochen gebrauchten Ausdrücke vom Ministerpräsident und den andern Ministern. Innerhalb von 14 Tagen findet ein Gedächtnismahl statt, um die Balfour-Erklärung zu feiern. Dazu  erwartet man den Ministerpräsidenten  und den Ministerpräsident  Netanjahu. Dies ist äußerst  uninteressant für die UK-Botschaft bei der UN, eine kritische Bemerkung zu machen und  die britische Regierung der Heuchelei anzuklagen.“

Das Problem für unsere jüdischen Führer in England ist, dass sie all ihre israelischen Eier in einen konservativ gestalteten Korb gelegt haben. Und das augenblickliche Chaos um die Brexit-Verhandlungen die Tories kaum zu einer natürlichen Partei der Regierung macht.

Doch  in Wahrheit geht der Fehler unserer jüdischen Führung viel weiter zurück.  Mit dem Unterzeichnen ist man eine Marionette des Außenministeriums des Staates Israels.  Und hier lief alles falsch.

Das JLC,  das Gremium und tatsächlich der Oberrabbiner sieht jetzt eher  wie ein lokaler Gehilfe der israelischen Botschaft aus. Vor Jahren  sollten und konnten sie die Rolle eines kritischen Freundes Israels übernommen und eine  nuancierte jüdische Diaspora-Stellung entwickelt haben, die Israel für seine Maßlosigkeit verantwortlich hält und eine Kampagne für eine echte Zwei-Staaten-Lösung führt. Doch stattdessen entschieden sie lokale Subunternehmer für Israels Propaganda zu sein. Und jetzt ist es zu spät, umzukehren.

Ein historisches Jahr - Es stellte sich heraus, dass das Balfour-Jubiläumsjahr mehr enthüllte und bedeutender war, als ich mir  vor 12 Monaten vorstellen konnte.

Auf einer national politischen  Ebene gibt es jetzt  in Westminster kein Abkommen über Israel.

Unterdessen malt sich die formelle jüdische Führung in England in eine blau-weiße Ecke und sieht sich in immer weniger Kontakt mit der allgemeinen Öffentlichkeit, die  zu verstehen beginnt, dass es beim Israel-Palästina-Konflikt um Menschenrechte  geht und nicht um Terrorismus. Was das Mobbing nationaler Politiker und Karriere-Diplomaten über Israel betrifft, so sieht dies nicht wie kluge Kommunalpolitik aus und gewiss nicht nach jüdischer Tradition, die sich für Gerechtigkeit und Mitgefühl einsetzt.

Die letzten beiden Wochen des Balfour-Jubiläums werden weitere Spaltungen über Israel im britischen öffentlichen Leben zeigen. Es wird zahlreiche Reden, Rallyes, Demonstrationen, Feiern und geplante Proteste im ganzen Land geben. Sie werden beweisen, dass England nicht mehr mit Israel übereinstimmt.          Quelle  

(dt. und geringfügig gekürzt  E. Rohlfs)

 

Goodbye der jüdisch-arabischen Schule, die mich Hoffnung lehrte

Orly Noy -  1. September 2017

Jahre lang  gab eine bilinguale Schule in Jerusalem , die Max.Rayne Hand in Hand-Schule, einer ganzen Gemeinde Hoffnung und Partnerschaft. Es war nichts anderes als ein Wunder.

Tausende von Leuten gingen durch Jerusalem, um Unterstützung und Solidarität mit der Max-Rayne-Hand in Hand-Schule zu zeigen, die eine Woche vorher von einem Brandanschlag heimgesucht wurde.

Heute ist der erste Tag im September, der erste Schultag in Israel. Lassen wir die Jahre beiseite, die wir im Ausland  verbrachten, so ist es das erste Mal in 13 Jahren, dass wir unsere Töchter nicht in die zweisprachige Max-Rayne-Hand in Hand Schule in Jerusalem schicken.

Der Prozess der Entscheidung, in welche Schule man sein Kind schickt, beginnt sehr früh. Als junge Eltern war uns klar, dass wir keine „spezielle“ Schule wünschten und dass es am besten wäre, sie in die nächste Vor-Schule zu schicken, denn das war ihre natürliche Umgebung und es war wichtig, diese kennen zu lernen. Am Ende des Jahres nach gründlichen Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit für 4Jährige, Pakete für israelische Soldaten zu packen und Fragen darüber zu lehren, wer  autorisiert sei, über israelische Feiertage zu lehren, schauten wir uns nach einer andern Schule um.

Da gibt es einige Behauptungen, dass Schule und Bildung weniger kritisch sind, als wir zu denken pflegen. Vielleicht stimmt dies. Unsere ganze Familie – nicht nur unsere Töchter -  würden ohne die bi-linguale Schule nicht das sein, was sie heute sind .

Es ist schwierig für mich, nostalgisch darüber zu reden, da wir seit langem nicht mehr hier sind, aber trotzdem ein Teil der Schulgemeinschaft bleiben. Und  doch, während ich diese Worte schreibe, kommen Erinnerungen zurück , Momente  der Überwindung und Gelächter, auch Schmerz und Frustration, das Singen auf Hebräisch und Arabisch – voller Hoffnung und Licht  - bei Schulbeginn, die ersten Worte, die sie in beiden Sprachen lernten: der infame Brandanschlag, die hasserfüllten Graffiti, die wiederholt an die Wände gesprüht waren, das gemeinsame  Liftar-Mahl, die Wanderungen zu den zerstörten palästinensischen Dörfern.

Da gab es natürlich auch die erstaunt, besorgten, ärgerlichen Antworten, die wir erhielten, als wir unsere ältere Tochter anmeldeten, einschließlich der Frage, die sich immer wiederholte: „Was wird geschehen, wenn sie einen Araber heiratet, wenn sie erwachsen ist?“ Darauf antwortete ich immer: Ich habe gelernt, wie man Maqluba für das Freitag-Abendessen macht.  Und so tat ich es auch. Andere wollten wissen, ob sie  und ihre Schwester wegen ihrer jüdischen Identität verlegen werden würden.

Die Fragen scheinen  so grundlos zu sein. In ihren Schuljahren lebten meine Töchter ihre eigene jüdische Identität, ja sogar mehr als ihre Eltern, die in Schulen gingen, wo das Jüdisch-sein selbstverständlich war.  In einer bilingualen Schule lernten sie ihre jüdische Identität kennen, ohne sie als Bedrohung  anzusehen oder dass sie von anderen religiösen und nationalen Identitäten bedroht werden.  Sie lernten ihr Judentum nicht als eine exklusive Identität kennen, die gegenüber anderen Identitäten in diesem Land Macht-Verhältnisse diktiert, sondern eher als einen Teil eines reichen  kulturellen Mosaiks, von dem sie ein Teil sind.

Unsere Schuljahre überschnitten sich mit der erschreckenden Eskalation von Extremismus und Faschismus in Israel. Wir können uns kaum vorstellen, wie wir das ohne diese Gemeinschaft durchlebt hätten, die uns gesunden Verstand und Trost anbot. Als wir im Sommer 2014 nach Israel zurückkehrten,  direkt in den verfluchten Krieg, waren die von der Schule organisierten Märsche – ohne Singen  nur das gemeinsame Marschieren, wie ein Atmen von frischer Luft -  in einer Realität, in der diese  knapp war.

Wie jedes Bildungsinstitut musste  sich  die zweisprachige Schule mit Schwierigkeiten auseinandersetzen, aber es kapselte auch Konzepte ab, die schon längst   zu Klichées  in der israelischen Gesellschaft wurden: Respekt, Anerkennung, Zusammenarbeit.  Im Israel von heute ist dieser Ort eine Art Wunder und ich bin dankbar und stolz, dass uns die Gelegenheit gegeben wurde, länger als zehn Jahre lang ein Teil davon zu sein.

Es wird sehr komisch sein, das Schuljahr ohne den zweisprachigen Kalender zu beginnen, ohne  das Datum vom Mohameds Geburtstag zu wissen oder wann die östlich-orthodoxe Kirche Weihnachten feiert. Andrerseits weiß ich, es ist ein wirkliches Verabschieden. Wir werden weiterhin ein Teil dieser Gemeinschaft sein, falls es noch das Wort „Hoffnung“  an diesem Ort gibt. Es kann noch zwischen  den Schulgängen an der Grenze zwischen der palästinensischen Beit Safafa und dem jüdischen Pat geben.                Quelle                 (dt. Ellen Rohlfs)

"Ein Schritt näher zur Annexion der Westbank": Israelisches Kabinett wird über Annexion von Siedlungen an Jerusalem abstimmen  - Sheren Khalel - Mitglieder des israelischen Kabinetts werden am Sonntag über einen Gesetzesentwurf abstimmen, der die Annexion weiter Landstriche an die Stadtgemeinde Jerusalem anstrebt. Der "Gesetzesentwurf Groß-Jerusalem" wird nach der erwarteten Billigung zur Abstimmung in die Knesset gehen; allerdings könnte es in der Knesset schwierig werden, da religiöse Hardliner eine Veränderung in der jüdisch-israelischen Demografie der Stadt befürchten.

Der umstrittene, vom Likud unterstützte Gesetzesentwurf würde mindestens 19 illegale Siedlungen und Außenposten in den Hoheitsbereich von Jerusalem bringen und drei palästinensische Gemeinden von der Stadt abtrennen. Die fünf größten illegalen Westbanksiedlungen, die annektiert werden sollen, werden aufgelistet als Ma'aleh Adumim, Gush Etzion, Efrat, Beitar Illit und Givat Ze'ev – die übrigen sind Teile von Siedlungsblöcken innerhalb der fünf größten (Siedlungen).  

Die drei palästinensischen Gemeinden, die von der Stadt Jerusalem abgestoßen werden, sind Anata, das Flüchtlingslager Shufat und Kufr Aqab.

Die Erläuterungen zum Gesetzesentwurf geben offen zu, dass das Ziel der Gesetzgebung ein Instrument im palästinensisch-israelischen demografischen Krieg in Jerusalem zur Judaisierung der Stadt ist.

Die Erläuterungen lesen sich so: "In den vergangenen Jahren ist angesichts demografischer, kultureller und politischer Entwicklungen der Status von Jerusalem als der wichtigsten Stadt in Israel schwächer worden, die wohlhabendere Bevölkerung verläßt die Stadt und zieht in die Küstenstädte. Das vorgeschlagene Gesetz soll eine Änderung dieses Trends ermöglichen und den Status von Jerusalem als ein Symbol und das Herz des jüdischen Volkes wieder herstellen."

Es wird erwartet, dass der Gesetzesentwurf bei der Abstimmung im israelischen Kabinett mit der vollen Unterstützung von Premierminister Benjamin Netanyahu durchgeht; aber es im Kabinett durchzubekommen könnte sich als schwierig erweisen, weil dort ein separater demografischer Krieg unter Israelis im Spiel ist.

Während die Abstoßung der palästinensischen Gemeinden von der Stadt Jerusalem im Interesse des großen Plans Israels für ein judaisiertes Jerusalem ist, sagte Knessetmitglied Aida Touma-Suleiman gegenüber Mondoweiss, dass der Gesetzesentwurf möglicherweise nicht durchgeht, weil die Ultra Orthodoxen Jerusalemer befürchten, dass sich die Macht bei Wahlen verschieben könnte, wenn die Siedlungen eingemeindet werden, und dies den Siedlern mit einer anderen Lebensweise und religiösen Ansichten in den Jerusalemer Wahlkabinen mehr Stimmen geben würde.

"Es würde die Balance unter den Juden in Jerusalem verändern, sie wollen nicht die Chance verlieren, eine Ultra Orthodoxe Mehrheit zu haben, so dass (der Gesetzesentwurf) möglicherweise nicht durchgeht", erklärte ein Knessetmitglied der Arabischen Liste.

Nach der Times of Israel drohte die ultra-Orthodoxe Partei Vereintes Torah Judentum (UTJ) diese Woche den Gesetzesentwurf aus diesem Grund zu "torpedieren". Der israelische Gesundheitsminister Yaakov Litzman und Knessetmitglied Moshe Gafni, beide von der Partei UTJ haben sich mündlich gegen den Gesetzesentwurf gestellt.

Wenn die Siedlungen in die Stadt Jerusalem eingemeindet werden, wird das auch die Siedlungen in der israelischen Gesellschaft legitimieren und die Tatsache infrage stellen, dass alle israelischen Siedlungen nach dem Völkerrecht als illegal gelten.

Außerdem sagte das BADIL Ressource Center for Palestinian Residency & Refugee Rights in einer Erklärung, dass, sollte das Gesetz verabschiedet werden und die drei palästinensischen Gemeinden, die zur Zeit zur Stadtgemeinde Jerusalem gehören, vom Distrikt abgetrennt werden, würde dies wiederum "den Zwangstransfer von Einwohnern erleichtern", der nach dem Völkerrecht ein Kriegsverbrechen ist.

BADIL sagte weiter, der Gesetzesentwurf bringe Israel "einen Schritt näher zur Annexion der Westbank" und mache die international unterstützte Zwei-Staaten-Lösung noch unmöglicher.
Das Israel Policy Forum, eine pro-israelische Lobbygruppe mit Sitz in den USA,  die eine Zwei-Staaten-Lösung befürwortet, sagte, der Gesetzesentwurf  würde "den Aussichten auf eine Zwei-Staaten-Lösung schweren Schaden zufügen, den Palästinensern als Arglistigkeit vermitteln und Anlass zu Zweifeln geben, ob sich Israel an das ausgehandelte Abkommen über den permanenten Status (Jerusalems) hält".

"Die Stellung von Jerusalem ist die heikelste der End-Status-Angelegenheiten zwischen Israel und den Palästinensern. Einheiten der Stadt zuzufügen, die beim besten Willen nicht zu Jerusalem gehören, werde die weitere Behandlung dieser Angelegenheit nur massiv erschweren, solche Schritte sind nur geplant, um Fakten zu schaffen, die den Palästinensern der Westbank den Zugang zu Jerusalem versperren", sagte die Gruppe in einer Erklärung. "Das israelische Kabinett sollte unmissverständlich diesen haarsträubenden und unverfrorenen Versuch die Grenze zwischen Israel und der Westbank zu verwischen, zurückweisen, und den Status von Jerusalem nicht noch komplizierter machen."

Die Administration des US-Präsidenten Donld Trump hat es einstweilen abgelehnt, einen Kommentar für oder gegen den Gesetzesentwurf abzugeben.

Während einer Pressekonferenz am Donnerstag sagte die Sprecherin des State Departments, Heather Nauert: "Soviel ich weiß, ist diese Rechtsvorschrift erst in einem frühen Stadium der Entwicklung. Einiges davon sind interne Angelegenheiten, die ich nicht kommentieren möchte. Ich weiß, dass sie mehrere Schritte durchlaufen muss, um überhaupt Gesetz zu werden", ohne dies weiter zu kommentieren.

Palästinensische Politiker und Aktivisten haben den Gesetzesentwurf scharf kritisiert.

Hanan Ashrawi, Mitglied des Exekutivkomitees der PLO, rief die internationale Gemeinschaft auf, "Israel zur Rechenschaft zu ziehen", und sagte, dass die Regierungen weltweit dies nicht getan haben, hätte es dem israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu und einer Regierung die Intensivierung ihrer Versuche ermöglicht das ganze historische Palästina mit einem "Groß-Israel" zu überlagern."
"Ohne Zweifel ist Israel damit beschäftigt die Militärbesatzung zu verlängern, nicht sie zu beenden, die Präsenz extremistischer jüdischer Sieder auf palästinensischem Boden zu legitimieren und die totale Isolierung und Annexion des palästinensischen Jerusalem zu vervollständigen. Diese Bemühungen repräsentieren das Ende der Zwei-Staaten-Lösung", sagte Ashrawi.

Ashrawi rief die internationale Gemeinschaft auch auf, Sanktionen gegen Israel zu verhängen, weil es das Völkerrecht nicht beachtet, und (Palästina) im Rechtsstreit gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof zu helfen.

Viel mehr als Lippenbekenntnisse für eine Zwei-Staaten-Lösung und Verurteilung der Siedlungsaktivitäten, obliegt es jedem Mitglied der internationalen Gemeinschaft ernsthafte und konkrete Maßnahmen zu ergreifen seine anhaltenden Kriegsverbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof zur Verantwortung gezogen werden sollte", sagte sie.

Quelle                    Übersetzung: K. Nebauer

Mohamed Jarara ein palästinensischer Polizist  ist Opfer eines Terrorangriffs von drei Siedlern - Gideon Levy - Er liegt auf einem eisernen Bett im Wohnzimmer seiner Wohnung in der Westbank-Stadt  Asir ASH-Sharmaliya; ein weißes Licht beleuchtet seine schwarze Kappe  auf de Kopf. Die Kappe verdeckt eine frische Narbe, die mit 42 Stichen quer über den Kopf genäht wurde. Es gibt auch eine tiefe Wunde über seiner Augenbraue über dem rechten Auge, das mit einem Verband zugedeckt ist. Er ist noch immer schwach. Er hat Schwierigkeiten vom Bett aufzustehen und zu sprechen ist eine große Belastung.

Mohammed Jarara ist das Opfer eines feindseligen Aktes, eines Terroraktes.  Zu Beginn des Sukkot-Feiertages griffen drei Israelis seinen Wagen an, in dem er saß. Sie hielten den Wagen an und warfen Steine in ihn. Ein großer Stein aus wenigen Meter Entfernung geworfen verletzte Jararas Kopf schwer. In dieser Woche kehrte er nach zwei Kopf-Operationen und 10 Tagen im Krankenhaus nach Hause zurück.

Jarara ein 25jähriger Junggeselle ist Polizist bei den palästinensischen National-Sicherheitskräften. Er hat abwechselnd eine Woche Dienst und eine Woche ist er zu Hause. Seit vielen Jahren ist sein Vater an Parkinson erkrank und Mohamed hatte geholfen, seine Familie zu unterstützen, in der es noch vier Brüder und vier Schwestern gibt. Ihre kleine Stadt liegt nicht weit von Nablus entfernt und die Srtaße dorthin geht durch Olivenhaine, wo in dieser Woche die Ernte begann. Die Ernte ist ein Familien-Ereignis in der Westbank. Jeder  kommt und hilft, klettert auf Leitern, schlägt die Bäume mit Stöcken und schüttelt die Zweige, damit die Oliven auf unten ausgebreiteten Plastikplanen fallen.

Am 5. Oktober war Jarara ein Passagier in einem Wagen, der zu seiner Dienststelle in Bethlehem fuhr, nachdem er an der Hochzeitsfeier eines Freundes in Bruqin, nahe Jenin teilgenommen hatte. Zusammen mit ihm waren noch zwei seiner Kollegen von den Sicherheitsdiensten: Thair Abeidi,43 und Ghassan Qasrawi,23. Nach 9 Uhr verließen sie die Hochzeit und fuhren zu ihrer Polizeistation zurück. Sie fuhren in Qasrawis Wagen, einem weißen 1010 Kia uns Qasrawi fuhr ihn. Abeidi saß neben ihm und Jarara saß hinten auf der rechten Seite mit einem offenen Fenster. Die drei waren in guter Laune. Für Juden war dies der erste Abend des Sukkot-Feiertages.

Kurz vor der Kreuzung mit der Nebenstraße, die zur Siedlung Shiloh führt auf der Schnellstraße 60 sahen sie aus der Ferne drei Personen am Straßenrand stehen Einer von ihnen machte  eine Taschenlampe an und aus um ihnen zu sagen, dass sie anhalten sollen. Davon überzeugt, dass dies ein ad hoc-Armee oder ein Polizei-checkpoint sei, fuhren sie langsamer.  Abeidi dachte an Salma a-Debi, einem Mitarbeiter von B’tselem, der Menschenrechtsorganisation.

Um fast 9 Uhr 45 erreichten wir das Gebiet von Shilo. Etwa 500-800m von der Abzweigung, die zum Dorf Turmus Ayya führt, sah ich den Lichtschein einer Taschenlampe und einige Leute, die am Straßenrand standen. Wir waren noch 50-80m entfernt und ich dachte mir, es wäre Polizei oder Soldaten. Ich bat Ghassan, langsam zu fahren und er fuhr sehr langsam heran.

Ich war überrascht, drei Leute in Zivil zu sehen und einer hielt eine Taschenlampe. Die andern beiden warfen Steine auf uns. Wir waren nur wenige Meter von ihnen entfernt. Ein Stein zerbrach das Fenster neben mir. Der andere traf Mohammed. Er schrie auf und mir wurde klar, dass er getroffen worden war. Ich drehte mich nach ihm um und sah, dass sein Gesicht von Blut bedeckt war. Ich nahm meine Jacke, die auf dem hinteren sitz lag, um das Bluten zu stoppen. Ich war überrascht über die Größe der Verletzung. Er hatte eine tiefe klaffende Wunde. Der Stein hatte ihn direkt getroffen. Das Fenster war offen gewesen und so traf ihn der Stein direkt. Er schrie vor Schmerzen und sagte, er sei dabei zu sterben. Ich versuchte ihn zu beruhigen.Doch war ich wirklich in Sorge um ihn.

Der Fahrer Qasrawi sagte zu B’tselem: ein Stein traf das Seitenfenster auf der rechten Seite des Wagens und es klang wie eine Explosion im Wagen, Ich hörte Mohammed auf dem Rücksitz schreien. Ich fragte ihn: Was ist los mit dir? Er sagte: mein Auge ist explodiert; Ich schaute nach ihm und sah, wie sein Gesicht von Blut bedeckt war. Ich wurde verrückt und fuhr schnell, um von den Siedlern schnell weg zu kommen. Ich sah in den Rückspiegel und sah eine Reihe von Siedlern auf der rechten Straßenseite. Sie taten so, als ob sie versuchten, nicht gesehen zu werden. Die Siedler haben dort einen Weinberg.

Von seinem Bett  gab Jarara  eine ähnliche Beschreibung des Vorfalles: Während sie fuhren sahen sie einige Leute – einer von ihnen trug ein weißes Hemd und eine große Schädelkappe mit langen  Schläfenlocken, die über seine Backe hingen. Alle drei Siedler standen hinter dem Straßengeländer.  Sie sahen aus, als wären sie 16,17 Jahre alt. Er sah keine Waffen in ihren Händen. Sie fuhren sehr langsam in dem Augenblick, als der Stein Jararas Kopf traf. Er verlor nicht das Bewusstsein, aber es floss eine Menge Blut von seinem Kopf. Sein Bruder Imad zeigte uns ein Photo, auf dem der Stein auf dem hinteren Sitz lag, nachdem er Mohammed getroffen hatte. Er ist größer als eine Faust. Ein Foto aus dem Krankenhaus zeigt den verletzten Kopf, von dem ein Stück gebrochen war.

Qasrawi gab sofort Gas und eilte in Richtung des Dorfes  Turmus  Ayya, wo er vor der lokalen Klinik hielt, die vom palästinensischen Sicherheitsdienst geführt wird. Nachdem er dort Erste Hilfe bekommen hatte, wurde er von der Ambulanz ins Regierungskrankenhaus nach Ramallah gebracht. … Jarara wurde in derselben Nacht noch in die private Klinik Istishari-Arab-Hospital gebracht, wo es Fachärzte der Neurologie gab.

Abeide kontaktierte den Regional-Kommandeur der nationalen Sicherheitsdienste, Riyad Salahat und berichtete ihm von dem Vorfall ….Jararas Familie hörte von der Verletzung erst am nächsten Morgen von seinen Kollegen. Und seine Geschwister eilten ins Krankenhaus nach Ramallah. Doch da an diesem Tag die Siedler ein Sukkot-Rennen hatten, war die Schnellstraße 60 für den Verkehr gesperrt. Die Fahrt zum Krankenhaus dauerte deshalb statt 40 Minuten fast zwei Stunden. Yarara lag auf der Intensivstation und durfte nicht besucht werden. Am nächsten Tag hatte er zwei Kopfoperationen. Eine Anzahl von Knochen in seinem Schädel waren zerschmettert. Eine Metallplatte musste in seine Stirn implantiert werden.

Die beiden Kollegen, die mit ihm im Wagen saßen, verfassten am nächsten Tag mit dem palästinensischen Verbindungsoffizier in Beit El eine Klage, um diese an die israelische Polizei zu schicken. Sie vermerkten, dass die Shilo-Kreuzung mit vielen Sicherheits-Kameras versehen ist. Nachdem sie die Anklageschrift abgegeben hatten, hörten sie nichts mehr und keiner von der israelischen Polizei hat eine Aussage von den drei Männern aufgenommen.

Die Sprecherin des Shai-Polizei-Distriktes Shlomit Baskosh antwortete nicht, als sie Anfang der Woche von Haaretz gefragt wurde, ob die Polizei eine Untersuchung über den Vorfall unternommen hat.

 Als wir Jarara in dieser Woche zu Hause besuchten, wurde er gerade vom Bürgermeister Hazem Yassin seines Ortes besucht. …

Soweit bekannt ist, haben die israelischen Medien nichts über den Vorfall veröffentlicht. Anscheinend ist er ohne Bedeutung und interessiert die Israelis nicht.       Quelle

(dt. und geringfügig gekürzt: Ellen Rohlfs)

 

Gideon Levy benennt Israels fundamentale, rassistische Religion: Zionismus - Jonathan Ofir  -  2. September 2017 - Gideon Levy hat gestern in Haaretz eine Kolumne veröffentlicht, die am weitesten geht, was ich in israelischen Mainstream-Medien gesehen habe, als ich den Zionismus herausforderte. Er nennt es eine Bewegung, die "im Widerspruch zu den Menschenrechten steht und damit tatsächlich eine ultranationalistische, kolonialistische und vielleicht sogar rassistische Bewegung ist, wie sie von Befürwortern der Gerechtigkeit weltweit behauptet wird".

Sein Text mit dem Titel "Minster of Truth" war ein typisch sarkastisches Stück vor dem Hintergrund von Justizministerin Ayelet Shaked, die Anfang der Woche gesagt hatte:

„Der Zionismus sollte sich nicht - und ich sage hier, er wird es auch nicht - weiterhin einem universell ausgelegten System individueller Rechte beugen ".

Levy nimmt Shaked's Worte auf und erläutert die Botschaft weiter:

So glaubt Shaked, wie so viele Menschen auf der ganzen Welt, dass Israel auf den Fundamenten der Ungerechtigkeit aufgebaut ist und deshalb vor dem feindlichen Gerede von Gerechtigkeit geschützt werden muss. Wie sonst lässt sich die Abstoßung von Diskussionsrechten erklären? Individuelle Rechte seien wichtig, aber nicht, wenn sie losgelöst von den zionistischen Herausforderungen "seien, sondern wieder richtig: Die zionistischen Herausforderungen stehen in der Tat im Widerspruch zu den Menschenrechten.

Und Levy ist sehr klar, was es heißt, sich dagegen zu stellen:

Der Zionismus ist die fundamentalistische Religion Israels, und wie in jeder Religion ist seine Leugnung verboten. In Israel sind' nicht-zionistisch' oder' antizionistisch' keine Beleidigungen, sondern soziale Ausweisungsbefehle. Es gibt nichts Vergleichbares in einer freien Gesellschaft. Aber nun, da Shaked den Zionismus entlarvt hat, ihre Hand auf die Flamme gelegt hat und die Wahrheit zugegeben hat, können wir endlich freier über den Zionismus nachdenken. Wir können zugeben, dass das Recht der Juden auf einen Staat dem Recht der Palästinenser auf ihr Land widersprach und dass der rechtschaffene Zionismus ein schreckliches nationales Unrecht hervorgebracht hat, das nie berichtigt worden ist; dass es Wege gibt, diesen Widerspruch zu lösen und zu büßen, aber die zionistischen Israelis werden ihnen nicht zustimmen ".

Hintergrund ist, dass Shaked auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom vergangenen Montag reagiert hat, in der er sich gegen die unbefristete Inhaftierung afrikanischer Asylsuchender ausgesprochen hat, die sich weigern, in ein Drittland (in der Regel Uganda oder Ruanda) abgeschoben zu werden. Das Gericht erlaubte zwar die Abschiebung dessen, was das Gericht als "Eindringlinge" bezeichnet, beschränkte aber die Freiheitsstrafe auf zwei Monate. Jetzt beachten Sie, was Präsident Miriam Naor des Obersten Gerichtshofs schrieb:

 „Während dieser Zeit ist es zulässig, zu versuchen, ihn durch Mittel zu überzeugen, die nicht gegen seinen freien Willen verstoßen, oder andere Wege zu finden, ihn gegen seinen Willen abzuschieben.

Dies ist der typische "leichte Zwang" der "israelischen Demokratie", ähnlich dem einzigartig israelischen Ausdruck "mäßiger körperlicher Druck" als legalisierter Euphemismus für Folter.

Gerichtspräsident Naor fügt hinzu: "Ebenso kann der Staat Alternativen zur Abschiebung in Betracht ziehen, einschließlich der Alternative der Beschränkung seines Wohnsitzes" (d. h. innerhalb Israels).

Viele Menschen würden sich natürlich vor dieser Missachtung der Menschenrechte hüten. Aber für die israelischen Führer war dies aus dem entgegengesetzten Grund empörend: Das Gericht war zu liberal.

 

Innenminister Aryeh Deri begrüßte zwar die Entscheidung, dass "Eindringlinge" in Drittländer entsandt werden könnten, kritisierte jedoch, dass das Gericht ihm ein "sehr wichtiges Instrument" vorenthalte und kritisierte, dass das Gericht (in einigen Fällen) nur freiwillige Abschiebungen erlaubte.

Die Entscheidung, dem Staat nicht zu erlauben, Eindringlinge gegen ihren Willen abzuschieben, ist sehr problematisch ", sagte Deri. "Wir müssen uns um die Bürger Israels kümmern, um die Bewohner von Südtel Aviv und anderen Städten, in denen das Leben der Bewohner unbewohnbar ist."

Und Premierminister Netanyahu? Er sagte:

  "Wir müssen neue Gesetze erlassen, die es uns ermöglichen, illegale Eindringlinge aus unserem Land zu schicken."

Indem er sagte, dass die Menschenrechte "den zionistischen Herausforderungen" nachgeben müssen, machte Shaked im Grunde genommen deutlich, wie Levy sagte, dass der Zionismus in Opposition zu den universellen Menschenrechten steht - und zwar an sich. Levy scheint sich abzusichern, schreibt, dass der Zionismus eine "vielleicht sogar rassistische Bewegung" sei (meine Betonung), aber die Hecke verschwindet, wenn er den Zionismus als kolonialistische und ultranationalistische Bewegung beschreibt. Mit anderen Worten, Levy nennt den Zionismus Rassismus.

Der historische Begriff des Zionismus als Rassismus ist Levy klar, und er erwähnt in seinem zweiten Absatz die UN-Resolution 3379 von 1975, in der  Zionismus mit Rassismus gleichsetzt wird. Ich habe diese Resolution (die der israelische UN-Botschafter Haim Herzog bekanntlich auseinandergenommen hat und die später aufgehoben wurde) in Verbindung mit dem kürzlich von der UN-Agentur in Auftrag gegebenen Bericht über die israelische Apartheid erwähnt, in dem der "im Wesentlichen rassistische Charakter des Staates" festgestellt wurde.

Wichtig ist in diesem Fall auch der Hintergrund - nicht von Palästinensern, sondern einfach von nicht-jüdischen Asylsuchenden. Das ist ein wichtiger Gedanke, weil er im Gegensatz zu der Vorstellung steht, die israelische Politik sei nur eine Reaktion auf die palästinensische Aggression, sozusagen. Es gibt hier keine Aggression als solche, und es gibt keine Palästinenser in dieser Geschichte. Es geht nur um die Anwesenheit von Nichtjuden.

Als der Gründer des Zionismus, Theodore Herzl, 1895 in seinem Tagebuch schrieb: "Wir werden die mittellose Bevölkerung über die Grenze bringen müssen... und ihr gleichzeitig jegliche Beschäftigung in unserem eigenen Land verweigern", dachte er wohl kaum an afrikanische Flüchtlinge. Aber die Realität hat gezeigt, dass der Zionismus eine solche Politik gegen jeden führen wird, der seine rassistischen, kolonialistischen und ultranationalistischen Pläne gefährdet.

Also, hier sind wir: Es wird alles laut ausgesprochen. Keine Entschuldigungen mehr. Das zeigt sich auch darin, was Netanyahu kürzlich zu einem Siedlerpublikum sagte: "Wir sind hier, um für immer zu bleiben", beruhigte Netanyahu. Wir werden unsere Wurzeln vertiefen, stärken, festigen und siedeln "(so Jonathan Cook).

Und Levy setzt den Einsatz:

Nun ist also die Zeit für eine neue, mutigere und ehrlichere Teilung zwischen den Israelis, die mit Shakeds Aussage einverstanden sind, und denjenigen, die anderer Meinung sind. Zwischen Anhängern des Zionismus und Anhängern der Gerechtigkeit. Zwischen Zionisten und Gerechten."

In der Tat, und keinen Moment zu früh.   Quelle

Eine automatische Übersetzung mit DeepL – ein wenig überarbeitet.

Israel lässt sich von US-Anwaltskanzlei im Kampf gegen BDS-Aktivisten in Europa und Nordamerika helfen - Chaim Levinson und Barak Ravid - 25.10.2017 - Die Regierung lässt sich nach Dokumenten, die Ha'aretz bekommen hat, heimlich von einer US-amerikanischen Anwaltskanzlei im Kampf gegen BDS (Boykott, Investitionsentzug und Sanktionen) in Europa, Nordamerika und andernorts helfen.

Die Regierung hat die Kanzlei Sidley Austin beauftragt rechtliche Möglichkeiten vorzubereiten und Gerichtsverfahren abwickeln. Das Justizministerium und das Ministerium für Strategische Angelegenheiten haben es abgelehnt, die Natur dieser Aktivitäten offen zu legen, für die der Staat im Lauf der letzten zwei Jahre hunderttausende Dollar gezahlt hat. Die Ministerien bezeichnen die Aktivitäten als "diplomatisch extrem sensibel".

Vor etwa zwei Jahren verpflichtete das Sicherheitskabinett das Ministerium für Strategische Angelegenheiten für die Koordinierung des Kampfes gegen "Delegitimierung" und bestimmte größere Mittel für diese Bemühungen. Das Ministerium für Strategische Angelegenheiten überweist einen Teil des Geldes an das Außenministerium in verschiedenen Plätzen weltweit, und einen anderen an jüdische Organisationen im Ausland für Öffentlichkeitsarbeit an Campussen und anderen Orten.

Aber auch das Ministerium für Strategische Angelegenheiten operiert in dieser Sache auf eine Weise, die es nicht öffentlich bekannt gemacht hat. In der Vergangenheit hat der Generaldirektor des Ministeriums, Sima Vaknin, der Knesset mitgeteilt, dass es damit befasst sei "geheimdienstliche Informationen zusammenzutragen und anzugreifen" (gathering intelligence and attacking).

Im Lauf des letzten Jahres hat Anwalt Eitay Mack Regierungsministerien gebeten, im Namen von Menschenrechtsaktivisten Informationen über alle mit ausländischen, an anti-BDS-Aktivitäten beteiligten Organisationen unterzeichneten Vereinbarungen anzunehmen. Das Außenministerium sagte, es hätte noch keine solchen vertraglichen Verpflichtungen, aber das Justizministerium stellte zensierte Dokumente zur Verfügung.

Die Dokumente zeigen, dass die Abteilung für Sonderaufgaben im Büro des Staatsanwalts, die – in Zusammenarbeit mit dem Minsterium für Strategische Angelegenheiten - für Angelegenheiten der nationalen Sicherheit zuständig ist, Anfang 2013 öffentliche Ausschreibungen für internationale Anwaltskanzleien gemacht hatte. Und zwar für "Vorbereitung von Dokumenten und rechtlichen Möglichkeiten sowie die Abwicklung von Gerichtsverfahren (Rechtsstreitigkeiten oder Prozessvertretung), soweit es für die Bekämpfung des BDS-Phänomens erforderlich ist, insbesondere hinsichtlich Aufrufen und Initiativen zur Verhängung von  Boykott und Sanktionen gegen israelische Unternehmen und Betriebe sowie gegen ausländische Unternehmen, die in Israel geschäftlich tätig sind".

Die detaillierte Beschreibung der Dienstleistungen war aus dem Dokument gestrichen (zensiert) worden. Das Justizministerium sagte, die Details würden noch überarbeitet, da ihre Veröffentlichung "den Auslandsbeziehungen des Landes schaden und der Fähigkeit dieser Institutionen, die erbetenen Dienstleistungen zu erbringen, beeinträchtigen könnte".

Im Februar 2016 schloss das Justizministerium einen Vertrag mit einer Anwaltskanzlei ab, im Mai bat dann das Ministerium die Kanzlei zu wechseln, da man festgestellt hatte, dass der ursprüngliche Verein möglicherweise einen Interessenskonflikt hatte.

Daraufhin wurde mit einer anderen Kanzlei ein Vertrag über 290.000 Euro geschlossen, mit der Option den Betrag um weitere 200.000 Euro für zusätzliche Tätigkeiten zu erhöhen. Eine weitere Ergänzung des ursprünglichen Vertrags wurde später genehmigt, dieses Mal für weitere 437.000 Euro, was einen totalen Auftragswert von 925.000 Euro bzw. 4 Millionen Schekel oder $ 1 Million macht.

Das Ausschreibungskomitee entschied, die Verträge wegen der Sensibilität der Angelegenheit für die israelischen Außenbeziehungen nicht über das Manof Regierungssystem zu veröffentlichen.

Die Heimlichtuerei rund um diese Verträge weckt den Verdacht, dass die Tätigkeit nicht nur mit rechtlichen Optionen zu tun hat, sondern auch mit Gerichtsverfahren gegen BDS-Unterstützer. Israel möchte aber nicht, dass bekannt wird, dass es hinter solchen Aktionen steht, um zu vermeiden, dass es  so aussieht, als mische es sich in die internen Angelegenheiten anderer Länder ein.

"Es besteht hier die Gefahr, dass Israel mit der Geheimhaltung der anti-BDS-Aktivitäten in der Welt auf Glatteis gerät", sagte Mack gegenüber Ha'aretz. "Es ist zutiefst beunruhigend, dass militärische Technologie von hohen Beamten im Ministerium für Strategische Angelegenheiten im Kampf gegen Zivilisten im Ausland, die den Staat Israel kritisieren, eingesetzt wird."

"So wie es für Israel schwierig ist die Besatzung zu verkaufen, hatte das Regime von Südafrika Probleme damit die Apartheid zu verkaufen", sagt er. "Pretoria setzte eine geheime Operation zur Desinformation und Verfolgung von anti-Apartheid-Aktivisten in Gang, deren Aufdeckung zur Entlassung des Premierministers und zur Eröffnung strafrechtlicher Ermittlungen und einem Zivilprozess in den USA führte. Wir hoffen, dass der Staat Israel die Geheimhaltung nicht benützt, um die Grenzen zum Kriminellen zu überschreiten."

Das Geld wird als budgetärer Etat für internationale Verträge ausgegeben. Der Bericht des Justizministeriums zeigt, dass die Regierung im März 2016 ohne eine öffentliche Ausschreibung einen Vertrag mit Sidley Austin für Beratungsdienste abschloss. In der ersten Hälfte von 2017 erhielt die Kanzlei $219.000 an Zahlungen. Keine andere Anwaltskanzlei wurde bisher im Rahmen  desselben budgetären Etats bezahlt.

Sidley Austin reagierte nicht auf Anfragen, ob (die Kanzlei) für die israelische Regierung arbeitet.

Sidley Austin ist eine der größten amerikanischen Anwaltskanzleien und beschäftigt 1.900 Anwälte. Es ist die Kanzlei, in der eine junge Anwältin, Michelle Robinson, einen Praktikanten namens Barack Obama traf. Die Kanzlei hat vier Büros in Europa: in Brüssel, London, München und Genf.

Quelle          Übersetzung: K. Nebauer

Wie Israel Wasser-Apartheid betreibt  - Mersiha Gadzo - 21.20.2017 - Jordantal/besetzte Westbank: Wasser ist im Jordantal, traditionell der "Bortkorb" Palästinas, nicht knapp, aber die palästinensischen Bauern kämpfen mit wenig Wasser für ihre Felder ums Überleben. Sie sagen, die Menge an Wasser, die ihnen die israelischen Behörden zuteilt, sei seit der Zweiten Intifada täglich kleiner geworden.

Indes verbrauchen die benachbarten Siedlungen Wasser in Fülle. Sie bauen Produkte wie Bananen an, was große Mengen an Wasser erfordert, die größtenteils aus Quellen der Westbank gepumpt werden, und exportieren die verschiedensten Früchte, Gemüse, Blumen und Gewürze nach Europa und in die USA.

Im Dorf Ein al-Beida ist ein Feld durch einen Stacheldrahtzaun geteilt.

Auf der einen Seite Reihen von Orangenbäumen mit üppig grünen Blättern, die israelische Siedler einer nahe gelegenen Siedlung kultivieren; auf der anderen ist den Palästinensern zugewiesenes karges Land, wo nichts wächst außer den steifen Halmen von gelbem Gras, das wegen Mangel an Wasser längst vertrocknet ist.

Bauern in Ein Al-Beida, einem der wenigen an das Wasserleitungsnetz angeschlossenen Dörfer, haben letzten Monat friedlich protestiert, nachdem die israelischen Behörden ihnen das Wasser für mehr als eine Woche gesperrt hatten.

Die israelischen Behörden haben schließlich das Wasser wieder aufgedreht, aber die Dorfbewohner sagen, sie bekämen weniger als die 240 Kubikmeter Wasser pro Stunde, die sie vor ihrem Protest bekommen haben.

"Sie sagten uns als Ausrede, es gäbe nicht genug Grundwasser", sagte der Bauer Mahdi Foqaha gegenüber Aljazeera. In Wahrheit möchte Israel nicht, dass wir weiterhin hier leben... Wir möchten nur, dass die Israelis uns unser eigenen Wasser (aus dem Boden) entnehmen lassen."

Viele Palästinenser, deren Lebensunterhalt von der Landwirtschaft abhängt, versuchen Wasserleitungen zu installieren und sie selbst an das Wasserleitungssystem anzuschließen. Wenn sie das ohne eine israelische Genehmigung machen, gilt das aber als "illegal" und setzt sie dem Risiko aus, dass diese behelfsmäßigen Anschlüsse zerstört werden.

Nur für 1,5 % der Anträge auf Baugenehmigungen für die von Israel verwaltete Zone C in der besetzten Westbank sind zwischen 2010 und 2014 bewilligt worden. Folglich haben die Palästinenser keine andere Wahl als ohne Genehmigung zu bauen, auch wenn es sich nur um einen einfachen Tank für Regenwasser auf ihrem eigenen Grund und Boden handelt.

"Im Nachbardorf Bardala haben die Israelis das Wasser auf 170 Kubikmeter für das ganze Dorf reduziert; die Leute sind gezwungen Wasser 'illegal' anzuschließen", sagt Foqaha. "Wir wollen leben. Was können wir denn sonst tun?"
Aber die Israelis entdeckten den "illegalen" Anschluss und bestraften die ganze Gegend mit Reduzierung und Sperrung unseren Wassers", fügte Foqaha hinzu.

Auf die Bitte von Aljazeera um einen Kommentar reagierte die israelische Regierung nicht.
 

Drosselung der Wasserversorgung - Nach dem Krieg von 1967 und der militärischen Besetzung der Westbank und des Gazastreifens, war die erste Handlung Israels, zu erklären, dass alle Wasserressourcen unter der Kontrolle des israelischen Militärs stehen. Wenn Palästinenser Brunnen bauen, Wasserrohre reparieren oder ein Bewässerungsnetz entwickeln, müssen sie dafür eine Genehmigung von Israel bekommen, die nur selten gewährt wird.

In der Folge werden den Palästinensern häufig von den israelischen Behörden ihre Wassertanks konfisziert und die Wasserleitungen durchschnitten.

Palästinensische Bauern erinnern sich an die Zeit vor 1967, als ihre Familien das Wasser der Quellen frei nutzten, es lief durch ihre Dörfer und bewässerte über Kanäle ihre Felder. Ihre Väter kultivierten Citrusfrüchte und Bananen; Wasser gab es Fülle.  

Heute sind sie von saisonaler Landwirtschaft abhängig, vom Regenfeldanbau, der aber durchschnittlich 15 mal weniger ertragreich ist als bewässerte Kulturen. Sie sind darauf angewiesen, Produkte anzubauen, die längere Perioden ohne Wasser überstehen, wie Datteln, Auberginen und Zucchini. Palästinensische Bauern sagen, dass sie jetzt weniger als die Hälfte ihres ursprünglichen Ackerlandes nutzen.

Nach dem Krieg von 1967 konfiszierte die israelische Regierung das Land, in dem die größte Quelle von Bardala floss, und leitete das Wasser in die nahegelegenen landwirtschaftlichen Siedlungen. Mekorot, das nationale Wasserunternehmen Israels, machte tiefe Bohrungen in den Bergaquifer, und Ende der 1970er Jahre hatte Israel soviel Wasser entnommen, dass die Quellen von Bardala und Ein al-Beida austrockneten.

Seit die Grundwasserressourcen durch die Brunnen der Israelis erschöpft sind, kaufen die Palästinenser Wasser von Mekorot zu hohen Preisen.

"Die Israelis haben tief gegraben, Experimente durchgeführt und herausgefunden, dass die Gegend voll von Wasser ist", sagte Foqaha.

"Wir nutzten früher fünf, sechs zentrale Quellen, aber die Israelis nahmen uns diese Quellen und leiteten das Wasser ab... Wir Bauern (in Ein al-Beida) verbrauchen gemeinsam dieselbe Menge Wasser wie ein Siedler in (der illegalen Siedlung) Mehola.

Diskriminierende Bestimmungen - Wasser mag für Palästinenser knapp sein, nicht aber für Siedler. Der Unterschied im Verbrauch ist krass: Laut EWASH (Emergency, Water, Sanitation and Hygiene-Group), einer Koalition von 30 NGOs, verbrauchen Siedler im Jordantal pro Kopf 81 mal mehr Wasser als Palästinenser in der Westbank.

Laut der Menschenrechtsorganisation Al-Haq kommen die israelischen Bestimmungen über die Wasserverteilung einer "Wasser-Apartheid" gleich.

"Entgegen der verbreiteten Ansicht ist Wasser in der Region nicht knapp, und war es auch nie", vermerkte Al-Haq 2013 im Report 'Water For One People Only'.

"Der Grad an unbeschränktem Zugang zu Wasser, den die Einwohner Israels und die israelischen Siedler haben, beweist, dass Ressourcen reichlich vorhanden sind, und dass der Mangel an genügendem Wasser für Palästinenser eine direkte Folge der diskrimatorischen israelischen Bestimungen für das Wasser-Management ist.

"Mekorot reduziert während der Sommermonate routinemäßig – manchmal bis zu 50% - die Versorgung der Palästinenser, um den Bedarf in den Siedlungen zu decken", sagt der Report.

Die Sperrungen der Wasserversorgung sind nicht auf die Gebiete unter israelischer Kontrolle (Zone C, Ü.) beschränkt. Laut Bewohnern von Nablus (in Zone A, unter vollständiger Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde), erreichten die Kürzungen in der Wasserversorgung im Sommer 2017 mit Wassersperrungen, die bis zu 2 Wochen dauerten, einen neuen Höhepunkt. 

'Die Unterdrückung beenden' - Ibrahim Kassab, ein Bauer von Jiftlik sagte gegenüber Aljazeera, dass er die Hälfte seines Einkommens für den Kauf von Wasser für seine Feldfrüchte ausgibt. Etwa 90% seines Wassers kauft er von Mekorot, nur 10% kommt aus der Quelle.

"Alle hier denken dasselbe – die Landwirtschaft aufzugeben", sagte Kassab und  bermerkt, dass bereits die Hälfte der Bauern seines Dorfes ihre Felder aufgegeben und anderswo Jobs als Arbeiter angenommen haben.

Mehr als 10% des palästinensischen Bruttoinlandsprodukts hängt von Landwirtschaft ab, allerdings sind nur 10% des Landes bewässert.

"Alles, was grün ist, ist israelisch; alles, was trocken und gelb ist palästinensisch", sagte Bauer Hussein Foqaha gegenüber Aljazeera.

Die Bauern haben niemanden, an den sie sich um Hilfe wenden können. Außerstande ihr eigenes Wasser (dem Boden) zu entnehmen, hat auch ihr friedlicher Protest wenig bewirkt. Tubas hat die PA um Wasser gebeten, hat aber bis jetzt nichts erreicht.

"Wenigstens haben wir jetzt Wasser zum Trinken", sagte ironisch Muntasir Foqaha, ein anderer Dörfler aus Ein al-Beida, zum Protest vom vergangenen Monat. "Wir möchten nur, dass die Unterdrückung durch die Israels endet."

Quelle                Übersetzung: K. Nebauer

 

Israel versucht sein Glück bei der EU - Israel arbeitet schwer und setzt alle Mittel ein, um seine Beziehungen mit der EU denen mit den USA anzugleichen. Die EU hilft nicht, ist aber nicht fähig zu den israelischen Verbrechen an den Palästinensern nein zu sagen. Wenn es im israelisch-palästinensischen Konflikt auf verschiedene Interessenvertreter ankommt, hat Israel garantiert die Unterstützung der USA, ganz gleich was es auch immer macht. Andere Interessensvertreter, auch die EU, haben die Politik der israelischen Regierung durchgehend kritisiert, diese Kritik aber nie nicht mit einer Aktion unterstützt. Möglicherweise ist das bis jetzt so.

Die Obama-Administration wurde von der pro-Israel-Lobby für ihre angebliche mangelnde Unterstützung heftig kritisiert, trotz der Gewährung eines Militärhilfspakets von 38 Milliarden Dollar; kein anderer Staat kann von etwas Ähnlichem träumen. In der Tat, mehr als die Hälfte der Militärhilfe für fremde Staaten geht an Israel.

Obama hat es versäumt, das Hilfspaket an die Bedingung eines Fortschritts in den Gesprächen zwischen Israelis und Palästinensern oder eines Stopps des Siedlungsbaus, den auch die USA als "rechtswidrig" ansehen, zu knüpfen.

Weder Netanyahus dreiste Brüskierung Obamas, als er sich ohne Absprache mit dem Weissen Haus an den US-Kongress wandte, noch die Demütigung des amerikanischen Vizepräsidenten Joe Biden – der 2010 bei einem Besuch in Jerusalem mit der Ankündigung konfrontiert wurde, dass Israel den Bau von 1.600 Wohneinheiten für jüdische Israelis in der illegalen, an Jerusalem angeschlossenen Siedlung Ramat Shomo plante – waren genügend Anlass für eine solche Bedingung.

Die USA sind Mitglied des Nahostquartetts, heute in 'Office of the Quartett' umbenannt, das (die USA,) die EU, Russland und die Vereinten Nationen zusammenbringt.

Es beschreibt sein Mandat als "Hilfe bei der Vermittlung bei den Nahostfriedensverhandlungen und Palästinas wirtschaftlicher Entwicklung und Institutionenaufbau in Vorbereitung einer letztendlichen eigenen Staatlichkeit". Der letzte wichtige Bericht des Quartetts wurde 2016 veröffentlicht. Der Bericht legt seinen Fokus auf Gewalt und Hetze, die palästinensische Regierung und die von Gaza, die  Expansion der Siedlungen, die Ausweisungen von Land (z.B. als Bauland, Ü.) und die Verweigerung einer palästinensischen Entwicklung.

In dem Gebiet, das in den Oslo-Verträgen als Zone C bezeichnet wurde, hat Israel die volle Kontrolle hinsichtlich Sicherheit und Planung. Die Verweigerung einer palästinensischen Entwicklung geschieht großteils durch die Verweigerung von Baugenehmigungen. Das Quartett stellte fest, dass "2014 nur eine einzige Genehmigung für ein palästinisches Haus in  der Zone C erteilt worden ist, und 2015 keine einzige . In dem 5-Jahreszeitraum von 2009 bis 20013 wurden für Palästinenser nur 34 Baugenehmigungen erteilt, bei mindestens 2.000 Anträgen."

Der Bericht stellt weiters fest, dass mehr als 11.000 Abrissanordnungen für palästinensische 'Strukturen" anhängig sind, drei Viertel davon auf palästinensischem Privatgrund. Der Bericht anerkennt, "dass den Palästinensern, nachdem ihnen Genehmigungen durchweg verweigert werden, um legal zu bauen, kaum eine andere Option bleibt als ohne Genehmigung zu bauen". 2016 gab es in den ersten vier Monaten eine deutliche Steigerung bei den in der ganzen Westbank zerstörten palästinensischen Strukturen, mit etwa 500 Zerstörungen palästinensischer Strukturen durch die israelischen Behörden und fast 800 vertriebenen Palästinensern, mehr als im ganzen Jahr 2015. Auch wenn viele davon keine Wohnhäuser waren, traf der Verlust von Strukturen wie Brunnen, Solarpaneelen und Viehunterständen doch die Existenzgrundlage von mehr als 2.500 Menschen in der ersten Hälfte 2016. Dieser Trend hat sich 2017 bis zum heutigen Tag fortgesetzt.

Bei Strukturen, die Israel als illegal betrachtet, unterscheidet es nicht zwischen solchen, die von Palästinensern und solchen, die von nicht-Palästinensern finanziert sind, solchen, die ohne Baugenehmigung und solchen, die aufgrund bilateraler Vereinbarungen mit den Palästinensern errichtet worden sind.

Gazas Internationaler Flughafen, der 1998 eröffnet worden ist, wurde 2001 von den Israelis zerstört. Er war mit Geldern aus Japan, Ägypten, Saudi Arabien, Spanien und Deutschland errichtet worden. Bis zum heutigen Tag liegt der Flughafen in Schutt und Trümmern, und weder Deutschland noch Spanien haben jemals Sanktionen gegen Israel verhängt.

Im Januar diesen Jahres haben die israelischen Streitkräfte 15 Strukturen in Khirbet zerstört, einschließlich Wohnhäusern und der einzigen Schule in dem kleinen Weiler, der am Rand von Beit Furik im Jordantal im Nordosten der besetzten Westbank liegt.

Im Juli hat die niederländische Regierung bei Israel wegen der Konfiszierung elektrischer Ausstattung protestiert, die als Hybridsystem mit Diesel- und Solarkraft galt. Das Elektrifizierungsprojekt im Süden der Region von Bethlehem war von der niederländischen Regierung gespendet worden und hatte etwa 500.000 Euro gekostet ($590,806), wovon 350.000 Euro ($413,564) laut der israelischen Tageszeitung Ha'aretz nach Jubbet al-Dibh gingen. Das niederländische Außenministerium verlangte von Israel die Rückgabe der Ausstattung und "erwägt zur Zeit, welche Schritte als nächstes unternommen werden können", wie es in der Erklärung des Ministeriums gegenüber Ha'aretz heißt.

Im August demontierten israelische Truppen einen Kindergarten für 25 palästinensische Kinder im Dorf Al-Baba bei Jerusalem und behaupteten, er sei ohne Genehmigung gebaut worden. Wenige Tage zuvor war eine Grundschule in der südlichen Westbank zerstört sowie die Solarpaneele für die Stromversorgung einer anderen Schule entfernt worden. Das stieß auf Kritik von seiten der EU, die sich "sehr besorgt über die jüngsten Konfiszierungen von palästinensischen Schulstrukturen in Beduinengemeinschaften in der besetzten Westbank durch Israel" äußerte und hinzufügte: "Jedes Kind hat das Recht auf einen sicheren Zugang zu Bildung, und Staaten haben eine Verpflichtung dieses Recht zu schützen, zu respektieren und und müssen ihrer Verpflichtung nachkommen, indem sie garantieren, dass Schulen unantastbare sichere Räume für Kinder sind."

Ist Israel jetzt zu weit vorgeprescht, um sein Glück bei der EU zu versuchen?

Obwohl Israel von der EU gesponserte Einrichtungen zerstört hat, zeigt die (bisherige, Ü.) Geschichte, dass sie bei Israel protestiert, aber keine Maßnahmen ergriffen hat. Dies könnte sich allerdings ändern.

Es sind Berichte aufgetaucht, nach denen acht EU-Staaten, angeführt von Belgien, ein Schreiben verfasst und hohen Beamten des Außenministeriums übermittelt haben, in dem sie eine Entschädigung von 30.000 Euro ($35,456) für die Konfiszierung und Demolierung der von ihnen in der Westbank-Zone C unter voller israelischer Kontrolle) errichteten Strukturen und Infrastrukturen fordern. Das erfolgte, nachdem sich Israel geweigert hatte, die konfiszierte Ausstattung zurückzugeben, wie es die acht Länder, die Mitglieder des "West Bank Protection Consortiums" sind, das die humanitäre Hilfe für Zone C  koordiniert, gefordert hatten.

Das Schreiben betont, dass "die Zerstörung und Konfiszierung von humanitärer Ausstattung einschließlich Schulinfrastruktur sowie die Einmischung in die Weitergabe von humanitärer Hilfe gegen die Verpflichtungen Israels entsprechend dem Völkerrecht verstößt und bei den palästinensischen Einwohnern Leiden verursacht".

Israel allerdings behauptet, europäische Aktivität in Zone C sei nicht humanitäre Hilfe, sondern "illegale Entwicklung, die ohne Koordinierung mit Israel erfolgt ist und den Zweck hat, die Palästinenser in ihrem Bleiben in Zone C zu stärken". Diese Behauptung hat Benjamin Netanyahu 2015 gemacht, der die Zerstörung von etwa 400 palästinensischen Strukturen, die mit europäischen Geldern errichtet worden waren, angeordnet hatte.

Während die internationale Gemeinschaft oft über die israelischen Verbrechen gesprochen hat, ist dies ein seltenes Beispiel einer Aktion, das dazu führen könnte, dass Israel es sich zumindest zwei Mal überlegt, bevor es handelt. Dies ist zwar ein kleiner Schritt von acht EU-Staaten, könnte aber einen entscheidenden und notwendigen Wechsel der Politik von Verurteilungen der israelischen Politik hin zu konkreten Maßnahmen markiert. EU-Bürger sollten sich darüber empören, dass Beiträge von ihren Steuerzahlungen, die das Leiden der Palästinenser mildern und Frieden aufbauen sollen, von Israel vernichtet werden, während Produkte aus den illegalen Siedlungen weiterhin ihren Weg in die Lager der europäischen Supermärkte machen.

Wenn es die EU mit dem Frieden und ihrer Unterstützung für eine Zwei-Staaten-Lösung ernst meint, dann kann sie die existierenden Instrumente benutzen, um Einfluss auszuüben. Dazu gehört die Aussetzung des EU-Israel-Association Agreement dafür, dass Israel eine Klausel des Agreement nicht beachtet, die besagt, dass "Beziehungen zwischen den Parteien sowie alle Bestimmungen des Agreements selbst auf der Respektierung der Menschenrechte und der demokratischen Prinzipien basieren müssen".

Israels eindeutige Mißachtung der palästinensischen Menschenrechte sollte endlich zu einer Aussetzung dieses Abkommen führen.

Quelle              Übersetzung: K. Nebauer

 

 

 

Israel arbeitet mit allen Mitteln hart daran, seine Beziehungen zur EU wie die Beziehungen zu den USA zu gestalten. - Die EU hilft nicht, aber sie ist immer noch nicht in der Lage, Nein zu den israelischen Verbrechen gegen die Palästinenser zu sagen.

Wenn es um die verschiedenen Interessengruppen im israelischen palästinensischen Konflikt geht, hat Israel bei fast allem, was es tut, amerikanische Unterstützung garantiert. Andere Interessengruppen, darunter auch die EU, haben die israelische Regierungspolitik immer wieder kritisiert, haben sie aber stets nicht mit Taten untermauert. Möglicherweise bis jetzt.

Die Obama-Administration wurde von der Pro-Israel-Lobby wegen ihres vermeintlichen Mangels an Unterstützung für Israel gegeißelt, obwohl sie ihm ein militärisches Hilfspaket im Wert von 38 Milliarden Dollar für 10 Jahre gewährte, wie es kein anderer Staat zu sichern träumen konnte. Tatsächlich geht mehr als die Hälfte der Hilfe, die die USA anderen Staaten geben, an Israel.

Obama hat versäumt, das Hilfspaket nicht von Fortschritten bei den Gesprächen zwischen Israelis und Palästinensern oder einem Abbruch des Siedlungsbaus abhängig zu machen, den die USA als "illegitim" ansehen. Weder Netanyahus unverschämte Verhöhnung Obamas, als er vor dem US-Kongress ohne Abstimmung mit dem Weißen Haus sprach, noch die Erniedrigung des amerikanischen Vizepräsidenten Biden, der bei einem Besuch in Jerusalem im Jahr 2010 mit der Ankündigung konfrontiert wurde, dass Israel 1.600 Häuser für jüdische Israelis in Einheiten in der illegalen Siedlung Ramat Shlomo bauen wolle, die an Jerusalem angebunden ist, reichten aus, um eine solche Konditionierung auszulösen.

Die USA sind Mitglied des Nahost-Quartetts, das jetzt in "Office of the Quartet" umbenannt wird und die EU, Russland und die Vereinten Nationen zusammenführt. Sie beschreibt ihr Mandat als "Hilfe bei der Vermittlung von Friedensverhandlungen im Nahen Osten und bei der Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung und des Aufbaus von Institutionen zur Vorbereitung auf eine spätere Staatlichkeit der Palästinenser". Der letzte wichtige Bericht des Quartetts wurde 2016 veröffentlicht. Der Bericht konzentrierte sich auf Gewalt und Aufhetzung, Gaza und palästinensische Regierungsführung und Siedlungsexpansion, Landbezeichnungen und Verweigerung der palästinensischen Entwicklung.

In dem Gebiet, das nach den Osloer Abkommen als C bezeichnet wird, behält Israel die volle Kontrolle über Sicherheit und Planung. Die Verweigerung der palästinensischen Entwicklung wird vor allem durch die Verweigerung von Baugenehmigungen erreicht. Das Quartett stellte fest, dass "nur eine einzige Genehmigung für den palästinensischen Wohnungsbau im Bereich C 2014 genehmigt wurde, und es scheint keine im Jahr 2015 gegeben zu haben. In den fünf Jahren von 2009 bis 2013 wurden nur 34 Baugenehmigungen für Palästinenser im Gebiet C genehmigt, von mindestens 2.000 Einreichungen ".

In dem Bericht wurde ferner festgestellt, dass über 11.000 Abrissbefehle gegen palästinensische Strukturen anhängig sind, von denen drei Viertel auf palästinensischem Privatland liegen. Der Bericht räumte ein, dass "den Palästinensern, da ihnen immer wieder Baugenehmigungen verweigert werden, nur wenige Möglichkeiten bleiben, sondern dass sie ohne Baugenehmigungen bauen können".

In den ersten vier Monaten des Jahres 2016 wurde die Zahl der im Westjordanland zerstörten palästinensischen Strukturen deutlich erhöht: 500 palästinensische Strukturen wurden von den israelischen Behörden abgerissen, fast 800 Palästinenser wurden vertrieben, mehr als im gesamten Jahr 2015. Obwohl viele davon keine Wohnungen waren, hat der Verlust von Strukturen wie Wasserbrunnen, Sonnenkollektoren und Tierheimen in der ersten Jahreshälfte 2016 die Existenzgrundlage von mehr als 2.500 Menschen beeinträchtigt. Der Trend setzte sich 2017 und bis heute fort.

Israel unterscheidet nicht zwischen Strukturen, die es für illegal hält und die von Palästinensern finanziert werden, und solchen, die von Nicht-Palästinensern finanziert werden, solchen, die ohne Baugenehmigung gebaut wurden oder solchen, die in bilateralen Abkommen mit den Palästinensern vereinbart wurden.

Der 1998 eröffnete Internationale Flughafen von Gaza wurde 2001 von Israel zerstört. Es wurde mit Mitteln aus Japan, Ägypten, Saudi-Arabien, Spanien und Deutschland gebaut. Bis heute ist der Flughafen in Trümmern verblieben, und weder Deutschland noch Spanien haben jemals Sanktionen gegen Israel verhängt.

Im Januar dieses Jahres zerstörten israelische Streitkräfte etwa 15 Gebäude in Khirbet, darunter Häuser und die einzige Schule in dem kleinen Weiler, der sich am Rande des Dorfes Beit Furik im Jordantal im Nordosten des besetzten Westjordanlandes befindet.

Im Juli protestierte die niederländische Regierung bei Israel gegen die Beschlagnahme von Elektrizitätsanlagen, die als ein Hybridsystem aus Diesel- und Sonnenenergie gelten sollten. Das Elektrifizierungsprojekt in der südlichen Region Bethlehem wurde von der niederländischen Regierung gestiftet und kostete rund 500.000 Euro (590.806 Dollar), davon 350.000 Euro (413.564 Dollar) laut dem israelischen Tagesbericht Haaretz an Jubbet Al-Dhib. Das niederländische Außenministerium forderte Israel auf, die Ausrüstung zurückzugeben und prüft derzeit, welche weiteren Schritte unternommen werden können ", so die Erklärung des Ministeriums an Haaretz.

Im August zerstörten israelische Truppen im Dorf Jabal Al-Baba ein Gebäude für eine Kinderkrippe für 25 palästinensische Kinder.

Im August haben israelische Truppen im Dorf Jabal Al-Baba in der Nähe von Jerusalem ein Gebäude für eine Kinderkrippe für 25 palästinensische Kinder abgerissen, das angeblich ohne Genehmigung gebaut wurde. Dies folgte dem Abriss einer kleinen Grundschule im südlichen Westjordanland wenige Tage zuvor und dem Abbau von Solarzellen, die eine andere Schule mit Strom versorgten. Die EU kritisierte die EU, dass sie "große Besorgnis über die jüngsten Beschlagnahmungen palästinensischer Schulstrukturen durch Israel in Beduinengemeinschaften im besetzten Westjordanland zum Ausdruck brachte" und fügte hinzu, dass "jedes Kind das Recht auf sicheren Zugang zu Bildung hat und die Staaten verpflichtet sind, dieses Recht zu schützen, zu respektieren und zu erfüllen, indem sie dafür Sorge tragen, dass Schulen unantastbare sichere Räume für Kinder sind".

Aber hat Israel seinen Erfolg mit der EU zu weit getrieben?

Trotz der Zerstörung von Einrichtungen durch die EU, die Israel zerstört hat, zeigt die Entwicklung, dass es gegen Israel protestiert, aber keine Maßnahmen ergriffen hat. Dies könnte sich jedoch ändern.

Es wurde berichtet, dass acht EU-Länder, allen voran Belgien, ein Schreiben verfasst haben, in dem sie von hochrangigen Beamten des Außenministeriums eine Entschädigung in Höhe von 30.000 EUR (35.456 USD) für die Beschlagnahme und den Abriss der von ihnen selbst errichteten Strukturen und Infrastrukturen im Gebiet C des unter voller Kontrolle Israels stehenden Westjordanlandes fordern. Dies folgt auf Israels Weigerung, die beschlagnahmte Ausrüstung, wie sie von den acht Ländern, die Mitglieder des Westjordanland-Schutzkonsortiums sind, gefordert wird, zurückzugeben.

In dem Schreiben wird betont, dass "der Abriss und die Beschlagnahme humanitärer Hilfsgüter, einschließlich der schulischen Infrastruktur, und die Einmischung in den Transfer humanitärer Hilfe gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen Israels verstößt und den palästinensischen Einwohnern Leid zufügt".

Israel behauptet jedoch, dass europäische Aktivitäten in Raum C keine humanitäre Hilfe, sondern "illegale Entwicklung ohne Koordinierung mit Israel und mit dem Ziel, die palästinensische Präsenz in Raum C zu stärken" seien. Diese Behauptung wurde bereits 2015 von Benjamin Netanyahu erhoben, der den Abriss von etwa 400 palästinensischen Bauwerken im Westjordanland mit europäischen Mitteln in Auftrag gab.

Während die internationale Gemeinschaft oft über israelische Verbrechen gesprochen hat, ist dies ein seltenes Beispiel für Maßnahmen, die Israel zumindest zweimal zum Nachdenken anregen könnten, bevor es handelt. Dies ist zwar ein kleiner Schritt für acht EU-Länder, doch könnte dies eine bedeutsame und notwendige Änderung der Politik von der Verurteilung der israelischen Politik hin zu konkreten Maßnahmen bedeuten. Die EU-Bürger sollten empört darüber sein, dass die Beiträge aus ihren Steuern zur Linderung des Leidens der Palästinenser und zur Schaffung von Frieden von Israel vergeudet werden, während Waren aus illegalen Siedlungen weiterhin in die Supermarktregale der EU gelangen.

Wenn die EU es ernst meint mit dem Frieden und ihrer Unterstützung für eine Zweistaatenlösung, dann kann sie bestehende Instrumente nutzen, um ihren Einfluss geltend zu machen. Dazu gehört auch die Aussetzung des Assoziierungsabkommens EU-Israel, weil Israel eine Klausel nicht einhält, nach der "die Beziehungen zwischen den Parteien sowie alle Bestimmungen des Abkommens selbst auf der Achtung der Menschenrechte und der demokratischen Grundsätze beruhen".

Die klare Missachtung der palästinensischen Menschenrechte durch Israel sollte endlich eine Aussetzung dieses Abkommens auslösen.

Quelle
übersetzt mit DepL
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Die 15 Gründe und Absichten der USA für ihren Austritt aus der UNESCO - Nazanín Armanian - 15.10.2017 - Einige Tage nach der Versöhnung von Hamas und Fatah und der Wiedereinsetzung der Palästinensischen Autorität in Gaza (die die Möglichkeit einer Ausrufung des Staates Palästina vergrößert) verkündeten die USA und Israel ihren Austritt aus der UNESCO wegen deren "anti-israelischen Tendenzen". Es haneldt sich um den Höhepunkt jahrelanger politischer und finanzieller Erpressungen von seiten der USA gegen die UNO und ihre Agenturen.1983 zog sich die Regierung von Ronald Reagan aus der UNESCO zurück, weil sie "den Interessen der UdSSR diente", und 2011 setzte Barack Obama den Mitgliedsbeitrag der USA für die UNESCO aus, weil sie "Palästina als Mitgliedsstaat zugelassen" hatte. Netanyahu, der die UNESCO mit dem IS vergleicht, während er selbst diese terroristische Organisation unterstützt, begrüßt die Entscheidung von Trump.

Es stimmt nicht, dass die UNO und ihre Organisationen anti-israelisch seien: die USA und Israel verwechseln Kritik mit Feindschaft. Zum Beispiel war die Resolution 2334, die die israelische Kolonisierung (den israelischen Siedlungsbau) verurteilte, für die Palästinenser ein Scherz, da die UNO nie irgendetwas unternommen hat, um Tel Aviv zu zwingen sich an das internationale Recht zu halten. Ebensowenig ist es "anti-japanisch", das Massaker von Nanking (Vergewaltigungen und Ermordung von 300.000 chinesischen Kriegsgefangenen durch das japanische Heer 1937) in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufzunehmen. Auch Tokio hatte mit der Einbehaltung seiner Mitgliedsbeitärge gedroht.

Zu den "Verbrechen" der UNESCO laut USA gehören:

1. - die Annexion von Ost-Jerusalem an Israel als "nicht rechtsgültig" zu betrachten;

2. - Israel als "Besatzungsmacht" zu bezeichnen.

3. - es mit dem Apartheidregime in Südafrika zu vergleichen;

4. - die Altstadt von Hebron und die Ibrahimi-Moschee als palästinensisches Weltkulturerbe anzuerkennen.

Aber die wirklichen Motive zielen darauf:

5. - dass die Entscheidungen eines Teils der US-Mandatare von den "Umschlägen" abhängig sind, die diese erhalten: man schätzt, dass die Gruppe "Konfiguration der zionistischen Macht" (ZPC) den US-Abgeordneten in den letzten 30 Jahren an die 100 Millionen Dollar geschenkt hat. Der britische Diplomat Jack Straw sagte, dass "die Gruppen wie AIPAC, die eine Politik zugunsten Israels gestalten (entwickeln), über unbegrenzte Gelder verfügen, um die Politik der USA zu kanalisieren", was der Senator William Fullbright 1973 kritisierte: "Die Israelis kontrollieren die Politik des Kongresses und des Senats". Sicher, Senator Tom Cotton hat etwa 1 Million Dollar vom Notkomitee für Israel dafür erhalten, dass er einen offenen Brief gegen das Atomabkommen Obamas unterschrieben hat. Die asymmetrische Beziehung zwischen den USA und Israel ist ein einzigartiger Fall in den internationalen Beziehungen. Es gibt zahlreiche Gesetze, die die Politik der USA nach den Interessen des kleinen Landes ausrichten (konditionieren), und eines davon begrenzt die Unterstützung der USA für Organisationen der UNO, die Palästina (als Staat, Ü.) anerkennen. Kann man sich vorstellen, dass Spanien wegen seiner Kritik an (Saudi) Arabien oder Katar aus der UNESCO austritt?

6. - den Triumpf des "Israel first" in der Trump Administration. Ihr Repräsentant in der UNO ist Nikki Haley, die der pro-israelischen Lobby AIPAC versprochen hat, bei der Verteidigung Israels "ein neuer Sheriff" zu sein. (In einem anderen Land würde sie als "Verräterin und Agentin eines fremden Landes" angeklagt.) Haley hat den UN-Menschenrechtsrat darauf aufmerksam gemacht, er möge seine Kritik an Israel wegen der Blockade des Gazastreifens zügeln, und kündigte an, dass sich die Agenda der monatlichen Debatten über den Nahen Osten im Sicherheitsrat auf Iran, Syrien, die Hamas und die Hizbollah und nicht auf Israel konzentrieren werde.

7. Die Vereinigten Staaten spielen ein doppeltes Spiel: während sie die Organisation verlassen (aber den Beobachterposten behalten), stärken sie die Position Israels: Letzten März wurde die Jordanierin Rima Khalaf , die geschäftsführende Sekretärin der UN-Wirtschafts- und Sozialkommission für Westasien (ESCWA), gezwungen zurückzutreten, weil sie sich weigerte, einen Bericht zurückzuziehen, der die Apartheid Israels im Umgang mit den Palästinensern kritisierte. In ähnlicher Weise erhob die UNESCO Danny Danon, den ehemaligen Vizeminister des israelischen Verteidigungsministeriums, den ehemaligen Vizeminster des Verteidigungsministeriums, in die Vizepräsidentschaft der UN-Generalversammlung. Diese Woche wurde die französische Jüdin Audrey Azoulay (und Tochter eines Bankiers) die neue Direktorin der UNESCO.

8. - Israel in den Weltforen zu rehabilitieren, auf Kosten seines eigenen Ansehens. Trump schafft es, dass die USA wieder den Status eines Paria einnimmt, den sie schon einmal in der Ära Bush erlangt hatte.

9. - Auch wenn Trump es nicht wagt, die Botschaft der USA nach Jerusalem zu verlegen, läßt er Israel seine Projekte weiter verfolgen. Er wird seinem Verbündeten keine theatralischen Vorwürfe (im Stil seiner Vorgänger) machen.

10. Das Terrain vorzubereiten, um aus dem Atomabkommen mit dem Iran auf Bitten Israels (und Saudi Arabiens) auszusteigen, auch wenn das den USA schadet.

11. Die USA haben bereits ihre Vormachtstellung in der Organisation verloren und haben auch nicht das Bedüfrnis weiter in ihr zu bleiben. Die UNESCO wurde 1945 von 37 (v.a. westlichen) Nationen mit zwei Hauptzielen gegründet: die 'Entnazifizierung" der Bildung in Europa und die Verteidigung des liberalen kapitalistischen Systems gegen den Sozialismus der Sowjetunion. Die Situation änderte sich, als 1980 die meisten der (inzwischen) etwa 160 Mitgliedsländer aus Afrika und Asien waren und mehr auf den sozialistischen als den kapitalistischen Block wetteten. Die USA sahen (damals) schon keinen Nutzen darin, weiterhin die Rechnung für die UNESCO zu zahlen. Ein kurioses Faktum: 2003, als Bush wegen seinem Einmarsch in den Irak kritisiert wurde, kehrten die USA nach 20 Jahren Abwesenheit mit gereinigten Image in die UNESCO zurück. Jetzt und zum Jahrestag des 11. September sieht die USA keine Notwendigkeit sich mit der Welt zu versöhnen.

12. - Mit der Politik des Rückzugs aus kollektiven Abkommen fortzufahren. Trump trat schon im Juni aus dem Klimaabkommen von Paris aus. Vielleicht meint er, dass sich die alten internationalen Verträge je nach Interessenslage der USA wieder erneuern lassen, auch wenn das weltweit zu einem Durcheinander führt. Sie verachten ganz offen das Prinzip der internationalen Zusammenarbeit, mit dem Ziel (den andern) ihren willkürlichen Willen aufzuzwingen.

13. - Die USA verstärken so den Druck auf die UNO, damit sie sich "reformiert" und greift ihre Politik an. Ohne ihr Geld wird die UNESCO ihre Programme zusammenstreichen und auf Freiwillige zurückgreifen müssen. Heute bezieht die große Mehrheit ihrer Beschäftigten ein gutes Gehalt und lebt in Europa.

14. - Druck auf andere 'zahlende' Mächte auszuüben: sie sollen sich entweder nach Trump ausrichten, oder sie müssen das Budgetdefizit abdecken. So ist es: wer zahlt, schafft an!

15. - Trump tut so, als halte er sich an seine wirtschaftliche Agenda, indem er ein paar Dollar einspart, um seine Steuerzahler von seiner guten Arbeit zu überzeugen, während er ihnen das Brot wegnimmt, um seine Urlaube zu finanzieren. Mit dem Austritt aus der UNESCO könnten sich die USA weigern die 500 Millionen Dollar zu zahlen, die sie ihr schulden.


Israel strebt nach einem Sitz im UN-Sicherheitsrat. Seine soliden Beziehungen zu den BRICS-Staaten – dank des Waffenhandels und Austauchs bei den Geheimdiensten – können diesen seinen Traum Wirklichkeit werden lassen, während die Palästinenser – mehr alleingelassen als jemals – fürchten, dass die übrigen Staaten sie für den Kollaps internationaler Institutionen verantwortlich machen. Dennoch ist das Vorgehen der USA und Israels auf ihre Frustration zurückzuführen: es ist eine Reaktion auf den Widerstand der Palästinenser und die wachsende internationale Solidarität mit diesem Volk.

Quelle            Übersetzung aus dem Spanischen: K. Nebauer

Die besetzten Gebiete sind das größte Gefängnis auf Erden  - 8.10.2017 - Mark Karlin / Interview mit Ilan Pappé - Fünfzig Jahre nach dem Sechs-Tage-Krieg scheint kein Ende der israelischen Besatzung der Westbank und des Gazastreifens in Sicht. Der renommierte Historiker Ilan Pappé bringt in seinem neuen Buch "The Biggest Prison on Earth: A History of the Occupied Territories" eine umfassende und vernichtende Abrechnung mit der Besatzung, die auf wegweisender Forschungsarbeit und Zeugenberichten basiert.

In diesem Interview von Truthout, behauptet Ilan Pappé, der Autor von "The Biggest Prison on Earth", dass das israelische Modell (Plan) für die besetzten Gebiete nicht eine etwaige Zwei-Staaten-Lösung ist. Vielmehr hat Israel ein Modell eines permanenten Freiluftgefängnisses für Gaza und die Westbank aufgebaut.

Mark Karlin: Kannst Du kurz ein Argument für die neue Identifizierung der Westbank und Gazas als "Freiluftgefängnisse" und nicht als "besetzte Gebiete" geben?

Ilan Pappé: Nicht nur ein Freiluft-, sondern zuweilen und in Gaza heutzutage  ein Hochsicherheitsgefängnis. Kürzlich hat die israelische Regierung offiziell den 50. Jahrestag der Befreiung von Jerusalem, Judäa und Samaria gefeiert. Bereits 1967 waren Judäa und Samaria (die Westbank) für die zionistischen Parteien befreite Gebiete, nicht Gebiete, die bis zur Rückgabe im Rahmen eines Friedensvertrages behalten werden, während Gaza als Enklave betrachtet wurde, die immer entweder von innen oder von außen überwacht werden muss.

Demnach hat 1967 die damalige israelische Regierung – und alle Regierungen seither – die Westbank und den Gazastreifen als Gebiete betrachtet, die immer unter direkter oder indirekter israelischer Herrschaft zu sein haben. Die zweite Entscheidung war, dass dem Volk, das in diesen Gebieten lebt, nicht die israelische Staatsbürgerschaft gewährt und auch nicht seine eigene Souveränität oder Unabhängigkeit erlaubt wird. Sie wurden auch nicht außer Landes vertrieben, wie die Palästinenser von 1948. Sie wurden also ganz gewollt als Volk ohne Bürgerrechte und abhängig von der Gnade erst der Militärherrschaft und dann der Ziviladministration definiert, die nicht nur seine zivilen Rechte, sondern auch seine Menschenrechte verletzt hat. Das einzige System, das ich kenne, in dem Menschen ihrer grundlegenden Rechte beraubt sind, ist das Gefängnissystem. Diese Menschen werden in dieses Megagefängnis eingesperrt, für kein andere Verbrechen als dafür, dass sie Palästinenser sind. Es sind ihnen ein paar Vergünstigungen erlaubt, wie zum Beispiel in Israel zu arbeiten, sowie ein begrenztes Maß an Autonomie, falls sie mit einem solchen Leben einverstanden sind – dass ist das Modell eines offenen Gefängnisses; und sie werden kollektiv bestraft, wenn sie Widerstand leisten, und das ist das Hochsicherheitsgefängnis.

Mark Karlin: Warum datierst Du das israelische Mega-Gefängnis auf 1963?

Das Jahr 1963 ist ein sehr bedeutendes Jahr in der israelischen Geschichte. In diesem Jahr verließ der erste israelische Premierminister und Führer David Ben Gurion eine etablierte Politik und wurde von einer jüngeren Politikergeneration beerbt. Mit diesem Umbau hörten zwei seiner Obsessionen auf die israelische Politik zu beeinflussen. Er hatte auf einem hartes Militärregime über die palästinensische Minderheit in Israel bestanden und es abgelehnt auf die Bitten der Lobby für ein Groß-Israel einzugehen, die eine Rechtfertigung für eine Besetzung der Westbank suchten.

In diesem Jahr konnte das israelische Militär ernsthaft beginnen, seine zwei Obsessionen zu ignorieren. Sie haben mit der Aufhebung der Militärherrschaft über die Palästinenser in Israel begonnen, haben aber den Kontrollapparat nicht abgebaut. Sie haben ihn für die Einsetzung über eine andere Gruppe von Palästinensern vorbereitet: für die, die in der Westbank und im Gazastreifen leben. Als 1967 die Gelegenheit kam, hatten die Militärchefs bereits eine personelle Infrastruktur zur Kontrolle der Millionen Palästinenser in den frisch besetzten Gebieten vorbereitet. Dieselben Leute, die die Militärherrschaft in Israel aufrechtgehalten hatten, wurden versetzt, um Herrscher über die Westbank und den Gazastreifen zu werden.

Militärherrschaft war nicht als temporär gedacht; sie passte gut zur Strategie des Mega-Gefängnisses, die ich oben beschrieben habe.

Was macht Gaza speziell zu einem "Modell-Gefängnis"?

2005 behaupteten Ariel Sharon und seine Berater, sie hätten eine Zauberformel dafür gefunden, wie der Gazastreifen im Rahmen der israelischen Gesamtstrategie zu kontrollieren sei, die nach Wegen suchte, das (palästinensischen, Ü.) Gebiete zu besitzen, aber nicht die Menschen, die dort leben.

In der Westbank wurde das mit der Judaisierung der (palästinensischen) Gebiete gemacht, die für Israel als zum Jüdischen Staat gehörend oder für ihn als notwendig galten. Diese Methode funktionierte im Gazastreifen nicht; er war zu klein. Also war es die Idee, die Siedlungen zu räumen und der Palästinensischen Autonomiebehörde zu erlauben, diesen Platz zu führen und ihn von außen zu überwachen. Israel hatte den Gazastreifen übrigens bereits 1994 mit Stacheldraht eingezäunt. Allerdings hatten die Menschen in Gaza eine andere Idee, sie verdarben diesen Plan und machten den Streifen zur verzweifelten Basis des Widerstands. Das traf sich mit der Methodik des Hochsicherheitsgefängnisses: Operationen der Kollektivbestrafung, die in der Rückschau einem zunehmeden Genozid an den Menschen dort ähnelten.

Wie denkst Du, sieht die israelische Regierung die Rolle der Besatzersiedlungen in der Westbank?

Wie ich schon angemerkt habe, ist es die Hauptfunktion der Siedlungen ganz klar den Teil Westbank abzugrenzen, der direkt von Israel regiert werden soll, im Hinblick auf eine letztendliche formale Annektierung an Israel. Die Regierungen versuchten für gewöhnlich nur Gebiete zu besiedeln (zu kolonisieren), die nicht dicht von Palästinensern bewohnt waren, aber die messianische Siedlerbewegung Gush Emunim siedelte entsprechend der biblischen Landkarte, was dazu führte, dass sie auch im Herzen palästinensischer Gebiete siedelten. Die Anwesenheit der Siedler fungiert, ob absichtlich oder nicht, als massive Operation der Belästigung und Schikanen, die den Palästinensern dort das Leben verunmöglicht und sie in die noch kleineren Enklaven in der Westbank treibt.

Was bezeichnest Du als "war of choice"?

Jeder Krieg, der durch aktive und intensive Diplomatie hätte verhindert werden können, ist ein Krieg, für den man sich entschieden hat  (war of choice).

Entgegen der Bauernweisheit, gab es für die Israelis viele Momente (Weichen), an denen sie aus der Krise, die zum Krieg im Juni 1967 führte, auszusteigen hätten können. Aber die israelische Regierung und die Armee entschieden sich diese Weichenstellung zu ignorieren, da sie die Krise als Gelegenheit sahen, die Übernahme des historischen Palästina zu vollenden; sie hatten es (bis dahin, Ü.)  nur geschafft 78% des Palästina von vor 1948 zu übernehmen, und dieser Teil erschien ihnen als unhaltbar und über lange Zeit nicht lebensfähig.

Hat der Krieg in Syrien und der wachsende Parteigeist der verschiedenen islamischen Fraktionen Israel ermöglicht, sich einem größeren Druck den Palästinensern ihre Freiheit zu geben, zu entziehen?

Ja, das stimmt wirklich. Es lenkte die öffentliche Meinung der Welt vom Leiden der Palästinenser ab, das kaum die Aufmerksamkeit der Medien bekommt und bereits mehr als ein Jahrhundert andauert, während eine ebensolche Brutalität die Menschen in Syrien und anderswo in der arabischen Welt über einen kurzen Zeitraum erleiden, weshalb sie bei den internationalen Medien mehr Aufmerksamkeit bekommt.

Allerdings sind die Chancen für eine Befriedung von Syrien, Irak und der übrigen arabischen Welt eng mit der Palästina-Frage verknüpft. Die Weigerung des Westens denselben moralischen Maßstab, mit dem er die Verletzungen der Menschen- und Bürgerrechte in der arabischen Welt mißt, auch an Israel anzulegen, hindert den Westen – und im Besonderen die USA – eine positive Rolle im Friedenstiften für den Nahen Osten zu spielen. Das Unrecht in Palästina ist das wichtigste Öl, das in das Feuer des Hasses und Gewalt in der Region gegossen wird, und das wird so bleiben, bis eine gerechte und nachhaltige Lösung für die palästinensische Sache gefunden wird. Die (mit den USA, Ü.) einvernehmliche israelische Einstellung und Politik gegenüber den besetzten Gebieten sind das Haupthindernis auf dem Weg zu einer solchen Lösung.           Quelle        - Copyright, Truthout.org/ Reprinted with permission

Übersetzung: K. Nebauer

"Die andere Seite der Belagerung" – IDF übernimmt das Jenin Theater - Jesse Rubin   -   17.10.2017 - Der Erzähler im Film "Die Belagerung von Bethlehem" - der die 29 Tage Patt zwischen bewaffneten palästinensischen Gruppen in der Geburtskirche und der israelischen Armee während der zweiten Intifada 2002 – erkärtt, dass die IDF gegen Ende des Patts ihre Strategie geändert habe. Anstelle der Taktik mit "Schlichtung" und "Vertrauensbildung" sei die Armee zu einem "härteren Vorgehen" übergegangen, sagt der Erzähler. Aber das wirft unbedingt die Frage auf: was genau ist mit Schlichtung und Vertrauensbildung gemeint, wenn danach acht Palästinenser tot waren?

Der Strategiewechsel sei nach einem Zwischenfall erfolgt, bei dem die IDF "Feuerwerkskörper" bzw. Sprengkörper abschießt, die nicht töten, sondern einer psychologischen Kriegsführung gegen die verschanzten Militanten dienen sollen.

Aber die Sprengkörper haben sich nicht an Schlichtung und Vertrauensbildung gehalten und einer hat die Kirche getroffen und ein Feuer verursacht, in dem die palästinensischen Militanten und Zivilisten bleiben.

Bezieht sich der Erzähler vielleicht auf eine verdeckte, doublethink Strategie, die sich "Operation Schlichtung und Vertrauensbildung" nennt? (doublethink: laut Wikipedia propagiertes Denken, in dem zwei widersprüchliche bzw. einander ausschließende Überzeugungen aufrechtzuerhalten und zu akzeptieren sind. Ü.)  [...]

Die Belagerung von Bethlehem war der krönende Abschluss der "Operation Schutzwall", eine militärische Kampagne, die die israelische Armee ab März 2002 in der Westbank führte. Mehr als 20.000 Soldaten der IDF marschierten in Westbank-Städte wie Ramallah und Jenin ein, beide Male als Vergeltung für verheerende Anschläge auf Israelis und zur Unterdrückung des palästinensischen Widerstands gegen die Besatzung auf dem Höhepunkt der Zweiten Intifada.

Als die Soldaten am 2. April das besetzte Bethlehem erreichten, suchten etwa 200 palästinensische Militante und Zivilisten Zuflucht in der Geburtskirche und damit begann die Pattsituation. Die historische Episode ist das Thema der palästinensischen Produktion "Die Belagerung", die vom Jenin Freiheitstheater aufgeführt wurde und die derzeit in New York viel zu viel Wirbel macht.

Auf einer Veranstaltung mit der Bezeichnung "Die andere Seite der Belagerung" zeigte das New Yorker Taub Center für israelische Studien den Dokumentarfilm der Palästinensischen Bibelgesellschaft (PBS) für die etwa 45 Personen, die erschienen. IDF Reserveleutnant Lior Lotan, der israelische Unterhändler während der Belagerung und Hauptdarsteller im Film, folgte auf den Film mit einer einstündigen Darstellung der Ereignisse.

Während der kurzen Pause zwischen Filmvorführung und Vortrag hörte man zwei Männer in der letzten Reihe zufällig zu und verstand, dass beide Tickets für die Produktion des Jenin Freiheitstheaters hatten, zwei Strassenblöcke weiter. Da sie nicht zu spät kommen wollten, schlüpften sie aus dem Raum, gerade als Lotan auf das Podium schritt.

Er begann mit einem Witz, nach der letzten Szene des Films, in der Lotan zwischen einem orthoxen Mönch, einem Franzsikaner und einem armenischen Mönch vermittelt, wer als erster in die Kirche gehen soll.

"Ich glaube, dass der Regisseur des Film kein Jude ist, sonst hätte er von den Verhandlungen, wer von euren Angehörigen beim Seder neben wem sitzt, gewußt –  dann hätte er verstanden, dass Verhandeln mit diesen Mönchen und Priestern ... eine sehr einfache Aufgabe ist." 

Die Zuhörer, zumindest die, die lachten, waren jetzt in ihrem kollektiven Judentum und unausgesprochen beinhalteten Zionismus verankert und hörten den Verhandlungsexperten die wohlbedachte (measured) Strategie der israelischen Armee loben im Gegensatz zu den unlogischen palästinensischen Militanten.

Lotan schloss an den Film an, der den strahlenden, jungen israelischen Soldaten unerschütterlich in der Stunde Null zeigt, als er erklärte, dass es für eine Verhandlung wichtig ist, den Standpunkt des Feindes zu verstehen.

"Einschätzung ist eine knifflige Sache, wenn du versuchst jemanden von einer anderen Kultur, einer anderen Religion oder mit anderen politischen Ansichten zu verstehen", sagte er und klickte auf das nächste Dia seines Powerpoints.

Es zeigt Kinder, die Gewehre halten, vermutlich palästinensische Kinder in Gaza, obwohl es keine Faktoren für ihre Identifizierung gibt. Lotan sagte, sie spielten Geiselnahme. Er stellte die Kriegskultur der Kultur der Israelis gegenüber, für die der Dienst in der Armee obligatorisch sei, mit dem letztendlichen Ergebnis die Bürger mit der Nation zu verbinden.

"Aber für sie, für diese Kinder", sagte Lotan ohne einen Hauch von Erkenntnis, "ist das Heldentum. Das ist Entführung eines Soldaten des Feindes und ihn festhalten ohne irgend einen Zweck."

Viele Zuhörer waren alt und weißhaarig und wurden während dem Rest der Powerpoint Präsentation von Lotan mit Archivbildern und schlechten Grafiken noch älter und weißhaariger.

Lotan ist Lektor am interdiszipinären Zentrum in Herzliya, wo er das Institut für Terrorismus-Bekämpfung gegründet hat. Er ist Risikokapitalgeber und auf israelische Technologie spezialisiert. Von daher war seine Powerpoint eine merkwürdige Auswahl.

Nach einer halben Stunde waren nur noch 30 Zuhörer da, mindestens einer von ihnen war eingeschlafen.

Am Ende des Vortrags fragte ein Freund von Mondoweiss, der unter den Zuhörern war, Lotan, ob er die Aufführung des Jenin Theaters, "Die Belagerung", gesehen hätte. Das Stück, das die Belagerung von Bethlehem aus der Sicht der Palästinenser zeigt, hatte am 12. Oktober mit einer Spielzeit von zehn Tagen am New Yorker Skirball Center, nur zwei Strassenblöcke weiter, begonnen.

Laut diesem Freund sagte Lotan, dass er am Eröffnungsabend zu dem Stück gegangen sei.

"  Er beschrieb es als das Portrait von sechs sehr jungen Männern, die hauptsächlich mit ihren eigenen Problemen in ihrem Lebens beschäftigt waren und wie sie sie lösen sollten. Es illustrierte, sagte er, dass Menschen, die vor allem in eine solche Situation involviert sind, wenig Handlungsmacht haben, und dass das rasche Ende ihrer traumatischen Situation (ordeal) von oben beschlossen worden sei (ein Thema, das er in seiner eigenen Geschichte hervorgehoben hatte). Er war offensichtlich für die Podiumsdiskussion nach der Aufführung geblieben, da er erwähnte, dass der 'Direktor' ...gesagt hätte, er habe die Geschichten von vielen Personen für die Bühne auf nur sechs Darsteller komprimiert. Das, sagte (Lotan), sei Kunst und unterscheide sich von der Realität in der großen Welt – seinem Thema."

Film und Diskussion mit Lotan beweist nur die Notwendigkeit, dass das Freiheitstheater spielt, um ein großes Publikum zu erreichen.

Wie der Dokumentarfilm zeigt, haben die israelischen Streitkräfte die Medien vor Ort vollständig kontrolliert. Das Verhandlungsteam war auch ein PR-Team, das entschied, was Reporter und Kamerateam sahen, mit wem sie sprachen, und noch wichtiger, wann und wann nicht sie den Medien Zutritt gewährten. Lotan dieselbe Geschichte fünfzehn Jahre später erzählen zu hören, dass Israel beabsichtigt das Narrativ für immer zu kontrollieren.

Abgesehen von diesem Sonntag Abend haben nur sehr wenige Menschen zugehört.

Quelle         Übersetzung: K. Nebauer

 

EU-Grenzbeobachter wartet seit 10 Jahren auf die Rückkehr nach Gaza  - Michael Schaeffer Omer-Man - 13.10.2017 - Gazas Grenzübergang Rafah könnte jetzt, nachdem Fatah und Hamas einem Versöhnungsabkommen zugestimmt haben, bald wieder öffnen. Aber das bedeutet nicht, dass die EU-Mission, die seit 10 Jahren bei jährlichen Unkosten von Millionen Euro in der Nähe von Tel Aviv sitzt und wartet, bald wieder zur ihrer Arbeit zurückkehren kann.

Während der vergangenen 10 Jahre hat eine Gruppe von Grenzbeobachtern der Europäischen Union innerhalb Israel auf den unbestimmten, fernen Augenblick gewartet, an dem sie wieder in den Gazastreifen versetzt wird, um den Grenzübergang zwischen Haza und Ägypten zu überwachen.

Wenn das am Donnerstag in Kairo von Hamas und Fatah unterzeichnete Versöhnungsabkommen überlebt und realisiert wird, könnten die zehn Jahre Wartezeit – und die Millionen Euros, die in dieser Zeit ausgegeben wurden – in der Luft verpuffen.

Die EU Border Assistance Mission Rafah, auch als EUBAM bekannt, wurde 2005 geschaffen, nachdem Israel sein Militär aus dem Gazastreifen abgezogen hatte, um die Umsetzung eines bilateralen Abkommens zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde zu unterstützen. EUBAM sollte den von der PA betriebenen Grenzübergang überwachen, der bis dahin unter Israel angelaufen war, und ein Verbindungszentrum betreiben, wo israelische,  EU- und palästinensische Beamte alles, was am Grenzübergang Rafah vor sich ging, beobachteten.

Theoretisch sollte das Arrangement mit den europäischen Beobachtern das erste Mal in der Geschichte sein, dass Palästinenser eine internationale Grenze für Ein- und Ausreise aus dem palästinensischen Territorium kontrollieren. Tatsächlich behielt aber Israel die letzte Kontrolle des Grenzübergangs. Die israelische Kontrolle wurde beibehalten, indem sie bestimmten, wer passieren konnt,e oder Indivualreisenden die Grenzüberschreitung untersagten, ging aber auch so weit, die Schließung des gesamten Grenzübergangs zu erzwingen, indem Israel es ablehnte die EU-Beobachter von ihrem Wohnsitz in Ashkelon in den Gazastreifen reisen zu lassen.

Dennoch war die Grenze von Rafah während der ersten sieben Monate des Einsatzes von EUBAM außer an zwei Tagen jeden Tag geöffnet; 1.300 Personen passierten täglich die Grenze.

Dann entführte Hamas den israelischen Soldaten Gilad Shalit, Israel besetzte wieder einen Streifen Land in Gaza entlang der Grenze zu Ägypten und der Grenzübergang war im dauffolgenden Jahr weniger als 1/4 der Zeit geöffnet. Als Hamas 2007 die Fatah aus Gaza vertrieb, wurde die Grenze offiziell geschlossen und seither nicht mehr regelmäßig geöffnet.

Aber anstatt nach Hause zurückzukehren, blieben die EU-Beobachter. Für die letzten 10 Jahre hat EUBAM seine Kräfte in Israel beibehalten, erst in Ashqelon, dann in Ramat Gan/Tel Aviv.[...] In den letzten Jahren hat die Mission die europäischen Steuerzahler mehr als eine Million Euro gekostet. Im Juli hat die Europäische Union das Mandat von EUBAM mit einem noch höheren Budget zu 1,98 Mio Euro für Juli 2017 bis Juni 2018 wieder verlängert.

Die Chancen für eine Wiedereinsetzung (in Rafah) sind, auf jeden Fall unter dem derzeitigen Mandat, sehr gering bis null. Exklusiv innerhalb des Rahmens eines bilateralen Abommens zwischen Israel und der PA autorisiert, war die PA laut von Al Jazeera veröffentlichten geleakten Dokumenten (die ein Teil der Palestine Papers sind) von Beginn an unzufrieden. Israel überschritt seine Befugnis und vernachlässigte seine Verpflichtungen, wie palästinensische Beamte bei zahllosen Gelegenheiten schrieben.

2009, zwei Jahre nach der Schließung der Grenze, während die EUBAM-Beoachter nichts zu tun hatten außer darauf zu warten, dass die Fatah wieder die Kontrolle des Gazastreifens wieder erlangt, schrieben palästinensische Beamte, dass das Abkommen, mit dem EUBAM sein Mandat erhielt, zu fehlerhaft war, um als Grundlage für die Wiedereröffnung (des Grenzübergangs) von Rafah zu dienen. Die Vorstellung, dass Mahmud Abbas bei dem Wenigen, das er mit seinem Einschmeicheln bei Israel gewinnen konnte, zustimmen würde Israel viel Macht über Rafah zu übergeben, scheint als einziges Stückchen Souveränität, das er nach Jahren gescheiterter und ineffektiver Diplomatie vorzuzeigen hat, einfach absurd.

Außerdem hatte die Hamas nach zahlreichen Berichten über das Versöhnungsakommen vermutlich eine gewisse Rolle beim Betrieb von Rafah, ein Detail, das sehr wahrscheinlich die Rückkehr der europäischen Beobachter ausschließen würde, deren Präsenz von der Erlaubnis Israels abhängt. Ein wahrscheinlicheres Szenario ist, dass Israel, das weniger Einfluß auf die PA hat als vor 12 Jahren, versuchen wird Ägypten unter Druck zu setzen, dass es seine eigenen strikten Kontrollen auf der südlichen (ägyptischen) Seite der Grenze umzusetzt.

Letzte Woche lehnte der Chef von EUBAM es ab, auf die Fragen von 972 darüber zu antworten, was die 12 Beobachter in den letzten 10 Jahren gemacht hätten und was für eine Versetzung nach Rafah nötig wäre, sollten Fatah und Hamas ihre Differenzen lösen. Der Pressebeamte der Mission war auf Urlaub und antwortete nicht auf mehrere Bitten um ein Interview.

Nach Veröffentlichungen auf der Webseite der Mission und verschiedenen Korrespondenzen, die über die Palestine Papers bekannnt wurden, haben die EUBAM-Spezialisten im Lauf des letzten Jahrzehnts verschiedene Fortbildungen für die palästinensische Grenze und für Zollbeamte absolviert, obwohl jeder Grenzübergang nach und aus Palästina von Israel kontrolliert wird. Außerdem benötigte EUBAM sogar für diese Fortbildungssitzungen die Genehmigung von Israel.

Wie lange werden die europäischen Steuerzahler für die Kosten von fast 2 Millionen Euro für eine Mission aufkommen, die wenig mehr tut als auf die Wiederauferstehung der lange nicht mehr existierenden politischen Umstände zu warten, die ein Dutzend Grenzbeobachter ursprünglich nach Israel-Palästina gebracht haben? Werden sie dableiben, auch wenn der Rafah Grenzübergang unter einem Abkommen, das sie nicht miteinschließt, wieder geöffnet wird?

Natürlich setzt das voraus, dass das Fatah-Hamas-Abommen überhaupt umgesetzt wird. Frühere Versuche einer Versöhnung waren weit fortgeschrittener und wurden blockiert, bevor sie durchgesetzt werden konnten.   Quelle            Übersetzung: K. Nebauer

USA, Israel verlassen UN-Weltkulturerbe-Organisation und führen dafür Voreingenommenheit an - 12.10.2017 - John Irish - Die USA und Israel kündigten am Donnerstag an, sie würden die UN-Weltkulturerbe-Organisation UNESCO verlassen, nachdem Washington ihr anti-israelische Voreingenommenheit vorgeworfen hat.

Der Rückzug der USA, die ein Fünftel der Finanzierung von UNESCO beigesteuert hat, ist ein harter Schlag für die Organisation in Paris. Sie ist nach dem zweiten Weltkrieg gegründet worden, um zum Schutz von Kultur- und Naturerbe in aller Welt beizutragen.

UNESCO ist dafür bekannt Weltkulturerbe-Stätten als solche zu nominieren, wie die antike Stadt Palmyra oder den Grand Canyon Naturpark.

"Diese Entscheidung ist nicht leichthin getroffen worden und reflektiert die Besorgnis der USA wegen dem wachsenden Zahlungsrückstand bei der UNESCO wieder, der Notwendigkeit einer grundlegenden Reform in der Organisation und der fortlaufenden anti-israelischen Voreingenommenheit", sagte die Sprecherin des State Departement, Heather Nauert, in einer Erklärung.

Stunden später sagte Premierminister Benjamin Netanyahu, Israel würde (die UNESCO) ebenfalls verlassen und nannte die Entscheidung der USA "mutig und moralisch".

Die Generaldirektorin der UNESCO, Irina Bokova, drückte ihre Enttäuschung aus: "Zu einer Zeit, in der Konflikte weiterhin Gesellschaften weltweit auseinanderreißen, ist es sehr bedauerlich, dass sich die USA aus der UN-Organisation, die sich um Bildung für Frieden und Schutz von Kultur kümmert, wenn sie angegriffen wird", sagte sie.
"Das ist für die Familie der Vereinten Nationen ein Verlust. Es ist ein Verlust für den Multikulturalsmus."

Washington hat bereits seit 2011, als die UNESCO Palästina als Vollmitglied zugelassen hat, seine Beiträge für UNESCO zurückgehalten. Die USA und Israel waren unter den 14 von 194 Staaten, die gegen die Zulassung der Palästinenser stimmten. Washingtons Rückstände seiner Jahresbeiträge von 80 Millionen Dollar seit damals belaufen sich jetzt auf über 500 Millionen Dollar.

Obwohl Washington für einen zukünftigen palästinensischen Staat eintritt, sagt es, dieser sollte aus Friedensgesprächen heraus entstehen und betrachtet es als nicht hilfreich, wenn internationale Organisationen Palästina zulassen, bevor die Verhandlungen abgeschlossen sind.

In den letzten Jahren hat Israel wiederholt darüber geklagt, dass die Organisation in Debatten über Kulturerbe-Stätten in Jerusalem und den palästinensischen Gebieten Partei ergreift.

"Heute ist ein neuer Tag bei den Vereinten Nationen, wo für die Diskriminierung Israels ein Preis zu zahlen ist", sagte der israelische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Danny Danon.

Netanyahu sagte den Weltführern vor der UN-Generalversammlung letzten Monat, die UNESCO würde sich für eine verzerrte Geschichte ("fake history") einsetzen, nachdem sie Hebron und zwei Heiligtümer in seinem Zentrum – das jüdische Patriarchengrab und die muslimische Ibrahims Moschee – als "gefährdete palästinensische Weltkulturerbe-Stätten" nominiert hatte.

Eine von Arabern unterstützte Resolution der UNESCO vom letzten Jahr verurteilte die israelische Politik bezüglich der religiösen Stätten in Ost-Jerusalem und der Westbank.

Nach UNESCO-Regeln wird der Austritt der USA erst Ende 2018 wirksam. Drei Diplomaten hatten Reuters am Donnerstag früh von der bevorstehenden Entscheidung informiert.

Trump-Effekt
- Die Organisation, die weltweit etwa 2000 Peronen beschäftigt, die meisten mit Wohnsitz in Paris, wurde durch regionale Rivalitäten und Geldmangel behindert und hat um ihre Bedeutung gekämpft.

Die UNESCO, die Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturorganisation der Vereinten Nationen, befindet sich mitten in den Wahlen für einen neuen Chef, dessen Priorität es sein wird, ihr Schicksal neu zu beleben.

Der Schritt der USA zeigt die Skepsis von Präsident Donald Trump hinsichtlich der Notwendigkeit der USA in multilateralen Organisationen zu bleiben. Der Präsident propagiert eine "America first"-Politik, die die wirtschaftlichen und nationalen Interessen der USA über ihre internationale Verpflichtungen stellt.

Seit Trump das Amt übernahm, haben die USA die Gespräche zur Tranz-Pazifischen-Handelspartnerschaft verlassen und sich aus dem Pariser Klimavertrag zurückgezogen. Washington überdenkt auch seine Mitgliedschaft im UN-Menschenrechtsrat mit Sitz in Genf, dem es vorwirft anti-israelisch zu sein.

"Die Abwesenheit der Vereinigten Staaten oder jedes großen Landes, das Macht besitzt, ist ein Verlust. Es geht nicht nur um Geld, es geht um das Fördern von Idealen, die für Länder wie die Vereinigten Staaten wichtig sind, wie Bildung und Kultur", sagte ein UNESCO-Diplomat, der davor warnte, dass andere folgen könnten.
Aus unterschiedlichen Gründen müssen Britannien, Japan und Brasilien noch ihre Pflichtbeiträge für 2017 bezahlen.
Russlands frühere Gesandte bei der UNESCO sagte gegenüber der Nachrichtenagentur RIA, der Organisation ginge es besser ohne die Amerikaner.
"In den vergangenen Jahren waren sie ohne Nutzen für die Organisation", sagte Eleanora Mitrifanova. "Seit 2011 haben sie praktisch nichts für das Budget dieser Organisation gezahlt... Sie haben sich entschieden, hinauszugehen - das ist absolut auf der Linie von Trumps genereller Logik heute."

Nach vier Tagen geheimer Wahlen für einen neuen UNESCO-Chef hat sich Hamad bin-Abdulaziz al-Kawari aus Qatar (ein Muslim, Ü.) für die Stichwahl am Freitag qualifiziert. In zweiter Reihe liegen Audrey Azoulay aus Frankreich (eine Jüdin, Ü.) und Moushira Khattab aus Ägypten. [...]

Die Wahl hat tiefe Rivalitäten zwischen Ägypten und Qatar zu Tage gebracht, die ihre Wurzeln in der Krise zwischen Qatar und seinen Nachbarn am Arabischen Golf hat, die ihrerseits die diplomatischen, Handels- Reisebeziehungen mit Doha abgebrochen haben, nachdem Doha vorgeworfen wurde radikale islamistische Gruppen zu unterstützen, ein Vorwurf, den Qatar (für sich) zurückweist.

Quelle

Übersetzung: K. Nebauer


siehe dazu Reuters, UNESCO selects France's Azoulay as new chief,
www.reuters.com/article/us-unesco-vote/unesco-selects-frances-azoulay-as-new-chief-idUSKBN1C115P .

 

Trump setzt mit dem Austritt aus der UNESCO Israel first - Ali Abunimah - 12.10.2017 - Donald Trumps "America first"-Außenpolitik wurde am Donnerstag voll zur Schau gestellt, als das Außenministerium den Rückzug aus der UNESCO wegen deren"anti-israelischer Voreingenommenheit" verkündete.

Unter Präsident Obama hatten die USA bereits ihren Mitgliedsbeitrag an die Organisation reduziert, weil ein US-Gesetz Finanzierung von Organisationen einschränkt, die Palästina als Staat anerkennen.

Die Direktorin der UNESCO, Irina Bokova, äußerte Bedauern über die Entscheidung der USA.

Bokova hatte sich früher schon einmal verbogen, um Israel zu besänftigen und war so weit gegangen, dessen Behauptungen von einer anti-israelischen Voreingenommenheit in der UNESCO wiederzugeben.

Das Ausmaß, in dem US-Führer bereit sind Israel zu dienen, wird in einem einfachen Gedankenexperiment gezeigt: man kann sich nicht vorstellen, dass sich die USA aus irgendeiner Weltorganisaton wegen "anti-kanadischer", "anti-britischer" oder "anti-französischer" Voreingenommenheit zurückziehen. Auch wenn sie zu den engsten Verbündeten der USA gehören, würde dem Präsidenten sofort sein virulenter nationalistischer Ansatz vorgeworfen, und dass er ausländische Interessen vor die amerikanischen stellt.

Doch Präsident Trump wird wahrscheinlich sehr gelobt werden, und nicht nur von dem mehr rechten Segment des amerikanischen Etablishments.

Im April unterzeichneten alle 100 Senatoren einen Brief, der den Mythos unterstützte, die UNO habe eine "anti-israelische Agenda".

Das bedeutet, dass in solchen Kreisen die erfundenen Behauptungen von einer anti-israelischen Voreingenommenheit anscheinend nicht besonders kritisch geprüft werden.

Israelische Verleumdungen

In den vergangenen Monaten haben Israel und seine Unterstützer fälschlich behauptet, die Resolutionen der UNESCO hätten die jüdischen Bindungen an Weltkulturerbe-Stätten in der besetzten Westbank, einschließlich Ost-Jerusalems sabotiert.

Ein Jahr zuvor hatte Israel versucht, die Altstadt Jerusalems, das Gelände der Al-Aqsa-Moschee, aus der Liste der gefährdeten Weltkulturerbe-Stätten herausnehmen zu lassen.

Das hatte damit zu tun, dass damals Gruppen, die die Zerstörung der Al-Aqsa-Moschee und die Errichtung eines jüdischen Tempels an ihrer Stelle forderten,

ihre Aktivitäten intensivierten, oft mit Finanzierung und Unterstützung durch die israelische Regierung.

Dieser israelische Versuch erfolgte zwei Wochen, nachdem die UNESCO dafür gestimmt hatte, die unzähligen gut dokumentierten Verstöße Israels gegen die Rechte von Palästinensern und Arabern in der Al-Aqsa-Moschee zu beten  und die Gefährdung der architektonischen Integrität des Geländes (durch Israel) zu verurteilen.

Israel behauptete fälschlicherweise, die Abstimmung leugne eine jüdische Verbindung zum Gelände der Al-Aqsa-Moschee, das die Juden Tempelberg nennen.

In der Folge dieser Abstimmung startete Israel eine globale Verleumdungskampagne gegen die UNESCO, es verglich sie sogar mit dem IS.

Beachtung des Völkerrechts

Manche Funktionäre der UN gaben bei den Drangsalierungen klein bei und distanzierten sich von der Resolution.

Im Mai versabschiedete die UNESCO eine Resolution, die in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht Israels Annexion von Ost-Jerusalem als "null und nichtig" bezeichnete und einen Stopp der israelischen Ausgrabungen und anderer Arbeiten in der Stadt verlangte.

Israel startete mit Premierminister Benjamin Netanyahu wieder eine Verleumdungskampagne, die die Resolution "wahnhaft" und "bizarr" nannte.

Das einzige, was die UNESCO getan hatte, war das, was der UN-Sicherheitsrat gerade wenige Monate zuvor festgestellt hatte, noch einmal zu bekräftigen: dass Israel eine Besatungsmacht ist und sich an das Völkerrecht halten müsse.

Monate später wurde Israel wieder wütend, als die UNESCO in Überenstimmung mit dem Völkerrecht weitere zwei Resolutionen verabschiedete.

Die Resolutionen anerkannten die Altstadt von Hebron und die Ibrahims Moschee als gefährdete palästinensische Weltkulturerbe-Stätten.

Verdrehung der Geschichte

Israel tobte wieder verbal und behauptete, die UNESCO würde "Lügen" und "fake history" befördern.

"Dieses Mal haben sie entschieden, dass das Patriarchengrab in Hebron eine palästinensische Stätte sei, das heißt nicht jüdisch, und dass es gefährdet sei", behauptete Netanyahu.

Die Bezeichnung Patriarchengrab verwenden Juden für die Ibrahims-Moschee, wo ein amerikanisch-jüdischer Siedler 1994 29 Palästinenser niermetzelte. Die Stätte wird von Muslimen, Christen und Juden als Grabstätte von Abraham und anderen Propheten verehrt.

Was Netanahu machte – und israelische Amtsträger machen das oft so -, war die Verquickung von jüdischem Glauben und israelischer Kontrolle, als könnte eine Stätte nicht von Juden verehrt werden, aber auf palästinensischem Territorium liegen. Es gibt keinen Widerspruch, dass eine Stätte einerseits palästinensisch ist  (auf palästinensischem Teritorium liegt, Ü.) und andererseits für Muslime, Christen und Juden heilig ist.

Demnach bedeutet "anti-israelische Voreingenommenheit" in der Praxis Mangel an enthusiastischer Billigung der israelischen Lügen und Verdrehungen, die Israels illegale Besatzung und seine Bemühungen die Geschichte in Palästina, die nicht das zionistische Narrativ abstützt, auszuradieren legitimieren sollen.

Der Rückzug der USA aus der UNESCO erfolgt, nachdem diese Woche ein Nachfolger für Bokova gewählt werden soll, in einem Wettstreit, den israelische Medien als konfessionelle Schlacht zwischen einem muslimischen Spitzenkandidaten aus Qatar und  einem jüdischen Kandidaten aus Frankreich darstellen.

Es gibt wenig Grund den Abgang der USA aus der UNESCO zu bedauern. Noch besser wäre, wenn Israel der USA nachfolgt.

Quelle         Übersetzung: K. Nebauer 

Angriff auf UN-Organisation entlarvt israelischen Vorwurf der palästinensischen Hetze  - 12.10.2017 - Im vergangenen Monat gab es einen weiteren Angriff auf das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA).

"Neue Schulbücher der UNRWA für Palästinenser dämonisieren Israel und Juden", war die Überschrift eines Artikels in der Jerusalem Post vom 28. September über eine neue "Studie", die vom Simon Wiesental-Zentrum in Los Angeles, dem anti-islamischen Middle East Forum von Daniel Pipes und dem Center for Near East Policy Research (CNEPR) in Jerusalem finanziert, erarbeitet und veröffentlicht wurde.

Es gab allerdings ein Problem: fast 90% der genannten Büchern werden in UNRWA-Schulen gar nicht benützt. UNRWA wies darauf hin, dass der "fehlerhafte" und "irreführende" Bericht Bücher einbezogen habe, die "ausrangiert wurden, als die Palästinensischen Autonomiebehörde 2016 ihr Curriculum und ihre Schulbücher änderte". Außerdem waren manche Bücher für Schulstufen bestimmt, die in UNRWA-Schulen in den besetzten palästinensischen Gebieten gar nicht verwendet werden.

Die Schäbigkeit des Reports sollte für die Gruppen, die hinter ihm stehen, peinlich sein, aber das ist eher unwahrscheinlich. Das Simon Wiesental-Zentrum streut regelmäßig haarsträubende Verleumdungen gegen jede Person und jede Organisation, die für Israels Straflosigkeit bedrohlich ist, während des CNEPR von David Bedein geleitet wird, einem Westbank-Siedler, der davon besessen ist die UNO zu attackieren.
Beschuldigungen, dass palästinensische Schulkinder "gelehrt werden zu hassen"  sind ein Erzeugnis der pro-Israel-Propaganda. Bereits 2001 schrieb der amerikanische Politikwissenschaftler  Nathan Brown, dass "die Vorwürfe gegen (das palästinensische Curriculum) oft wild aufgebauscht und unrichtig sind".

Den "Mythos der Hetze" hat die PA selbst schon vor langer Zeit widerlegt, und sogar eine von den USA finanzierte Studie von 2013, die von Israel boykottiert wurde, weil sie auch israelische Bücher enthielt, die die Behauptungen der israelischen Regierung, palästinensische Kinder würden "zum Hass" erzogen, schwächten.

Erst letzten Monat hat die britische Regierung israelische Lobbyisten abblitzen lassen, die einen Bericht von April 2017 über das palästinensische Curriculum weiter verfolgen wollten, der bekannte Schlagzeilen über Hetze und Hass hervorgerufen hatte. Ein Minister der Regierung stellte fest, dass der Report "in seinen Erkenntnissen nicht objektiv war".

Während das palästinensische Bildungssystem in den besetzten palästinensischen Gebieten mit ständigen Beschuldigungen und Verleumdungen konfrontiert ist, werden israelische Schulbücher derselben genauen Prüfung unterworfen. Allerdings sind es die israelischen Schulbücher, die Karten verwenden, die die Westbank als israelisches Territorium zeigen, und in denen die Grüne Linie und palästinensische Bevölkerungszentren nicht mehr erscheinen.

2016 stellte das israelische Unterrichtsministerium ein neues Staatsbürgerkundebuch für Oberstufen vor, das "israelische Staatlichkeit eng mit jüdischer Lehre" verbindet. Es enthält "wenig mehr als ein paar abfällige Bemerkungen über die arabische Kultur", während Muslime, die Mehrheit der palästinensischen Bürger Israels, "in zwei kurzen Sätzen erwähnt" werden, die "sie hauptsächlich beschuldigen Frauen zu diskriminieren und zu unterdrücken".

2011 hat die israelische Wissenschaftlerin Nurit Peled-Elhanan eine größere Untersuchung von israelischen Schulbüchern veröffentlicht, in der sie zu der Schlussfolgerung kam, dass Palästinenser systematisch entmenschlicht werden. "Der Araber mit einem Kamel, in einem Ali Baba-Gewand. Sie stellen sie als widerwärtig (vile), abnorm und kriminell dar, als Menschen, die keine Steuern zahlen, Menschen, die vom Staat leben, Menschen, die sich nicht entwickeln wollen", sagte sie gegenüber The Guardian. 

   "Sie werden nur als Flüchtlinge, primitive Bauern und Terroristen  dargestellt. Man sieht nie ein palästinensisches Kind oder einen palästinensischen Arzt, einen Lehrer, einen Ingenieur oder modernen Landwirt", fügte sie hinzu.

Nachdem sie fünf Jahre lang israelische Schulbücher untersucht hatte, kam Peled-Elhanan zu einem schlimmen Ergebnis: "Schüler verlassen die Highschool und wissen nichts über die Geschichte und die Grenzen des Staates, sehen Palästinenser als Eindringlinge, und dann müssen sie hinausgehen, sie kontrollieren und manchmal töten."

Es gibt zwei Hauptelemente im politischen Kontext des neuen "Reports" über palästinensische Schulbücher und die UNRWA. Erstens sind das die ständigen Bemühungen, die UNRWA und die UNO im weiteren wegen angeblicher "anti-israelischer Voreingenommenheit" anzugreifen.

Der Report des Simon Wiesenthal-Zentrums wurde im Capitol mit dem Congressmitglied Doug-Lamborn (R-Colorado) diskutiert. Lamborn schrieb in der Folge einen Artikel für die neue pro-Siedler Webseite Arutz Sheva und forderte, "alle Gelder für die UNRWA zu streichen, bis Reformbedingungen erfüllt sind".

Zweitens, der Vorwurf der palästinensischen Hetze, ist weiterhin ein zentraler Schwerpunkt in den Gesprächtsthemen der israelischen Propaganda, die in den israelischen Medien und im Parlament sowie gegenüber ausländischen Diploamten und Journalisten bis zum Überdruss wiederholt werden.

Während die Siedlungen unter dem Schutz einer israelischen Regierung, die von einer Allianz schüchterner und stolzer Gegner eines palästinensischen souveränen Staates getragen wird, expandieren, spielen Behauptungen über "Hetze" und dass die Palästinenser "gelehrt (werden) zu hassen" eine wichtige Rolle zur Ablenkung und als ein Mittel, die Aufmerksamkeit von der israelischen Verweigerung (rejectionism) weg zu lenken.

Was in diesem Zusammenhang besonders auffällt, ist der Inhalt des letzten "Reports", dass Schulbücher kritisiert werden, wenn sie bloß über historische Ereignisse berichten, wie die ethnische Säuberung der Palästinenser in der Nakba und die Kolonisierung (Besiedlung) palästinensischen Territoriums.

Es scheint, dass Leute wie das Simon Wiesenthal-Zentrum erst zufrieden gestellt sind, wenn jede palästinensische Schulklasse den Tag mit der HaTikva (israelische Hymne, Ü.) beginnt, und jedes palästinensische Schulkind nach Hause läuft und die Zionisten lobt, weil sie die Wüste zu Blühen bringen.

Die ständigen Attacken gegen die UNRWA oder das palästinensische Schulsystem sind wahnhaft und unaufrichtig. Die Rechte der palästinensischen Flüchtlinge hängen nicht von einer Organisation ab; und es gibt keine Besatzung ohne Widerstand. Palästinensische Kinder bekommen ihre "Lektionen" in den Räumen der israelischen Militärgerichte und an den Checkpoints; ihre Lehrer sind die Soldaten, die ihre Angehörigen töten oder einsperren. Israelische und palästinensische Schulbücher reflektieren in ähnlicher Weise bloß die Realität vor Ort – die des Besatzers und die des Besetzten.                      Quelle                 Übersetzung: K. Nebauer

Anmerkung der Übersetzerin: seit den Osloabkommen wird die UNRWA und auch UNICEF systematisch von Israel delegitimiert (Bettina Marx, Gaza). Israel wirft der UNRWA u.a. vor, das Flüchtlingsproblem (für das Israel verantwortlich ist) nicht gelöst, sondern verewigt zu haben und plädiert für ihre Auflösung und die Kürzung der Beiträge für sie.

Amerikanische jüdische Frauen-Organisation -- Women Wage-Peace - Anat Saragusti (American Jewish Peace Archive (1967-2017) - Am 25.September, einem der ersten Tage des neuen Jahres, fing die Graswurzel-Aktivisten-Bewegung Women Wage Peace (WWP, Frauen-Friedensfeldzug) mit  einer  eindrucksvollen  Journey to Peace „Friedenreise“, einem viele Tage langen Marsch durch das Land von Israel-Palästina an. Ihr Höhepunkt wird nächste Woche während des Feiertages Sukkot sein. Dies ist nicht das erste anspruchsvolle Unternehmen der Women Wage Peace (WWP), das eine eindrucksvolle Geschichte  von störendem, mutig optimistischen und belastbaren Aktivitäten hat. In seiner  Pressemitteilung schreibt das Aktivisten-Kollektiv über die Reise: „Wir, die 50 Tage lang vor  der Residenz des Ministerpräsidenten fasteten, marschierten 200 km in unserm Marsch der Hoffnung von Rosh Hanikra , mit dem Zug von Nahariya nach Sderot, wir standen  bei 140  Übergängen im ganzen Land – wir beginnen eine Reise, die  in Israel  und in aller Welt wiederhallt: Frieden ist möglich“.

Im Juni dieses Jahres hatte ich die Gelegenheit, ein Interview mit der AJPA –Direktorin Aliza Becker, eine der Führerinnen dieser Bewegung und eine bekannte Journalistin und Aktivistin,  und der Menschenrechtlerin Anat Saragusti zu halten.  Wir trafen Saragusti  in der zentralen öffentlichen Bibliothek in Tel Aviv. Sie sprach über die Träume, über die Probleme, die Ideologie und Strategie dieser einmaligen mächtigen Aktivisten-Bewegung. Als die Gruppe mit ihrem letzten Unternehmen begann, und als wir in der Folge unserer religiös jüdischen Jahreszeit der Besinnung und Verpflichtung  zur Veränderung standen, dachten wir, es gibt keine bessere Zeit als jetzt, diese Überlegungen mit einer der WWP-Führerinnen  zu teilen.

Anat Saragusti wuchs in den 60er-Jahren in Jerusalem auf. Ihre Familie war seit Generationen in Israel-Palästina, von Vaters Seite emigrierten die Vorfahren aus Zaragoza, Spanien, nach der  spanischen Inquisition vor mehr als 500 Jahren nach Israel und von Mutters Familie  kamen sie aus Marokko zu Beginn des 19.Jahrhunderts.  Sie wurde  im WWP aktiv, das  nach dem Gaza-Krieg 2014 gegründet wurde. Seit dieser Zeit  ist die Bewegung  enorm gewachsen; im Mai 2017  waren es 20 000 Mitglieder. „Ich denke, es könnte jetzt die größte Bewegung in Israel sein in Hinblick auf die Förderung eines Abkommens zwischen Israelis und Palästinensern,“ erklärte Saragusti.

Es gibt viele ideologische und strategische Gründungen von WWP, die sich von anderen Friedensinitiativen absetzen. Als Erstes wird sie von Frauen geleitet und auf Frauenführung festgelegt und an der Mitwirkung einer Beschlussfassung auf jeder Ebene von der Graswurzel-Ebene bis zur Diplomatie.  Wie Saragusti erklärte: „besonders im israelischen Kontext und vielleicht auch  in dem der US fühlen sich die Frauen nicht frei  genug, über Diplomatie, Staats-Diplomatie und Staats-Sicherheit zu sprechen. Ich denke, wir schaffen einen sicheren Bereich für sie, wenn wir über diese Probleme sprechen“. Das Rückgrat für dieses Prinzip ist  die UN-Sicherheits-Resolution 1325, die dafür einsteht, dass Frauen auf jeder Ebene von Konflikt-Beschlüssen involviert sein sollten.

Der zweite unterscheidende Aspekt, auf den Saragusti hinwies, ist, dass WWP . eine unabhängige  Organisation ist, die Frauen  mit verschiedenen politischen Meinungen und Wahlvorlagen zusammenbringt.  Sie erklärte: „Ich denke (WWP)  hat ein Potential, das Paradigma zwischen Links und Rechts  aufzubrechen, weil sie nicht genau die Art des Abkommens  definiert, die wir begünstigen, solange sie  achtenswert, gewaltfrei und von beiden Seiten angenommen wird.“ Saragusti erklärte, dass Frauen, auch wenn sie nicht die  Mehrheit sind und zu den Wählern des rechten Flügels gehören, auch ein Teil der WWP sind, vereint durch die Hoffnung auf eine bessere Gesellschaft und ein besseres Leben. Die Mehrheit von WWPs Mitgliedschaft  schließt jüdische israelische Frauen ein  und sie arbeiten mit palästinensischen Frauen-Initiativen  zusammen, wie dies während   der „Friedensreise“ in dieser Woche geschieht. Seit seiner Gründung lässt sich die Gruppe von andern Frauen-Bewegungen in Konfliktstaaten wie Nordirland und Libyen inspirieren.

Drittens, die Strategie von WWP zentriert sich auf  das „Sprechen mit“ und nicht auf „Sprechen gegen“, erklärte Saragusti. Dies bedeutet, dass die Aktionen der Gruppe zu allererst Führer unterstützen, die eine Vision des Friedens liefern. Saragusti erklärte außerdem: „Wir unterstützen die Führer, wann immer sie über das Erreichen eines Abkommens, über Verhandlung-eröffnen reden und an den Verhandlungstisch zurückkehren. Wir opponieren nicht gegen sie. Wir protestieren nicht. Wir unterstützen.“ Diese Strategie ist ein Vorbild  für andere Friedensinitiativen in Israel, deren primäres Ziel es ist, gegen die brutalen und ungerechten Aktionen der Regierung  zu protestieren.

Warum sollten US-Juden  sich über Frieden und Gerechtigkeit in Israel-Palästina Gedanken machen? Saragustis Überlegungen über die Rolle der amerikanischen Juden kommen teilweise von ihren Erfahrungen, als sie  zwei Jahre lang in den USA  als Hochschul-Absolventin, als Reporterin und vor kurzen  als Direktorin des USA-Büros der israelischen Menschenrechtsgruppe B’tselem lebte. Nach Saragusti „Ob wir es lieben oder nicht“ wir Juden sind  alle  in den Konflikt verwickelt. Ministerpräsident Netanjahu spricht immer wieder  „Ich bin Israel“, womit er alle Juden der ganzen Welt versteht. „So sind wir  durch diese Erklärungen, durch diese Rhetorik,  alle verbunden“, sagt Saragusti, „Ob wir es wollen oder nicht wollen.“

Doch in Saragustis Vorstellung gibt es eine Kluft im Verstehen zwischen jüdischen Aktivistengruppen in Israel und ihrem amerikanischen  Pro-Frieden-Gegenstück . Bei einem kürzlichen Trip  in die US fand sie das dominante  Pardigma, „man sprach über den Konflikt und nicht über die Besatzung“ Nach Saragusti ist das Problem  in diesem Rahmen, dass es die Realität vor Ort so auffasst, als ob sich dort zwei ebenbürtige Parteien gegenüberstehen:  wenn wir nur die zwei Parteien zusammen in einen Raum bringen können,  -- natürlich  die Herren in Anzügen mit Krawatte – dann könnten wir es lösen.“  Sie glaubt, diese fehlgeleitete und von Männern-geführte Strategie ignoriert „ die Ungleichheit von Macht zwischen Israelis und Palästinensern.“  Und ignoriert auch die bedeutende Rolle der palästinensischen Graswurzel-Aktivisten, die täglich unter den Verletzungen ihrer Grund- Menschenrechte leiden.“  Sie hat es als sehr herausfordernd empfunden, die amerikanischen Juden von ihrem exklusiven Blickpunkt auf die Diplomatie abzubringen. und  kühn über die Besatzung und die systematischen Ungerechtigkeiten, die von der israelischen Regierung  begangen werden, zu sprechen.

Saragustis Botschaft  für die israelische Öffentlichkeit ist besonders wichtig für  die amerikanischen Juden. „Es gibt keine existentielle Bedrohung Israels.“ Diese Angst wird  von den Medien übertrieben, um die Agenda des rechten Flügels zu unterstützen“. „Selbst mit ISIS um unsere Grenzen und dem Kollaps einiger arabischer Länder um uns herum, gibt es für Israel keine Bedrohung. Ich denke, wir müssen  dies unsern Leuten deutlich machen.“ Erst dann, wenn unsere Leute in der Lage sind, ihre tiefe existentielle Angst um Israel zu überwinden, können wir beginnen, über Frieden und Gerechtigkeit in ihrer Region nachzudenken, schlägt Saragusti vor.

An diesem Sonntag  wird  die Journey to Peace – die Friedensreise -   das Tote Meer erreichen, wo Tausende von palästinensischen Frauen sich mit ihnen in einer Show der Solidarität und Hoffnung  vereinigen werden. Sie werden sich an der Grenze treffen,  um deutlich auszusprechen, dass ihre Vision von Gerechtigkeit möglich ist. Da wir als amerikanisch-jüdische Aktivisten unser neues Jahr beginnen, könnten wir einige Inspirationen von der Fähigkeit  dieser  Tausenden Frauen übernehmen, um ihre Vision in Aktion umzusetzen.

(dt. Ellen Rohlfs)

 

Die USA   nimmt Israel  beim Rückzug aus der UNESCO mit - Ali Abunima, 12.10.17. - Donald Trumps „America first“-Außenpolitik war am Donnerstag  in vollem Gange, als das Außenministerium bekanntgab, dass die USA sich aus der UNESCO  zurückzieht, nachdem  der  kulturellen  UN-Körperschaft  eine anti-israelische Tendenz vorgeworfen wurde.

Unter Präsident Barack Obama hatte die US schon ihre finanzielle Unterstützung für die Agentur  wegen eines US-Gesetzes beschnitten, das  UN-Körperschaften  unterstützt, die  Palästina als einen Staat anerkennen.

Die UNESCO-Chefin Irina Bokova drückte über die US-Entscheidung Bedauern aus. Sie hat sich allergrößte Mühe gegeben, Israel zu beruhigen, einschließlich  seiner falschen Behauptungen, die UNESCO  neige zu einer anti-Israel Tendenz.

Das Ausmaß, zu dem sich US-Führerbereit stellen, Israel zu dienen, wird mit einem gedanklichen Experiment  demonstriert: Es ist unmöglich, sich vorzustellen, dass  die US  irgendeine Weltkörperschaft als  „anti-kanadisch“, anti-britisch, oder anti-französisch bezeichnet. Auch wenn sie zu den engsten US-Verbündeten zählen,  würde  solch ein Schritt den Präsidenten sofort  dahin bringen, von einer  scharfen  nationalistischen Basis  aus angeklagt zu werden, er würde  ausländische  Interessen über die amerikanischen stellen.

Noch hört  Präsident Trump  wahrscheinlich viel Lob und nicht nur  von den eher  rechten Flügeln des amerikanischen Establishments.

Im April unterzeichneten alle 100 US-Senatoren einen Brief, der den Mythos unterstützte, dass die UN „eine anti-israelische Agenda habe“.

Dies bedeutet, dass es  in solchen Kreisen unwahrscheinlich sei,  kritische Betrachtungen über falsche Behauptungen einer Anti-Israel-Neigung zu machen.

Israelische Schmiere

Während der letzten Monate haben Israel und seine Unterstützer  fälschlicherweise behauptet, dass die UNESCO-Resolutionen  jüdische Verbindungen zu ihren  speziellen heiligen Stätten in den besetzten Gebieten Westbank (Hebron), einschließlich Ost-Jerusalem (Tempelberg)  unterminiere.

Vor einem Jahr versuchte Israel, Jerusalems Altstadt mit dem Bereich der Al-Aqsa-Moschee von der  UNESCO-Liste  gefährdeter Welt-Erbestätten zu streichen.

Dies kam, als (isr.) Gruppen zur Zerstörung der Al-Aqsa aufriefen und an ihrer Stelle einen jüdischen Tempel errichten wollen und diese Gruppen  ihre Aktivitäten verstärkten.

Der israelische Versuch kam zwei Wochen, nachdem die UNESCO dafür gestimmt hatte, die Myriaden wohl dokumentierter  Methoden, wie Israel  die Rechte der palästinensischen und muslimischen Gottesdienstbesucher in der Al-Aqsa-Moschee verletzte  und die architektonische Integrität des Bereiches bedroht, anzuklagen.      Israel behauptete, dass die Abstimmung (der UNESCO)  die jüdische Verbindung mit der al-Aqsa-Moschee leugnete,  die die Juden Tempelberg nennen.

Als Folge dieser Abstimmung begann Israel  eine globale Hetzkampagne gegen die UNESCO und verglich sie mit der islamischen Staatengruppe oder gar mit ISIS.

 Das Völkerrecht aufrechterhalten

Einige UN-Offizielle gaben Israels Mobbing klein  bei und distanzierten sich von der Resolution.

Doch im Mai verabschiedete die UNESCO eine Resolution, die gemäß dem Völkerrecht Israels Annexion von Jerusalem als null und nichtig erklärt und verlangt, dass Israel Ausgrabungen und Ähnliches in der Altstadt unterlässt.

Israel begann noch einmal eine Hetzkampagne mit Ministerpräsident Netanjahu, der die Resolution „wahnhaft“ und „bizarr“ bezeichnet.

Das einzige, was UNESCO getan hat, war, dass der UN-Sicherheitsrat nur einige Monate früher festgestellt hat, Israel ist die Besatzungsmacht und muss das Völkerrecht einhalten.

Nur wenige Monate später wuchs Israels Zorn noch einmal gegen die UNESCO, als diese noch zwei Resolutionen verabschiedete, die sich an das Völkerrecht hielten:

Die Resolutionen erkannten Hebrons Altstadt und die Abraham-Moschee als gefährdete palästinensische Welt-Erbstätte an.

Geschichtsverdrehung

Israel randalierte noch einmal  und behauptete, dass UNESCO  „Lügen verbreitet“ und die „Geschichte verfälscht“.

„Dieses Mal  entschieden sie, dass das Grab der Patriarchen in Hebron eine palästinensische heilige Stätte sei, dass sie nicht jüdisch sei und dass sie in Gefahr sei“, behauptete Netanjahu.

Das Grab der Patriarchen ist der von Israel benützte Namen für die Ibrahim-Moschee, in der ein amerikanischer jüdischer Siedler  1994  29 Palästinenser  ermordete. Diese Stätte wird von  Muslimen, Christen und Juden als Begräbnisort von Abraham und anderen Propheten verehrt.

Was Netanjahu  tat  - wie es israelische Offizielle oft tun – sie verbinden  jüdischen Glauben mit israelischer Kontrolle, als ob ein Ort  nicht von Juden verehrt und im palästinensischen Gebiet liegen könnte? Da gibt es jedoch  keinen Widerspruch zwischen  einer palästinensischen Örtlichkeit einerseits  und andrerseits verehrt   und heilig für Muslime, Christen und Juden und anderen.

Was bedeutet also eine „anti-Israel-Tendens ? Praktisch  besteht keine begeisterte  Unterstützung von Israels (historischen)Verdrehungen und Lügen, mit dem Ziel,  seine illegale Kolonisation  und seine Versuche, jede Geschichte in Palästina, die nicht das zionistische  koloniale Narrativ stärkt, zu löschen.

Der US-Auszug kommt, als die UNESCO in dieser Woche dabei war, Bokovas Nachfolger  zu wählen: eine Auseinandersetzung, die die israelischen Medien als eine sektiererische  Schlacht  zwischen einem muslimischen  Spitzenkandidaten aus Qatar und einem jüdischen Kandidaten aus Frankreich malt.

Da gibt es wenig Grund, den Auszug der US aus der UNESCO zu beklagen. Gäbe es nichts Besseres, als wenn auch  Israel ihnen folgen würde .          Quelle         (dt. Ellen Rohlfs)

Israelischer Oberster Gerichtshof entscheidet, die Öffentlichkeit über die Regeln für den Einsatz scharfer Munition durch die Polizei im Dunkeln zu lassen - 10.10.2017 - Sheren Khalel - Eine Pressemitteilung des Rechtszentrums für die Rechte der arabischen Minderheit in Israel (Adalah) vom Sonntag (8.10.) deckte auf, dass der Israelische Oberste Gerichtshof die Entscheidung eines unteren Gerichts kippte, die der Polizei anordnete die Regelung für das Eröffnen des Feuers zu veröffentlichen.

Diese Entscheidung, die im Juni gefällt wurde, wird ein größeres Hindernis dafür sein, israelische Offiziere, die an einem Zwischenfall mit Schießen beteiligt sind, vor Gericht zu bringen.

Der Anwalt von Adalah, der die Petition (an den Obersten Gerichtshof) mit der Bitte um Veröffentlichung der Regeln für das Eröffnen des Feuers eingereicht hat, Mohammad Bassam, sagte gegenüber Mondoweiss, dass für Adalah diese Sache besondere Bedeutung hatte, weil es der  Meinung ist, dass, wenn diese Regeln für die Öffentlichkeit zugänglich sind, dies den Einsatz "tödlicher Schüsse von Offizieren einschränken" würde.

Ende 2015 hatte Adalah eine Petition bei Gericht eingereicht und gebeten, die Polizei aufzufordern, sensible Teile der Regeln für das Eröffnen des Feuers zu veröffentlichen, nachdem es hieß, es wären nach dem Wiederauftauchen einer Welle von Gewalt neue Regeln festgelegt worden.

Während ein unteres Gericht anfangs teils zu gunsten der Petition von Adalah entschieden und von der Polizei gefordert hatte, die offizielle Regelung für den Einsatz tödlicher Schüsse zu veröffentlichen, ersuchte eine von der israelischen Polizei eingereichte Berufung das Gericht, die Veröffentlichung sensibler Teile der Regelung zu verbieten, für deren Freigebung Adalah kämpfte.

Im Juni 2016, etwa 6 Monate, nachdem die neuen Regeln an die Polizeikräfte verteilt wurden, informierte die Polizei Adalah  über verschiedene Situationen, in denen es der Polizei erlaubt ist mit scharfer Munition zu schießen. Nach der Information gehören dazu Situationen, in denen eine Einzelperson "eindeutig dabei zu sein scheint, einen Sprengkörper zu werfen, oder schießt, oder dabei ist Feuerwerkskörper abzuschießen", sowie jemand, der daran beteiligt ist "Steine mit einer Steinschleuder zu werfen" – was bedeutet, dass ein Offizier lebensgefährdende Waffengewalt gegen die Mehrheit der Palästinenser einsetzen kann, die an Zusammenstößen teilnehmen, bei denen junge Leute Steine gegen voll bewaffnete israelische (Streit-, Polizei-) Kräfte werfen.

Mittlerweile bleiben auch andere Regelungen geheim.

Adalah hatte gehofft über das israelische Justizsystem spezielle Regeln aufzuklären, einschließlich der Direktiven für Offiziere für die Konfrontation mit Demonstrationen in Ost-Jerusalem und Regionen des Negev (die von den in der Westbank verwendeten verschieden sind); Direktiven für das Eröffnen des Feuers auf Minderjährige; und Direktiven für den Einsatz des Scharfschützengewehrs von Ruger zum Zweck der Zerstreuung von Menschenansammlungen.

Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs werden Regeln für diese Fälle unter vielen anderen geheim gehalten.

In einem Statement von Adalah sagte Bassem, die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs "solle Polizeidirektiven von öffentlicher Kritik abschirmen, und behindere damit Bemühungen Offiziere für Verletzungen der Regeln vor Gericht zu bringen".

Bassem betonte, dass die ursprüngliche Entscheidung des unteren Gerichts zu gunsten der Veröffentlichung der Regelungen für das Eröffnen des Feuers in der Annahme getroffen wurde, "dass das Offenlegen der Regeln die Vorsicht der Offiziere erhöhen würde und sie die Regeln beachten würden, bevor sie das Feuer eröffnen".

"In einer Realität, in der die israelische Polizei eine Strategie des schnellen Fingers am Abzug begünstigt – und in der Offiziere entgegen der Regeln schießen um zu töten - , müssen diese Regeln einsehbar und klar sein", sagte Bassem.

Straflosigkeit, wenn israelische (Streit-, Polizei-) Kräfte bekannte Regeln brechen.

Die israelische Polizei und Armee haben sehr ähnliche Regeln für das Schiessen, auch wenn es Unterschiede gibt – während einige öffentlich einsehbar sind, sind andere, unter dem Schleier der Geheimhaltung, nicht bekannt.

Was wir wissen, ist, dass wenn die israelische Polizei oder Armee gegen Regeln verstoßen, die veröffentlicht worden sind, das kaum zu übersehen ist, und denen die zur Rechenschaft gezogen werden, größte Nachsicht gewährt wird.

"Das Departement des Justizministeriums für polizeiliche Ermittlungen redet die polizeilichen Ermittlungen von Tötungen arabischer Bürger schön, auch wenn es – wie es in einer Reihe von Tötungen in letzter Zeit der Fall war – den starken Verdacht gibt, dass Offiziere gegen die Regeln für das Eröffnen des Feuers verstoßen und ungerechtfertigt tödliche Gewalt angewendet haben", sagte Bassem gegenüber Mondweiss.

Adalah war nicht in der Lage über ein Protokoll der israelischen Armee zu sprechen, da es bei seiner Arbeit meistens um Polizeikräfte geht; und zwar um einen gut bekannten Vorfall von letztem Jahr, an dem ein israelischer Soldat beteiligt war, der dreist außerhalb der offiziellen Regeln gehandelt hat; dieser Fall stellte das dar, wofür mehrere Menschenrechtsgruppen den Begriff einer Kultur der Straflosigkeit geprägt haben, die die israelische Polizei und Armee umgibt.

Nach den israelischen Regeln für das Eröffnen des Feuers sowohl für die Armee als auch die Polizei, ist es gegen das Protokoll auf jemanden zu schießen, der verletzt, bewegungsunfähig und nicht in der Lage ist eine Gefahr für das Leben darzustellen; aber im März 2016 wurde Elor Azaria, ein israelischer Soldat zu der Zeit im Dienst, gefilmt, wie er dem 21-jährigen Abdel al Fattah al-Sharif aus kürzester Entfernung in den Kopf schoss, 11 Minuten, nachdem dieser angeschossen und verletzt war und bereits bewegungslos am Boden lag.

Azaria behauptete, er habe befürchtet, dass al-Sharif einen Sprengstoffgürtel umgeschnallt haben könnte, was sowohl einem Soldaten nach den Regeln für die Polizei als auch die Armee grünes Licht für die Anwednung tödlicher Gewalt gibt. Das Gericht urteilte aber in diesem Fall, dass die Behauptung nicht stimmte. Azaria wurde wegen Totschlags schuldig erklärt.

Politiker, Gemeindeleiter und Zivilisten quer durch die israelische Gesellschaft forderten volle Begnadigung. Die Staatsanwaltschaft forderte drei bis 5 Jahre Haft.

Während die Höchststrafe für ein solches Verbrechen 20 Jahre Haft sind, wurde Azaria zu 18 Monaten Haft verurteilt.

Sahar Francis, der Direktor von Addameer, einer palästinensischen NGO für die Rechte von Gefangenen, sagte damals gegenüber Mondoweiss, dass das Urteil "die Politik der Straflosigkeit und der fehlenden Rechenschaft in einem System der lang andauernden israelischen Militärbesatzung" ans Licht gebracht habe.

"Die Botschaft, die dies anderen Soldaten und Polizeioffizieren sendet, die Palästinenser außergerichtlich exekutieren, ist, dass sie für ihre Handlungen nicht ernsthaft zur Rechenschaft gezogen werden, und dass Straflosigkeit fortbesteht", sagte Francis.

Laut Mati Milstein, einem Sprecher von Adalah, ist der Kampf für diesmal vorüber, da die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs endgültig ist und die Organisation "ohne zusätzliche rechtliche Möglichkeiten lässt, (die Sache) bezüglich der Regeln für das Eröffnen des Feuers für die Polizei weiter zu verfolgen."

Quelle
Übersetzung: K. Nebauer

Amerikanische jüdische Frauen-Organisation -- Women Wage-Peace

Anat Saragusti (American Jewish Peace Archive (1967-2017)

Am 25.September, einem der ersten Tage des neuen Jahres, fing die Graswurzel-Aktivisten-Bewegung Women Wage Peace --- FRAUEN-FRIEDENSFELDZUG  mit  einer  eindrucksvollen  Journey to Peace „Friedenreise“, einem viele Tage langen Marsch durch das Land von Israel-Palästina an. Ihr Höhepunkt wird nächste Woche während des Feiertages Sukkot sein. Dies ist nicht das erste anspruchsvolle Unternehmen der Women Wage Peace (WWP), das eine eindrucksvolle Geschichte  von störendem, mutig optimistischem und belastbarem Aktivismus hat. In seiner  Pressemitteilung schreibt das Aktivisten-Kollektiv über die Reise: „Wir, die 50 Tage lang vor  der Residenz des Ministerpräsidenten fasteten, marschierten 200 km in unserm Marsch der Hoffnung von Rosh Hanikra , mit dem Zug von Nahariya nach Sderot, wir standen  bei 140  Übergängen im ganzen Land – wir beginnen eine Reise, die  in Israel  und in aller Welt wiederhallt: Frieden ist möglich“.

Im Juni dieses Jahres hatte ich die Gelegenheit, ein Interview mit der AJPA –Direktorin Aliza Becker, eine der Führerinnen dieser Bewegung und eine bekannte Journalistin und Aktivis,  und der Menschenrechtlerin Anat Sanagusti zu halten.  Wir trafen Saragusti  in der zentralen öffentlichen Bibliothek in Tel Aviv. Sie sprach über die Träume, über die Probleme, die Ideologie und Strategie dieser einmaligen mächtigen Aktivisten-Bewegung. Als die Gruppe mit ihrem letzten Unternehmen begann, und als wir in der Folge unserer  jüdischen Jahreszeit der Besinnung und Verpflichtung  zur Veränderung standen, dachten wir, es gibt keine bessere Zeit als jetzt, diese Überlegungen mit einer der WWP-Führerinnen  zu teilen.

Anat Saragusti wuchs in den 60er-Jahren in Jerusalem auf. Ihre Familie war seit Generationen in Israel-Palästina, von Vaters Seite emigrierten die Vorfahren aus Zaragoza, Spanien, nach der  spanischen Inquisition vor mehr als 500 Jahren nach Israel und von Mutters Familie  kamen sie aus Marokko zum Beginn des 19.Jahrhunderts.  Sie wurde  im WWP aktiv das  nach dem Gaza-Krieg 2014 gegründet wurde. Seit dieser Zeit  ist die Bewegung  enorm gewachsen; im Mai 2017  waren es 20 000 Mitglieder. „Ich denke, es könnte jetzt die größte Bewegung in Israel sein in Hinblick  auf  die Förderung eines Abkommens zwischen Israelis und Palästinensern,“ erklärte Saragusti.

Es gibt viele ideologische und strategische Gründungen von WWP, die sich von anderen Friedensinitiativen absetzen. Als Erstes wird sie von Frauen geleitet und auf Frauenführerung festgelegt und an Mitwirkung einer Beschlussfassung auf jeder Ebene von der Grasswurzelebene bis zur Diplomatie.  Wie Saragusti erklärte: „besonders im israelischen Kontext und vielleicht auch  in dem der US fühlen sich die Frauen nicht frei und wohl genug, über Diplomatie, Staats-Diplomatie und Staats-Sicherheit zu sprechen. Ich denke, wir schaffen einen sicheren Bereich für sie, wenn wir über diese Probleme sprechen“. Das Rückgrat für dieses Prinzip ist  die UN-Sicherheits-Resolution 1325, die dafür einsteht, dass Frauen auf jeder Ebene von Konflikt-Beschlüssen involviert sein sollten.

Der zweite unterscheidende Aspekt, auf den Saragusti hinwies, ist, dass WWP . eine unabhängige  Organisation ist, die Frauen  mit verschiedenen politischen Meinungen und Wahlvorlagen zusammenbringt.  Sie erklärte: „Ich denke (WWP)  hat ein Potential, das Paradigma zwischen Links und Rechts  aufzubrechen, weil sie nicht genau die Art des Abkommens  definiert, die wir fördern/begünstigen, solange sie  achtenswert, gewaltfrei und von beiden Seiten angenommen wird.“ Saragusti erklärte, dass, obwohl sie nicht die  Mehrheit sind, Frauen, die zu den Wählern des rechten Flügels gehören, auch ein Teil der WWP sind, vereint durch die Hoffnung auf eine bessere Gesellschaft und ein besseres Leben. Die Mehrheit von WWPs Mitgliedschaft  schließt jüdische israelische Frauen ein  und sie arbeiten mit palästinensischen Frauen-Initiativen  zusammen, wie dies während   der „Friedensreise“ in dieser Woche geschieht. Seit seiner Gründung lässt sich die Gruppe von andern Frauen-Bewegungen in Konfliktstaaten wie Nordirland und Libyen inspirieren.

Drittens, die Strategie von WWP zentriert sich auf  das „Sprechen mit“ und nicht auf „Sprechen gegen“, erklärte Saragusti. Dies bedeutet, dass die Aktionen der Gruppe zu allererst Führer unterstützen, die eine Vision des Friedens liefert. Saragusti erklärte außerdem: „Wir unterstützen die Führer, wann immer sie über das Erreichen eines Abkommens, über Verhandlung eröffnen reden und an den Verhandlungstisch zurückkehren. Wir opponieren nicht gegen sie. Wir protestieren nicht. Wir unterstützen.“ Diese Strategie ist ein Vorbild –Behelfsmittel  für andere Friedensinitiativen in Israel, deren primäres Ziel es ist, gegen die brutale und ungerechten Aktionen der Regierung  zu protestieren.

Warum sollten US-Juden  sich über Frieden und Gerechtigkeit in Israel-Palästina Gedanken machen? Saragustis Überlegungen über die Rolle der amerikanischen Juden kommen teilweise von ihren Erfahrungen, als sie  zwei Jahre lang in den USA  als Hochschul-Absolventin, als Reporterin und vor kurzen  als Direktorin des USA-Büros der israelischen Menschenrechtsgruppe B’tselem lebte. Nach Saragusti „Ob wir es lieben oder nicht“ wir Juden sind  alle  in den Konflikt verwickelt. Ministerpräsident Netanjahu spricht immer wieder  „Ich bin Israel“, womit er alle Juden der ganzen Welt versteht. „So sind wir  durch diese Erklärungen, durch diese Rhetorik,  alle verbunden“, sagt Saragusti, „Ob wir es wollen oder nicht wollen.“

Doch in Saragustis Vorstellung gibt es eine Kluft im Verstehen zwischen jüdischen Aktivistengruppen in Israel und ihrem amerikanischen  Pro-Frieden-Gegenstück . Bei einem kürzlichen Trip  in die US fand sie das dominante  Pardigma, „man sprach über den Konflikt und nicht über die Besatzung“ Nach Saragusti ist das Problem  mit diesem Rahmen, dass es die Realität vor Ort so auffasst, als ob sich dort zwei ebenbürtige Parteien gegenüberstehen:  wenn wir nur die zwei Parteien zusammen in einen Raum bringen können,  -- natürlich  die Herren in Anzügen mit Kravatte – dann könnten wir es lösen.“  Sie glaubt, diese fehlgeleitete und von Männern-geführte Strategie ignoriert „ die Ungleichheit von Macht zwischen Israelis und Palästinensern.“  Und ignoriert auch die bedeutende Rolle der palästinensischen Graswurzel-Aktivisten, die täglich unter den Verletzungen ihrer Grund- Menschenrechte leiden.“  Sie hat es als sehr herausfordernd empfunden, die amerikanischen Juden, von ihrem exklusiven Blickpunkt auf die Diplomatie abzubringen und  kühn über die Besatzung und die systematischen Ungerechtigkeiten, die von der israelischen Regierung  ausgeführt werden, zu sprechen.

Saragustis Botschaft  für die israelische Öffentlichkeit ist besonders wichtig für  die amerikanischen Juden. „Es gibt keine existentielle Bedrohung Israels.“ Diese Angst wird  von den Medien übertrieben, um die Agenda des rechten Flügels zu unterstützen“. „Selbst mit ISIS um unsere Grenzen und dem Kollaps einiger arabischer Länder um uns herum, gibt es für Israel keine Bedrohung. Ich denke, wir müssen  dies unsern Leuten deutlich machen.“ Wenn einmal unsere Leute in der Lage sind, ihre tiefe existentielle Angst um Israel zu überwinden, erst dann können wir beginnen, über Frieden und Gerechtigkeit in ihrer Region nachzudenken, schlägt Saragusti vor.

An diesem Sonntag  wird  die Journey to Peace – die Friedensreise -   das Tote Meer erreichen, wo Tausende von palästinensischen Frauen sich mit ihnen in einer Show der Solidarität und Hoffnung  vereinigen werden. Sie werden sich an der Grenze treffen,  um deutlich auszusprechen, dass ihre Vision von Gerechtigkeit möglich ist. Da wir als amerikanisch-jüdische Aktivisten unser neues Jahr beginnen, könnten wir einige Inspirationen von der Fähigkeit  dieser  Tausenden Frauen übernehmen, um ihre Vision in Aktion umzusetzen.

(dt. Ellen Rohlfs)

 

„Da muss es einen anderen Weg geben“: sagt Noa, die im Gefängnis sitzt, weil sie den Militärdienst verweigert - Bethan Mc Kernan - 11.8.17 - „Ich glaube nicht an das Bauen von Mauern, sondern an das Bauen von Brücken“,  sagt die Pazifistin Noa Gur Golan, ein seltener Fall der IDF-Militär-Verweigerung.

„Als ich klein war, träumte ich davon, ein IDF-Kriegspilot zu sein“ sagt die 19-jährige. Doch jetzt sitzt der Teenager im Militärgefängnis 396 in der Nähe von Haifa. Sie wird als  Verräterin und Feigling  gebrandmarkt. Es ist nicht klar, wann sie entlassen wird, weil sie verhaftet wurde, da sie  den Militärdienst  mit dem IDF verweigert hat

Noa wird es nicht erlaubt, internationale Telefonanrufe zu erhalten. Aber in ihren Antworten  der Fragen von The Independent über ihre Mutter  Iris und Tante Michal,  die für diese  ungewöhnliche  Geschichte interviewt wurden, gab die junge Frau eine  außergewöhnliche seltene Ansicht in das, was jungen Leuten in Israel geschieht, die lieber  ins Gefängnis gehen, als einen Kompromiss mit ihrer  Opposition zur israelischen Politik zu machen.

Alle drei Frauen sind kühn genug zu betonen, dass Noa ihr Land liebt und glücklich ist, ihm zu dienen. Aber seitdem der Einberufungsprozess begann, als sie 17 war, ist Noa zu dem Entschluss gekommen, dass sie nicht stillschweigend die „Gewalt und den Tod“ hinnehmen kann, von dem sie  ein Teil einer militärischen Organisation  sein würde.  „Wenn Krieg die Antwort ist, stellen wir die falsche Frage,“ steht auf einer Postkarte, die zwischen Familienfotos an einem Pinbrett  in ihrem Zimmer  hängt.

Es ist äußerst ungewöhnlich für Israelis, ihren obligatorischen Militärdienst aus nicht-religiösen Gründen zu verweigern. Iris sagt, Noas Entscheidung war ein „Riesen-Schock“  - keiner in der Familie  oder  andere , die Noa kannten, hat dies vorher getan.

Ihre älteren Brüder, der eine 29 und einer 24  - letzterer beendete seinen eigenen Militärdienst vor 18 Monaten – unterstützte Noas Wahl, denkt aber noch, sie sei naiv, sagt Iris.

Von allen jüdischen, drusischen und tscherkessischen israelischen Bürgern über 18  wird erwartet, dass sie in der IDF ihre Pflicht erfüllen;  Israels 20%  arabischer Bürger sind da eine Ausnahme. Die Männer dienen  zwei Jahre und acht Monate, die Frauen  zwei Jahre.

Tatsächlich  verpflichten sich nur rund 75 %  der potentiellen  Wehrpflichtigen.  Die meisten, die den Dienst umgehen, tun dies. weil sie orthodox sind  und orthodoxe  Frauen sind die einzige größere Gruppe von Leuten, denen es erlaubt ist, zivilen Dienst anstelle von Militärdienst zu machen.

Es gibt keine  öffentlich verfügbaren Statistiken, aber das Unterstützungswerk, dem Noa im Augenblick vertraut, glaubt,  nur 10 Frauen sind wegen Militärdienstverweigerung  aus nicht religiösen Gründen in den letzten 2 Jahren. im Gefängnis gewesen.

Ein paar Leute  bringen es jedes Jahr fertig, den Militärdienst zu umgehen, indem sie beweisen, dass sie Pazifisten sind – aber nach  zwei Anhörungen bis jetzt, ist dies eine Position, die Noa  schwierig findet, die Behörden davon zu überzeugen. Einige  ehrenamtliche Rechts- Organisationen, die Gewissensverweigerern hilft, berichtet, dass  Angeklagten Fragen gestellt werden wie diese: „Würdest du jemand töten, der ein Mitglied deiner Familie  verletzt?“  auf die jede andere Antwort als „nein“ als Beweis genommen wird, dass  dies keine pazifistische Ansicht ist.

Der in Jerusalem lebende Aktivist Sahar Vardi sagte, der Prozess sei   „sehr schwierig“.

Die militärischen Komitees haben „eine sehr enge Definition von dem, was Pazifismus ist und machen mit keinem eine Ausnahme, der aus einem „politischen“ Grund den Militärdienst verweigert (  hauptsächlich Opposition gegen die Besatzung),“ sagte sie via Email.

Die IDF  antwortete nicht  unmittelbar  auf The Independent’s Anfrage um eine Stellungnahme.  In einem  Statement  am 13. August  per email  sagte ein Sprecher , dass  „der Dienst  im Militär dem Gesetz nach Pflicht ist und wichtig zur Aufrechterhaltung  der Sicherheit des Staates Israel sei“.

„Das Komitee fand, dass Gur-Golan nicht die Bedingungen erfüllt, aus Gewissensgründen  zu verweigern. Und so ihr Ersuchen verweigert wurde. Am Tag ihrer Einberufung verletzte Noa das Gesetz und so wurde disziplinarisch gegen sie vorgegangen. „Militärdienstverweigerung ist eine Verletzung des Gesetzes, die  äußerst selten ist und die IDF  befasst sich nur mit einer sehr kleinen Anzahl solcher Forderungen im Jahr“ fügte eine Erklärung hinzu.

„Es ist  selten, dass Teenager die Einberufung verweigern. Dies geschieht nur  innerhalb  der überzeugten Linken“, sagte Yehuda Shaul, der Gründer der anti-Besatzungs-Veteranen Gruppe: Breaking the Silence.

„Diese Leute zahlen einen hohen persönlichen Preis für ihre Entscheidungen  und gewöhnlich  verbringen sie drei Monate bis zu anderthalb Jahren im Gefängnis.“

 Iris sagt, es sei  hart, die Rolle  der IDF zu verstehen, die sie im Lande spielt, wenn man kein Israeli ist.

„Wir wachsen mit der IDF auf,  sie ist ein Teil  der Bildung/Erziehung, die wir in Israel bekommen.  Wir fühlen uns sicher und der Dienst ist ein Teil  unseres Lebens“, sagt sie.

Noa selbst schrieb in einem Brief, bevor sie  die Einberufung im letzten Monat verweigerte, dass das Erlebnis des 2014-Gaza-Krieges als  Erwachsene, die mit Kindern arbeitet, ihr die Augen geöffnet haben für die Atmosphäre, in der  Kinder dieses Landes aufwachsen; es ist eine Atmosphäre  voller Hass und Furcht . Sie wachsen in einer Realität auf, in der Gewalt normal ist.

Als  Folge ihrer Wahl ist sie seit 12. Juli  im Ganzen  für 31 Tage im Gefängnis gewesen. sie wurde kurz  zwischen  Anhörungen des Militär-Komitees  entlassen, bevor sie  wieder im Gefängnis 396 eingesperrt wurde, wo sie  mit neun anderen Frauen einen Raum teilt. Sie kann ihre Familie  nur einmal in 14 Tagen sehen.

Iris sagte, Noa habe mit den anderen Verhafteten über das, was sie tut, gesprochen und warum sie dies tut.    

„Sie ist beliebt, denke ich. Sie zeigte mir einen Brief, den eine der inzwischen entlassenen  Frauen ihr sandte; sie schrieb, dass sie sie achte, auch wenn sie nicht mit Noas Meinung übereinstimmt.“ Sagte Iris. „Sie lernen von einander.

Noa  sagt von sich, dass „sie von der komplizierten Realität, in der wir leben,  -   nicht wegschaut – die Terrorangriffe und die Kriege“ und dass sie nicht jeden Soldaten oder irgendjemanden, der das Leben anders als ich sehe,  sieht, anklagt.

Ihre Ansichten haben sich jedoch verändert, nachdem sie nach Italien ging, um ihre letzten beiden Schuljahre am United World College der Adratic zu machen, einem Oberstufen-Kolleg, das ein Teil eines  Netzwerkes von 17  wissenschaftlich begründeten Institutionen in aller Welt ist, die Studenten aus verschiedenen Nationalitäten zusammenbringt, um die Bildung zu einer Kraft macht, die  Leute, Nationen und Kulturen  für den Frieden und eine tragfähige Zukunft ausbildet.

Noa und ein palästinensisches Mädchen aus Hebron waren die Empfängerinnen der beiden Stipendien, die für Israel und die Gebiete zur Verfügung standen, um das Kolleg in Duino 2014 zu besuchen.

„Ich hatte das Privileg Freunde aus den palästinensischen Gebieten, Jordanien und anderen Ländern zu treffen. Ich konnte die Leute und ihre persönlichen Geschichten kennen lernen und nicht die Auffassung, mit der wir  aufgewachsen sind,“ sagte Noa.

Ich fühle mich mit meinen Freunden in Netanya genauso in Freundschaft und Liebe verbunden wie mit meinen Freunden in Hebron. Mit dieser Einstellung wurde mir klar, dass ich nicht an der Unterdrückung eines anderen Volkes teilnehmen kann; ich glaube nicht, dass Mauerbau gut ist – besser wäre Brückenbau“.

Für Iris ist Noas Entscheidung  sehr hart gewesen. Ihr Militärdienst  war vor 30 Jahren und die Idee zu verweigern war – als sie jung war – „undenkbar“.

Ich brach zusammen, als ich sie das erste Mal  dort drin sah, sagte Iris von Militär-Gefängnis. „Sie ist allein und hat Angst. Aber sie ist davon überzeugt, dass das, was sie tut, sinnvoll ist.

„Noa hätte lügen können, um keinen Militärdienst zu machen; sie hätte behaupten können, dass sie krank oder religiös sei, aber das ist sie nicht. Sie machte es sich zum Prinzip. Und darum bin ich stolz auf sie.

„Ich sehe meine Verweigerung als aktiven Schritt, um eine Alternative gegenüber  der gewalttätigen Realität zu zeigen, in der wir zu leben gewöhnt sind“, schloss Noa ihren offenen Brief.

„Um der wahren Sicherheit willen, glaube ich, muss es einen anderen Weg geben.“   Quelle     (dt. Ellen Rohlfs)

 

Amit Gilutz von B’tselem:  Israel setzt sich über das Internationale Gesetz hinweg  - 29.Juli 17 - Der Sprecher von B’tselem sagt, das NGO-Gesetz ist eines der vielen  legislativen Initiativen, die ungerechterweise Organisationen angreifen, die gegen Israels Besatzung von Palästina opponieren.

Dimitri Lascaris (The Real News)  Im Dezember  2016 während der letzten Tage der Obama-Regierung tat der UN-Sicherheitsrat etwas, was er seit der Regierung  von Georges Bush nicht getan hat.  Er nahm eine Resolution an, die Israels Verletzungen des Internationalen Gesetzes verurteilte. Diese Resolution 2334, die von 14 gegen 0 Stimmen  angenommen wurde –die US aber enthielten sich der Stimme. Unter anderem erklärte sie , dass die  von Israel errichten Siedlungen im  palästinensischen  1967 besetzten Gebiet, einschließlich Ost-Jerusalem, keine legale Gültigkeit haben  und  eine flagrante  Verletzung nach Internationalem Gesetz sei und  ein großes Hindernis zur Erreichung einer Zwei-Staaten-Lösung und einem anhaltenden  und umfassenden Frieden.  Dies war nicht nur die erste Resolution, die Israel verurteilte, die die Obama-Regierung  dem Sicherheitsrat  erlaubte, anzunehmen, da gab es noch etwas Ungewöhnliches  zur Resolution 2334.   Sie wurde nämlich vom Sicherheitsrat adoptiert, nachdem  eine israelische Menschenrechtsorganisation einen direkten Appell an den Sicherheitsrat machte, um die Menschenrechte der Palästinenser  zu verteidigen. Im Oktober 2016 – zwei Monate vor der Annahme der Resolution 2334 erschien der Direktor von B’tselem Haggai El-Ad vor dem UN-Sicherheitsrat und sagte: Seit 48 Jahren nun  ist die  Ungerechtigkeit als  Besatzung  Palästinas  und die israelische Kontrolle  des palästinensischen Lebens in Gaza, der Westbank und Ost-Jerusalems als Teil der Internationalen Ordnung bekannt. Das erste halbe Jahrhundert dieser Realität wird bald vorbei sein (2017 ist es vorbei ER)  . Im Auftrag von B’tselem,  dem israelischen Informations-Zentrum für Menschenrechte in den besetzten Gebieten, flehe ich sie heute an, aktiv zu werden. Alles  außer einer entschiedenen  internationalen Aktion wird nichts erreichen, aber in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts der Besatzung. etwas in Gang bringen. B’tselem machte seinen  außerordentlichen  Aufruf an den UN-Sicherheitsrat unter besonders herausfordernden Umständen. Nur wenige Monate bevor B’tselem diesen Aufruf machte, verabschiedete Israels Knesset ein Gesetz gegen Nicht-Regierungsorganisationen. Dieses Gesetz forderte, dass NGOs, die mehr als die Hälfte ihres Einkommens von ausländischen Regierungen bekommen, diese Tatsache jedes Jahr dem israelischen Justizministerium zu berichten haben, das  eine Liste  dieser NGOs veröffentlicht. NGOs, die auf dieser Liste stehen, müssen dies auch auf ihrer Website  bemerken und  bei der  Veröffentlichung, die in Beziehung  zur Anwaltschaft der NGO steht, die für die Öffentlichkeit leicht erreichbar ist.

Jetzt wird über all dies Amit Gilutz, der Sprecher von B’tselem, das die Menschenrechts-Verletzungen seit 1989 unter der israelischen Besatzung dokumentiert hat, mit uns diskutieren. Danke, dass sie zu uns gekommen sind.

Amit Gilutz   (AG:): Danke

Dimitri Lascaris (DL): Lassen sie uns zuerst über das letztes Jahr verabschiedete NGO-Gesetz sprechen. Die Kritik an ihm – so verstehe ich es – behauptet, dass das Gesetz  besonders dafür bestimmt ist, das Leben  von links gerichteten NGOs, die  gegenüber Israels Behandlung des palästinensischen Volker kritisch gewesen sind   schwieriger zu machen. Warum sagen sie dies über das NGO-Gesetz und wie hat dies Gesetz B’tselem im Besonderen  berührt?

Amit Gilutz: nun, das Gesetz wird bei uns Wirkung zeigen, wenn wir unsern finanziellen Bericht für 2017 zusammenstellen, wenn unsere Finanzierung  für das Jahr  mehr als 50 %   von ausländischen Regierungen kommt, dann müssen wir das  bei unseren Veröffentlichungen  und in Interviews  angeben. Denn wir fördern Menschenrechte der Palästinenser und wir  setzen uns für die Beendigung der Besatzung  ein. Tatsächlich arbeiten wir eher im Interesse  ausländischer Regierungen als für die, die zwischen dem Jordan und dem Meer leben. Dies muss nicht als isoliertes Ereignis gesehen werden, sondern als ein Teil vieler  legislativer  Initiativen, die demselben Zweck dienen, nämlich dem Diskriminieren von Menschenrechtsorganisationen und  besonders solchen Organisationen, die gegen die Besatzung arbeiten. Der kleiner werdende demokratische Bereich in Israel berührt nicht nur Menschenrechtsorganisationen, sondern auch Journalisten, Akademiker und Künstler. Das ist ein Prozess, in dem wir uns jetzt befinden. Wir denken, dass dies ein Teil des Kampfes gegen die Besatzung ist. Ich möchte noch bemerken, dass Ministerpräsident Netanjahu  eine neue Initiative für ein neues Gesetz gab, das  uns tatsächlich  die Möglichkeit raubt, diese Finanzierung von ausländischen Regierungen zu bekommen.

Dimitr Lascaris (DL): Wie sind die Aussichten, dass dies Gesetz von der Knesset verabschiedet wird?

A.G.  Das ist schwer zu sagen. Es scheint, dass dieser Vorschlag im Hintergrund etwas mit der Trump-Regierung zu tun hat. Das haben gewisse Offizielle geäußert… Diese Gesetze sind speziell  gegen Organisationen gedacht, die sich für die Menschenrechte der Palästinenser einsetzen, für die in Israel, in den besetzten Gebieten,  für die Flüchtlinge und Asylsuchenden.

DL: Wie hat die Netanjahu-reagiert, als Hagai El-Ad, der Direktor von B’tselem seinen Appell  vor den UN-Sicherheitsrat brachte?

AG: Sie reagierte wie vorausgesagt … Sie stachelte in einer Atmosphäre einer Hexenjagd, die natürlich nicht in der Knesset endete, sondern  die Öffentlichkeit als Ganzes berührte. Nach der Rede schlugen Stimmen aus der Regierung vor, Hagais Staatsbürgerschaft zurückzuziehen, was eine sehr extreme Maßnahme ist und keine rechtliche Basis hat. Aber genau diese Bemerkung ist  ein Teil der Kampagne, die nicht nur von der Regierung und aus der Öffentlichkeit ausging, sondern auch von  andern NGOs, die sehr eng mit der israelischen Regierung verbunden sind. Da gab es 2015 eine Kampagne, die  besonders Haggai , aber auch andere prominente Figuren der israelischen Linke als Maulwürfe, als Verräter darstellten, ja, als Leute, die ausländischen Interessen dienen und gegen ihr eigenes Volk arbeiten. Auch wenn dieses spezielle  Gesetz, das NGO-Gesetz, keine Wirkung auf unsere Arbeit hatte, so haben wir  mit diesem Prozess einiges erfahren: Wir erhielten Drohungen. Unsere Website ist angegriffen worden. Es sind Rallyes und Demonstrationen gegen Treffen  gewesen, die wir abgehalten haben.  Aber es ist wichtig zu betonen, dass all dies  nichts ist  im Vergleich zu dem, was Palästinenser durchmachen, die unter israelischer Militär-Besatzung leben.

DL: Ich möchte über die Erfahrung reden, besonders  nach dem die  Resolution 2334 im Dezember letzten Jahres verabschiedet wurde. Die Resolution verwendet  in Bezug auf die Siedlungen eine starke Sprache. Diese werden  wiederholt  von der internationalen Gemeinschaft als eine Verletzung der Vierten Genfer Konvention angesehen. Die nannte jene Siedlungen eine flagrante Verletzung und rief Staaten auf, geeignete Maßnahmen dagegen zu unternehmen. Sie unternahmen aber nichts. Auch die Resolution half nichts -  genau wie alle ihre vorausgegangenen Resolutionen im Sicherheitsrat und in der Generalversammlung. Sie verhängten keine bedeutsamen konkreten Sanktionen  für die anhaltenden  Verletzungen auf  den Staat Israel. Es könnte instruktiv sein zu prüfen, was seit der Verabschiedung der Resolution geschehen ist. Wie haben sich die Bedingungen  vor Ort für das palästinensische Volk im Gazastreifen und auf der Westbank und in Ost-Jerusalem materiell seit Dezember des letzten Jahres verändert?

AG: Ich denke, es ist wichtig zu verstehen, dass die Besatzung kein feststehendes Phänomen ist, es ist dynamisch.  Sie  gräbt sich immer weiter hinein. Seit 1967 haben alle israelischen Regierungen daran teilgenommen,  die Linke wie die Rechte und das Zentrum nahmen an diesem Prozess teil und bestimmten die Politik, die dahin tendiert, Israel mit so viel wie möglich Land  und Ressourcen unter seiner Kontrolle zu lassen und mit so wenig wie möglich an Palästinensern. Wir sehen diese parallele Bewegung an den beiden Bevölkerungen. Einerseits sieht man wie israelische Siedler in die besetzten Gebiete strömen und andrerseits  sieht man, wie die Palästinenser  gezwungen werden, auf den kleiner werdenden Enklaven zu leben. Sie können sich nicht entwickeln; sie werden voneinander getrennt. Es gibt mehr Pläne für Siedlungserweiterungen, noch mehr Außenposten werden errichtet und alle Arten von Gewalt benützt Israel, um seine Unterwerfung des palästinensischen Volkes aufrecht zu erhalten und dahin zu wirken, dass in Zone C  (60% der Westbank)  die palästinensische Präsenz abnimmt.  Zur selben Politik gehört die Hauszerstörung. Wir sahen 2016  eine Höchstzahl an Hauszerstörungen  in der Westbank und in Ost-Jerusalem. Unter dem Vorwand, dass die Häuser ohne Genehmigung gebaut seien – was meistens nicht stimmt, werden sie abgerissen und  damit  den Palästinensern vorgegaukelt, dass es die Möglichkeit gibt, Baugenehmigungen zu erhalten. Doch die gibt es nicht. Diese Hauszerstörungen als auch die Zerstörungen anderer Strukturen gehen 2017  weiter.  Dazu kommt eine fabrizierte Wasserkrisis  in großen Teilen der Westbank …

DL: Wenden wir uns jetzt dem Gazastreifen zu. wie hat sich die Situation  seit Dezember 2016 entwickelt?

AG:  Sie wissen, dass es 2015 einen UN-Bericht gab, der voraussagte, dass um 2020 – wenn der Trend dort  so weitergeht – der Gazastreifen unbewohnbar werden würde. Nur um den Zuhörer daran zu erinnern: dies ist das am dichtesten bewohnte Gebiet auf der Welt. Mehr als 50% der Bevölkerung ist unter 18. Jetzt kam ein neuer Bericht heraus, dass die Rate der Verschlechterung der Lebensbedingungen in Gaza sogar  schneller ist als  ursprünglich gedacht. Im Augenblick gibt es dort eine große Strom-Krise. Dies ist nicht neu. Aber die Verschlechterung ist neu. Im Durchschnitt erhalten die Menschen in Gaza im Durchschnitt vier Stunden  Strom pro Tag. Zuweilen weniger als dies, manchmal etwas mehr. Doch nie in voraussagbarer Zeit. Sie wissen also nie im Voraus, wann der Strom kommt. Stellen wir uns vor, was dies mitten in der Sommerhitze des Nahen Ostens  für das Leben bedeutet. Natürlich sind da alle Bereiche des Lebens davon betroffen, natürlich die allgemeine Gesundheit. Dies berührt alle öffentlichen Institutionen. Es ist unmöglich, irgendeine Art  normales Leben zu führen.

DL:  Um dies zusammen zu fassen: haben wir seit der Verabschiedung von Resolution 2334  irgendeine  materielle Verbesserung in Israels Verhalten gegenüber den Palästinensern gesehen?

AG:  Nun was die Resolution betrifft, so gibt es eine  wichtige Klausel, (die fünfte), die die Mitgliedstaaten  auffordert, bei den relevanten Geschäften zwischen dem eigentlichen Israel und den besetzten Gebieten zu unterscheiden. Alle drei Monate sollen die Mitgliedstaaten dem Sicherheitsrat einen Bericht über die Erfüllung der Resolution geben. Es gibt zwei solcher Berichte. Wir haben keinen substanziellen  Fortschritt  in Bezug auf Erfüllung gesehen. Sicherlich rufen wir die Mitgliedstaaten auf, die Resolution nach seinen eigenen Bedingungen zu erfüllen. Diese Art der Unterscheidung allein bringt es aber nicht weiter, es würde aber ein Schritt in die richtige Richtung sein. 

DL: Gut. Wie steht es mit Ost-Jerusalem? Da ist vor kurzem ein ziemlich großer Protest gewesen  - im Zusammenhang mit Maßnahmen der israelischen Sicherheitskräfte rund um die Al-Aqsa-Moschee. Können Sie uns etwas über diese Maßnahmen sagen und wie das palästinensische Volk sich dazu verhalten hat?

AG: klar. Die eine Art der Maßnahmen ist die Einschränkung gewesen, ein sehr hoher Grad an Zugangs-Einschränkungen  speziell zum Al-Aqsa-Compound, aber auch zu verschiedenen Zeiten  der Zugang zur Altstadt als Ganzes. Auch  die Platzierung der bemannten  Checkpoints am Eingang zum Compound. Dies  bringt die Palästinenser  zu gewaltlosem Protest. Die große Mehrheit von ihnen betrat den Compound nicht, sondern hielt letzte Woche  ihre Freitagsgebete  außerhalb des Compound – als Protest gegen  diese neuen Checkpoints. Wir haben auch gesehen, wie Israel sich mit einem Riesenaufgebot an Militär und Polizei gegenüber diesen Protesten und den Betern verhalten hat und exzessive Gewalt angewendet hat. Übers Wochenende gab es unter den palästinensischen  Protestlern vier Tote. Ein Krankenhaus in Ost-Jerusalem, das die Verletzten der Proteste aufnahm, wurde von der Polizei überfallen. Das ist absolut ungerechtfertigt. Selbst wenn sie Leute verhaften wollen, dann ist ein Krankenhaus natürlich  ein Sperrgebiet. Außerhalb des Krankenhauses wurden Stun-Granaten und Tränengas angewandt.  All dies zeigt die vollkommene Missachtung, die die israelischen Politikmacher gegenüber  dem Wert von palästinensischem Leben, ihrem Wohlbefinden und ihrem Recht, ein normales Leben zu führen, haben.

DL: Letztendlich möchte ich Sie über den 50. Jahrestag der Besatzung fragen.  Als Haggai El-Ad seine eloquente Rede vor dem Sicherheitsrat hielt, hatten in wir fast ein halbes Jahrhundert lang die Besatzung. Natürlich  hat die internationale Gemeinschaft schon lange anerkannt, weltweit praktisch die Illegalität der Siedlungen  anerkannt.  Die Besatzung selbst, die vorgegebene Dauer der Besatzung, dass es da kein Ende der Besatzung in voraussehbarer Zukunft geben wird und dass sie sich  immer mehr in der Art vertiefen wird, wie Sie beschrieben haben. Welches sind die Ansichten von B’tselem in Bezug auf die  Legalität der Besatzung selbst nach internationalem Gesetz?

AG:  Man weiß, dass dies eine ständige Debatte unter Juristen des internationalen Rechts ist. Es ist unentschieden und wir haben zu dieser Frage keine  spezielle Stellung bezogen, aber ich denke, je bedeutender die Frage ist, was ist legitim?  Es ist sehr deutlich, dass die Art und Weise, in der Israel mit der Besatzung umgeht, völlig illegal ist, ob wir  über die Anwendung  tödlicher Gewalt  ohne Rechtfertigung  reden oder über das Siedlungsunternehmen als Ganzes oder über viele andere Arten  der Verletzungen palästinensischer  Rechte. Es ist  sehr klar, dass Israel keine Absicht  hat, die Besatzung zu beenden. Sie ist nicht als vorübergehende Situation  bestimmt. Sie  ist bestimmt, sich immer fester zu verwurzeln und es ist klar, dass die Rechte  aller Menschen, die zwischen  dem Jordan und dem Meer leben, dass Gerechtigkeit zu diesen Menschen  nur dann kommt, wenn wir ein Ende der Besatzung sehen werden.       Quelle                       ( dt. Ellen Rohlfs)

'Wo eine Mauer ist, gibt es auch Löcher': Issa Amros Gewaltfreiheit und Israels Ungerechtigkeit

 David Lloyd - 29.09.2017 - Manche Begegnungen, auch kurze, bleiben unvergeßlich. Meine Begegnung mit dem palästinensischen gewaltlosen Ativisten Issa Amro im Juni 2016 war eine solche.  Es war am Ende eines langen Tages in Hebron, wo ich mit mehreren Kollegen die Auswirkungen der Besatzung auf das palästinensische Hochschulwesen an Ort und Stelle studieren wollte. Nach unseren Interviews mit Fakultät und Studenten der Hebroner Universität führte uns eine kleine Gruppe Studenten durch die berüchtigte "Zone H2", wo sich mehrere hundert rechte Siedler ihren Weg zwischen die palästinensischen Einwohner erzwungen haben und unter dem dauernden Schutz israelischer Soldaten leben, die dort permanent stationiert sind, um sie zu schützen.

Trotz dem unverwüstlichen Witz und der guten Laune unserer Führer war es eine trostlose Tour durch die Hässlichkeit eines Lebens unter dem rassistischen israelischen Regime. Wir gingen durch die einst vor Leben sprühende Shuhada-Strasse mit ihren verschlossenen Läden und Netzen, die darüber gezogen waren und unter dem Gewicht des Abfalls durchhingen, den die Siedler von ihren Wohnungen hinuntergeworfen hatten. Wir besuchten zwei Palästinenser in ihren Häusern, die an die Siedlungen angrenzen und deren Dächer eingezäunt sind mit Gittern und Stacheldraht gegen die Steine, die Siedler werfen, und die Möglichkeit, dass sie überfallen oder gestohlen werden – was erst diesen Sommer einer palästinensischen Familie passierte, die das Unglück hatte, in einem Haus zu nahe an fanatischen Siedlern zu wohnen. Wir erlebten den Müll, der sich in der einst blühenden Allee der Goldschmiede anhäufte. Wir passierten einige der vielen Checkpoints, die die Stadt von Zonen und sogar Strassenstücken abteilen, die für Palästinenser verboten sind, und solchen, wo sie sich derzeit frei bewegen können. Die gelangweilten Blicke der Soldaten an diesen demütigenden Durchgängen verraten die Anmaßung der Willkürmacht über die anderen.

Es war am frühen Abend, bevor wir den letzten Checkpoint zu einer der wenigen Zonen passierten, wo Palästinenser gehen, aber nicht fahren dürfen, um zu ihren Häusern zu gelangen.

Bärtige Siedler sausten in ihren SUVs hinter uns, als wir in das Viertel Tel Rumeida hinauf gingen.Wir waren auf dem Weg zu dem Haus, das Youth Against Settlements, die von Issa Amro gegründete gewaltlose Widerstandsorganisation, renoviert hatte. Auf unserem Weg bogen wir von der Strasse in einen schmalen Fußweg an der Hangseite ein, der durch einen kleinen Hain mit knorrigen Ölbäumen führte, von wo man einen Blick auf die Altstadt hat. Es war fast schon dämmrig, die Schatten wurden länger, das Licht golden. Die Geräusche der Stadt, die sich auf das Ende eines langen Fastentages im Ramadan vorbereitete, stieg zu uns herauf, als wir das Haus und seinen kleinen Patio erreichten.

Wir saßen eine Weile auf der niedrigen Mauer des Patio, während Issa über die Arbeit der Youth Against Settlements sprach, über die Lebensbedingungen für Palästinenser in der praktisch belagerten Stadt Hebron, über das Engagement in Gewaltlosigkeit, das ihn und die von ihm geleitete Organisation inspirierte. Er wirkte abgespannt, aber sein Engagement und seine Widerstandskraft waren

unerschöpflich. Allein die Renovierung dieses Hauses am Rand einer Siedlung zu erhalten, das nach der Verwüstung durch das israelische Militär, das es mehrere Jahre besetzt hatte, war ein kleiner Sieg. Gewaltloser Aktivismus besteht aus solchen kleinen Akten, mit denen man seine Weigerung vertrieben zu werden erklärt, vom Bau eines Kindergartens für Tel Rumeida bis zur Reinigung und Erhaltung des Gehwegs an der Shuhada-Straße oder das Filmen potentiell lebensgefährlicher Zusammenstöße mit Siedlern, die sie regelmäßig schikanieren und angreifen.

An einem Ort wie Hebron erfordern solch einfache Akte, die das grundlegendste Recht und die Entschlossenheit zu bleiben, sich nicht vertreiben und auslöschen zu lassen, bekräftigen, besonderen Mut und Beharrlichkeit. Sie durchzuführen bedeutet ein Stachel in der Besatzung zu sein. Und Issas Beharrlichkeit – wir waren nicht überrascht - hat ihn etwas gekostet. Er war für seine Aktionen mehrfach verhaftet und vor kurzem vor israelischen Militärgerichten in 18 Punkten angeklagt worden, die Amnesty International "haltlos und politisch motiviert" nannte. Sein Prozess begann im Juli diesen Jahres und soll am 22. Oktober wieder aufgenommen werden. Dass er in der Zwischenzeit auch von der Palästinensischen Autonomiebehörde inhaftiert wurde, weil er sich für das Recht auf freie Meinungsäußerung ausgesprochen hatte, ist nicht nur ein trauriger Beweis für den Status der PA als Subunternehmer der Besatzung, sondern auch für die Konsequenz und Integrität von Issas Prinzipien.

Hebron, wo eine kleine Minderheit von Siedlern über die palästinensische Mehrheit herrscht, ist die Zukunft von Israel, das unaufhaltsam sich zur unmaskierten Manifestation dessen bewegt, was es bereits ist: ein Apartheidsstaat. Gedankenlose Kommentatoren fragen, wo ein palästinensischer Nelson Mandela gefunden werden kann. Aber so jemand ist nicht schwer zu finden. Überall, wo wir waren, fanden wir gewaltlose Aktivisten, auf jedem Universitäts-Campus, in der Fakultät und unter Studenten und unter einfachen Leute, die zu unserer Überraschung keinen Hass gegen jüdische Israelis hegten. Andererseits scheint Wut der Dauerzustand der Siedler zu sein, die sich in ständigen kleinen Gewaltakten und Schikanen, die die Palästinenser ertragen müssen, ein Ventil schafft, vom Abbrennen ihrer Olivenhaine bis zum Schleudern von Müll auf ihre Marktstände.

Es bleibt abzuwarten, ob ein durch und durch militarisierter Apartheidstaat tatsächlich mit gewaltfreien Mitteln bezwungen werden kann. Aber unter der unerbittlichen Überwachung und brutalen Unterdrückung durch die israelische Besatzung dürften die Palästinenser keine andere praktikable Option haben. Das ist das Paradox des palästinensischen Widerstands: angesichts der unerbittlichen Gewalt des israelischen Staates sind sie gezwungen Gewaltlosigkeit zu praktizieren und ihrem Recht (nach dem internationalen Recht) auf bewaffneten Widerstand abzuschwören. Die Palästinenser praktizieren Gewaltlosigkeit seit fast 100 Jahren, obwohl es in einer mit israelischer Propaganda gesättigten Informationslandschaft eine Herausforderung ist, das in Erfahrung zu bringen. Auch das ist ein Paradox: Trotz der scheinbaren Aussichtslosigkeit des gewaltfreien Widerstands angesichts der erdrückenden Übermacht und der schamlosen Unterdrückung, praktizieren Palästinenser sie weiter, kreativ, mutig und unerschütterlich. Wie Issa mit bewundernswertem Glauben an die Effizienz des gewaltfreien Widerstands bemerkt hat: "Wo eine Mauer ist, gibt es Löcher."

Und Israel hat keine Strategie für den Umgang mit Gewaltfreiheit und den unzähligen kleinen Löchern im Gerüst seiner Unterdrückung. Ab und zu erscheint ein konsequent gewaltfreier Organisator wie Issa Amro und wird unter grotesken Anklagen inhaftiert. Israelische Militärgerichte, in denen 99% der angeklagten Palästinenser für schuldig befunden werden, geben nicht einmal vor in ihren Anklagen stimmig und plausibel zu sein. Sie machen aus der Lüge, wie Franz Kafka einmal sagte, ein allgemeines Prinzip. Wenn es mit ihren dreisten Lügen nicht anders geht, kann noch immer jeder Palästinenser ohne Prozess und auf unbegrenzt verlängerbare Dauer vom Regime der Militärbesatzung in "Administrativhaft" genommen werden. Wie Issa gesagt hat: "Es ist ein Scheingericht, wo es überhaupt keine Gerechtigkeit gibt. Die Anklagen gegen mich sind ein Versuch meine Menschenrechtsarbeit abzustellen und mich zu stoppen für mein Volk sprechen."

Die eklatante Absurdität und Reichweite eines solchen Unrechtssystems entkräftet seine Abschreckungsmacht. Wenn 40% der palästinensischen Männer  - von Kindheit an - verhaftet oder inhaftiert und die Führer der gewaltfreien Bewegungen zur Warnung anderer eingesperrt werden, so ist das eine nutzlose Übung. Wie Issa gesagt hat, die Gefängnisse werden Schulen und (bieten) Vorbilder für den gewaltfreien Widerstand, wie der letzte Massenhungerstreik in den israelischen Gefängnissen gezeigt hat. Was in Erstaunen versetzt, ist nicht die gelegentliche Gewalt unorganisierter und frustrierter junger Palästinenser, sondern die Geduld und Ausdauer einer Bevölkerung, die seit 50 Jahren unter Besatzung und seit 70 Jahren rassistischer Vorherrschaft leiden. Wie jeder weiß, der Palästina besucht hat, triumphiert immer ihr Lachen über ihren Zorn.

Ganz zurecht. Wäre ihre Durchführung nicht so kriminell kleingeistig, bösartig und rachsüchtig, würde die israelische Besatzung in ihren absurden Ansprüchen, grotesken Lügen und Selbstrechtfertigungen wirklich lächerlich sein, und ihre Anmaßungen von der internationalen Gemeinschaft nicht ernst genommen werden. Die einzige Demokratie im Nahen Osten, mit 50 Gesetzen, die die palästinensische Minderheit diskriminieren? Eine Demokratie, die sich selbst als Demokratie nur für eine ethno-religiöse Gruppe proklamiert? Ein moderner Staat, der nicht der Staat aller seiner Bürger ist, sondern nur der Bürger, denen die "Jüdische Nationalität" gewährt ist? Ein Land ohne Volk, das ethnisch gesäubert werden muss, nicht auf einen Schlag, sondern kontinuierlich? Nicht nur in seinen Militärgerichten muss Israel seine fadenscheinigen Absurditäten und Lügen begehen, um die Realität seines regressiven und diskriminierenden Regimes zu verdecken.

In der unerbittlichen Logik jedes Kolonialregimes, das sich durch seine Unfähigkeit beweist, die einheimische Bevölkerung entweder zu assimilieren oder zu vernichten, ist Israel immer repressiver geworden. So wird es auch für die demokratischen zivilen Gesellschaften immer verabscheuenswürdiger, um deren Zustimmung es wirbt, während das Gewebe von Lügen und Halbwahrheiten, mit denen es die öffentliche Meinung zu besänftigen sucht, mehr und mehr zerschlissen wird. In diesem Sinn sind die bösartigen Kampagnen Israels und seiner amerikanischen Unterstützer zur Unterdrückung und Verleumdung seiner Gegner die besten Freunde, die die Befürworter von BDS haben können: mit seinen kleinlichen, gehässigen Schikanen und der offensichtlich grundlosen Verhaftung von Aktivisten wie Issa Amro offenbart Israel sein wahres Gesicht. Es ist ein diskriminierender rassistischer Staat, dessen Überleben immer mehr von einem giftigen Mischung von Lügen, Diskriminierung, ethnischer Säuberung und purer Gewalt abhängt. Sein verzweifelter Abstieg in Extremismus und Siedlerwut gehört zur rassistischen Logik, die den zionistischen Staat errichtet hat: ein Siedlerkoloniales Unternehmen, gegründet auf der Annahme rassischer Überlegenheit und unhaltbar ohne einen ständigen demographischen Krieg gegen seine einheimische Bevölkerung, unerlässliche Rückgriffe auf immer brutalere und unverhohlene Gewalttätigkeiten, um seine Vormachtstellung zu erhalten. Von der Zerstörung von Beduinendörfern im Negev zur ständigen Vertreibung von Palästinensern aus Ost-Jerusalem, von der Expansion seiner Siedlungen in der Westbank zur Strangulierung der Zivilbevölkerung des Gazastreifens fährt Israel fort zu beweisen, dass ein gewalttätiges Programm der ethnischen Säuberung für seine Existenz unentbehrlich ist.

Palästinensische Standhaftigkeit und insbesondere die Beharrlichkeit in der Gewaltlosigkeit, die jeden Tag ihre Entschlossenheit bekräftigt im Land zu bleiben, ist die stille Negierung des rasstischen israelischen Regimes. Ihr Kampf wird Zeit und Ausdauer brauchen,  aber Ausdauer und Zeit ist das, worüber die Palästinenser am meisten haben – über so wenige Ressourcen sie auch verfügen.

Als ich in der Dämmerung von Hebron saß und nach einem langen und erschreckenden Tag, an dem ich die schiere Hässlichkeit der Besatzung und der Siedlungen erlebte, Issa Amros ruhiger und sicherer Stimme zuhörte, wußte ich, dass er nicht weichen würde. Er und Youth Against Settlements werden gegen alle Wahrscheinlichkeiten durchhalten, so lange der Kampf für Gerechtigkeit auch dauern wird. Und Israel wird alle seine rechtliche und militärische Macht anwenden, um ihren Widerstand zu brechen, und es hat die Power dazu. Aber der Einsatz von Macht und Gewalt wird auch sein Ruin sein. An diesem Abend war es auch klar, auf welcher Seite am Ende die Welt stehen wird, auf der deren Macht von Waffengewalt und Rechtsmißbrauch beruht oder denen, die unbewaffnet und machtlos beharrlich ihr Recht Mensch zu sein behaupten. Die, denen Gerechtigkeit wichtiger ist als Macht, werden auf der Seite von Issa Amro und des palästinensischen Kampfes um Gerechtigkeit stehen.

Quelle          Übersetzung: K. Nebauer

BDS ist unser einziger Hebel gegen  die israelische Besatzung und Apartheid

Dr. Ruchama Marton - In seinem Artikel in Haaretz antwortet Uri Avnery auf das, was ich bei meiner Partie zum 80. Geburtstag  gesagt habe . „Einige meiner Freunde glauben, dass der Kampf verloren ist, dass es nicht mehr möglich ist, Israel von innen her zu verändern, dass nur Druck von außen helfen kann und dass der  externe Druck, der in der Lage ist, dies zu tun, die Boykott-,( Divestment- und Sanktionen)-Bewegung  ist.  „Eine dieser Freundinnen ist Dr. Ruchama Marton,“ schreibt er.

„Zunächst lehne ich das Argument zutiefst ab, dass es nichts gibt, das wir tun können, um den Staat zu retten und dass wir Ausländern zutrauen müssen, diesen Job für uns zu tun. Israel ist unser Staat. Wir sind für ihn verantwortlich,“ sagt Avnery.

Hier ist meine Antwort auf ihn.

Ich sagte zu keiner Zeit und an keinem Ort, dass ich oder wir, die nicht-zionistische Linke, die radikal genannt wird, wünschte oder erwartete, dass irgendjemand in der Welt unsere Arbeit für uns tun wird. Dies ist nicht nur moralisch, es ist auch dumm und unmöglich. Vom Bürgerkrieg in Spanien, ein Krieg, der misslang, bis Südafrika, einem Krieg, der sein Ziel erreichte, und all die andern Kämpfe – in dem immer die  Einheimischen zusammen  mit ihren Unterstützern aus aller Welt kämpften, kämpften nie getrennt. In dieser Hinsicht ist die radikale Linke in Israel in guter Gesellschaft. Avnery hat kein Recht, über mich/uns zu sagen, dass wir von jemandem im Ausland  erwarten, den Kampf für uns zu kämpfen. Dies stimmt einfach nicht.

Meiner Meinung nach  ist  der korrekte Kampf der anti-koloniale und anti-Apartheid-Kampf. Wer auch immer sich vormacht, er könne diese Schlacht ohne Hilfe von außen gewinnen, hegt eine irrige, gefährliche Illusion, die  auf  zionistisch-israelischen Macho-Stolz beruht. Ich und nur ich.

Die Frage des Friedens  ist heute nicht relevant. Es ist eher eine zweckdienliche Frage, zu schön und unmöglich im Augenblick. Die Unterstützung  für Frieden ist keine politische Position, sondern Lippenbekenntnis. Kennt Avnery jemanden  auf der Rechten oder Linken, der gegen den Frieden ist? Die Frage des Augenblicks  ist die Frage  der Besatzung und der Apartheid.

Der anti-koloniale Kampf hat eine achtenswerte Tradition und der Kampf  gegen die Apartheid hat eine Strategie, die sich selbst beweist. Es stimmt, dass die, die für realen politischen Wechsel kämpfen und nicht nur das Land retten, die ihnen vom Apartheid-Regime gewährten Privilegien  aufgeben müssen.

Das Recht auf ein politisches Leben ist wichtigstes Recht. Ohne das Recht auf ein politisches Leben, ist  wie „lass die Tiere leben.“  Für das Recht, auf eine Klinik in den besetzten Gebieten zu kämpfen, ist wie der Kampf für einen Futtertrog für ein Pferd.  Das totalitäre Regime reduziert die Bürger auf „Rechte haben“ – das Recht auf Nahrung,  Wohnung, Bildung und Gesundheit. Doch das Recht auf ein politisches Leben wird verweigert, die Person wird auf den Status eines Tieres reduziert.  Wer auch immer nicht bereit ist, für die politischen Rechte für jeden zu kämpfen,  kämpft für seine eigene Schönheit. Es lohnt sich, uns selbst zu fragen, sind wir nur Aspirin für den Besatzer? Ein Heftpflaster für Apartheid?

Ich möchte den jungen Leuten, die zu kämpfen bereit sind,  die Mittel zum kritischen Denken geben. Mit andern Worten – nicht auf dem Spielfeld und mit der Agenda  der Regierung. Wir müssen lernen, zu erklären, dass wir nicht länger die Regeln der Regierung akzeptieren. Das bedeutet, Risiken zu übernehmen und unsere Privilegien aufgeben, die innerhalb der vom Regime festgelegten Grenzen liegen. Wie Ralph Waldo Emerson sagte: „Gute Menschen  müssen den Gesetzen nicht gut folgen.“

So lange wie die jüdischen Israelis, die BDS nicht unterstützen, denken, es sei möglich, (den Staat) von innen her zu verändern, sind sie wie die Parabel des Kaninchens, das den Löwen von innen verändern will. Der Löwe frisst es. Das Kaninchen geht auf den Löwen zu – und damit ist die Geschichte zu Ende. Die Veränderung von innen ist heute eine Illusion – die radikale Linke kann nicht denken und handelt in solcher Weise.

Die zionistische Linke fürchtet sich vor Radikalismus, weil sie sich fürchtet, allein zu bleiben, ohne einen Stamm. Es gibt das Problem, dass es einen  anderen, größeren Stamm gibt – und dass dieser Stamm außerhalb ist. Zum Beispiel der wachsende internationale BDS-Stamm. Er ist unser Verbündeter, weil wir keine Verbündeten in unserm Stamm haben. Wir müssen uns klar werden, dass wir  innen  zu wenige sind und zu schwach. Wir können nicht viel ohne unsere Verbündeten von Außen tun. Die heutigen Verräter sind die Helden von morgen.

Avnery sagt: „ Ich glaube, dass Israel  selbst zu boykottiere, ein Fehler sein würde. Dies würde die ganze israelische Öffentlichkeit in die Arme der Siedler treiben, während es unser Job wäre, die Siedler in den besetzten Gebieten zu isolieren und sie von der israelischen Öffentlichkeit zu trennen. Unser Job hier ist, unsere Bemühungen neu zu gruppieren, neu zu organisieren  und  zu verdoppeln, um die augenblickliche Regierung zu stürzen und das Friedenslager an die Macht zu bringen.“

Ich sage ihm: Du beschäftigst dich mit unbegründeter Vermutung über die Zukunft, die sich allein auf die Angst, alleine zu bleiben gründet, weil die ganze  israelische Öffentlichkeit sich mit den Siedlern vereinigt. Die meisten haben es schon. BDS ist der einzige gewaltlose Hebel, der die jüdisch-israelische Gesellschaft veranlassen kann, das Joch und den Schmerz der Besatzung nachzuempfinden, wenn sie gezwungen wird, den Preis zu zahlen.

Wenn die Besatzung und die Apartheid wegen eines internationalem Boykotts zu wirtschaftlichem, kulturellem und diplomatischem Leiden führt, ist es sehr möglich, dass ein Wandel  mit Israels Ansicht geschehen wird, die sich einerseits auf die enormen Vergünstigungen dem Land  und seinen jüdischen Bürgern gegenüber  von der Besatzung und Trennung gründet, und andrerseits  auf der  Feigheit von dem , was die israelische Linke oder das Friedenslager genannt wird.

Dr. Ruchama Marton ist die Gründerin und Präsidentin der „Ärzte für Menschenrechte – in Israel. Ihre Ansicht hier vertritt nicht die Ansicht der Organisation.          Quelle              (dt. Ellen Rohlfs)

Palästinenser und Israels  feiern interreligiös Neujahr in Ost-Jerusalem

Orly Noy, 24. 9.17 - Mehr als 150 Leute hielten  am 21. September ein gemeinsames Fest zu Ehren des muslimischen und jüdischen Neujahrfestes im Stadtteil Sheikh Jarrah, wo Israel  unermüdlich daran arbeitet, die Palästinenser durch Siedler zu ersetzen.

In diesem Jahr fiel das jüdische Neujahr mit dem muslimischen Neujahr zusammen, einem Ereignis, das nur alle 33 Jahre  stattfindet.  Zu Ehren des  doppelten Feiertages entschieden die Bewohner des Ost-Jerusalemer Stadtteils von Sheikh Jarrah, ein gemeinsames Neujahrsfest für Juden und Muslime außerhalb des Shamanseh-Familien-Hauses zu feiern, von dem sie  vor zwei Wochen von Siedlern  vertrieben worden waren.

Der Kampf um das Schicksal des Hauses mag jetzt zu einem Ende gekommen sein.  Aber der Kampf gegen Israels Politik der Enteignung im Stadtteil geht unvermindert weiter.  Palästinensische Aktivisten und Bewohner kommen jeden Abend weiter zum Shamanseh-Haus und machen klar, dass sie nicht irgendwo hingehen.

Als wir das Haus erreichten, war das erste, was wir hörten bzw. sahen, der muslimische Ruf zum Gebet und eine israelische Fahne, die auf dem Dach gehisst worden war.  die Fahne empfanden wir so  fremd. Für einen Augenblick schien ihre Präsenz  den Siedlern dazu zu dienen,  dass sie dank  der Gunst der israelischen Regierung dort waren. Mit dem Muezzin, der im Hintergrund klang und dem Arabisch  in der Straße, war es leicht, dies zu vergessen.

„Wir werden mit einander weinen und einander schützen“

Als die Gebete beendet waren, liefen die Vorbereitungen außerhalb des Shamanseh-Hauses  auf Hochtouren.: Dutzende Leute stellten Tische auf, legten Tischtücher auf, organisierten Stühle, während wir uns mit Umarmungen und Küssen und den traditionellen Neujahrswünschen auf Hebräisch und arabisch begrüßten. Mir wurde schnell klar, dass die Vegan-Mahlzeit, die wir mitbrachten, unnötig war; die Gastgeber der Nachbarschaft machte klar, dass sie reichlich  vegane Möglichkeiten hatten.

Leute kamen herbeigeströmt, Juden und Palästinenser. Schließlich saßen wir – 150 von uns -  um den Tisch. Es war einer der denkwürdigsten  Ereignisse der letzten paar Jahre. Ich sprach mit einem Mann, der seinem Äußeren nach ein frommer Moslem war. Er sagte zu mir, dass er aus dem Shuafat-Flüchtlingslager kommt, um an diesem Ereignis hier teilzunehmen. „Obgleich wir dort unsere eigenen Probleme haben, doch wenn Juden und Araber etwas so Nettes zusammen machen, dann müssen wir kommen.“

 

Fast überraschenderweise  war keine Polizei da, auch wenn die Polizei schon bekannt machte, wenn sie einen linken jüdischen Aktivisten aus dem Stadtteil  ausschloss dann wegen Verdachts einer  Verschwörung, um ein Verbrechen zu begehen. In einer Bemerkung, die auf Facebook veröffentlicht wurde, beschreibt  der Aktivist die seltsame Aufforderung, die er von der Polizei erhalten hat, die bizarre  Konversation, die auf der Station geführt wurde und  das äußerst ärgerliche 15 Tage-Verbot. (dem Aktivisten wurde auch verboten, sich in einem Zeitraum von 5 Tagen  an irgendeiner  Demonstration im Lande zu beteiligen) Jeder, der ihn kennt, weiß wie sehr man ihn vermisste. Vielleicht ist es dies, was Muhammad Shamanseh meinte, als er uns glückliches Neues Jahr wünschte und sagte: „Mögen wir immer Hand in Hand und Schulter an Schulter bleiben, dass die ganze Welt sieht, dass wir zusammenstehen und wenn nötig, zusammen weinen und einander schützen.

Die Siedler verließen nicht einmal das Haus. Diejenigen die vor drei Wochen stolz  das Haus von Shamaneh übernahmen, wurden nirgendwo  gesehen. Vielleicht waren sie zu dieser Zeit nicht zu Hause oder sie saßen hinter verschlossenen Türen und hörten der arabisch-jüdischen Partie draußen zu  - eine Erinnerung an die Zeit in der  Juden und Araber hier neben einander wohnten und sich nicht selbst zum Gespött machten, indem sie Kinder und alte Leute aus ihren Häusern vertrieben.

Wahrscheinlich haben die Siedler während ihres Rosh Hashana-Essens ein Toast auf ihren letzten Sieg in Sheikh Jarrah  erhoben. Jener war keine besondere Herausforderung, da  der Staat selbst eine aktive Rolle  bei der Enteignung spielte.  Doch jene , die bei dem gemeinsamen Neujahrsessen dabei waren, wissen, dass so lange  die Enteignung andauert, auch der Kampf weitergehen wird.            Quelle ...

(dt. E. Rohlfs)

 

Wie Israel stillschweigend Palästinenser aus Ost-Jerusalem vertreibt - 25.09.2017 - Mersiha Gadzo/Jabal Mukaber, besetztes Ost-Jerusalem - Gerade ein paar hundert Meter entfernt von Manwa al-Qanbar's Haus steht die Trennungsmauer, die das besetzte Ost-Jerusalem vom übrigen besetzten Westjordanland trennt.

Die 61-jährige al-Qanbar könnte schon bald vertrieben werden, um auf der anderen Seite der Trennungsmauer zu leben, aber sie will nicht an diese Möglichkeit denken. "Wo soll ich sonst hingehen? Kannst du dein Haus verlassen, wenn du 35 Jahre darin gelebt hast? Ich will nicht wegziehen," sagte al-Qanbar gegenüber Mondoweiss, während sie ihre neugeborene Enkelin in ihren Armen herzte.

Im Januar war ihr 28 Jahre alter Sohn Fadi erschossen worden, nachdem er mit seinem LKW in der illegalen jüdischen Siedlung in Ost-Talpiot in eine Gruppe von israelischen Soldaten gefahren war und dabei vier getötet hatte.

Zwei Tage später erhielt al-Qanbar eine Mitteilung vom Israelischen Innenministerium, dass man beabsichtige ihre Daueraufenthaltsgenehmigung zu widerrufen. Zehn weitere Mitglieder von Fadis großer Familie haben ebenfalls die Mitteilung bekommen, dass ihre Genehmigung widerrufen würde, darunter sind zwei Kinder im Alter von 8 und 10 Jahren.

Al-Qanbars Daueraufenthaltsgenehmigung ist im Januar widerrufen worden; es war das erste Mal, dass Israel die Aufenthaltsgenehmigung eines Familienmitglieds eines Attentäters zur Strafe widerrufen hat.

Das Berufungsgericht hat vorübergehend die Suspendierung der "Deportation" angeordnet, und die Familienmitglieder kämpfen jetzt bei Gericht darum, mit ihren Familien in Jabal Mukaber bleiben zu können.

"Ab jetzt wird jeder, der die Ausführung eines Attentats plant oder erwägt, wissen, dass seine Familie einen hohen Preis für seine Tat zahlen wird," sagte der israelische Innenminister Arye Deri in einem Statement.

"Die Konsequenzen werden hart und weitreichend sein, so wie die Entscheidung, die ich bezüglich der Mutter und der Angehörigen des Terroristen (Fadi al-Qanbar) getroffen habe, der das Attentat in Armon HaNatziv in Jerusalem ausgeführt hat."

Mit dem strafweisen Widerruf von Aufenthaltsgenehmigungen betreibe Israel rechtswidrig einen "stillen Transfer (von Palästinensern) sowie Kolonisierung (mit jüdischen Israelis, Ü.)" mit dem Ziel eine jüdische Mehrheit in Jerusalem zu erhalten, sagen Organisationen der Zivilgesellschaft.

Entsprechend seinem Masterplan strebt Israel seine Vorherrschaft durch den Erhalt einer demografischen Balance von 60% Juden zu 40% Palästinensern in Jerusalem an.

"Es gehört zur generellen Politik der israelischen Besatzung eine jüdische Mehrheit mit illegalen Mitteln erreichen zu wollen", sagt Nada Awad, Beauftragte für Anwaltschaft vom Community Action Center der al-Quds-Universität. "Unter dem Vorwand von Sicherheit vertreibt Israel zwangsweise Palästinenser aus dem besetzten Ost-Jerusalem... Diese Kollektivstrafmaßnahmen werden, wenn sie nicht gestoppt werden, zu sehr bedenklichen Präzedenzfällen führen, um Palästinenser für Aktionen, die Mitglieder ihrer großen Familien ausgeführt haben, zwangsweise zu vertreiben."

Eines der Familienmitglieder, dessen Genehmigung gefährdet ist, ist Bassam Alam, der Schwiegersohn von Fadis Halbschwester. Ursprünglich aus der Westbank, hat er seine Genehmigung in Jerusalem zu leben über Familienzusammenführung bekommen, da seine Frau Susan aus Ost-Jerusalem ist. Während der Hauptverhandlung bei Gericht am 10. September fragte der Anwalt für die Antragsgegner, Murad al-Khatib, weshalb die Genehmigungen von Mitgliedern der Großfamilie, die Fadi nie getroffen haben, widerrufen würden.

"Der Shabak sagte, sie wollten die Genehmigung des Ehemanns der Halbschwester von Fadi widerrufen. Aber Susan (Bassams Ehefrau) ist nicht einmal Halbschwester von Fadi; sie ist weiter entfernt verwandt", sagt al-Khatib. "Sie haben einander nie getroffen, sie gehören nicht einmal zur selben Familie."

Al-Khatib argumentierte weiter, dass der Innenminister die Macht habe jede Aufenthaltsgenehmigung zu widerrufen, wenn die Betreffenden ein Sicherheitsrisiko darstellen oder an einer kriminellen Aktivität beteiligt sind: Im Fall von Susan und Bassam Alam stelle aber keiner von beiden ein Sicherheitsrisiko dar oder sei an einer kriminellen Aktivität beteiligt.

Al-Qanbar hat ihre Daueraufenthaltsgenehmigung durch Heirat bekommen. Sie ist in Gefahr zwangsvertrieben zu werden aus dem Grund, dass ihre Heirat vor 35 Jahren vermutlich bigamistisch gewesen, nach israelischem Recht also illegal sei. Sie sagt (dagegen), ihr Ehemann sei bereits geschieden gewesen, als sie ihn geheiratet hat.

Für Palästinenser ist es zunehmend schwierig geworden in Ost-Jerusalem eine Familie zu gründen und zu leben. Nach der 2003 eingeführten "einstweiligen Verfügung" können Palästinenser aus der Westbank, die einen israelischen Bürger (einschließlich aus Ost-Jerusalem) heiraten, weder die israelische Staatsbürgerschaft noch eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Sie können nur "zeitweilige Genehmigungen" nach sehr strengen Kriterien bekommen, die jedes Jahr erneuert werden müssen. Für Paare aus Jerusalem und Gaza gibt es seit 2008 keine Genehmigungen über Familienzusammenführung mehr. 

Zwischen 2000 und 2013 wurden 43% der Anträge auf Familienzusammenführung abgelehnt, 20% davon aus Sicherheitsbedenken.

Mehr als 14.500 Palästinensern wurde seit der israelischen, nach dem Völkerrecht illegalen Besetzung von Ost-Jerusalem 1967 ihre Daueraufenthaltsgenehmigung widerrufen. Seither werden Palästinenser als Einwanderer behandelt und bekommen als solche "Daueraufenthaltsgenehmigungen". Tatsächlich ist es keine Daueraufenthaltsgenehmigung, die Genehmigung wird vielmehr als "Privileg" gesehen, das widerrufen werden kann, und nicht als "ureigenes Recht", wie Organisationen der Zivilgesellschaft sagen.

Seit Oktober 2015 ist die Verwendung von Kollektivstrafen als Instrument der Zwangsvertreibung von Palästinensern aus Ost-Jerusalem sprunghaft angestiegen.

Die israelische Regierung straft Attentäter für gewöhnlich mit der Ausstellung einer Abrissanordnung seines Hauses, aber in den Tagen nach dem Attentat von Fadi haben die Behörden alle wichtigen Zufahrtsstrassen gesperrt und Abriss-Anordnungen für 81 Häuser in Jabal Mukaber verteilt, unter dem Vorwand, sie seien ohne Baugenehmigung errichtet.

"Sie haben alle im Viertel bestraft. Am Tag nach dem Attentat sperrten sie das Wasser und den Strom für alle Häuser hier und sperrten alle Zufahrtsstrassen zu unserem Viertel. Sie zerstörten sogar die Zelte für die Schafe", sagte al-Qanbar.

Fadis Frau und seine vier Kinder zogen in die separate Wohnung von al-Qanbar im selben Haus, nachdem die Israelis ihre Wohnung bis zur Decke mit Zement verschlossen haben. Der heiße, komprimierte Zement hat das Haus rasch in Brand gesetzt und Schäden verursacht, deren Behebung 100.000 Shekel kosten werde, erklärte al-Qanbar.

Auch die Gesundheits- und staatlichen Dienstleistungen sind al-Qanbar entzogen worden, aber sie hofft noch immer, dass sie ihre Aufenthaltsgenehmigung behalten kann.

"Anwälte, mit denen ich gesprochen habe, sagten, dass sie juristisch gesehen nicht das Recht haben sie mir zu wegnehmen... Ich lebe hier seit ich geheiratet habe und habe immer die Grundsteuer für mein Haus bezahlt; ich habe meine Strom- und Wasserrechnungen bezahlt. Warum müssen sie mir dann (meine Aufenthaltsgenehmigung) wegnehmen? Sie nehmen sie mir weg wegen meinem Sohn", sagte al-Qanbar. 
Quelle
                    Übersetzung: K. Nebauer  

"Unbewohnbar" – immer mehr Suizide in Gaza - 23.09.2017 - "Ich frage mich, welchen Sinn das Ganze hat, und dann schlafe ich ein." -

Ein Auszug aus einer Kurzgeschichte des 22-j. Mohanned Younis, eines jungen Schriftstellers und Pharmzeuten, der sich Ende letzten Monats das Leben mit giftigem Gas genommen hat. Mehrere Male hatte er versucht aus dem Gazastreifen herauszukommen, um als Schriftsteller weiter zu kommen, schließlich fiel er in eine Depression und, weil er nirgendwo einen Sinn für sein Leben fand, entschloss er sich es zu beenden.

Younis ist kein Einzelfall. Die Berichte über Suizide in Gaza haben zugenommen und sind alltäglich; auch wenn es keine offiziellen Statistikdaten gibt, bestätigen die Mediziner in Gaza, dass sie von 200 bis 300 Suiziden in den letzten beiden Jahren wissen. Die NGO We Are Not Numbers (WANN) spricht von 80 Suiziden in den Monaten Januar und Februar, mehr als 160% im Vergleich zu 2016. In einigen Vierteln kommen Selbstmorde jede Woche vor.

Anas Hnena, Redakteur von WANN, weist daraufhin, dass solche Vorkommnisse vor wenigen Jahren noch unbekannt blieben.

"Wenn es ein Jugendlicher war, hörte ich nicht vom Selbstmord sprechen, ich wußte nicht einmal, was das bedeutete, wahrscheinlich, weil ich das nur von Büchern wußte. Es war schwer zu verstehen, bis es in Gaza nichts Besonderes mehr war und häufig vorkam."

Die wichtigste Ursache dieser Zunahme ist kein Geheimnis. Unter der israelischen Blockade seit 2007 gehört der Gazastreifen zu den sechs am dichtest bevölkerten Gebiete der Erde. Die unzureichenden Ressourcen und die Unmöglichkeit zu entfliehen haben die Zuversicht untergraben, die Menschen fühlen sich in einer Falle gefangen. Nachdem die Blockade mehr als 10 Jahre andauert, wurde der Gazastreifen von verschiedenen Menschenrechts-organisationen bereits für "unbewohnbar" erklärt - drei Jahre früher, als die UNO vorhergesagt hat. Heute gibt es im Gazastreifen eine Krise der Energie, des Wassers und im Gesundheitswesen. Seine Bürger bekommen maximal 2 bis 4 Stunden pro Tag Strom, weshalb die Anlagen für das Trinkwasser und die Kanalisation nicht funktionieren können. Man schätzt, dass 40% der notwendigen Medikamente nicht mehr zur Verfügung stehen oder in weniger als einem Monat ausgegangen sein werden, und Patienten, die dringend Behandlung (im Ausland) bräuchten, dürfen das größte Freiluftgefängnis der Erde nicht verlassen.

Anfang dieses Monats berichtete das Volkskomitee gegen die Blockade, dass acht von zehn Einwohnern Gazas unter der Armutsgrenze leben. Es gibt keine Anzeichen für ein Ende der Blockade, die Wirtschaft hat die Kosten nicht tragen können, die Arbeitslosigkeit übersteigt 42%.

Zum Dauerstreit zwischen Hamas und Fatah kommt die Verzweiflung. Trotz mehrerer Versöhnungsversuche zwischen den beiden Parteien beharren beide strikt auf ihrer Position, auch wenn die Fatah monentan Erfolg zu haben scheint, nachdem sich die Hamas vom Verwaltungskomitee im Gazastreifen losgelöst hat. Dazwischen bleibt das Volk von Gaza gefangen und kämpft gegen das Unabwendbare.

Jugend unter Blockade
  - Mehr als die Hälfte der Menschen unter der Blockade des Gazastreifens sind unter 18 Jahren. Eine Zunahme von Depressionen ist besonders unter den jungen Menschen festgestellt worden, die jetzt, nachdem sie trotz der Blockade hohe Bildungsgrade erreicht haben, damit nichts anfangen, aber (der Situation) auch nicht entfliehen können. Die Arbeitslosigkeit bei den jungen Menschen unter 30 ist die höchste der Welt: 58% haben keine feste Arbeit.

"Viele von denen, die einen Selbstmordversuch gemacht haben, haben – in den Fällen, wo wir sie befragen konnten – eine umfassende (Aus-)Bildung; sie sind an der Universität graduiert und haben keine Hoffnung eine Arbeit zu finden", erzählt Ahmed Abu Tawahina, Generaldirektor des Zentrums für Förderung der psychischen Gesundheit und Ausbildung, der mehrere Kliniken im Gazastreifen leitet.

"Das Leben im Gazastreifen ist sehr schwierig, deshalb versuchen sie mit ihm Schluß zu machen."

Für mehr als die Hälfte der Palästinenser im Gazastreifen, die an einer Studie von WANN teilgenommen haben, bestand das Risiko eine klinische Depression zu bekommen. Der von den jungen Menschen am häufigsten angegebene Grund war die Unmöglichkeit aus dem Gazastreifen hinauszukommen, gefolgt von den ständigen Stromkürzungen, fehlenden Beschäftigungsperspektiven und den drohenden israelischen Angriffe.

Die Studie erwähnt auch die Traurigkeit der jungen Menschen, wenn sie sehen, wie andere außerhalb des Gazastreifens leben: ein Befragter gab an, er habe Schmerzen in der Brust, wenn er in den sozialen Medien surft: "Alles woran ich denken konnte, war meine schreckliche Situation, im Vergleich mit dem Leben, das Menschen im Rest der Welt führen.

Der Suizid in den palästinensischen Gebieten wurde eher in einer allgemeinen Weise dokumentiert, und wenn auch nicht jeder Tod auf die sozioökonomische Situation infolge der israelischen Besatzung zurückzuführen ist, hat sie doch alle anderen Probleme in der Gesellschaft verschärft.

Auch wenn einige Studien zeigen, dass Frauen, die Selbstmord begehen, meist Opfer von häuslichem Mißbrauch oder wegen familiärer Probleme deprimiert waren, haben sie vermutlich infolge der Besatzung selten Zugang zu Organisationen oder Krankenhäusern, wo man ihnen helfen könnte.

Der Druck, der auf den Männern lastet, die ihre Familien finanziell unterhalten müssen, kann sie sehr in Bedrängnis bringen, v.a. wenn dann noch ihre Familien und die Gesellschaft sie für unfähig halten. Hnena von WANN stimmt zu, dass das in Gaza ein Grund (für Selbstmord) sein kann, und nennt auch den Riss zwischen den Generationen, zwischen vielen jungen Männern und ihren Vätern, als Grund für einen Konflikt.
"Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem, wie unsere Väter denken und die Dinge wahrnehmen, und dem, wie wir es machen... Das kann immer zu Missverständnissen führen."

Schrei um Hilfe
 - Es fällt nicht nur die Zunahme von Suiziden in Gaza auf, sondern auch die Art ihrer Durchführung. Öffentliche Suizide sind zur Norm geworden, eine Tendenz, die für Hnena ein Hilfeschrei derer ist, die an Depressionen leiden.

"Viele der letzten Fälle fanden an öffentlichen Plätzen statt, es ist ein Schrei: Ich bin hier, ich brauche deine Aufmerksamkeit, deine Hilfe. Im Gegensatz dazu würde eine psychisch kranke Person es nachts machen und nicht zulassen, dass es jemand sieht. Die Leute versuchen sich auf der Strasse anzuzünden. Warum auf der Strasse? Warum sich anzünden?"

Hilfe für Menschen mit einer Depression ist nicht leicht erreichbar. Wer bei einem Selbstmordversuch erwischt wird, wird vor ein Gericht gebracht. Ein Anwalt aus Gaza berichtete, dass er gegen Ende letzten Jahres solche Fälle fast täglich in den Gerichten gesehen hat. Aber mit den Schuldsprüchen gibt es keinerlei Therapie und die Opfer werden in eine noch größere Verzweiflung gestoßen.

Laut Abu Tawahina gibt es im Gazastreifen einen großen Mangel an Fachkräften mit Erfahrung im Umgang mit psychischen Problemen; auch haben weder das Gesundheitsministerium noch die UNRWA Dienste für die Selbstmordverhütung. Es gibt auch keinen einheitlichen Umgang mit diesen Problemen.

"Die Behandlung erfolgt episodisch. Wenn NGOs Projekte mit einer Dauer von zehn Monaten oder einem Jahr hätten, könnten sie das Phänomen angehen. Aber wenn ein Projekt ausläuft, macht man nichts mehr. Und das ist ein weiterer Risikofaktor für die Vertiefung der psychischen Probleme.

Trotz des sozialen Stigmas, das mit der Suche nach einer Therapie verbunden ist, betont Abu Tawahina, dass die meisten Kranken Hilfe bekommen wollen.

"Alle, mit denen wir zur Zeit gesprochen haben... möchten wirklich, dass man ihnen hilft ihre eigene innere Widerstandskraft aufzubauen, um dem täglichen Leben besser standhalten zu können. Allgemein gesprochen und auf Grund unserer klinischen Erfahrung haben sie den Willen zu leben."

Aber Gaza ist ein besonderer Fall, und Abu Tawahina betont die Notwendigkeit von Lösungen, damit man sich mit den individuellen Umstände bei den Bewohnern des Gazastreifens befassen zu kann.

"Wenn wir von Gaza sprechen, sprechen wir von einer traumatisierten Gesellschaft; der Fokus müßte darauf gerichtet sein, den enormen Bedürfnissen nach psychosozialen Diensten gerecht zu werden. Und diese sollten sich dann nicht nur auf den individuellen Ansatz konzentrieren, wie es in den meisten Fällen geschieht", erklärt er.

"Einige Fachleute benutzen die Technik des "sicheren Ortes", aber im Gazastreifen gibt es natürlich keinen einzigen sicheren Ort. Wenn du die Patienten bittest, an einen sicheren Ort im Gazastreifen zu denken, fällt ihnen keiner ein... sie fühlen sich nicht sicher. Also müßten diese Techniken neu standardisiert werden, so dass sie in diesem Fall dienlich sind."

Das Leben in Gaza gelangt an den Punkt, an dem es zusammenbricht. Hnena spricht über den Pessimismus der jungen Menschen in Gaza, auch derer, deren finanzielle Situation besser als der Durchschnitt ist und die Arbeit haben.

Die Armut, die sich in ihrer Umgebung ausbreitet, die Begrenztheit ihrer Zukunft und die Verzweiflung darüber, eingesperrt zu sein, hat allen Optimismus und die Zielstrebigkeit der jungen Menschen verschlungen. Die Dienstleistungen, die Abu Tawana anbietet, helfen denen, die an psychischen Problemen leiden, aber die Blockade gefährdet alle Gesundheitsdienste.

Wenn die Blockade nicht bald beendet wird, kann Israel die Eliminierung des Gefühls von Freude und des Potentials einer ganzen Generation von Gaza auf seine Dauerliste der Verbrechen gegen das palästinensische Volk setzen.           Quelle            Übersetzung: K. Nebauer

 

Beweismaterial für israelische Apartheid, Plünderung und Mord dem Gerichtshof in Den Haag überreicht - 21.09.2017 - Ali Abunimah

Vier palästinensische Menschenrechtsorganisationen überreichten am Dienstag (19.9.) der Staatsanwaltschaft am Internationalen Strafgerichtshof 700 Seiten Beweismaterial für israelische Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Unmittelbarer Anlass dafür war, dass zwei palästinensischen Gemeinden unmittelbar die völlige Zerstörung durch Israel droht.

Zu den im Dossier geschilderten Verbrechen gehören Apartheid, umfangreicher Diebstahl, Zerstörung und Plünderung palästinensischen Eigentums sowie Beweise für "absichtliche Tötung und Mord" von hunderten Palästinensern seit 2014.

Shawan Jabarin, Direktor der Menschenrechtsgruppe Al-Haq, sagte, das Dossier "biete eine überzeugende (zwingende) und solide Grundlage" für den Staatsanwalt, um eine Untersuchung der mutmaßlichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Israel in der besetzten Westbank einschließlich Ost-Jerusalems zu eröffnen.

Es ist das vierte Dossier, das Menschenrechtsorganisationen dem Gerichtshof vorlegen. Während der Fokus diesmal auf die Westbank gerichtet ist, bezogen sich die früheren Dossiers auf Verbrechen, die von hochrangigen israelischen zivilen und militärischen Amtsträgern während des Angriffs auf Gaza 2014 begangen wurden.

Todesdrohungen und Drangsalierungen

Jabarin überreichte das Dossier gemeinsam mit seiner Kollegin Nada Kiswanson.

Kiswanson und andere Menschenrechtsermittler, die mit Al-Haq verbunden sind, sind Ziele einer seit langem laufenden Kampagne von Drangsalierung und Todesdrohungen, die ein alterfahrener israelischer Analyst mit "schwarzen Operationen" der israelischen Regierung in Verbindung bringt.

Al-Hag glaubt, dass die Drohungen gegen Kiswanson mit ihrer Vorbereitunsarbeit für die Dossiers für den Internationalen Gerichtshof zusammenhängen. Die Regierung der Niederlande, wo der Gerichtshof seinen Sitz hat, sagte, dass bezüglich der Drohungen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei.

"Israelisch-jüdische Vorherrschaft"

Laut einer Erklärung von Al-Hak spricht "das letzte Dossier die Bemühungen Israels zur Erweiterung seines Territoriums und Sicherung der israelisch-jüdischen Herrschaft darin durch Veränderung der demografischen Zusammensetzung im besetzten palästinensischen Territorium an". 

Raji Sourani, Direktor des palästinensischen Zentrum für Menschenrechte, sagte, Israels Transfer von Siedlern in besetztes palästinensisches Territorium "stelle ein eindeutiges Kriegsverbrechen dar, das mit der Konfiszierung riesiger Teile palästinensischen Landes, der umgangreichen Zerstörung palästinensischen Eigentuns und der Zerstörung des sozialen Gefüges und der Lebensweise der Palästinenser einhergeht".

Wenn auch die israelischen Rechtsverletzungen in der besetzten Westbank gesondert von denen in Gaza betrachtet werden können, erklärte Issam Younis, Direktor des Al-Mezan-Zentrums für Menschenrechte, wie sie miteinander verbunden sind: "Die Isolierung von Gaza ermöglicht Israel neben den regelmäßigen massiven militärischen Angriffen seine Kontrolle über das gesamte palästinensische Territorium zu konsolidieren und den Palästinensern ihr international anerkanntes Recht auf Selbstbestimmung zu verweigern."


Druck

Israels Verhalten während des Gazakriegs 2014 ist wie die mutmaßlichen zahlreichen Verbrechen in der Westbank derzeit Gegenstand einer Voruntersuchung durch die Staatsanwälte in Den Haag.

Sie müssen entscheiden, ob sie eine vollständige Untersuchung eröffnen, die zu formalen Verurteilungen von israelischen Amtsträgern und Militärpersonen führen könnte.

Für die Voruntersuchungen gibt es kein Zeitlimit, und die Staatsanwälte stehen unter dem ständigen Druck von seiten Israels und der Vereinigten Staaten, Israel ungeschoren zu lassen.
 

Selbstuntersuchungen zum Schein

Letzten Monat kamen zwei Menschenrechtsorganisationen zu dem Schluß, dass  das System Israels zur Untersuchung mutmaßlicher Verbrechen gegen Palästinenser durch seine eigenen Streitkräfte eine Augenauswischerei ist.

Hunderte Fälle einschließlich der offenkundigen Tötung von vier Buben, die am Strand von Gaza Fußball im Juli 2014 spielten, haben nicht dazu geführt, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen wurden.

Im Mai 2016 kündigte B'Tselem an, es würde bei Untersuchungen des israelischen Militärs von Tötungen und anderen Angriffen auf Palästinenser in der besetzten Westbank nicht länger mitarbeiten. 

"Wir werden einem System, das Ermittlungen schönredet und der Besatzung als Feigenblatt dient, nicht länger helfen", erklärte der Direktor der israelischen Menschenrechtsorganisation.

Wenn es um Verbrechen wie Apartheid und Siedlerkolonisation geht, würde Israel nichts tun, um gegen sich selbst zu ermitteln und sich zu bestrafen – da diese Verbrechen vom Staat selbst geplant und ausgeführt werden.

Aber sogar in Situationen, wo Israel – zumindest auf dem Paier – anerkennt, dass eine bestimmte Aktion ein Verbrechen ist, gab es keinerlei Rechenschaftspflicht.

Das sollte ein wesentlicher Faktor bei den Entscheidungen der Staatswälte sein, denn laut seinem Gründungsstatut schreitet der Internationale Strafgerichtshof nur ein, wenn die nationale Justizbehörden unwillig und unfähig sind ehrliche Verfahren durchzuführen.

Dörfer stehen vor ihrer Zerstörung

Ob ein Gericht handelt, ist nicht nur eine Sache der Verantwortung für Vergangenes, sondern es geht auch darum laufende Verbrechen zu stoppen.

Diesen Monat warnte B'Tselem oberste israelische Führer wie Premierminister Benjamin Netanyahu, Verteidigungsminister Avigdor Lieberman und den Generalstabschef des Militärs, dass sie persönlich für die Kriegsverbrechen haften würden, wenn sie zur scheinbar unmittelbar drohenden Zerstörung von Khan al-Ahmar und Susiya, zwei Gemeinden in der Westbank, fortschreiten.

"Die Zerstörung ganzer Gemeinden in den besetzten Gebieten ist seit 1967 nahezu beispiellos", sagte B'Tselem.

Robert Piper, der humanitäre Koordinator für Palästina, twitterte: "Alle Augen sind auf die Beduinen-Gemeinde von Khan al-Ahmar gerichtet, der in den kommenden Tagen durch die israelischen Behörden der Zwangstransfer droht."

Ohne Absicht zeigte er ein Problem auf, bei dem (auch) die UNO eine große Rolle spielt: die sogenannte internationale Gemeinschaft steht am Rand und beobachtet bloß, wie Israel tagtäglich Verbrechen verübt.

Es ist offensichtlich, dass Israel sich niemals selbst zur Rechenschaft ziehen wird, es ist Sache des Internationalen Strafgerichtshof zu handeln. Er hat Berge von Beweismaterial in seinen Händen. Die Frage ist, ob er unabhängig genug und gewillt ist, seinen Job zu tun. Quelle        Übersetzung: K. Nebauer

Wie Israel palästinensische Jugendliche zu Behinderten macht - 21.09.2017 - Jaclynn Ashley

Überlebende nach israelischem Beschuss mit scharfer Munition sprechen über die israelische Praxis des "Kniescheibens", wenn Jugendlichen auf die unteren Gliedmaßen geschossen wird.
 

Bethlehem: Im Deheishe-Flüchtlingslager sieht man häufig palästinensische Teenager mit tiefen Narben längs ihrer Beine, während Poster und Wandbilder von Palästinensern, die von israelischen Soldaten getötet wurden, die Betonmauern zieren – Zeugnisse einer verstörenden Realität der routinemäßigen israelischen Gewalt im Lager.

Internationales Recht verbietet den Einsatz von scharfer Munition auf Zivilisten außer als letztes Mittel bei unmittelbar drohender Lebensgefahr. Aber israelische Soldaten feuern während Zusammenstößen oder militärischen Razzien frei mit scharfer Munition auf Palästinenser.

Palästinensische und israelischen Menschenrechtsgruppen festgestellt, dass der Gebrauch exzessiver Gewalt durch Israel bei Palästinensern unzählige permanente und zeitweilige Behinderungen im besetzten palästinensischen Territorium verursacht hat. In letzter Zeit wurden auch mehrere Bewohner des Deheishe-Camps getötet; der letzte war der 21-j. Raed al-Salhi, der vergangenen Monat während einer Razzia der israelischen Armee mehrmals beschossen wurde und seinen Verletzungen fast einen Monat später am 3. September im Hadassah-Krankenhaus in Jerusalem erlag.

Die palästinensische NGO Badil in Bethlehem hat von einer signifikanten Zunahme von Verletzungen von Palästinensern berichtet, von denen die meisten mit scharfer Munition verursacht wurden. Die meisten Schüsse, die zu solchen Verletzungen führten, waren auf die unteren Gliedmaßen gerichtet und werden gewöhnlich als das "Kniescheiben" bezeichnet.

Bewohner des Deheishe-Camps sagen, dass ein  israelischer Armee-Kommandeur, den die Jugend im Camp "Captain Nidal" nennt, gedroht hat Palästinenser im Camp absichtlich zu Behinderten zu machen: "Die Hälfte von Euch werde ich zu Behinderten machen und die andere Hälfte wird eure Rollstühle schieben", soll er gesagt haben.

Badil betonte, die Drohungen zeigen, dass Vorfälle von "Kniescheiben nicht zufällig oder Einzelfälle" sind, aber "das Ergebnis einer systematischen Praxis der israelischen Armee mit dem Zweck Widerstand zu unterdrücken, die palästinensische Jugend zu terrorisieren und sie dauerhaft zu verletzen und/oder   ihnen körperlich oder psychisch erheblich zu schaden".

 

Issa al Mu'ti, 15: "Ich konnte meine Beine nicht mehr spüren – alles, was ich sah, war Blut."

Ich war 12, es war 2015. Es kam zu Zusammenstößen mit israelischen Soldaten an der nördlichen Zufahrt zu Bethlehem. Ich war zu Hause mit meiner Familie, als ich benachrichtigt wurde, dass mein jüngerer Bruder weggegangen sei, um an den Zusammenstößen teilzunehmen.

Ich hatte Angst um ihn. Er hätte nicht gehen sollen. Ich entschloss mich zu gehen, um ihn zu suchen und wieder nach Hause zu bringen.

Als ich ankam, waren die Zusammenstöße in Gang. Die Israelis feuerten Tränengas und Gummigeschoße, trotzdem suchte ich weiter nach meinem Bruder. Plötzlich schossen die Israelis mit scharfer Munition. Ich stürzte zu Boden. Ich konnte nicht mehr aufstehen oder meine Beine bewegen. Ich schaute nach Hilfe und sah, wie die Soldaten auf weglaufende Palästinenser schossen.

Ein israelischer Polizeihund begann mich anzugreifen und biss mich ins Bein. Ich versuchte ihn wegzuscheuchen, aber dann kamen die Soldaten. Sie schleiften mich über den Boden, schlugen mich und traten mich sogar in die Beine. Sie realisierten nicht, dass ich verletzt war. Als sie meine Wunden sahen,  bekamen ihre Gesichter einen verschreckten Ausdruck, und sie rannten von mir weg. Ich schaute hinunter, meine Beinen sahen so gruselig aus. Ich konnte nichts spüren – alles, was ich sah, war Blut.

Später erfuhr ich, dass ich mit zwei Teilmantelgeschossen (expanding bullets) in beide Beine getroffen worden war. Der Gebrauch dieser Geschoße ist nach dem internationalen Recht verboten.

Die Soldaten glotzten eine Weile aus der Ferne auf mich. Sie wußten scheinbar nicht, was sie tun sollten. Dann wurde ich ins Hadassah-Krankenhaus in Jerusalem gebracht. Ich war 3 Monate dort, fast einen Monat lang war ich mit Handschellen ans Bett gefesselt.

Bewaffnete israelische Soldaten waren die ganze Zeit in meinem Krankenzimmer stationiert, und manchmal kamen israelische Geheimdienstleute, um mich wegen Steinewerfen und Molotowcocktails zu verhören.

Die Schmerzen waren entsetzlich. Ich wurde einmal an meinem linken Bein und 20 Mal an meinem rechten Bein operiert. Mein rechtes Bein war am schlimmsten verletzt. Die Ärzte sagten mir, die Kugeln hätten die Blutgefäße zerfetzt, sodass mein Bein nicht durchblutet würde.

Ich entwickelte im Krankenhaus eine Gangrän und die Ärzte sagten, sie müssten Bein amputieren.
Erst lehnte ich ab, was sollte ich in meinem Leben machen mit nur einem Bein? Ich hatte den Eindruck, mein Leben würde ruiniert. Aber die Schmerzen von der Gangrän wurden schlimmer. Mein Bein wurde schwarz und vertrocknet. Es kam so weit, dass das Abschneiden wie eine Wohltat war.

Die Verletzungen haben mein ganzes Leben verändert. Ich kann nicht weit gehen. Vor meinen Verletzungen arbeitete ich, um meine Familie zu unterstützen. Wir sind keine reiche Familie, deshalb war es für mich wichtig, etwas zum Haushalt beizutragen. Aber jetzt kann ich nichts tun.

Meine Eltern strengten beim israelischen Gericht einen Strafprozess gegen die Soldaten an. Kurz danach kamen Soldaten in unser Haus und schikanierten meinen Vater. Er arbeitet in einer Bäckerei in Gush Etzion (einem illegalen israelischen Siedlungsblocks). Die Soldaten drohten ihm immer wieder, sie würden ihm seine Arbeitserlaubnis entziehen, sodass er nicht mehr arbeiten könnte – was unsere Familie zerstören würde – oder sie würden mich inhaftieren, wenn er die Anzeige nicht fallen lassen würde.

Ich weiss, dass die Soldaten wahrscheinlich gar nicht bestraft werden. Sie sind Israelis, die vor einem israelischen Gericht stehen. Sie haben mich zu einem lebenslang Behinderten gemacht und haben mit international verbotener Munition auf mich geschossen. Warum werden sie nicht zur Verantwortung gezogen?

 

Ramzi Ajamiah, 15: "Wir sind psychisch angegriffen."

Israelische Soldaten schossen mich in beide Beine. Die Kugel, die durch mein linkes Bein ging, traf meine Kniescheibe. Sie traf auch einen Nerv, sodass die Ärzte die Kugel nicht entfernen konnten. Teile der Kugel sind noch immer in meinem linken Bein.

Ich kann nicht lange gehen. Manchmal geben meine Beine auf. Vor allem in den Wintermonaten, dann verstärkt die Kälte meine Schmerzen. Manchmal sind die Schmerzen so stark, dass ich nicht in der Lage bin in die Schule zu gehen. Ich habe mehr als ein Schuljahr wegen meinen Verletzungen verloren. Es war 2016, um 6 Uhr nachmittags, als israelische Soldaten ins Camp einfielen. Ich war auf dem Weg zur Schule. Die Soldaten kommen gewöhnlich mit zivilen Bussen ins Camp, nicht mit Militärfahrzeugen, sodass sie nicht so schnell bemerkt werden.

Einer dieser Busse parkte außerhalb der Schule. Als die Soldaten aus dem Bus ausstiegen, kam es gleich zu Zusammenstößen.

Die Soldaten schossen mich mit scharfer Munition in mein linkes Bein. Ich hatte einen Schock und stürzte zu Boden. Mein Freund sah das und rannte zu mir her und versuchte mich wegzutragen. Da schossen die Soldaten meinem Freund ins Bein. Aber er konnte weitergehen. Dann schossen sie ihm noch in das andere Bein, und wir beiden stürzten. Da schossen die Soldaten mich noch in mein rechtes Bein.

Ich war fast einen Monat im Krankenhaus. Die Ärzte mußten Fleisch von einem anderen Körperteil nehmen und in mein Bein transplantieren, weil die Kugel riesige Stücke Fleisch aus meinem Bein herausgerissen hat. Sie nagelten das Fleisch für die Zeit der Heilung zusammen, und legten meine Beine in Gips.

Etwa zwei Wochen nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus kamen israelische Soldaten mitten in der Nacht zu uns nach Hause, um mich zu verhaften. Ich dachte, die Soldaten würden mich in Ruhe lassen, nachdem sie auf mich geschossen hatten. Aber sie zogen mich aus meinem Bett, legten mir Handschellen an und verbanden meine Augen und warfen mich in einen israelischen Militärjeep. Sie sagten, ich hätte im Camp Steine auf die Soldaten geworfen.

Ich war 2 Wochen im Haftzentrum Ofer bei Ramallah, im Gefängnis behandelte mich der Arzt schlecht. Es war, als wollten sie meine Verletzungen noch schlimmer machen.

Das erste, was er machte, war, dass er meine Gipsverbände abnahm. Ohne den Gips blieben die Nägel in meinem Bein am Bettlaken hängen. Die ganze Zeit war da so viel Blut. Anstatt wieder einen Gips anzulegen, begann der Arzt alle Nägel zu entfernen. Meine Wunden wurden danach schlimmer.

Aber die Schmerzen waren nicht nur physisch. Alle von uns, die von den Israelis verletzt worden sind, haben ein psychisches Trauma. Ich entwickelte eine Sucht nach den Schmerzmitteln, die ich brauchte, um mit meinen Verletzungen fertigzuwerden. Mein Vater begann, das Medikament vor mir zu verstecken. Ich wurde wütend, weil ich es nicht bekommen konnte. Ich machte schwere Entziehungen durch; ich litt unter Halluzinationen und fing an mit mir selbst zu sprechen.

Jeder einzelne meiner Freunde ist von israelischen Soldaten verletzt oder verhaftet worden. Unsere Community ist noch immer voll Kummer wegen Raeds Tod (Raed al-Salhi). Er war das letzte Opfer der Israelis, jeder im Camp mochte ihn. Jeden von uns hätte das gleiche Schicksal treffen können.

Issa und ich sind die besten Freunde. Wir sind jetzt die einzigen von unseren Freunden, die von den Israelis nicht verhaftet oder getötet worden sind.

 

Mustafa Elayan, 17: "Sie wollen uns hilflos machen."

2015 eilte ich in den Morgenstunden zum Eingang des Camps, wo es zu Zusammenstößen mit israelischen Soldaten gekommen war. Als ich dort ankam, wurde ich sofort in mein rechtes Bein geschossen. Ich wußte da noch nicht, dass es ein israelischer Scharfschütze auf dem Dach eines der umliegenden Häuser war, der auf mich gezielt hatte.

Ich stürzte zu Boden. Ich schrie um Hilfe, aber niemand war in der Nähe. Alle waren weggerannt, so schleppte ich mich zurück ins Camp. Irgendwer im Camp fand mich schließlich und brachte mich weg.

Israelische Soldaten waren an allen Eingängen zum Camp postiert und hinderten (palästinensische) Ambulanzen daran hineinzufahren. Ein privates Auto fuhr uns zum Krankenhaus, aber wir brauchten mindestens 40 Minuten, um einen Weg aus dem Camp hinaus zu finden. Ich blutete überall. Ich konnte nur an meine Schmerzen denken. Ich hatte Angst, dass ich das Krankenhaus nicht lebend erreichen oder von israelischen Soldaten verhaftet würde. Ich kam schließlich ins Beit Jala Rehabilitationskrankenhaus, wo die Ärzte mir sagten, ich hätte eine seltene Verletzung. Die Kugel hatte mein Bein durchschlagen und ein Bündel Nerven zerfetzt. Manchmal lief wegen der Nervenschädigung ein Elektroschock durch meinen Körper. Die Ärzte taten alles, um meine Schmerzen zu lindern. Ich nahm ein Schmerzmittel nach dem andern. Die Ärzte injizierten sogar ein Anästhetikum in meinen Rückenmarkskanal. Aber nichts half.

Fünf Monate lang spürte ich nichts als Schmerzen, konnte nur an Schmerzen denken. Dem Krankenhaus gingen dann die Schmerzmittel aus. Ich musste in ein anderes Krankenhaus gebracht werden.

Die Bewohner des Deheishe-Camps verfolgten meinen Fall. Wochenlang demonstrierten sie und blockierten den Verkehr außerhalb des Camps und verlangten, dass die Palästinensische Autonomiebehörde etwas für mich tat.  Schließlich einigte sich die PA mit den Israelis, und meine Mutter und ich bekamen die Genehmigung nach Israel zu fahren, um im Militärkrankenhaus in Tel Aviv behandelt zu werden.

Die Ambulanz setzte mich am Bethlemer Checkpoint 300 ab, von wo ich zu einer israelischen Ambulanz gebracht werden sollte. Aber die Soldaten ließen mich vier Stunden lang auf einer Bahre auf der Strasse. Sie machten sich über mich lustig, boxten mich in die Schulter und sagten: "Glückwunsch, du bist jetzt ein Held!". Sie sagten mir, ich käme in ein Gefängnis.

Als meine Mutter und ich ankamen, konnten wir mit niemanden sprechen. Es gab niemanden, der Arabisch mit uns sprach. Ich schrie wegen der Schmerzen so laut, dass die Krankenschwestern mich in ein Einzelzimmer brachten, vor dem ein israelischer Soldat postiert wurde. Sie verschlossen die Tür und versiegelten alle Fenster und erlaubten nicht einmal meiner Mutter das Zimmer zu verlassen. Meine Mutter schlief auf dem kalten, harten Fußboden, weil sich die Israelis weigerten ihr eine Matratze zu geben.

Ich war 19 Tage in diesem Krankenhaus. Ich bekam keine Behandlung. Sie gaben mir nur alle paar Stunden Panadol. Manchmal kam eine Krankenschwester in mein Zimmer und schrie mich in Arabisch an und beschuldigte mich ich hätte Steine geworfen und nannte mich einen Terroristen. Als wir versuchten von ihr eine Information über meine Behandlung zu bekommen, gab sie vor nicht Arabisch zu können.
Wir wußten nicht, was wir tun sollten. Ich bedauerte, dass ich in das Krankenhaus gekommen war. So, wie ich behandelt wurde, hatte ich das Gefühl noch einmal verletzt zu werden.

Unsere Freunde und die Familie im Deheishe-Camp erreichte über Facebook 1948-er Palästinenser (palästinensische Bürger Israels), um zu sehen, ob sie uns helfen könnten. Einige kamen ins Krankenhaus und versuchten heraus zu bekommen, was geschehen war. Die Ärzte sagten ihnen, sie würden mein Bein amputieren.

Wir bekamen große Angst. Eines Tages bekamen 1948-er Palästinenser während dem Schichtwechsel der Wachen Zugang zu meinem Zimmer. Sie wickelten mich in ein Leintuch, setzten mich in einen Rollstuhl und schmuggelten mich aus dem Krankenhaus. Sie trugen mich in ein israelisches Auto mit gelbem Kennzeichen und brachten mich zurück ins Beit Jala-Krankenhaus.

Vier Monate später kamen italienische Aktivisten ins Krankenhaus, um mich zu sehen, nachdem sie von meinem Fall gehört hatten. Sie brachten mich zu einer Operation nach Italien, fast ein Jahr, nachdem ich verletzt worden war.

Die italienischen Ärzte sagten mir, ich würde wieder gehen können. Ich habe keine Schmerzen mehr, aber vom Knie hinunter spüre ich nichts mehr. Ich kann meinen Fuß noch immer nicht bewegen, deshalb habe ich wenig Hoffnung, dass ich ganz geheilt werde.

Die Verletzungen haben mein Leben zerstört. Ich kann nicht normal gehen. Ich war nicht mehr in der Schule, seit ich angeschossen worden bin. Ich mache nicht viel, außer zu Hause zu sein oder machmal im Camp herumzugehen.

Aber meine Situation ist kein Einzelfall. Die israelische Politik ist darauf ausgerichtet uns zu Behinderten zu machen. Sie wollen uns nicht töten. Sie wollen uns am Leben erhalten, uns aber hilflos machen, damit wir nichts gegen sie tun können.

Quelle            Übersetzung: K. Nebauer 

Die Israelobby und die Meinungsfreiheit in Deutschland - Fuad Hamdan / August 2017 - Nach dem Zusammenbruch des Naziregimes und dem Ende des zweiten Weltkriegs 1945 wollte man in der von den Westmächten geschaffenen Bundesrepublik die Lehren aus der Hitler-Diktatur ziehen. Die neu entstandene Bundesrepublik Deutschland gab sich eine moderne, freiheitliche und auf die allgemeinen Menschenrechte orientierte Verfassung.

Artikel 5 dieser wunderbaren Verfassung unterstreicht das Recht des Einzelnen auf freie Meinungsäußerung:
  1. "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt."

Heute kann jeder in Deutschland mitten auf dem Marienplatz in München, auf der Domplatte in Köln oder auf dem Kurfürstendamm in Berlin stehen und lauthals Seehofer, Merkel oder Gabriel ohne Angst vor staatlicher Verfolgung kritisieren. Man kann die Politik der USA, Russlands, Deutschlands und die Politik fast jedes anderen Landes kritisieren, ja das Land selbst in Frage stellen. Nur bei einem einzigen Land ist das sehr problematisch, ja fast unmöglich - bei Israel.

Der sehr starken Israel-Lobby in der Bundesrepublik gelingt es meisterhaft, jede Kritik an der Politik Israels gegenüber den Palästinensern als antisemitisch zu diffamieren.

Wie das Beispiel Günter Grass zeigt, werden vereinzelt namhafte Personen, die es gewagt haben die Politik Israels zu kritisieren, wochenlang von der Israel-Lobby und ihr nah stehenden Medien auseinandergenommen. Das kommt einer moralischen und politischen Hinrichtung gleich. Keiner seiner Genossen in der SPD, deren Wahlkämpfe Grass ein Leben lang unterstützte,- hat sich getraut ihn zu verteidigen und ihm beizustehen. An Günter Grass und bereits vor ihm an Jürgen Möllemann wollte man ein Exempel statuieren. Mit Erfolg.

Eine SPD-Politikerin, die in einem privaten Gespräch mit ihrem palästinensischen Gesprächspartner eine zarte Kritik an der Politik Israels äußerte, gestand: "Wenn ich das laut sagen würde, wäre ich politisch tot." Dieses: „Man darf das nur nicht laut sagen“ hört man immer wieder, wenn es um Kritik an der Politik Israels geht. Diese Tabuisierung einer berechtigten Kontroverse ist verhängnisvoll und passt nicht in eine offene, freiheitliche Gesellschaft.

Hauptadressaten der aktuellen Diffamierungskampagne sind linke Gruppen, die es noch wagen, die Politik Israels öffentlich zu kritisieren.

Diesen Gruppen wird bewusst pauschal Antisemitismus, bzw. „Israelbezogener“ Antisemitismus vorgeworfen. Dadurch werden erhebliche Teile der internationalen Friedensbewegung, einschließlich der israelischen, diffamiert.

Nach Lesart der Israel-Lobby ist Antizionismus eine Variante des Antisemitismus. Damit setzt man ALLE Juden mit einer bestimmten politischen Bewegung, dem Zionismus, gleich.

Zweckdienlich ist es dabei auch, Antiimperialismus und Antikapitalismus mit Antisemitismus gleichzusetzen und auch jede Kritik an Israel als Ausdruck von Judenfeindschaft zu werten. In einem Gespräch mit der international agierenden banken- und kapitalkritischen Attac-Bewegung meinten z.B. Mitglieder der Grünen Jugend in München, die für ihre pro-israelische Einstellung bekannt ist, Kritik an den Banken sei antisemitisch.

Dieter Graumann, ehemaliger Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, wirft in einem Beitrag in der Süddeutschen Zeitung friedensbewegten Mitgliedern der Linkspartei vor, „obsessiv einseitig“ gegen Israel zu agitieren, aber zu schweigen, wenn „es um die Steinigung von Frauen, die Ermordung von Homosexuellen und die Folterung von Andersdenkenden geht.“

Seinen Antisemitismusvorwurf kann Dieter Graumann inhaltlich nicht begründen. Stattdessen bedient er sich billiger Rhetorik und plumper Unterstellungen. Den Nachweis, dass Kritiker der Politik Israels innerhalb der Linken ausschließlich Israel kritisieren, bleibt Graumann allerdings schuldig.

Er liefert in seinem Artikel selbst ein Beispiel dafür, wie er Kritik an der Politik Israels als antisemitisch interpretiert. So führt er als Beleg für den Antisemitismus in der Linkspartei an, dass drei ihrer Abgeordneten bei der Begrüßung des israelischen Präsidenten Shimon Peres im Bundestag demonstrativ sitzen blieben.

Seitdem die BDS-Bewegung gegen die israelische Besatzung Palästinas weltweit immer populärer wird, ist die Treibjagd auf alles Israelkritische immer aggressiver geworden.

"Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) ist eine von der palästinensischen Zivilgesellschaft geführte weltweite, gewaltfreie Bewegung, die auf Israel dahingehend Druck ausübt, dass es seinen Verpflichtungen gemäß dem internationalen humanitären Völkerrecht und den Menschenrechten, wie in zahlreichen UN Resolutionen gefordert, nachkommt und die Besetzung palästinensischer und syrischer Gebiete beendet, die systematische Diskriminierung der Palästinenser im besetzten palästinensischen Gebiet und in Israel selbst einstellt und die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge zulässt."

Dubiose Stiftungen wie die Amadeu-Antonio-Stiftung, wo der Name Seriosität vermitteln soll, werden eingespannt, um pseudowissenschaftlich zu beweisen, dass Antizionismus und die BDS-Bewegung nichts weiter sind als eine Form des Antisemitismus. Dass Länder wie das damalige Südafrika, Russland, Iran, Lybien, Irak, Syrien u.a. jahrelang unter westlichen Sanktionen litten, wird außer Acht gelassen.

Die Verteidiger der israelischen Politik suchen nicht den Diskurs, geschweige denn den Dialog mit Andersdenkenden, sie versuchen unliebsame israelkritische Veranstaltungen zu unterbinden. Eine andere Sichtweise des Nahost-Konflikts als die ihre darf nicht gehört werden. Und es gelingt ihnen immer wieder, solche Veranstaltungen, zumindest in kommunalen Räumen, zu verhindern.

Der von der Landeshauptstadt München der Internationalen Frauen Liga für Frieden und Freiheit zuerkannter „Anita Augspurg Preis“ wurde zurückgenommen. Von der Stadt bereits entsandte Einladungen galten nicht mehr - die anberaumte feierliche Preisverleihung wurde kurzerhand abgesagt. Hauptvorwurf: Die Organisation habe auf ihrer Homepage die BDS-Kampagne unterstützt. Der über hundertjährige Einsatz für Frieden und Freiheit dieser Frauenorganisation zählte nicht mehr.

Dem Trägerkreis EineWeltHaus München wurde von der Stadt untersagt, einer Nutzergruppe des Hauses stadteigene Räume für einen Vortrag zum Thema "Antisemitismus heute" zu überlassen, obwohl der Referent selbst ein Jude ist.

Der kritischen Gruppe "Jüdische Stimme für gesrechten Frieden in Naohost" in Berlin wurde das Konto bei der Bank für Sozialwirtschaft gekündigt, Begründung: Die Gruppe unterstütze die BDS-Kampagne.

Der aktuelle Antrag der CSU/SPD Stadtratsfraktionen im Münchner Stadtrat, die BDS-Kampagne als antisemitisch zu klassifizieren ist der Höhepunkt dieser Diffamierungskampagne

Auf die Frage der EU-Parlamentarierin Martina Anderson, ob die EU-Kommission das Recht von BDS-Aktivist_innen auf das Ausüben der demokratischen Meinungsfreiheit zu schützen gedenke, antwortete Federica Mogherini, hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik: „Die EU schützt die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Übereinstimmung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die auf dem Gebiet aller EU-Mitgliedsstaaten einschließlich der in diesem Gebiet durchgeführten BDS-Aktivitäten.“

Es gab Zeiten in diesem Land, in denen Nazischergen und Schlägertrupps unliebsame linke Veranstaltungen mit roher Gewalt gesprengt haben.

Die Israel-Lobby muss heute keine Schlägertrupps schicken, um israelkritische Veranstaltungen zu verhindern, es reicht ein Anruf oder Brief bei einem Oberbürgermeister einer oberbayerischen Stadt - oder sonst wo in Deutschland.

Der eingangs zitierte Artikel 5 der Verfassung wird zugunsten einer Lobbygruppe außer Kraft gesetzt

 

Palästinenser aus Deheishe stirbt nach  brutalem israelischen Angriff  - Nora Barrow-Friedman - 6. September 2017 -

Am Sonntag starb ein palästinensischer Jugendlicher, der in der Bibliothek arbeitete, an seinen Verletzungen, die er im letzten Monat erhielt, als israelische Soldaten ihn 7 mal aus kurzer Entfernung beschossen, während sie seine Wohnung früh morgens überfielen.

Er ist das letzte Opfer der üblichen israelischen Überfälle auf das Dheishe-Flüchtlingslager bei Bethlehem in der besetzten Westbank. Ein Bewohner erzählte Electronic Intifada, dass  während der letzten Monate israelische Kräfte fast jede Nacht das Lager überfielen.

Raed al Sahli,22 wurde von  Undercover-Soldaten  am 9. August aus seinem Bett geschnappt, angegriffen,  angeschossen und eine halbe Stunde durch die  Gassen des Lagers geschleift.

Der Überfall wurde von Undercover-Agenten der Duvdevan-Einheit  durchgeführt, die sich oft als palästinensische Zivilisten verkleiden  - sog. mistaravim.

Soldaten nahmen al-Salhi ins Hadassah-Krankenhaus in Jerusalem, wo er unter Arrest  gesetzt wurde, obwohl er ins Koma gefallen war. Er blieb bewusstlos auf der Intensiv-Station, bis er am 3, September starb. Keinem seiner Familienmitgliedern wurde erlaubt, ihn zu besuchen.  Trotz seines kritischen Zustandes wurde er schwer bewacht.

Die israelischen Kräfte schossen während desselben Überfalls auch einen anderen Mann, Azit Arafeh ins Bein – nach einem Bericht von Maan.

Arfeh  wurde  wochenlang an sein Krankenhausbett gefesselt. Er musste auch künstlich beatmet werden. Als Gegenstand des Spottes bei einem juristischen Prozess wurde Aref  einmal in einem Krankenhausbett vor das Militärtribunal gebracht.

Eine Woche nach dem Überfall  ergriffen israelische Kräfte al-Salhis Bruder Bassam während einer anderen Invasion im Lager, berichtet Maan.

Al-Salhis Verhaftung wurde  auf mehrere Male vom Ofer-Militärgericht  unter dem Vorwand verlängert, das Verhör zu vervollständigen – trotz der Tatsache, dass er sich in kritischer Situation befand, bewusstlos und vom Ventilator abhängig war, berichtete das palästinensische Gefangenen Netzwerk Samidoun.

Fünf Jugendliche  des Lagers wurden  in zwei Jahren getötet.

Al-Salhi ist der fünfte Jugendliche in Dheisheh, der vom israelischen Militär seit Februar 2015  getötet wurde.

Im Juli wurde der 18Jährige Baraa Hamamda  in die Brust geschossen und getötet und zwar auch von der Duvdevan Sondereinheit.

Schlafen mit einem offenen Auge

„Während Juli und August haben israelische Soldaten fast jede Nacht angegriffen“, sagt eine Quelle, die darum bat, nicht mit Namen genannt zu werden, weil die Gefahr besteht, dass Israel Vergeltung übt, sagte  Electronic Intifada am Montag.

„Nächtliche Überfälle sind für Dheishsh etwas Übliches geworden. Wir wachen oft  mit dem Geruch von Tränengas auf und können nie tief schlafen – man muss ein Auge offenhalten, um deine Familie so gut wie möglich zu schützen“, sagt die Quelle.

Die Jugend im Lager ist häufigen Verhaftungen, Schikanen, Bedrohungen, Verletzungen und außergerichtlichen Exekutionen  während Überfällen in den letzten 2 Jahren durch israelisches Militär ausgesetzt.

Ein Offizier der israelischen Geheimdienstpolizei, dem das Lager übertragen wurde und unter dem Namen „Captain Nidal“ bekannt, hat die Überfälle überwacht, bei denen die Soldaten den Auftrag bekamen, palästinensische Jugendliche in die Beine zu schießen, damit sie nachher behinderte sind.

Die Electronic Intifada-Quelle im Lager sagte, dass es unklar sei, ob Captain Nidals Einheit direkt  am Erschießen von Raed al-Salhi und Aziz Arafeh beteiligt war.

„Folter“

Al-Salhi war ein aktiver Freiwilliger am Laylac-Gemeinde-Zentrum in Dheisheh. Er leitete ein Programm, um kleine öffentliche Büchereien im Lager  aufzubauen, um die Leute zum Lesen zu ermutigen und sich über verschiedene Themen schlau zu machen,“

Die Nachricht von Al-Salhis Tod war für uns alle eine (unerträgliche) Nachricht.  Wir hatten alle gehofft, dass wir ihn lebend wiedersehen würden.“

Die Bewohner von Dheisheh errichteten am Eingang des Lagers ein Trauerzelt, damit Al-Salhi s Freunde, Familie und Nachbarn ihm ihre Achtung zeigen konnten.

Israel weigerte sich, die Leiche von Al-Salhi  herauszurücken;  dies war nur, um seine Familie und das Lager zu foltern.

Während Al-Salhis Familie auf die Ankunft seiner Leiche wartet,  trösten Mitglieder der Gemeinde  auch die, die nicht nur von dem Tod betroffen sind, sondern  mit dem täglichen Terror von Israels unerbittlichen Angriffen auf das Lager,“ sagt die Quelle. „Als Organisationen, als Gemeinde, als Jugend im Lager und als Eltern fragen wir uns alle, was wir tun können. Das ist eine große Frage, die wir nicht beantworten können“.

Raed al-Sulhi ist der 37.Palästinenser, der in diesem Jahr von Israelis getötet wurde.  Von Palästinensern wurden 12 Israelis, die meisten Soldaten,  und ein Engländer während derselben Zeit getötet.     Quelle

( dt. Ellen Rohlfs, die mehrfach in Dheishe war)

Arbeitet nicht zusammen mit den israelischen Folterern

Ali Abunimah, 4. September 2017

Palästinensische Akademiker drängen ihre europäischen Kollegen dahin, ihre Zusammenarbeit mit einem EU-Projekt  zu beenden, das israelische Folterer begünstigt.

Die palästinensische Föderation of Unions of University Professors und Employees und PACBI, die Palästinensische Kampagne für den akademischen und kulturellen Boykott Israels, rufen Belgiens  KU Leuven-Universität und Portugals INESC-ID Forschungsinstitut auf, sich aus dem von dem EU-finanzierten Law-Train-Programm zurück zu ziehen.

Sie drängen auch  drei britische Akademiker, die als Berater bezeichnet werden, von der Portmouth Universität: Clair Nee und Jo Taylor und Willim Finn,  beide vom Polizei-College,- sie mögen ihre Rollen in dem Projekt aufgeben. Law-Train begann im März 2015 mit dem angeblichen Ziel, die Verhör-Techniken zwischen den Ländern, die den neuen Herausforderungen der  transnationalen Kriminalität gegenüberstehen, auszugleichen.

Es ist ein gemeinsames Projekt mit Israels allgemeinen Sicherheits-Ministerium, der Polizei und Israels Ban-Ilan-Universität.

Doch die internationalen Rechts-Experten sagten im Juni, dass LAW-TRAIN die EU-Regulierungen und das Internationale Gesetz verletzt, weil Israels allgemeines SicherheitsMinisterium verantwortlich  oder tatbeteiligt an Folter und anderen Verbrechen sei.

Kriegsverbrechen finanzieren

Israels Polizei und Bar-ilan-Universität sind direkt auch mit zahlreichen Verstößen, einschließlich außergerichtlichen  Exekutionen, Folter, Kriegsverbrechen und betrügerischem Einverständnis mit Israels Geheimpolizei verbunden, sagen palästinensische Akademiker.

„Zusammenarbeit mit diesen Institutionen  durch LAW-TRAIN missachtet nicht nur die palästinensischen Menschenrechte,“ fügt er hinzu, „ es gibt auch freie Bahn zur Fortsetzung für diese Foltermethoden und – was noch schlimmer ist – präsentiert sie als ein Beispiel für Europa.

EU-Offizielle behaupten, dass LAW-TRAIN eine ethische Bewertung genehmigte, aber nach Rechts-Experten war der Prozess fehlerhaft und ignorierte  hauptsächliche EU-Vorschriften, die das Finanzieren von Individuen und Entitäten verbieten, die mit ernstem Fehlverhalten beteiligt sind.

LAW-TRAIN wird unter Horizon 2020 finanziert, einem EU-Programm, das  Millionen von Dollar an israelische Waffenfabrikanten und Menschenrechts-Verletzer  liefert unter dem Deckmantel, die Forschung zu unterstützen.

Zum Beispiel gibt Horizon 2020  Millionen Dollar an die Elbit-Systeme, eine israelische Gesellschaft, die dem israelischen Militär hilft, einem internationalen Verbot von Splitterbomben aus dem Weg zu gehen.

Anfang dieses Jahres besuchte der EU-Wissenschafts-Kommissar Carlos Moedas Israel, um Israels Rolle bei Horizon 2020 zu feiern.

Europäische  Befriedungspolitik

Die offizielle  Logik von EUs bedingungsloser Unterstützung für Israel scheint die zu sein, die sich im „Dialog“ engagiert und Israel versichert, dass  Israel sich sicher genug fühlt, einige Schritte in Richtung „Frieden“ zu nehmen und zur mythischen  Zwei-Staaten-Lösung.

Aber die EU-Befriedungspolitik hat genau den gegenseitigen Effekt erreicht: es hat Israel nur  ermutigt, noch mehr Verbrechen zu begehen. 2014 z.B.  begann die EU einen „dialog“ , der das Ziel hatte, Israel zu überzeugen, den Abriss von palästinensischen Häusern und Strukturen in der besetzten Westbank einzustellen.

Nach einer  Analyse reagierte Israel mit einer Zunahme von Häuserabrissen, die durch  die EU finanziert worden waren.

In den letzten Jahren hat Israel  von der EU-finanzierte Projekte im Wert von mindestens  $74-Millionen zerstört – in totaler Straffreiheit.

Im letzten Monat zerstörte Israel mehrere von europäischen Steuerzahlern finanzierte  Schulen und Projekte in der Westbank. Die Antwort der EU war eine schwache Erklärung, der mehr Belohnungen folgten.

Ironischer Weise,  kam eine der schärfsten  - doch zahnlosen –Proteste  gegen die Zerstörungen von der belgischen Regierung, die mit LAW-TRAIN eng verbunden ist: mehrere belgische  juristische Offizielle sind eng mit dem  Programm verwickelt.

Aber das spektakulärste Fehlverhalten  der EU-Befriedungspolitik kam  mit Minister Präsident Netanjahus kürzlichem Schwur, dass Israel niemals irgendwelche Siedlungen aus der besetzten Westbank entfernen werde. So wurde die Hülle der naivsten und mitschuldigsten EU-Mitarbeiter aufgedeckt, dass Israel angeblich an einer Zwei-Staaten-Lösung interessiert sei.  Alle israelischen Siedlungen sind nach Internationalem Recht illegal  und sogar die EU behauptet, gegen sie zu sein.

Doch überrascht dies kaum, da Israel seinen Diebstahl und die Kolonisierung des Westbank-Landes beschleunigt: Der EU-Botschafter in Tel Aviv stellte letztes Jahr öffentlich fest, dass Waren, die in israelischen Siedlungen hergestellt werden, auf europäischen Märkten willkommen sind, auch wenn größere Menschenrechtsgruppen zu einem totalen Verbot  von Verboten mit Siedlungen aufrufen.

Unvergessen, unbeirrt

Die EU-Bürokraten handeln weiter, als ob sie nicht wüssten, was Israel tut und belohnen es  in dieser Woche mit dem Besuch von Elzbieta Bienkowska, die „Unternehmer“-Kommissarin.  Ihr Ziel war es weiter „Zusammenarbeit“ zu liefern  auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technologie – oft ein verschlüsseltes Wort für Waffenentwicklung und Waffenhandel.

Bienkowskas Besuch ist der letzte  einer hoch profilierten  Parade von EU-Mitarbeitern nach Tel Aviv, der Wissenschafts-Beauftragten Moedas einschloss.

Ein anderer führender Mitarbeiter versprach vor kurzem EU-Unterstützung für Israels Bemühungen, Kritik  an seiner Politik zum Schweigen zu bringen und zwar unter dem Mäntelchen gegen den Antisemitismus zu kämpfen.

EU-Mitarbeiter fahren auch fort, der gewaltlosen BDS-Bewegung Übles nachzureden, mit der Behauptung, die EU könne nicht die Behauptung nachweisen, dass die BDS-Aktivitäten zu vermehrten antisemitischen Vorfällen geführt hätte.

Die klare und konsequente Botschaft von Brüssel nach Tel-Aviv ist, dass die EU nicht nur  Israels Verbrechen toleriert, sondern sie mit Begeisterung unterstützt.

Das ändert sich wahrscheinlich nicht, bis die europäischen Bürger die Botschaft verstärkt ausführen, dass sie nicht länger erlauben, dass ihre Steuern von EU-Mitarbeitern  und europäischen akademischen Institutionen missbraucht werden, um Israels Besatzungsregime, seinen Siedler-Kolonialismus und seine Apartheit zu unterstützen.                Quelle                 (dt. Ellen Rohlfs)

Es reicht nicht, die Besatzung zu beenden - Progressive Israelis und Palästinenser haben eine wichtige Aufgabe: eine politische Bewegung aufzubauen, die uns eine wirksame Stimme gibt , um die Zukunft unseres Landes zu formen - Jeff Halper

Da wir den 50. Jahrestag von Israels Besatzung erreicht haben, ist es schwer, am Horizont ein durchführbares politisches Programm oder eine konzentrierte politische Bewegung jenseits des ungenauen Slogans: „beendet die Besatzung“ zu finden. Die von der israelischen Friedensbewegung  der letzten 50 Jahre   und von der PLO/PA der letzten 30 Jahre unterstützte Lösung – zwei Staaten für zwei Völker – ist ritualisiert und versteinert worden  und funktioniert nicht mehr.  Sie ist tief  unter den israelischen Siedlungen begraben worden, wie auch unter massiven Blocks in Ost-Jerusalem und der Westbank, wo inzwischen 800 000 israelische Siedler wohnen.

Ganz bewusst  und systematisch und mit unbegrenzten  Ressourcen hat Israel nahezu  das große Projekt des Zionismus vollendet: tatsächlich die Judaisierung des Landes und Palästina  in das Land von Israel verwandelt. „Ost“-Jerusalem 1967  annektiert, hat längst aufgehört, als eine kohärente, funktionierende städtische Entität zu existieren. Die Westbank  ist zu Judäa und Samaria geworden. Mehr als 90% der Palästinenser  sind auf nur 12%  des ganzen Landes eingeschlossen, obwohl sie fast die Hälfte der Bevölkerung audmachen. Groß-Israel ist eine Realität, eine unumkehrbare Realität, unleugbar ein einziger Apartheid-Staat. Ein Blick auf die Karte genügt, um die „Matrix der Kontrolle“  zu zeigen, die Israel auf Dauer über die besetzten palästinensischen Gebiete gelegt hat.

Die Karte zeigt, wie jede Regierung absichtlich jede Möglichkeit eines lebensfähigen palästinensischen Staates während der letzten fünf Jahrzehnte eliminiert hat. Zone A und B zeigen bis zu welchem Grad das palästinensische Gebiet in winzige Enklaven zerteilt und durch Siedlungsblocks  voneinander getrennt wurden, die Trennungsmauer und ein Labyrinth von israelischen Schnellstraßen. Israel kontrolliert alle vitalen Ressourcen der OPT, seinen Luftraum und die Kommunikations-Sphäre. Indem es Mauern und Genehmigungs-Regime aufrecht erhält, hat es Groß-Jerusalem von der palästinensischen Gesellschaft und Wirtschaft getrennt und so den Palästinensern  ihr politisches, religiöses und kulturelles Zentrum geraubt, natürlich auch ihr größtes Touristen-Zentrum, die Quelle von 40% ihrer Wirtschaft.

Die Karte kann den Rest nicht zeigen: die Zerstörung der palästinensischen Wirtschaft und die Verarmung  seines Volkes (70% leben unter der Armutsgrenze), Vertreibung (fast 50 000 palästinensische Häuser wurden seit 1967 in den OPT  zerstört , seit 1948 wurden mehr als 70 000  innerhalb Israel zerstört)  eine traumatisierte Bevölkerung, die Jahrzehnte lang eine unerbittliche, unterdrückerische  Militär-Besatzung erduldet hat, 800 000 von ihnen  waren in Gefängnissen  und wurden gefoltert, Beschränkungen der Bewegung und sogar der Familienzusammenführung, veranlasste Emigration und anderes mehr.

Geben wir es zu : Keine israelische Regierung der letzten 50 Jahre hat ernsthaft die Aussicht auf einen  echten, souveränen und lebensfähigen palästinensischen Staat  gestellt, auch nicht  während der glänzenden Tage des „Oslo-Frieden-Prozesses“.  Was heute besteht, ist eine Apartheid. Ein einziger  Staat – Israel – beherrscht das ganze Land und  ein ganzes Volk ohne zivile, humane oder nationale Rechte.

Eine effektive Regierung, eine Armee, eine Wirtschaft, eine Infrastruktur und eine unmittelbare territoriale Siedlungsnachbarschaft beherrscht das palästinensische Leben politisch, wirtschaftlich, militärisch und physisch, während die palästinensische Bevölkerung – die Hälfte des ganzen Landes – auf Dutzende von winzigen Enklaven von nur 10 % des Landes  begrenzt sind.

Während der Jahre haben progressive Israelis mit verschiedenen Lösungen gespielt, verschiedene Variationen des Zwei-Staaten-Themas. Die meisten sind „föderalistische Modelle der einen oder anderen Art, indem sie Lova Eliavs  Idee eines Staates wiederbelebten, in dem Nationalität vom Gebiet getrennt ist.  Eine vorgeschlagene „Heiligland-Union“  sieht 3 Staaten für zwei Völker in einem Land vor. „einen säkular föderalen Staat, der die  Herrschaft über das Gebiet  und  über zwei nicht territoriale Nation-Staaten.“

Eine andere „israelisch-palästinensische Föderation“ bietet 15 föderalen Distrikten,  die nach der jüdisch-arabischen Bevölkerungsgrenze getrennt ist.  „die Zwei-Staaten/ Ein Homeland“  ist sogar noch mehr verschachtelt.  Hier teilen sich zwei nationale Gruppen dasselbe Land, halten aber getrennte  Staatsbürgerschaft, politische Systeme und Parlamente, wobei  „beide Staaten damit einverstanden   sind, dass eine verhältnisgleiche Zahl von Bürgern  des andern Staates in ihrem Gebiet  leben  und den Status  des  permanenten Bürgers erhalten.

Was all diese  Versionen der Zwei-Staaten-Lösung verbindet, ist eine  felsenfeste Überzeugung, dass Palästinenser und Israelis so unvereinbar sind, dass sie nicht dieselbe Politik teilen können – eine Idee, die ich nicht akzeptieren kann. Ausnahmslos lassen sie die Sicherheit  für die voraussehbare Zukunft  in israelischen Händen .

Von der Apartheid  zu einer multikulturellen Demokratie

Die absichtliche und systematische  Eliminierung der Zwei-Staaten-Lösung durch Israel und die Unzulässigkeit der Apartheid lassen nur eine Option für ein gerechtes politisches Abkommen für einen Konflikt, der eine ganze Region destabilisiert und für die Palästinenser zerstörerisch ist: ein einziger demokratischer  Staat, der all seinen Bürgern die gleichen Rechte zusichert. Eine Person – eine Stimme. Ein einziges parlamentarisches Regime, die Schaffung  einer robusten  und integrativen Bürger-Gesellschaft, die volle Integration der Armee und Sicherheitskräften, die Rückkehr aller palästinensischen Flüchtlinge,  die wollen (begleitet von Landumverteilung, finanzieller Wiedergutmachung,  Wohnbau und aktive Fördermaßnahmen   in der Bildung und Miete)  und eine Wirtschaft, die jedem dient.

Wie in vielen anderen Ländern ist auch Palästina/Israel multikulturell. Wie die beigefügte Skizze zeigt, besteht sie aus nationalen Gruppen (palästinensische Araber und israelische Juden), religiösen Gemeinschaften ( Muslimen, Juden und Christen in einer Unmenge von  Denominationen, wie  z.B. die Hamas, die säkulare Fatah oder religiöse Zionisten, als auch politische Gemeinschaften)  und ethnische Gruppen  (Mizrahim, Drusen  und die asylsuchende Gemeinschaft  und andere )  Viele dieser Gruppen überschneiden sich.

Während jeder an der größeren Bürgergesellschaft teilnehmen würde, könnten sich die Bürger auch an ihren verschiedenen Identitäten festhalten, ja auch innerhalb ihrer Gemeinschaften. Sicherlich hat eine Gesellschaft, die Jahrhundert lange  zivile und nationale Kriege, Siedlerkolonialismus und Besatzung erlebt hat,  kollektive Identitäten, die zentral bleiben . Die Leute würden die Freiheit haben, von einem Sektor angezogen zu sein, den sie wünschen. Es ist also ein Hin und Her zwischen den Sektoren möglich.

Religiösere Juden und Muslime mögen  z.B.- mehr von ihren eigenen  nationalen/religiösen Gemeinschaften hingezogen fühlen. So würden es zurückkehrende Flüchtlinge der ersten Generation und alte Leute  tun und vielleicht die Arbeitsklassen. Dieser Multikulturalismus wird vom Staat anerkannt werden  und in die Verfassung aufgenommen, die  kollektive wie individuelle Rechte garantieren wird , wie auch die Rechte der Sprache, des Erbes und kommunaler Institutionen  neben denen der zivilen Gesellschaft.

Verfassungsmäßig geschützter Multikulturalismus wird die Knesset daran hindern, neue Gesetze zu verabschieden, die die Integrität irgendeiner nationalen, religiösen oder kulturellen Gruppe verletzt oder eine Gemeinschaft einer anderen bevorzugt. Diese würde eine zusätzliche Schutzschicht für israelische Juden liefern, deren kollektive  Identität, Sprache und Erbe anerkannt werden wird, wie dies auch auf  palästinensischer Seite geschehen würde.

Da die Jahre vergehen und Bürger wie Gemeinschaften ein Gefühl der Sicherheit,  des Vertrauens und der Verbundenheit empfinden und da jüngere Generationen  auftauchen, für die das Leben in einer allgemeinen zivilen Gesellschaft normal ist, wird eine allgemeine zivile Identität auftauchen und sich erweitern. Zuerst wird vor allem die jüngere Generation angezogen, säkulare Leute und die Mittelklasse, eine bürgerliche Gesellschaft würde allgemeines Leben werden, umgewandelt in die allgemeine Staatsbürgerschaft, ein allgemeines Parlament, allgemeine kollektive Erfahrungen, die sich aus dem täglichen Leben ergeben, wie zivile Heirat, integrierte Gemeinden und Schulen, allgemeine Medien, das Lernen der Sprache des anderen, allgemeine Feiertage und Symbole etc. Es wird nicht nur eine neue politische Entität entstehen, sondern eine neue Gesellschaft, ein Beispiel für andere, wie ethnische Konflikte  durch Gleichheit, Demokratie und Multikulturalismus  gelöst werden können.

Politische Akteure oder Störenfriede ?

Abgesehen vom Formulieren gerechter praktikabler Lösungen haben progressive Israelis und ihre palästinensischen Partner noch eine andere wichtige Aufgabe: eine politische Bewegung innerhalb des Landes und international aufzubauen – ganz unten –als Grassroot -  als auch in den Parlamenten, die  uns eine wirksame Stimme gibt, um die Zukunft unseres Landes  aufzubauen. Wir müssen uns entscheiden, ob wir politische Akteure sein wollen oder nur Kommentatoren. Wenn das erstere, dann sind meiner Ansicht nach vier Dinge notwendig.

1.     Müssen wir ein gerechtes und durchführbares politisches Programm formulieren – meiner Meinung nach  entlang den oben genannten Linien . Wir müssen es tun, da es keiner tun will: nicht die Regierungen, nicht die Parteien, nicht die NGOs, kein akademisches Forum, keine Aktivisten, deren Widerstand vor Ort  - so wichtig er ist – nicht  auf ein aktuelles Programm gerichtet ist. In der Tat sind wir die  einzigen Akteure, die  (1)kritische politische Analysen mit (2)der „Vor-Ort“-Erfahrung verbinden und (3). der Fähigkeit, die zivile Gesellschaft zu Hause und im Ausland  zu mobilisieren  -- dies alles ist nötig, um ein  gerechtes  und durchführbares politisches Abkommen zu erreichen. Bewaffnet mit einem politischen Plan haben sogar wenige Leute die Macht, dringend unsere verzweifelten Kräfte in eine mächtige und konzentrierte Bewegung zu bündeln. Dies war es, was unsere Feinde, die Siedler vor 50 Jahren taten.  Die Rechte in aller Welt sah sich selbst als Akteur und hat hart gearbeitet, um aus der Verhöhnung  und der Finsternis in eine  Position der Dominanz von heute aufzutauchen. Die Linke, die einmal das politische  Sagen hatte, scheint ihren Glauben an die Fähigkeit zu führen,  verloren zu haben. Wir haben uns  marginalisiert. Es wird Zeit, an die Oberfläche zurück zu kehren – in Palästina/Israel und anderswo.

2.     Die Palästinenser müssen trotz all ihrer Einschränkungen die Führung übernehmen. Es gibt keinen anderen Weg. Kein andere  kann  die palästinensische Sache  so vertreten  und  hat das Recht, ein politisches  Programm zu formulieren. Ohne ihre Führung, Regie und Leitung sitzen wir fest, nichts wird geschehen. Der weltweiten BDS-Bewegung ist es gelungen, Massen zu mobilisieren, um Palästina zu unterstützen. Sie lässt sie jedoch hängen. Die Massen  von Unterstützern für einen gerechten  Frieden in Palästina/Israel können mobilisiert werden, sie müssen aber wissen zu welchem Ende. Was verlangen wir  von unsern politischen Führern?  „Das Ende der Besatzung“ ist ein Anfang,  und  wie geht es weiter?  Die vielen  Israelis und Internationalen  mobilisierten sich, um Palästina zu unterstützen  - sie müssen ermächtigt und von Palästinensern geleitet werden.

3.     Wir müssen die Dringlichkeit des Augenblicks auf zwei Ebenen verstehen. Zunächst politisch Trump, Netanjahu, Abu Mazan und der Rest kochen ein Regime permanenter, international sanktionierter Apartheid  und dies geschieht jetzt. Wo sind wir?  Was für eine  Alternative bieten wir?  Haaretz  beschrieb kürzlich (24. Mai) wie die US-Regierung als eine  mit „allgemeinen Prinzipien“ nach den Siedlungen schaut. Wir können fünf anbieten:

·        Ein gerechter Friede muss eine Balance zwischen kollektiven Rechten (Selbstbestimmung) und individuellen Rechten (Demokratie) sein.

·         Ein gerechter Frieden und die Verhandlungen, die dahin führen, müssen mit den Menschenrechten, dem Internationalen Gesetz und den UN-Resolutionen  übereinstimmen.

·        Ein gerechter Friede fordert, dass das Flüchtlingsproblem voll gelöst wird.

·        Ein gerechter Frieden bedeutet, ein politisches System  und eine zivile Gesellschaft  errichten, die  soziale, wirtschaftliche, politische und kulturelle Gleichheit zusichert  und völlige Integration der Sicherheitskräfte.

·        Ein gerechter Friede muss regional im Bereich sein.

Warum werfen wir nicht unsere Prinzipien in die Diskussion? Wenn wir nicht sofort und wirksam  organisieren, was zunächst  und vor allem  ein eigener politischer Plan bedeutet, werden wir einfach verlieren. Wir haben keine Zeit mehr. Man kann behaupten – wie viele Israelis und sogar Palästinenser tun, dass jetzt nicht die Zeit für eine Lösung ist  -- lassen wir dies die nächste Generation tun.

Die israelische Apartheid mag eines Tages fallen; aber ist es ein politischer Plan zu warten, nur zu protestieren und unsere Hoffnung auf zukünftige Generationen zu setzen? Oder machen wir einen  geheimnisvollen  Schritt. Als die Süd-Afrikanische  Apartheid fiel, hörten wir oft, so will es Israel. der Trugschluss ist natürlich, dass sie nicht nur wegen des Gewichts seiner eigenen Ungerechtigkeit fiel.  Sie wurde von schwerer Arbeit des ANC besiegt.

Die politische  Richtung zu liefern,  ist auch für interne Bewegungsgründe dringend. Man beginnt sich, von der palästinensischen Sache  zu entfernen. Der politische Kampf verschmäht aber ein Vakuum. Ohne eine empfohlene Endphase, beginnen die Leute wegzulaufen. Wenn sich jahrelang nichts auf der palästinensischen Seite   (außer einer  immer größer werdenden Besatzung) bewegt, wendet man seine Zeit und  Energie dringenderen Problemen zu: Syrische  und andere Flüchtlinge, Trump und  Theresa May bekämpfen, Klimawandel,  lokale Probleme  etc.  Wir müssen eine Bewegung aufbauen – oder eher die existierende, aber stecken gebliebene   Bewegung wachrütteln.  Ein gemeinsames politisches Programm  ist äußerst dringend.

Wir sollten durch 50 Jahre Besatzung gekennzeichnet sein, aber für uns selbst beschließen, dass dies das erste Jahr  effektiven Widerstands, Befürwortung und politischer Bewegung ist . Das Fenster ist im Begriff, sich zu schließen. 

Jeff Halper  ist Direktor  des israelischen Komitees gegen Hauszerstörung (ICAHD) ein Gründer und  ein Gründer von „The People yes-Netzwerkes)

(dt. und geringfügig gekürzt: Ellen Rohlfs)

 Quelle

 

"Ich werde dich vor deiner Mutter erschießen" - israelisches Militär verfolgt Drohung gegen palästinensischen Jugendlich konsequent weiter

Yumna Patel - 5.09.2017 - Fast einen Monat nachdem israelische Soldaten während einer nächtlichen Razzia im Deheisha-Flüchtlingslager sieben Mal auf ihn  geschossen haben, erlag der 22-j. Raed al-Salhi am Sonntag im Hadassa-Krankenhaus in Jerusalem seinen Verletzungen. Seine Mutter Zaynab hörte die Nachricht zu Hause. Sie hatte nicht einmal eine Möglichkeit sich von ihm zu verabschieden.

Israelische Soldaten hatten Raed Ende Juli gewarnt, sie würden wegen ihm wiederkommen.

"Sie riefen ihn und sagten ihm bei der Razzia zu seiner Festnahme: 'Wir werden dich vor deiner Mutter erschießen", sagte der 24-j.Kahled, einer der vier Brüder von Raed ein paar Tage vor Raeds Tod gegenüber Mondoweiss.

Zwei Wochen später, am 9.August, schossen israelische Soldaten im Hof hinter dem Wohnhaus auf Raed, während seine Mutter drinnen im kleinen Wohnzimmer saß, nur wenige Schritte entfernt.

Die Drohung kam von 'Captain Nidal', Pseudonym für den israelischen Kommandeur für militärische Operationen in diesem Gebiet, der bei den Palästinensern für die ihm vorgeworfenen Drohungen gegen die jungen Leute im Lager berüchtigt ist.

Nach dieser Drohung, von der Raed seiner Mutter nur zögernd erzählte, wußte er, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis die Soldaten wegen ihm kämen.

Alles geschah innerhalb von Minuten, sagte Khaled Mondoweiss, und erzählt, was in dieser Nacht geschah, während Zaynab still dasaß, zu verzweifelt um  von der schwachen Stimme von Raed zu erzählen, der in dieser Nacht nach ihr rief und ihr sagte, er werde sterben.

Raed schlief in dieser Nacht auf einer Couch im Hinterhof, weil er sein Bett seinem 28-j. Bruder Bassem abgetreten hatte, der auf Besuch aus Ramallah da war. Zaynab war wach, trank Tee und unterhielt sich mit einem anderen Sohn, dem 26-j. Muhammad.

"Mein Bruder Muhammad bekam auf Whatsapp die Nachricht, dass Soldaem im Camp waren, also ging er hinaus in den Hof, um Raed aufzuwecken und ihm zu sagen, er solle hineingehen", sagte Khaled. Sekunden später, als Mohammad ins Haus ging, um sein Handy zu nehmen, hörte die Familie Schüsse.

"Raed hatte sich an der Hofmauer hochgezogen, um zu sehen, wo die Soldaten waren, und sofort haben sie das Feuer auf ihn eröffnet", sagte Khaled und zeigte auf die schmale Allee zwischen der Hofmauer und dem Nachbarhaus. Raed war von der Mauer heruntergefallen und blutete an seiner rechten Körperseite, die mit Kugeln übersät war.

"Wir konnten nichts sehen", sagte Zaynab, "wir hatten keine Vorstellung, in welcher Verfassung er war: Ich rief Raed nur immer wieder, und die Nachbarn und fragte, ob er noch lebe."

Weil niemand – weder die israelische Armee noch Raeds Familie – genau sagte, weshalb Raed festgenommen wurde - er war nie wegen eines Vergehens angeklagt worden - beanspruchte ihn die linke Volksbefreiungsfront nach seiner Verwundung als Mitglied ihrer Gruppe: Mitgliedschaft in dieser Organisation gilt nach den israelischen Militärgesetzen als illegal.

Einen Tag nach der Razzia sagte ein Sprecher der israelischen Armee gegenüber der Nachrichtenagentur Ma'an, dass "während einer Razzia zur Festnahme von zwei Palästinensern, die Verdächtigen versucht hätten aus dem Bereich zu fliehen", zu diesem Zeitpunkt hätten die israelischen Sodaten die Verfolgung der Palästinenser zu Fuß aufgenommen.  

"Während der Verfolgung eröffneten Soldaten das Feuer auf die Verdächtigen und verwundeten sie. Sie wurden an Ort und Stelle behandelt und dann zur weiteren ärztlichen Behandlung in ein Krankenhaus gebracht", sagte der Armeesprecher.

Raeds Familie erzählt aber eine andere Geschichte. "Er schaute nur, um zu sehen, wo die Soldaten waren, er versuchte nicht wegzurennen. Sie umstellten die Rückseite des Hauses, sie hätten ihn leicht festnehmen können, aber sie wollten ihn töten", sagte Khaled.

Laut Khaled vergingen fast ein einhalb Stunden von dem Moment, in auf Raed geschossen worden war, bis die israelischen Soldaten ihn schließlich verhafteten und in das Hadassah-Krankenhaus nach Jerusalem brachten.

"Sie schleiften ihn durch das Lager und ließen ihn auf dem Boden liegen, damit er verblutet, sie haben ihn nicht behandelt und nicht einmal versucht ihn schnell  wegzubringen."
Eine Woche nach den Schüssen auf Raed machte die israelische Armee wieder eine Razzia im Haus der Familie und nahm Bassem fest.

In dem Monat, in dem Raed im Krankenhaus war, wollte Zaynab wissen, wie es ihrem Sohn ginge, aber sie bekam nur minimale Informationen von der Palästinian Prisoners Rights Group, die nur begrenzt oder keinen Zugang zu Raed hatte.

Zaynab schaffte es zwei Mal nach Jerusalem zu fahren, um Raed zu besuchen, er lag im Koma in seinem Krankenhausbett, zwei Soldaten bewachten die ganze Zeit die Tür zu seinem Krankenzimmer.

"Das erste Mal wollten die Soldaten mich nicht in das Zimmer lassen, und das Krankenhauspersonal schrie mich an und drohte die Polizei zu rufen", erzählte Zaynab ängstlich und wollte keine Details über ihre Fahrten preisgeben, aus Angst, das könnte Raed oder ihre anderen Söhne in Gefahr bringen.

Als Zaynab das zweite Mal zum Krankenhaus ging: "Als die Soldaten mir sagten, ich könnte nicht hineingehen, drehte ich durch und fing an zu schreien. Ich bettelte sie an mich meinen Sohn sehen zu lassen, nur für 10 Minuten. Ich musste sehen, ob er noch lebte."

Zu ihrer Überraschung und gegen ihre Anweisungen ließen die Soldaten sie in das Zimmer. Raed war bewußtlos, er atmete nur über einen Sauerstoffschlauch, der in seinen Kehlkopf eingeführt war.

"Sein Bauch war aufgeschnitten, seine Hände und Füße waren geschwollen und mehr als doppelt so dick wie normal, sein Gesicht war unkenntlich, aufgeschürft und zerkratzt davon, dass die Soldaten ihn durch das Camp geschleift hatten", sagte Zaynab.

Sie wußte nicht, wie viele Operationen an Raed durchgeführt worden waren, sie hatte keine Möglichkeit mit einem Arzt zu sprechen, sie hat keine Idee, in welchem Zustand seine inneren Organe waren.

Erst nach Raeds Tod berichtete die palästinensische Rechtsgruppe, dass er mehrere Operationen gehabt hatte, da die Kugeln seine inneren Organe schwer verletzt hatten, vor allem die Leber.

Raeds verhängnisvolles Zusammentreffen mit den Soldaten in dieser Nacht außerhalb seiner Wohnung war nicht das erste Mal, dass israelische Solaten auf ihn geschossen hatten. 2014 war während Zusammenstößen im Dorf al-Khader außerhalb von Deheisha mit scharfer Munition auf sein Bein geschossen worden. Unmittelbar danach war er vom israelischen Militär festgenommen worden und hatte fünf Monate im Gefängnis verbracht.

Raeds Erfahrungen mit den israelischen Streitkräften und sein letztendlicher Tod ist eine Familiengeschichte, wie es sie für viele palästinensische junge Männder und Teenager gibt.

Israelische Razzien in palästinensischen Städten, Dörfern und Flüchtlingscamps   gehören im Westjordanland und in Ost-Jerusalem zum Alltag.

2017 führten die israelischen Streitkräfte entsprechend Zahlen der Vereinten Nationen jede Woche durchschnittlich 85 Such- und Festnahmerazzien durch.

Wegen der typisch aggressiven Natur der Razzien kommt es zu Auseinandersetzungenmit den israelischen Streitkräften, die scharfe Munition, Gummigeschosse und Tränengas gegen Jugendliche einsetzen, die auf die eindringenden Soldaten Steine werfen, und was die israelischen Armee routinemäßig als "Maßnahmen zur Kontrolle von Menschenansammlungen" beschreibt.

Rechtsgruppen haben immer wieder die israelischen Amtsträger für ihren Gebrauch exzessiver Gewalt gegen Palästinenser, besonders in den Flüchtlingscamps, während Zwischenfällen, die keine gewalttätige Reaktion rechtfertigen, kritisiert.

In den letzten Monaten wurden im Deheisha-Camp zahllose Einwohner während Razzien mit scharfer Munition verletzt.

Im Juni wurden nach einem Bericht von Ma'an News in einer einzigen Nacht

"mindestens acht Palästinenser verletzt, von denen sechs mit scharfer Munition auf die Beine geschossen wurde, einer von ihnen war ein Sanitäter im Dienst, dessen Bruder verhaftet wurde, und ein Jugendlicher wurde von einem israelischen Militärfahrzeug überfahren".

Das Zielen auf palästinensische Jugendliche mit scharfer Munition, vor allem auf Beine und Kniescheiben, ist umfassend dokumentiert. Im August 2016 hat die NGO Badil mit Sitz in Bethlehem das ganz überlegte Zielen mit scharfer Munition auf junge Palästinenser dokumentiert und betont, dass "ungerechtfertigte Körperverletzungen werden begleitet von Drohungen des als 'Captain Nidal' bekannten israelischen Kommandeurs, der für das Gebiet zuständig ist."

Captain Nidal ist ein nicht nur im Deheisha-Camp, sondern auch im Aida- und im al-Azza-Flüchtlinslager bekannter Name; dort erzählen Palästinenser Geschichten vom Captain, wie er die Jugend in den Lagern während und nach den Razzien, während Verhören und einer Festnahme bedroht.

"Frag wen du willst", sagte Khaled eindringlich. "Wenn du nicht persönlich von Captain Nidal bedroht worden bist, dann hat er jemanden bedroht, den du kennst."

Laut Badil hat Captain Nidal gedroht, "alle Jugendlichen des (Deheisha-)Camps zu Invaliden zu machen", indem er sagte, "ich werde euch alle mit Krücken und Rollstühlen unterwegs haben".

"Diese Drohungen zeigen, dass diese Aktionen nicht zufällige oder einzelne Vorfälle sind, sondern eher die Konsequenz aus einer systematischen Politik des israelischen Militärs, um Widerstand zu unterdücken, die palästinensische Jugend zu terrorisieren und ständig zu verletzen und/oder sie physisch und psychisch erheblichen Schaden zuzufügen", sagte die NGO.

Heute haben Raeds jüngste Geschwister Yousif, 12, und Tamara,10 seit dem Mord jeden Tag Alpträume. Sie fürchten sich nachts zur Toilette zu gehen.

Vor dem Tod ihres Sohnes, sagte Zaynab zu Mondoweiss, war es die Verzweiflung und die Ohnmacht, nicht in der Lage zu sein, an Raeds Seite zu sein oder zumindest zu wissen, was mit ihm los war, das war das Schlimmste.

Gefragt, ob es etwas gäbe, was sie sagen oder tun möchte, sagte sie nur: "Ich möchte meinen Sohn zurück, ich möchte meinen Sohn zurück."
Jetzt, mehr als 24 Sunden nach Raeds Tod, behält das israelische Militär weiterhin seine Leiche und hat sie vom Hadassah-Krankenhaus in das Krankenhaus von Rishon Lezion im zentralen Israel gebracht, und Zaynab und ihre Kinder müssen wieder warten, dieses Mal auf die Rückgabe der Leiche.

Quelle           Übersetzung/leicht gekürzt: K. Nebauer

Gaza: Eine Million Kinder leben in "nicht mehr lebenswerten" Verhältnissen

05.09.2017 - Gazas Kinder verbrachten Eid, das Opferfest, im Dunkeln

   . Gaza kämpft mit zwei bis vier Stunden Strom am Tag
   . 741 Schulen mühen sich ab, um ohne Elektrizität funkionieren zu können
   . Zusammenbruch von Gesundheits- und Rettungsdiensten gefährdet Kinderleben
   . Krankheiten durch verunreinigtes Wasser nehmen wegen der Stromkürzungen zu
   . Umweltdesaster wegen unbehandeltem Abwasser
   . Kinder können nicht schlafen, lernen oder spielen

Eine Million Kinder leben in miserablen Verhältnissen. Viele feierten Eid ohne Strom im Dunkeln. Ein UN-Report von 2012 sagte, Gaza werde 2020 unbewohnbar sein. Save the Children ist der Meinung, dass es schon jetzt unbewohnbar ist.

Save the Children drängt Israel die Blockade des Gazastreifens aufzuheben sowie palästinensische und israelische Behörden für grundlegende Dienstleistungen für die Bewohner des Gazastreifens zu sorgen. Die internationale Gemeinschaft hat auf das Leiden der palästinensischen Kinder in Gaza nicht reagiert. Ein Jahrzehnt Isolierung hat den für Haushalte verfügbaren Strom auf acht Stunden pro Tag reduziert. Jetzt sind Familien glücklich, wenn sie an zwei Stunden pro Tag Strom bekommen. Viel zu viele bekommen gar nichts.

Die Stromkürzungen treffen auch die ohnehin schon lahm gelegte Infrastruktur. Die Reduzierung oder Einstellung der Behandlung des Abwassers hat zu erhöhter Umweltbelastung und Kontamination des Grundwasser-Aquifers und des Mittelmeers geführt: mehr als 60% des Meeres von Gaza ist durch nicht behandeltes Abwasser kontaminiert, und mehr als 90% des Quell- bzw. Brunnenwassers ist zu kontaminiert, um für den menschlichen Genuss geeignet zu sein.

"Uns geht es anders als anderen Ländern, die 24 Stunden Strom haben, ihr Leben ist nicht wie das unsere. Ich habe so viele Träume. Aber mein größter Traum ist, wie andere Kinder zu sein und in Frieden und Sicherheit zu leben und Strom zu haben", sagt die 13-jährige Rania.

 

Für Gazas Kinder bedeutet Stromkürzung, dass sie:

   . keinen Zugang zu begrenzten Gesundheits- und Not/Rettungsdiensten haben, was  das Leben von  
     Kindern gefährdet,

   . keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, weil die Meerwasser-     Entsalzunsanlagen nicht
       funktionieren,

   . nicht regelmäßig zu baden oder zu duschen können, weil die Wasserpumpen nicht    funktionieren,

   . nachts wegen der Sommerhitze nicht schlafen können,

   . sich in der Schule wegen dem Schlafmangel nicht konzentrieren können,

   . wegen der Dunkelheit nicht alle Hausarbeiten machen oder draußen spielen    könen,

   . keine frische und gesunde Nahrung essen, weil der Kühlschrank nicht funktioniert.

 

Für den 15-jährigen Ali, der an einer Form der Zerebralparese leidet, ist die Situation besonders schlimm. Seine Mutter Yara sagt: "Mein Sohn stirbt vor meinen Augen. In den meisten Nächten kann er nicht schlafen und hat immer Schmerzen. Wir haben nicht genügend Strom, um seinen Elektrorollstuhl und seine Matratze ganz aufladen können. Wenn sein Rollstuhl nicht aufgeladen werden kann, leidet er psychisch, denn er sieht, wie sich die Menschen um ihn herum bewegen und laufen, aber er kann das nicht. Wenn die Batterie des Rollstuhls leer ist, ist Ali vollständig gelähmt.

"Er muss auch immer wieder duschen, weil er Windeln trägt, aber es gibt kein Wasser. Wenn es keinen Strom gibt, haben wir auch kein Wasser. Wenn ich seine Windeln nicht wechsle und ihn regelmäßig wasche, bekommt er Hautausschläge und andere Probleme. Wir hatten zwei Tage kein Leitungswasser. Ich bin ganz fertig."

"Ich bin immer gerne an den Strand gegangen, um den Sand und das Meer zu sehen, aber jetzt komme ich nicht mehr dorthin", sagt Ali.

"Wir lernen in der Schule immer über Menschenrechte und Kinderrechte. Warum geben sie uns nicht die Rechte, von denen wir im Unterricht hören? Warum unterrichten sie uns über Menschenrechte, wenn sie sie uns nicht geben? Warum können wir unsere Rechte nicht genießen? Ich möchte eine Veränderung, ich möchte leben wie die andern, und ich möchte Frieden", sagte die 14-jährige Mariam.

Jennifer Moorehead, Landesdirektorin von Save the Children in den besetzten palästinensischen Gebieten sagt:

"Traurigerweise sind die Kinder von Gaza in einem der am meisten politisierten Konflikte der Welt gefangen. Die anhaltende israelische Besatzung und die Spannungen innerhalb der palästinensischen Führung machen das Leben unerträglich. Wenn du in Gaza zehn Jahre alt bist, hast du schon drei massive und brutale Eskalationen des Konflikts erlebt."
"Während die Politiker das Opferfest feiern und in ihren klimatisierten Häusern schlafen, schwitzen die Kinder in der drückenden Sommerhitze, sind nicht imstande zu schlafen, zu spielen oder zu lernen. Wir müssen eine so grundlegende Dienstleistung wie Strom für die Kinder von Gaza fordern. Ein paar Stunden Strom pro Tag sind 2017 einfach nicht hinnehmbar."
"Gazas Kinder leiden bereits unter der seit zehn Jahren andauernden Blockade und der ständigen Drohung, dass der Konflikt wieder ausbricht. Ohne den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Strom zu leben, beeinträchtigt ihr Familienleben und ihr seelisches Wohlbefinden. Wir sehen eine Zunahme von Angststörungen, Aggression und Stimmungsschwankungen."

 Alle Namen (außer Jennifer Moorehead) aus Sicherheitsgründen geändert.

 

Hinweise für die Redakteure:
Kontext:

2017 besteht die von der israelischen Regierung verhängte Blockade des Gazastreifens im Luftraum, zur See und zu Land inzwischen 10 Jahre. Seit 2007 sind 2 Millionen Palästinenser (davon 1 Million Kinder) in gerade einmal 365 Quadratkilometern gefangen, wodurch der Gazastreifen eines der dichtest bevölkerten Orte der Welt ist. Ein Report des UN-Country Teams in den besetzten palästinensischen Gebieten vom Juli 2017 schildert eine sich verschlimmernde humanitäre Krise:

. 47% der Bevölkerung des Gazastreifens lebt unterhalb der Armutsgrenze und leidet unter mäßiger bis gravierender Nahrungsunsicherheit.

. 40% der Bevölkerung ist arbeitlos.

. etwa 80% der Bevölkerung ist auf humanitäre Hilfe angewiesen.

. 47% der Haushalte können sich nicht den Grundbedarf an Nahrungsmitteln   leisten.

 

Umweltkrise:
. Ein UN-Bericht von 2012 sagte, Gaza werde 2020 unbewohnbar sein, aber viele Experten schlagen Alarm, weil Gaza diesen Punkt bereits erreicht habe.

. 96% des Grundwasser gilt als nicht geeignet für den menschlichen Gebrauch.

. Die Reduzierung bzw. Einstellung der Behandlung des Abwassers hat zu einer zunehmenden Verschmutzung des Meeres an der Küste des Gazastreifens geführt, 108 Millionen Liter unbehandeltes Abwasser fließt täglich in das Mittelmeer, was 40 Olympia-Schwimmbecken entspricht. Dadurch sind etwa 60% des Meeres durch Abwasser verschmutzt.

. Die palästinensische Wasserbehörde und die UNO haben gewarnt, dass der Grundwasser-Aquifer bis Ende des Jahres komplett kontaminiert sein wird, weil er eine hohe Konzentration von Chlorid enthält; durch das Einsickern von unbehandeltem Abwasser ist die Konzentration von Nitrat zwei bis acht Mal höher als von der WHO empfohlen.

. Die letzte Umweltbeurteilung für den Gazastreifens wurde 2009 vom UN-Umweltprogramm UNEP durchgeführt, aber die Einreise der folgenden Umweltprüfungsmissionen des UNEP  wurde von israelischen Behörden nicht erlaubt. Eine Folgebeurteilung müsste demnach dringend durchgeführt werden.

 

Elektrizitätskrise

. Die Situation in Gaza hat sich durch die Intensivierung seines seit langer Zeit bestehenden Mangels an Strom weiter verschlechtert.

. Im April 2017 musste das einzige Kraftwerk Gazas (das seit der schweren Beschädigung im Krieg gegen Gaza 2009 nicht voll arbeitet, hat 1/3 des Gazastreifens mit Strom versorgt) schließen, weil seine Treibstoffreserven zur Gänze aufgebracht waren und der Betreiber sie wegen der Kürzung der Gelder nicht auffüllen konnte.

. Im Gazastreifen ist die Stromversorgung der Familien um 1/3 reduziert, von 182 Megawatt im Februar 2017 zu 127 MW im Juli und 113 MW Mitte August, was einem Durchschnitt von 2 Stunden Strom pro Tag entspricht. Ägypten ist als Anbieter vollständig ausgefallen, sodass der Gazastreifen auf Strom von seinem Kraftwerk und von Israel angewiesen ist.

 

Reaktion von Save the Children:

Schutz des Kindes:

. Save the Children wird an 800 Familien Erholungssets verteilen und damit insgesamt 2.400 gefährdete Kinder im Alter zwischen 8 und 14 Jahren erreichen.

. Save the Children wird durch seine Partner für Schutz und Bildung von Kindern in Schulen und Gemeinden 15 Tage Freizeit und Spiel zur Erholung mit psychosozialen Aktivitäten in fünf Schulen der UNRWA spenden. Weitere 25 offene Tage werden in gemeindenahen Einrichtungen und öffentlichen Räumen für insgeamt 17.500 Kinder durchgeführt.

. Save the Children wird auch durch seine Partner Palästinensisches Zentrum für Demokratie und Konfliktlösung und die Ma'an Nachrichtenagentur Workshops zur Stressbewältigung für insgesamt 8.000 Eltern organisieren.

 

Nahrungssicherheit und Existenzsicherung:
. Save the Children wird 700 Familien mit Lebensmittelgutscheinen versorgen. Die Gutscheine können auch für den Kauf von LED-Lampen, Kupferdraht (-Leitungen), Batterien und Ladegeräte verwendet werden.

 

Bildung:

. Save the Children wird mit seinem Partner Save Youth Futurs Society (SYFS) 20 UNRWA-Schulen 20 Schul-Erholungssets (recreational-kits – Ausrüstung zu Erholungszwecken) verteilen, um das Wohlbefinden von 20.000 Kindern, die an Posttraumatischem Stress leiden, zu verbessern.

. Save the Children wird außerdem für 150 Lehrer von 15 UNRWA-Schulen einen zweitägigen Workshop für Stressbewältigung durchführen. Dies wird den Lehrern helfen eine größere Belastbarkeit (Resilienz) zu entwickeln, um mit den Belastungen, denen sie während der gegenwärtigen Stromkrise ausgesetzt sind, fertig zu werden.

. Save the Children wird 1.500 Kindern von 15 UNRWA-Schulen, die Lernschwierigkeiten haben, Förderklassen und Nachholunterricht in Arabisch, Englisch und Mathematik anbieten.

 

Wasser, sanitäre Anlagen und Hygiene:

. Save the Children wird in Zusammenarbeit mit der Coastal Municipal Water Authority (CMWA) und lokalen Partnern im Norden und Osten des Gazastreifens für 2.300 Familien Polyethilen-Wassertanks für 1500 Liter liefern und installieren.

. Save the Children wird für 200 armen Familien und 100 Kindergärten LED-Lampensysteme liefern, installieren und reparieren, um die Elektrizitäts- und Stromausfälle zu bewältigen.

Quelle                     Übersetzung: K. Nebauer

Zum ersten Mal wird es beim Obersten Gerichtshof eine Anhörung zum Status der Israelischen Atomeenergie Kommission geben . Pressemitteilung/Sharon Dolev - Israeli Disarmament Movement_05.0902017 - Trotz Widerstand von seiten des Staates wird der Oberste Gerichtshof heute (Dienstag) eine erste Anhörung über die geheimen Arbeitsabläufe bei der Israel Atomenergie Kommission abhalten. 

Nach einer von Anwalt Itay Mack in Vertretung von 108 Klägern eingereichten Beschwere entschied der Oberste Gerichtshof eine Anhörung mit höchsten Richtern unter der Leitung der neuen Oberrichterin Ester Hayut, Meni Maziz und Noam Solberg durchzuführen. Die Antragsteller verlangen, dass die Arbeit der Israel Atomenergie Komission (IAEC), ihre Funktion (Rollen), ihre Kompetenz und Form von Organisation und Management gesetzlich geregelt und eine Überwachung ihrer Aktivitäten und Anlagen vorgeschrieben wird.

Obwohl die IAEC (schon) 1952 gegründet worden ist, wurden ihre Rollen (Funktionen) und Methoden der Überwachung ihrer Aktivitäten nie gesetzlich festgelegt. Stattdessen wurden sie in einer geheimen Verwaltungsverfügung des damaligen Premierministers Ben Gurion und später durch eine Serie geheimer Regierungsbeschlüsse festgelegt. Die Kommission beschäftigt sich mit verschiedenen Themen betreffend Gesundheit und Sicherheit der Bürger Israels einschließlich der nuklearen Sicherheit, der Zulassung der Anlagen und Aktivitäten und der Behandlung des Atommülls und fungiert als Regierungsberaterin für Atompolitik.

In einer Antwort forderte die Regierung vor mehreren Monaten die Petition zur Gänze und ohne Anhörung abzuweisen. Sie behauptete, der Oberste Gerichtshof habe nicht die Befugnis dem Premierminister den Auftrag zu einer gesetzlichen Regelung zu erteilen, und die Aktivitäten der Kommission seien in Verfahrensweisen verankert, deren Rechtsmäßigkeit sich von der noch bestehenden Befugnis herleitet, in jedem Bereich tätig zu werden, der nicht im Primärrecht festgelegt ist.

In einer Präzedenzfallentscheidung wies der Oberste Gerichtshof den Standpunkt der Regierung zurück und entschied eine Anhörung zur Petition durchzuführen. Das ist das erste Mal in der Geschichte des Staates Israel, dass ein Gericht juristische Kritik an der Atomenergie Kommission und ihren Aktivitäten üben wird. Es wird erwartet, dass sich die Richter in der Anhörung mit dem höchst geheimen Reglement des Staates Israel befassen und entscheiden werden, ob es zufriedenstellend ist, und der Regierung erlauben es weiterhin handzuhaben, oder das Verlangen der Antragsteller nach einer gesetzlichen Regelung zu akzeptieren, die die Tätigkeiten regeln und eine wirkliche Aufsicht ermöglichen wird.

"Aus unserer Sicht ist die Tatsache, dass der Oberste Gerichtshof eine Anhörung zu diesem Fall durchführen wird, ein Sieg", sagte Sharon Dolev, die Direktorin der Israelischen Abrüstungsbewegung. "Es handelt sich um gefährliche Anlagen, die ohne ordentliche Kontrolle und ohne gesetzliche Regelung operieren. Wir sind zuversichtlich, dass wir auf die Petition an den Obersten Gerichtshof hin – gleichgültig, ob wir gewinnen oder verlieren – endlich eine echte Diskussion über die Art der Kontrolle der Nuklear Kommission und ihrer Anlagen haben werden. Dies ist nicht das Ende des "Königreichs der Geheimhaltung", und die Unklarheit, in der Israel seine Atomanlagen hält, wird nicht geändert sein, aber die Sicherheit der Bürger muss einen höheren Stellenwert haben als nach dem Belieben des Staates und der Kommission."

Ein ehemaliges Mitglied der Knesset und Vorsitzender der Meretz-Partei sagte: "Es ist Zeit, dass die Arbeit des Atomreaktors in Dimona gesetzlich geregelt wird. Es kann nicht sein, dass so ein wichtiges Projekt – und ein so gefährliches – geheim und ohne Genehmigung der Legislative operiert. Auch begrüße ich die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs eine Anhörung zu dieser Petition durchzuführen, nach so vielen Jahren, in denen die Kommission im Geheimen operiert hat. Das ist keine Stellungnahme für oder gegen das IAEC, sondern einfach die Forderung nach ordentlicher gesetzlicher Regelung und Kontrolle, wenn Nukleartechnologie, vielleicht die gefährlichste Technologie der Welt, eingesetzt wird."

Prof. Avner Cohen vom Middlebury Institute of International Studies in Monterey und Autor von Israel und die Bombe (1998) sagte: "Die Tatsache, dass die Richter des Obersten Gerichtshofs es ablehnten die Forderung des Staates nach Abweisung der Petition und Ablehnung jeglicher Diskussion zu akzeptieren und stattdessen das Begehren der Antragsteller zu akzeptieren und anzuhören – das ist schon an sich ein starkes Statement. Es beweist, dass der Oberste Gerichtshof erkennt, dass die gegenwärtige Situation hoch problematisch ist. Es ist eine Anhörung ohne Präzedenzfall. Wir sind auch sicher, dass es kein besseres Timing für die Anhörung zu dieser Petition gibt als parallel zu (den rechtlichen Fragen rund um die kürzliche deutsch-israelische) U-Boot Affaire, auch wenn es sich nicht um einen Straftatbestand handelt."

Quelle: For more details: Sharon Dolev +972.528.480543   sharon.dolev@gmail.com

Übersetzung: K. Nebauer

 

Der vorgebliche Friedensprozess ist eine Farce und erreicht einen Tiefpunkt - Philip Weiss - 6. 9. 2017 - Letzte Woche gab David Friedman, der US-Botschafter in Israel, der Jerusalem Post ein Interview, in dem er sagte, der Friedensprozess sei an der Gewalttätigkeit der Palästinenser gescheitert. Israelische Siedlungen sind kein Hindernis für den Frieden, sagte er, und es gibt eine "angebliche Besatzung".

Zur selben Zeit kam der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu in die Westbank, um zu sagen, dass Israel "für immer" hier bleiben würde. Er veröffentlichte ein Video mit einem Vortrag, in dem er die Palästinensern beschuldigte, die, "die sich für den Friedens´einsetzen", nicht zu loben, sondern Terroristen zu ehren.

Netanyahu war dazu noch imstande, UN Generalsekretär für das Gerede von der palästinensischen Hetze zu rekrutieren. Als Antonio Guterres letzte Woche Netanyahu traf, schoss der Premierminister gegen die UNO, weil sie eine "absurde Obsession" mit Israel habe; und Guterres, im Nachteil, echote den Premierminister:

Ich habe mich zum Beispiel über meine Opposition zu den Siedlungsaktivitäten geäußert, aber auch klar zur Kombination von Terrorismus, Gewalt und Hetze sowie das Verständnis für die Probleme, die durch die Trennung der Westbank und Gaza geschaffen wurden.

Die Presse trug diese Farce mit und pries die neuesten Chancen für den Friedensprozess. Haaretz berichtet, dass Donald Trump Netanyahu und den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas bei den Sitzungen der UN-Generalversammlung in zwei Wochen treffen wird, um seine "geplante Friedensinitiative" voranzutreiben. Aber man täusche sich nicht, es wird nichts passieren:

Obwohl Kushner und Greenblatt Abbas keinen klaren Zeitplan für die Bekanntmachung der Friedensinitiative genannt haben, sagten sie, es könnte vor Jahresende sein, haben Amtsträger hinzugefügt.

"Die Amerikaner sagten, sie bräuchten Zeit, um etwas zu entwerfen und baten Abu Mazen keine internationalen Schritte zu unternehmen, wie z.B. weiteren UN-Organsiationen beizutreten oder Verfahren am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag in Gang zu setzen", sagte einer von ihnen und sprach von Abbas mit dessen Spitznamen. "
 

Abbas ging auf diese Bitte in der Hoffnung ein, dass die Administration in den kommenden Monaten
tatsächlich einen Plan oder eine Position präsentieren werde, die eine reale Basis für eine Wiederaufnahme des diplomatischen Prozesses darstellen könnte."

Der Artikel der New York Times über die Gespräche trägt den Titel "Für die amerkanischen Nahost-Friedensunterhändler ist es ein Sieg, die Palästinenser bei der Stange zu halten", aber Reporter Mark Landler ist gezwungen zuzugeben, dass sich tatsächlich nichts tut:

Mr. Greenblatt wollte nicht sagen, ob er einen Plan vorgelegt, und ob er den Palästinensern irgendeine tröstliche Auskunft zur Zwei Staaten-Lösung gegeben habe, die Mr.Trump letzten Februar mit seiner Formulierung "Ich schaue nach zwei Staaten oder einem Staat" infrage gestellt hat.


Andere Amtsträger machten klar, dass die Vereinigten Staaten nicht von Trumps Erklärung abgewichen sind, was die palästinensischen Funktionäre frustriert hätte; diese sagten, wenn das Weisse Haus das Ziel eines palästinensischen Staates nicht erneut bestätigen würde, wäre er (Trump) kein glaubwürdiger Friedensstifter.

Landler bemerkt, dass zur Delegation nach Israel und Palästina die stellvertretende Beraterin für nationale Sicherheit, Dina Powell gehörte, zu deren Qualifikationen zählt, dass sie keine Jüdin ist. Die Unausgewogenheit der amerikanischen Seite ist so ausgeprägt, dass sogar die Times die Juden zählt:

Eine in Ägypten geborene koptische Christin, die etwas arabisch spricht, Ms. Powell, könnte dazu beitragen die Wahrnehmung abzuschwächen, dass das Trump-Team aus strammen pro-israelischen Personen wie Mr.Kushner, Mr. Greenblatt und David Friedman, dem Botschafter in Israel, besteht – von denen alle orthodoxe Juden sind.

Der frühere Unterhändler Aaron David Miller – dessen Familie Gastgeber für David Ben Gurion war, als er ein Kind war - eine Qualifikation für seine langen Dienste im Friedensprozess – schreibt in USA Today, dass die USA nichts erreichen werden, wenn sie den Bitten Isrels so sehr entgegenkommt:

Nur drei Amerikaner – zwei Außenminister (James Baker und Henry Kissinger) und ein Präsident (Jimmy Carter) – erreichten in diesem Konflikt einen Durchbruch, und alle hatten Ärger mit den Arabern und den Israelis...

Das Trump-Team hat eine sehr große Sensibilität für Israel und seine Interessen. Aber die USA kann nur ein effizienter Broker oder Vermittler sein, wenn sie als unabhängig und glaubwürdig angesehen wird...

Die Trump Administration sollte sich die Taktik von Baker leihen, jede Partei, die nicht mit den USA kooperiert, zu rügen (beschuldigen) und zu beschämen. Dieses Spiel wird sie nicht zu einem ultimativen Deal bringen, aber eine Weiterführung ermöglichen.

Rügen (die Schuld geben) und Beschämen (blaming and shaming) ist nicht so weit entfernt von Amira Hass' Bitte in Haaretz an europäische Regierungen Sanktionen über Israel dafür zu verhängen, dass es seine palästinensischen Projekte in der Westbank zerstört. Die israelische Gesellschaft werde ohne solche Maßnahmen verloren sein.

Ihr müsst wirklich etwas tun. Ja, offene und erklärte Sanktionen, die härter werden können. Schmerzhafte Sanktionen. Dies könnte die letzte Chance sein den durchschnittlichen Israeli, einschließlich Geschäftsleute, Touristen, Richter, Wissenschaftler, Landwirte und Zuschauer bei ausländischen Fußballspielern aus ihrer Gleichgültigkeit und kriminellen Selbstgefälligkeit herauszuholen.

Habt keine Angst mehr vor der emotionalen Erpressung durch Israel. Israel macht mit dem Andenken an unsere in Europa ermordeten Familien Geschäfte, um die Vertreibung der Palästinenser aus dem Großteil des Westbank-Territoriums in die Enklaven der Palästinensischen Autonomie-Behörde zu beschleunigen.

Hass ist eine bedeutende Autorin, und in der sehr schwierigen Position sich in Israel für die Menschenrechte der Palästinenser einzusetzen. Für einen Israeli ist es gefährlich, an die Welt nicht nur für Sanktionen, sondern auch für Boykott und Investitionsentzug zu appellieren. Sanktionen sind Maßnahmen von Regierungen; aber wer, der von Regierungen abhängig ist, kann heute irgendetwas Rechtes zu tun? Wie die Torheiten von David Friedman und Guterres zeigen, müssen Aktivisten selbst Maßnahmen ergreifen, um die Palästinenser zu unterstützen. Aus diesem Grund floriert BDS.

Quelle                            Übersetzung: K. Nebauer

Israels Justizministerin Shaked entlarvt das wahre Gesicht des Zionismus -

Ludwig Watzal - 05.09.2017

 So, jetzt ist es endlich raus! Der Zionismus steht nicht nur zu den Menschenrechten im Widerspruch, sondern auch zur universellen Justiz. Zionismus steht über allem. Niemand geringerer als die israelische Justizministerin Ayelet Shaked sagte das auf einer Konferenz, die von der Israeli Bar Association in Tel Aviv organisiert war. Gideon Levy, Journalist bei Haaretz, nennt sie "Israels Ministerin der Wahrheit". Die oberste Riege des rechtsgerichteten Zionismus verleugnet die Menschenrechte.

Shaked und ihresgleichen haben sich sehr kritisch gegenüber dem Obersten Gerichtshof Israels verhalten. In ihrer Rede kritisierte sie den Gerichtshof, weil er dem Zionismus und der jüdischen Mehrheit im Land nicht genug Aufmerksamkeit gegeben hätte. Der Zionismus und die Herausforderungen, vor die das Land gestellt ist, sind ein blinder Fleck geworden, der im Vergleich zu individuellen Rechten nicht ins Gewicht fällt. Nach ihr sollte die Demografie und die jüdische Mehrheit mehr Aufmerksamkeit erfahren. Vielleicht sollten die israelischen Gerichte dem Beispiel Saudi Arabiens und der Türkei folgen.

"Der Zionismus darf sich nicht, und ich sage hier, er wird sich nicht weiterhin dem System der individuellen Rechte unterwerfen, das in einer universellen Weise interpretiert wird, die sie von der Geschichte der Knesset und der Geschichte der Gesetzgebung trennt, die wir alle kennen", sagte Shaked. Die Regierung von Netanyahu treibt den umstittenen "nation-state-bill" voran, der festlegen wird, dass Israel das "nationale Heim des jüdischen Volkes" ist, und nur sie können das Recht auf Selbstbestimmung im Staat verwirklichen.

Shaked hält nationale und zionistische Werte für "absolute Wahrheit".

Kritiker des Zionismus haben gesagt, der Staat Israel sei keine Demokratie, weil er seine nicht-jüdischen Einwohner diskriminiert, weil sie keine Juden sind. Das politische Establishment Israels gibt vor, Israel sei ein "jüdischer und demokratischer " Staat. Avram Burg, ein ehemaliger Sprecher der Knesset, des israelischen Parlaments, nennt dies ein "Oxymoron", einen Widerspruch in sich selbst. Von Anfang an hatten Kritiker des pseudo-demokratischen Charakters von Israel eine schwere Zeit; "Antizionisten", "Antisemiten" oder "selbsthassende Juden" sind geächtet. Kritiker wie Oren Yiftachel, Professor an der Ben Gurion Universität in Tel Aviv, nennt Israel eine "Ethnokratie".

Shaked gehört zu Naftali Bennets nationalistischer Partei "Jüdisches Heim". Diese Partei hat gemeinsam mit der rechten Siedlerbewegung den Zionismus für sich vereinnahmt und daraus eine nationalistische, rassistische und Faschismus-ähnliche Idologie gemacht. Unter Josef Burg, dem langjährigen Innenminister Israels war die "National-Religiöse Partei" eine religiös liberale, konservative Partei.

Die israelische Rechte pflegt eine claustrophobe Weltsicht, das heißt, die ganze Welt ist gegen uns, und ein nächster Holocaust wartet schon um die Ecke. Das neueste Beispiel ist die BDS-Bewegung, die vom zionistischen Establishment und dem Weltjudentum als eine existentielle Bedrohung gesehen und mit allen zur Verfügung stehenden Miteln bekämpft wird, was auch bedeutet, dass das auf Kosten der freien Meinungsäußerung geht. In den USA und in europäischen Staaten wie Deutschland drehen die zionistische Israel-Lobby und ihre philosemitischen Komplizen wegen BDS beinahe durch und tun alles, um es zu kriminalisieren.

Seien wir Shaked dankbar. Sie hat das wahre Gesicht des Zionismus zum Vorschein gebracht, das schon jeder gekannt hat, der die Dinge nicht durch die rosa Brille sieht wie die sogenannte "zionistische Linke" von der Arbeitspartei oder der früheren Meretz-Partei. Sie haben über Jahrzehnte hin die Ungerechtigkeiten, den Rassismus, das Besatzungsregime und das Apartheid-System gerechtfertigt. Es ist ein Jammer, dass der Westen ihre Heuchelei noch immer akzeptiert. Sie sind die sogenannten "guten Israelis" im Gegensatz zu den Likudniks, ganz zu schweigen von den Shakeds, Bennets, Libermans und ihresgleichen.

Das ernüchternde Offenlegen des wahren Gesichts des Zionismus durch Shaked und Gideon Levy lobt die dadurch herausgeforderten Widersprüchlichkeiten bei den sogenannten liberalen Zionisten wie Ravit Hecht. Nach ihr "strömt aus Levys Text ein Duft wahrer Liebe für seine rechtsschaffene, heldenhafte Prinzessin". Hecht versucht den wahren oder "guten" Zionismus zu retten, denn das, was Levy und seinesgleichen verteidigen, ist eine "sadistische Verdrehung". Hecht hat Unrecht, wenn sie unterstellt, dass Levy und andere die Führerschaft von Shaked und ihren konservativen Kollegen den "liberalen" Likudniks vorziehen. Levy lobt Shaked nur dafür, dass sie die Wahrheit über den wahren Zionismus ausspricht, der antidemokratisch, rassistisch und antiliberal ist.

Wenn der Zionismus zu einem "blinden Fleck im Rechtswesen" geworden ist, was ist dann mit dem Judentum? Hat nicht der Zionismus das Judentum, auf das er zurückgreift, pervertiert und vereinnahmt? Der Zionismus ist  eine Form von weißgewaschenem Nationalismus mit pseudo-jüdischer Rhetorik. Die Zionisten benützen die Religion als Fassade, um ihren rassistischen und expansionistischen Kolonialismus zu legitimieren. Die wirklichen Probleme dieser Ideologie wurzeln im Zionismus selbst. Um diese Probleme loszuwerden, muss Israel den Zionismus loswerden. Die zionistischen Störenfriede möchten den Konflikt als einen religiösen zwischen Muslimen und Juden darstellen, was falsch ist. In muslimischen Ländern blühte das jüdische Leben, bis der Zionismus in Palästina auftauchte. Erst dann begann der Konflikt. Das einzige Ziel der Zionisten ist es das Land Palästina zu übernehmen und so viele Palästinenser wie möglich loszuwerden. Das ganze Theater hat nichts zu tun mit Religion und sollte von der internationalen Gemeinschaft zurückgewiesen werden. Die Palästinenser sind Opfer einer rassistischen Bewegung, die von Religion so weit entfernt ist wie die Erde vom Mond.

Das sind die wirklichen Probleme, vor denen der Zionsimus steht. Levy weiss das. Deshalb lobte er Shaked. Sie ist die, die der Welt das tatsächliche Gesicht des Zionismus zeigt. Die internationale Gemeinschaft sollte von Israel verlangen, dass es eine verfassungsmäßige (rechtsstaatliche) liberale Demokratie für alle seine Bürger wird. Wenn Israel nicht dem nicht folgt, könnte eine Konsequenz ein internationaler Boykott des Staates Israel sein.

Quelle           Übersetzung: K. Nebauer

Israels  Wahrheits-Ministerin - Gideon Levy - 31. 8. 2017  - Israels Justizministerin Shaked sagte laut und klar die Wahrheit: Der Zionismus widerspricht den Menschenrechten und der ist tatsächlich eine ultra-nationalistische, kolonialistische und vielleicht rassistische Bewegung.

Danke Ayelet Shaked dafür, dass du die Wahrheit gesagt hast. Danke, dass du offen und ehrlich gesprochen hast. Die Justizministerin hat wieder bewiesen, dass Israels extreme Rechte besser ist, als die Betrüger der Mitte-Linken. Sie spricht aufrichtig.

Falls Chaim Herzog 1975  eine Kopie der UN-Resolution der UN-General-Versammlung 3379, die den Zionismus mit Rassismus gleich setzt, dramatisch zerrissen hat, hat die Justizministerin jetzt  die Wahrheit dieser Resolution zugegeben (später wurde sie zurückgenommen). Shaked sagte laut und deutlich: Der Zionismus widerspricht den Menschenrechten. Dies ist in der Tat eine ultra-nationalistische, kolonialistische und vielleicht sogar rassistische Bewegung wie  Befürworter der Justiz weltweit behaupten.

Shaked zieht den Zionismus den Menschenrechten der ultimativen universalen Gerechtigkeit  vor. Sie ist davon überzeugt, dass wir eine andere Art von Gerechtigkeit haben, die der universalen Gerechtigkeit überlegen ist. Zionismus über alles.

Hätte Shaked nicht diese beiden Bewegungen gegenüber gestellt, würden wir weiter geglaubt haben, was uns seit der Kindheit eingetrichtert wurde: Der Zionismus ist eine gerechte, moralisch vollkommene Bewegung. Er rechtfertigt Gleichheit  und Gerechtigkeit: Man sehe sich nur unsere Unabhängigkeits-Erklärung an!  Wir erinnern, wir prägten uns ein: „Die einzige Demokratie im Nahen Osten,“, Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“, „ im jüdischen Staat ist jeder gleich“: wir lernten über den Arabischen Obersten Gerichtshof und den drusischen Kabinettsminister. Was könnten wir noch fragen? Alles ist so gerecht – man könnte schreien.

Falls dies alles wahr wäre, würde Shaked keinen Grund haben, den Zionismus gegenüber den Menschenrechten zu verteidigen. Für Shaked und das Recht ist die Debatte über Menschen- und Zivile Rechte anti-zionistisch, ja sogar anti-semitisch. Sie versucht, den jüdischen Staat zu unterminieren und zu zerstören.

Daher glaubt Shaked, wie so viele rund um die Welt, dass Israel auf Ungerechtigkeit aufgebaut sei – darum muss es vor der feindseligen Rede über Gerechtigkeit verteidigt werden. Wie kann die  Abscheu, über Rechte zu diskutieren, noch erklärt werden? Die individuellen Rechte sind wichtig, sagt sie, aber nicht, wenn sie von den  zionistischen Herausforderungen abgetrennt werden. Noch einmal: Die zionistischen  Herausforderungen stehen im Widerspruch zu den Menschenrechten.

Welches sind  heute die zionistischen Herausforderungen? Das „Judaisieren“ des Negev und Galiläas; die „Eindringlinge“ entfernen, Israels jüdischen Charakter kultivieren und die jüdische Mehrheit bewahren. Die Besatzung, die Siedlungen, der Kult der Sicherheit, die Armee – die vor allem eine Besatzungsarmee ist -  das ist der Zionismus von 2017. All seine Komponente stehen im Gegensatz zur Gerechtigkeit. Nachdem uns erzählt wurde, dass der Zionismus und die Gerechtigkeit  identische Zwillinge sind, dass keine nationale Bewegung gerechter ist als der Zionismus, sagte Shaked genau das Gegenteil: Der Zionismus ist nicht gerecht, er widerspricht der Gerechtigkeit, doch sollen wir an ihm festhalten und ihn der Gerechtigkeit vorziehen, weil er unsere Identität, unsere Geschichte und unsere nationale Mission ist. Kein Pro-Aktivist der BDS-Bewegung würde es schärfer ausdrücken. Doch keine Nation hat das Recht, die universalen Prinzipien  verächtlich zurückzuweisen und ihre eigenen Prinzipien zu erfinden, die den Tag Nacht nennen und  die Besatzung gerecht und Diskriminierung  Gleichheit.

Der Zionismus ist Israels fundamentale Religion und wie in jeder Religion ist ihre Leugnung verboten. In Israel sind Nicht-Zionisten oder Anti-Zionisten keine Beleidigungen. Sie sind soziale Vertreibungsorder. So etwas gibt es in keiner freien Gesellschaft. Aber jetzt, als Shaked den Zionismus entlarvt hat und die Wahrheit zugegeben hat, können wir endlich frei über den Zionismus nachdenken. Wir können zugeben, dass das Recht der Juden auf einen Staat dem palästinensischen Recht auf ihr Land widerspricht und dass der echte Zionismus schrecklichem Unrecht zu werden verhalf, das niemals gerechtfertigt wurde, um diesen Widerspruch wieder gut zu machen, aber die zionistischen Israelis werden  mit dem nicht  einverstanden sein.

Jetzt ist die Zeit für eine neue mutigere und ehrenhaftere Spaltung zwischen jenen Israelis, die mit Shakeds Erklärung  übereinstimmen und denen, die nicht damit einverstanden sind. Zwischen Unterstützern des Zionismus und Unterstützern der Gerechtigkeit, zwischen Zionisten und Gerechten. Shaked lieferte keine dritte Option.              Quelle    ( dt. Ellen Rohlfs)

Der neue National-Zionismus

Daniel Blatman - 3. 9. 2017 - Israels Justizministerin Shakeds Weltanschauung erinnert an die rassistische Fremdenfeindlichkeit der südlichen US-Staaten während der30er-Jahre.

Die Justizministerin Ayelet Shaked macht sich zunehmend selbst zur Führerin des neuen Zionismus. Dies ist nicht nur die Folge der konstitutionellen Revolution, die sie durch den Versuch anführt, den Aufbau des Obersten Gerichtes  oder die Reihe von Gesetzentwürfen, die sie vorschlägt, einschließlich des Nation-Staat-Gesetzentwurfes zu verändern. Dies sind nur praktische Äußerungen einer kohärenten und verdichteten  Weltanschauung, die darauf zielt, eine weitreichende Transformation der ideologischen Basis, auf der der Staat Israel gegründet wurde, zu bewirken.

Shakeds Zionismus ist nicht nur eine  andere jüdische  Variante der europäischen liberalen nationalistischen Idee der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts von der Schule Theodor Herzls, Chaim Weizmans, Zeev Jabotinsky und anderen. Shakeds neuer Zionismus ist eine revolutionäre Synthese des kolonialistischen Siedlungs-Ethos der Labor-Bewegung und der ethnozentrisch-rassistisch jüdischen Komponente, die zusammen zu einer größeren Revision der fundamentalen Definition des jüdischen Staates  führt. Shaked versucht in erster Linie, die zionistische Idee, die trotz des Disputes zwischen ihren verschiedenen  Komponenten über die jüdische Herrschaft als existentielle Notwendigkeit  für ein verfolgtes Volk besteht, mit einer grundsätzlichen Auffassung zu ersetzen, die den Staat Israel als einen uni-ethnischen  Staat definiert, der die anti-liberale jüdische Vision des Kolonialismus erfüllt.  Ihre Bemerkungen in dieser Woche bei der Israel-Bar-Assoziations-Konferenz in  Tel Aviv waren ein weiteres Stadium, diese Ideologie zu zuspitzen.

Shaked hatte schon kürzlich in der Zeitung Hashloach einen Artikel über  die Prinzipien ihrer neuen Weltansicht veröffentlicht, und dieser ist auch das zentrale Konzept des  Nation-State-Gesetzentwurfes:

„Der jüdische Staat ist deshalb der Staat des jüdischen Volkes. Es ist das natürliche Recht  des jüdischen Volkes, so zu leben wie jede andere Nation,“ schreibt sie. „Ein jüdischer Staat ist ein Staat, dessen Geschichte die Geschichte des jüdischen Volkes und dessen Feiertage in der nationalen Wiederbelebung  reflektieren und dessen Sprache Hebräisch ist. Ein jüdischer Staat ist ein Staat,  für den die Besiedlung der Juden in seinen Feldern, Orten und Städten ein grundlegendes Anliegen ist. Ein jüdischer Staat ist ein Staat, der jüdische Kultur, jüdische Bildung und die Liebe zum jüdischen Volk pflegt. Ein jüdischer Staat ist die Realisierung der Hoffnung von Generationen auf jüdische Erlösung. Ein jüdischer Staat ist ein Staat, dessen Werte aus der religiösen Tradition kommen – mit der Bibel als das Grundlegendste der Bücher und der Propheten  von Israels moralischer Gründung. Ein jüdischer Staat ist ein Staat, in dem das jüdische Gesetz eine wichtige Rolle spielt. Ein jüdischer Staat ist ein Staat, für den die  Werte der Torah von Israel,  die Werte der Tradition und die Werte des jüdischen Gesetzes zu den Grundwerten gehören.

Trotz Shakeds Bemühungen, ihre  Weltansicht, als eine die auf klassischem neokonservativen Prinzipien beruht, darzustellen, kommt  aus dunkleren Bereichen. Ihre  Weltansicht  erinnert an die rassistische Xenophobie der südlichen US-Staaten während der 30er Jahre und danach und der rassistischen Rechte, die gegen die Einwanderung ist und heute in jenen Ländern blüht, die von der europäischen Kolonisierung geschaffen wurde. Ihre Erklärung, der Zionismus  müsse sich nicht  weiter  vor dem System individueller Rechte  in universaler Weise  beugen.

Während der 30er Jahren, den Jahren der großen Depression und dem Aufkommen der totalitären Regime in Europa, stand die universelle Idee der individuellen Rechte in den US vor einer ernsten Krise. Das Risiko eines Krieges und inner-rassistischer Spannungen stellten Menschenrechtsaktivisten vor  Schwierigkeiten, besonders bestimmte Aufrufe, das Wesen  des „Amerikanismus“  und den Status von Minderheiten nach ihrer Rasse, Hautfarbe, Religion oder ethnischem Hintergrund neu zu definieren. Der Angriff auf die Rechte dieser Minderheiten vermehrte sich auch auf Grund der wachsenden Popularität  des europäischen Faschismus, der die Definition eines  Staates als eine selektive, kollektive  Gemeinschaft verfocht, die jeden, der nicht zum Kollektiv gehörte, abwies. Dies war besonders im amerikanischen Süden der Fall und wurde durch die rassischen Trennungsgesetze ausgedrückt.

Shakeds Vision eines jüdischen Staates geht parallel zu dem, was die Südländer in den 30er Jahren   „das Bewahren der amerikanischen Lebensart“ nannten. Um diese Vision zu erhalten, war es nicht nur erlaubt, Gesetze  zu erlassen, die sie aufrecht erhielt und sie davor schützte, sich nicht vor den individuellen Rechten zu unterwerfen  - es war sogar erlaubt, diese Vision mit Gewalt zu verteidigen. Hunderte von Beispielen des  Lynchens und der Gewalt gegen Schwarze sind der klare Beweis, wie tief diese Auffassung war. Israel ist von ähnlichen  Phänomenen einer nicht staatlichen aggressiven Gewalt entfernt z.B. gegen Asylsuchende oder gegen Palästinenser. Was aber letztlich den amerikanischen Süden definierte, war  das einmalige Rechtssystem der rassistischen Trennung. Genau dahin steuert Shaked.

Doch muss daran erinnert werden, dass geographische Trennung nie das Hauptziel der Weißen im amerikanischen Süden war. Sie akzeptierten sicher die  Realität, vielleicht sogar die Notwendigkeit, dass Schwarze und Weiße neben einander wohnten und Beziehungen aufrecht erhielten, die auf wirtschaftlichen Interessen und auf Beschäftigung beruhten.  All dies war ein Thema der Diktate der rassistischen Hierarchie oder was ein Forscher „die Ära des rassistischen Kapitalismus“ nennt.

Das ist es, wohin Shakeds zionistische Vision führt.  An Stelle einer weißen Überlegenheit, werden wir mit einer ethnozentrisch-rassistischen Vision eine jüdische Überlegenheit erlangen, die einige lebenswichtige wirtschaftliche Zweckmäßigkeiten erlauben wird. Schließlich wünscht Shakeds jüdischer Staat nicht, sich von den Palästinensern zu trennen und sicherlich  will sie sie nicht zu Bürgern machen. Genauso wie im amerikanischen Süden schuf die Trennung und politische Diskriminierung der Schwarzen eine brutale, rassistische soziale und politische Ordnung, wird Shakeds neuer national-zionistischer Staat, der nicht bereit ist, sich vor den universalen Definitionen der individuellen Rechte zu beugen und wird fortfahren, Minderheiten brutal zu unterdrücken, deren einziger Schutz gegen die ideologische Tyrannei, die sie voranbringt, jene universalen Definitionen sind.

Innerhalb dieser Vision müssen wir auch die Angst der Flüchtlinge orten und den Wunsch, sie um jeden Preis aus dem Land zu vertreiben. Die rassistische Haltung gegen sie ist in Gesellschaften  mit kolonialer Vergangenheit – und Israel gehört dazu -   und Traditionen ein bekanntes Phänomen. Hinter der Einstellung, die die Flüchtlinge als Bedrohung sieht, steht das Bedürfnis die ethnische Überlegenheit der kolonialen Mehrheit zu bewahren, deren Festhalten an den Gebieten, in dem sie lebt, noch nicht den Test historisch langfristiger Legitimität geniest. Deshalb ist das Bedürfnis, die Grenzen streng zu kontrollieren – die territorialen, aber vor allem die ethnischen und rassistischen – so  wichtig. Die Migranten und die Flüchtlinge  verletzen diese Grenzen, sie unterscheiden sich in der Hautfarbe, Religion und in ihrem Lebensstil und so gefährden sie nicht nur die ethnische Hegemonie, sondern können auch die menschliche Qualität der Mehrheitsgesellschaft  mindern und sie in eine ethnische und kulturelle Entität verwandeln, die anders ist als die ursprüngliche.

Dies ist ein neues Konzept des Staates Israel. Shakeds Konzept einer jüdischen Überlegenheit beruht nicht nur auf einer eng gehaltenen Ideologie, sondern auf der Politik der Angst. Israels politische Arena wird jetzt von Parteien kontrolliert, die eine Politik der Angst fördern und Shaked spielt eine größere Rolle darin. Die Hauptbotschaft dieser Angst-Politik ist das Bedürfnis, die jüdische Identität  des Staates gegen die drohende Welt, die dafür verantwortlich ist, sie zu überwältigen und zu eliminieren. Die arabischen, islamischen und afrikanischen Komponenten, die den jüdischen Staat von allen Seiten umgeben, könnten ihn wegwaschen, wenn er sich nicht selbst befestigt, um solch ein schreckliches Überfluten zu verhindern.

Wie die extreme  Rechte in Australien oder die US eine Mauer der Gesetzgebung zu errichten versucht, die  von einer starken Flotte oder tatsächlichen Mauern entlang den Grenzen unterstützt wird, damit die Heimstätte ( die kolonialistische!) von allen Seiten vor dem Eindringen von Mexikanern  oder Afghanen geschützt wird.  Deshalb fördern  Shaked und ihre Kollegen das Recht, das die Zäune, Kontrollpunkte und eine starke Armee unterstützt, die Israels Grenzen vor den drohenden Horden schwarzer Massen absperrt. Diese  Kombination  von ethno-rassistischer Überlegenheit, dem entsprechenden Recht und der Kastrierung des juristischen Systems, so dass es das nicht  schützen kann, was Shaked so gering schätzt – die universalen Definitionen der universalem Rechte – sie schaffen den neuen nationalen Zionismus, den Nachfolger des historischen Zionismus.

 (dt. Ellen Rohlfs)        Quelle  

US-Botschafter beschuldigte Obama des "absoluten Verrats" an Israel und die Palästinenser an der Ermordung des Friedensprozesses  - Philip Weiss - 03.09.2017 - Es ist keine große Überraschung, aber Donald Trumps Botschafter in Israel, David Friedman, entpuppt sich als der neueste amerikanische Anwalt für Israel. Friedman gab der Jerusalem Post ein Interview, und ein Zitat von zwei Worten ging als Schlagzeile rund um die Welt. Friedman, der selbst eine dieser illegalen Siedlungen unterstützt hat, bezog sich auf eine "angebliche Besatzung". Der Guardian berichtet über die Empörung der Palästinenser:

Ein palästinensischer Amtsträger bat die USA um eine Klarstellung und sagte: "So wie wir es verstehen, spricht jemand, der eine offizielle Position innehat, wie z.B ein Botschafter, nicht mehr als Privatperson. Mr. Friedman sollte verstehen, dass das Leugnen von Fakten nicht bedeutet, dass sie nicht existieren. Es gibt umfangreiche Aufzeichnungen von seinen Angriffen auf die nationalen Rechte des palästinensischen Volkes, inklusive der finanziellen Unterstützung illegaler Kolonial-Siedlungen und der Teilnahme an den Feierlichkeiten zur israelischen Besatzung. Wir fordern die US-Administration auf, ihre Position klar zu stellen."

Daraus ein paar Glanzlichter, er versucht auf seine Wortwahl zu achten:

"Ich möchte nicht behaupten, dass sich meine Ansichten tatsächlich sehr geändert hätten. Vielleicht hat sich die Rhetorik geändert", sagte er uns.

"Natürlich, du wirst ein Diplomat. Du änderst deine Rhetorik. Du hat einen offiziellen Job. Du arbeitest für die Regierung der USA. Du beachtest die Befehlskette."

Im Interview gibt Friedman den Palästinensern die ganze Schuld am Scheitern des Friedensprozesses, und formuliert den Konflikt vom israelischen Standpunkt aus.

"Solange es hier die Kultur des Hasses gibt, so lange es die Finanzierung des Terrors gibt, so lange es die Art von Drohungen gibt, die existierten und und wir haben den Abzug aus Gaza gemacht, noch ein gescheitertes Experiment kann sich Israel nicht leisten. Es geht nicht, es geht gar nicht um Ideologie. Es geht darum, was getan werden kann und was nicht getan werden kann..."

Hier der Wegwerf-Hinweis auf eine "angebliche Besatzung":

"Ich denke, die jüdische Gemeinde in den USA neigt dazu etwas kurzsichtig auf Israel zu blicken", sagt er. Die Rechte, sagte er, wird so dargestellt, dass sie glaubt, Frieden sei nicht möglich. Die Linke, erklärte er, wird so dargestellt, dass sie glaubt, dass Israel nur dann, wenn die "angebliche Besatzung" endet, eine bessere Gesellschaft werden würde.

Der Guardian prüfte die Zitate nach: "Eine der beiden Journalisten, die das Interview geführt hatten, bestätigte dem Guardian, dass Friedman korrekt zitiert worden ist. Ein US-Beamter bestand darauf, dass Friedmans Kommentare keinen Wandel in der US-Politik anzeigen."

Es überrascht kaum, dass Friedman die Besatzung lächerlich macht. Friedman war Vorsitzender der Amerikanischen Freunde von Beit El, einer illegalen Siedlung in der Westbank.

Friedman kritisiert scharf die letzte Aktion der Obama Administration: Die Resolution des UN-Sicherheitsrates 2334, die die Siedlungen als "flagrante Verletzung" des Völkerrechts bezeichnet. Die damalige US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, enthielt sich bei der Abstimmung im Dezember 2016 der Stimme und ermöglichte die Beschließung des Maßnahme 14 zu 0 zu 1. Friedman:
"Ich dachte, es war ein 'absoluter Verrat' an Israel durch die Obama-Administration, ein so drastischer Verrat, wie ihn, denke ich, kein anderer Präsident Israel zugefügt hat. Natürlich wollte danach der Präsident danach einen Wandel signalisieren, und ich denke, es war gut überlegt, dass er mich zum Botschafter ernannt hat."

Die Post fragt nach der Beziehung zwischen Premierminister Benjamin Netanyahu und Trump:

"Phänomenal. Ich denke, sie haben viel gemeinsam."

Die Botschaft wird umziehen.

Der Umzug der Botschaft ist eine Frage des 'wann', nicht des 'ob'. Die Diskussion in der Administration zentriert sich jetzt auf den Zeitpunkt. "Es ist etwas, worüber wir die ganze Zeit nachdenken."

Die israelischen Siedlungen sind kein Hindernis für die Schaffung eines palästinensischen Staates.

"Wenn du die Obama Administration gehört hast, würdest du denken, dass die Siedlungen die Westbank überflügelt haben", sagte er. "Es ist noch unter 2% des Territoriums. Ich persönlich bin überzeugt, dass es beim derzeitigen status quo im Hinblick auf die Siedlungen nicht gibt, was eine Lösung der palästinensischen [Frage] ausschließt."

O.k., Siedlungen sind ein legitimes Thema, "neben den anderen 20 (Themen) Bereichen, die diskutiert werden". Aber den Palästinenser muss man die Schuld an viel größeren Problemen geben.

"Siedlungen und Terrorismus gehören nicht in den selben Satz", betonte er. Nicht in denselben Absatz, nicht in denselbem Report, denn Unschuldige zu töten, unschuldige Zivilisten, ist so viel schrecklicher und widerwärtiger und unvereinbarer mit dem Friedensprozess als das Bauen von Wohnungen."

Aaron David Miller sagte in einem berühmten Ausspruch, dass das Verhandlungsteam von Bill Clinton wie ein "amerikanischer Anwalt" handelte (und Clinton zugunsten der Siedlungen). In diesem Sinn ist alles, was wir über Trumps Team erfahren, schlimmer; und sogar die betagte palästinensische Führung hat sich über diese Parteilichkeit empört.  Quelle         Übersetzung: K. Nebauer

Preisgekrönte Fotografen starten  Boykott-Bürgschaft. - Ali Abunimah, 21. August 2017 - Mehr als 40 portugiesische  Fotografen, Fotografie-Lehrer und Studenten haben  eine Bürgschaft gestartet, um professionelle Einladungen vom israelischen Staat zurückzuweisen und die Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen , die mit Israels Besatzungsregime, Kolonialismus und Apartheid zusammen arbeiten, zu verweigern.

Die Fotografen beginnen, Israel zu boykottieren, bis es das Internationale Gesetz befolgt und die Menschenrechte der Palästinenser respektiert.

Sie drängen andere Fotografen, sich diesem Aufruf anzuschließen, der  am Samstag mit dem Welt-Fototag, einem jährlichen Feiertag des umgestaltenden Einflusses, zusammenfällt.

Ihre Bürgschaft kommt als Antwort  auf den palästinensischen  Aufruf zu einem kulturellen Boykott Israels, da Israel  die Kultur benützt, um seine Verletzungen der palästinensischen  Rechte schön zu färben und zu verdecken.

Die Fotografen „können nicht länger schweigen.“

Zu denjenigen, die die Bürgschaft unterstützen, gehört Joao Pina, Preisträger des 2017 –Premio Estacao Imagem Viana do Castelo, Portugals einziger  Foto-journalismus-Preis und Nuno Lobito, eine Fotografen- und Fernseh-Persönlichkeit, die in fast jedem Land der Welt gereist war.

„Es wird Zeit für Israels Markenzeichen der Apartheid, dass es genauso behandelt wird wie die Südafrikanische Apartheid und auf einen  umfassenden internationalen Boykott gezielt wird, bis es die Menschenrechte achtet,“ sagte Lobito.

Die Fotografen können nicht länger über die  Behandlung ihrer palästinensischen Kollegen schweigen, die  unter einer unhaltbaren Besatzung leben, die länger als ein halbes Jahrhundert dauerte,“ fügte Lobito hinzu.

„Die Palästinenser  haben durch Boykott zur Solidarität  aufgerufen, und diese Bürgschaft ist unser praktischer Beitrag zu ihrem Kampf.“

Angriffe auf Fotografen

Palästinensischen Kunst-Fotografen sind häufig  Ziele von israelischen Besatzungskräften.

2014 war das Jahr, in dem Israel einen massiven Militärangriff auf den Gazastreifen ausführte. Es ist für Fotografen  und Journalisten das gefährlichste Land der Welt.

Im Mai dieses Jahres schoss ein israelischer Siedler auf Majdi Mohammed, einem Fotografen der Associated Press, als er eine Protest-Demo in der Westbank-Stadt von Nablus beobachtete.

Der Siedler schoss bei demselben Vorfall einen palästinensischen Demonstranten  tot.

Das  Komitee zum Schutz von Journalisten verurteilte die Untätigkeit der israelischen Besatzungskräfte gegenüber verdächtigen  schießenden Siedlern.

„Die israelischen Behörden sollten einem Mann, der eigenwillig in eine Menschenmenge schießt, einen Journalisten verletzt und einen jungen Mann tötet, nicht erlauben, es sich zu Hause unbehelligt von der Polizei bequem zu machen, sagte der Koordinator der Gruppe Nah-Ost und Nord-Afrika Sherif Mansour .

„Israel muss zeigen, dass seine Bürger nicht einfach straflos auf Journalisten oder andere unbewaffnete Zivilisten schießen dürfen.“

Nicht provozierte Angriffe auf Presse-Fotografen und Journalisten durch israelische Besatzungskräfte sind nicht bestraft worden.

„Ein  natürlicher Schritt“

Im letzten Monat gab es vermehrte Angriffe auf Journalisten, einschließlich Fotografen durch israelische Kräfte, die mit Gewalt auf palästinensischen zivilen Ungehorsam gegen verschärfte Restriktionen, was den Zugang zur Al-Aqsa-Moschee betraf,  reagierten.

Anfang dieses Monats erzählte Oren Ziv, ein Fotograf mit  den AktiveStills der Electronic Intifada, dass israelische Soldaten und Polizisten regelmäßig  palästinensische und  andere Journalisten angreifen, die über kleinere palästinensische Demonstrationen  berichten, doch die Ereignisse in Jerusalem waren ungewöhnlich, da sie große Aufmerksamkeit erreichten-

Miguel Carrico, Preisträger  des 2012 Concelho da Bienal de Vila Franca de Xira-Preises, drängte  seine Fotografen-Kollegen, den Boykott zu beobachten.

„Wenn man aus erster Hand die Verbrechen Israels kennt, die täglich gegen die Palästinenser  begangen werden, dann ist das Unterzeichnen dieser Initiative  ein natürlicher Schritt geworden, sagte  Carrico. „Es ist wichtig, sich diese Mühe mit allen nur möglichen Mitteln zu machen“.             Quelle   (dt. E. Rohlfs)

Israel zerstört kurz vor Schulbeginn drei Schulen

24. 8. 2017 - Israels Besatzung zerstört drei palästinensische Schulen für Kinder in der besetzten Westbank nur wenige Tage, bevor die Schule wieder beginnt, sagte  Relief Web am Donnerstag. Die zerstörten Einrichtungen  schließen auch den einzigen  Kindergarten für die Jabal Al Baba-Beduinen-Gemeinde ein, der in den frühen Stunden des 21. August zerstört wurde und eine Grundschule in Jubbet Al-Dhib, die in der Nacht zum 22. August zerstört wurde.

In einer Erklärung sagte das Relief Web: „Die israelischen Behörden reißen auch die Solar-Panelen ab und konfiszieren sie -  Es war die einzige Quelle für Strom an der Grundschule in  Abu Nuwar.  Die Schule wurde im letzten Jahr auch angegriffen, als  Teile von ihr demoliert und  Einrichtungen  konfisziert wurden.

Schüler der dritten Klasse hatten dann im lokalen  Friseurladen des Ortes ihren Unterricht, da die Gemeinde daran gehindert wurde, ihre eigene Grundschule zu bauen.

Der NRC-Strategie-Manager Itay Epshtain, der Jubbet Al Dhib  an diesem Morgen besuchte, sagte: „ es war herzzerreißend zu sehen, wie die Kinder und ihre Lehrer an ihrem ersten Schultag unter glühender Sonne sich umwandten und kein  Klassenzimmer oder Schutzraum vorhanden war, während in nächster Nähe die Arbeit in illegalen Siedlungen ununterbrochen weiterging.

Die letzte Welle von Schulzerstörungen in der Westbank ist Teil eines größeren Angriffs auf die Bildung in Palästina.

Gerade jetzt sind 55 Schulen in der Westbank von Abriss-Ordern der israelischen Behörden bedroht.

Viele dieser Schulen wurden  von EU-Mitglied-Staaten  finanziert. Israel verweigert  der Mehrheit palästinensischer Baupläne in der Zone C die Genehmigung. So bleibt ihnen keine andere Wahl, als ohne Genehmigung zu bauen, während israelische Siedlungen in Verletzung des Internationalen Rechtes sich weiter ausdehnen.

In den ersten drei Monaten dieses Jahres gab es 24 Fälle von direkten Angriffen auf Schulen, einschließlich Angriffen mit Tränengas-Kanistern und Lärmbomben auf Schüler, die auf ihrem Schulweg waren.

Im letzten Jahr wurden 4Gemeinde-Schulen  abgerissen und 256  Bildungseinrichtungen  in der Westbank angegriffen, was 29 000 Schüler  betraf.

„Als die Schüler jetzt nach den Ferien in ihre Klassenräume  zurückkehren wollten, entdeckten die palästinensischen  Kinder, dass ihre Schulen zerstört worden waren,“ sagte der norwegische  Flüchtlingsrat für Palästina  Hanibal Abiy Worku.

„Welche Bedrohung stellen diese Schulen für die israelischen Behörden dar? Was planen sie, was wollen sie erreichen, wenn sie Tausenden von Kindern ihre fundamentalen Rechte der Bildung  verweigern?“

Bedrohungen, die palästinensische Kinder täglich erleiden, schließen  Gewalt und Schikanen von israelischen Siedlern und Soldaten ein, auch militärische  Aktivitäten innerhalb und in Schulnähe, Verzögerungen  bei den Checkpoints und Verhaftung aus  ihren Klassenzimmern.

Seit 2011 hat die israelische Regierung damit gedroht , Genehmigungen und finanzielle Hilfen zurück zu halten, wenn die Schule sich nicht an das israelische Curriculum hält, in dem Hinweise auf palästinensische Identität und Kultur, auf die Besatzung, die israelischen Siedlungen und andere Aspekte der palästinensischen Geschichte  entfernt wurden.

„Wir rufen alle Regierungen und  Unterstützer der palästinensischen Kinderausbildung auf, all ihren Einfluss auszuüben, um die Gewalt in all ihren Formen zu verhindern“, sagte Abiy Worku.

„Die Zerstörung  von EU-finanzierten Bildungseinrichtungen ist nicht nur eine Verletzung des internationalen Gesetzes. Es ist auch ein Schlag ins Gesicht der internationalen Gemeinschaft, die  der palästinensischen Bevölkerung hilft, sichere Plätze  zum Lernen  für die Kinder zu haben.“                 Quelle 

(dt. Ellen Rohlfs)

 

Netanyahu verbietet der israelischen Armee Siedler aus dem Haus in Hebron zu evakuieren

Tovah Lazaroff - 26.07.2017

Die linke Organisation Peace Now appelliert an die Regierung unverzüglich die Entfernung der Hebroner Familien (aus dem von ihnen besetzten palästinensischen Haus, Ü.) anzuordnen.

Premierminister Netanyahu befahl dem Verteidigungsministerium am Dienstag abend die Siedler aus dem drei-stöckigen Wohnhaus, dem Beit Ha Machpela, nicht zu evakuieren.

Am Morgen dieses Tages waren fünfzehn Familien in das Hebroner Haus gezogen, von dem sie behaupten, sie hätten es vor fünf Jahren von den palästinensischen Eigentümern gekauft.

Soldaten und Offiziere der Grenzpolizei umstellten sofort das Haus. Es liegt gegenüber dem Parkplatzes vor dem Patriarchengrab in einem Gebiet der Stadt, das unter israelischer Kontrolle ist.

"Hier sind Männer, Frauen, Kinder und Babys", sagte ein Sprecher der Familien, Shlomo Levinger.

Die Ziviladministration hat den Familien die Genehmigung erteilt den Besitz käuflich zu erwerben, sie müssen jedoch einen hinreichenden Beweis für den Kauf vorlegen.

Die Familien legten Widerspruch gegen eine Entscheidung des Registrierungskomitees (Grundbuch) von 2015 ein, ihnen den Besitz nicht zu übertragen.

"Die Regierung von Israel hindert ohne eine rechtliche oder moralische Rechtfertigung die Familien daran in Häusern zu leben, die sie gekauft haben", sagte Levinger.

Er fügte hinzu, das Timing für den Einzug in das Haus sei eine Reaktion auf die Vorfälle am Tempelberg von Jerusalem gewesen, und (der Einzug) sei genau zu dem Zeitpunkt im jüdischen Kalender erfolgt, der die Trauer über die Zerstörung des jüdischen Tempels vor 2000 Jahren anzeigt.  

"In diesen Tagen, in denen jüdisches Blut fließt und Juden Angehörige verloren haben, hat die israelische Regierung gegenüber unseren Feinden Schwäche gezeigt", sagte Levinger.

"Wir appellieren an die Regierung mutig die Fahne der Siedlungen und der Treue zum Land Israel zu hissen", sagte Levinger.

Den Familien wurden genügend Genehmigungen für das Projekt gegeben, um den Familien zu erlauben in das Haus einzuziehen", sagte Levinger Dienstag abends der Jerusalem Post per Telefon aus dem Haus.

"Nachdem die Siedler immer wieder damit gescheitert sind ihr Eigentumsrecht zu beweisen, haben sie beschlossen, das Rechtsprechung zu ignorieren und in das Haus einzudringen, in der Absicht eine neue Siedlung zu gründen, die das Gebiet in Flammen setzen wird", sagte Peace Now. "Wir appellieren an Netanyahu Null Toleranz für diese Bande von Kriminellen zu zeigen."  

Die israelische Armee hatte die Familien 2012 aus dem Gebäude geholt, in das sie damals zum ersten Mal eingezogen waren und Dokumente zum Beweis für den Kauf vorgelegt hatten. Seit damals war das Haus versiegelt.

Es liegt in der Nähe von zwei palästinensischen Schulen und einem anderen palästinensischen Stadtteil. Die jüdische Gemeinde in Hebron hat nur etwa 1000 Mitglieder, die in vier Wohnblocks leben, sowie eine Militärbasis und eine Yeshiva.

[...] Letztes Jahr versuchte die jüdische Gemeinde von Hebron in zwei Gebäude an der Shuhada-Street einzuziehen, von denen sie sagten, sie hätten sie gekauft, und die sie Beit Rachel und Beit Leah nennen. Diese Gebäude liegen ebenfalls in der Nähe des Patriarchengrabes. Die israelische Armee zwang die jüdischen Bewohner die Häuser zu verlassen; diese Gebäude wurden ebenfalls versiegelt, bis der Beweis für den Kauf erbracht würde.

Nach Jerusalem ist Hebron einer der Brennpunkte im israelisch-palästinensischen Konflikt.

Der Versuch in das Beit HaMachpela einzuziehen erfolgte genau Wochen nachdem die UNESCO das Patriarchengrab und die Altstadt darum herum als zum "Staat Palästina" gehörend registriert hat.

Der Versuch von Dienstag Netanyahus Einfluss (Unterschrift) für ein Wachstum der Hebroner jüdischen Gemeinde zu erzwingen, eröffnet jetzt einen weiteren Streitpunkt zwischen dem Premierminister und seiner rechten Unterstützungsbasis.

Siedler von Beit El haben ihn aufgefordert, sein Versprechen von vor fünf Jahren einzulösen und 300 Wohnungen für ihre Siedlung zu genehmigen.

Fünfzehn Familien, die im Außenposten Nativ Haavot leben, stellten diese Woche vor der Knesset ein Protestzelt auf, um rechtliche Hilfe beim Finden einer Lösung für ihre Häuser zu erbitten, die abgerissen werden sollen. Der Oberste Gerichtshof hatte angeordnet die Häuser bis zum März 2018 abzureißen, nachdem ein Landvermesser festgestellt hatte, dass sie auf Land errichtet worden waren, das vermutlich Palästinensern gehört.

Bis jetzt wurde ihnen keine alternative Wohnmöglichkeit als Lösung angeboten.

Am Dienstag haben die 40 im Februar aus dem Außenposten Amona evakuierten Familien geklagt, dass die Bauarbeiten an der Infrastruktur für die neue Siedlung Amihai gestoppt worden seien. Sie planen dort dauerhafte Wohnhäuser zu errichten, aber das Verteidigungsministerium hat dem Benjamin- Regionalrat kein Geld überwiesen, damit die Arbeiten fertig gestellt werden können.

Nach einem Hearing zu der Angelegenheit, ordnete Netanyahu unverzüglich an die notwendigen Gelder zu überweisen.              Quelle                Übersetzung: K. Nebauer

Hilfsorganisationen über Angriffe auf palästinensische Bildungseinrichtungen vor dem neuen Schuljahr alarmiert - 24.08.2017 - Diese Woche waren zwei Bildungseinrichtungen Ziel der israelischen Behörden, womit es in den letzten zwei Wochen insgesamt drei sind. Einen Tag vor Beginn des neuen Schuljahres fuhr die Israelische Ziviladministration (ICA) (1)in die Gemeinde Jubbet adh-Dhib und demontierte die Grundschule, deren Bau gerade fertig wurde. In den frühen Stunden des 21. August fuhr ICA in Begleitung von Soldaten in die Beduinengemeinde Jabal al-Baba, um den neu errichteten Kindergarten zu zerstören.

Eine Woche zuvor war bereits die Gemeinde Abu Nuwar Ziel eines Angriffs, dabei wurde die einzige Energiequelle der Grundschule – Solarpaneele und Batterien – entfernt und die Unterrichtsbedingungen für die kleinen Schüler unerträglich gemacht.

Eine weitere Schule erhielt im August eine Anordnung zur Einstellung der Bauarbeiten. Heute sind es mehr als 55 Schulen in der Westbank, für die die israelischen Behörden noch offene Anordnungen zu Abriss oder Baustoppp erteilt haben.(2)

Quer durch die Westbank sind Kinder unzähligen Gefahren ausgesetzt, wenn sie bloß versuchen die Schule zu erreichen und ihr gundlegendes Recht auf Bildung auszuüben. Zu diesen Gefahren gehören: Gewalt und Schikanen von Siedlern und israelischen Soldaten auf dem Schulweg, militärische Aktivitäten in oder in der Nähe der Schule, Festnahmen oder Verhaftungen von Kindern in ihren Klassenräumen durch Militär oder Polizei, Zeitverlust wegen (Erklärung eines Gebiets zu) einer militärischen Sperrzone oder einer Schießzone, Verzögerungen beim Passieren von Check-Points, Drohungen eine Schule zu zerstören oder abzureissen sowie Anordnungen den Bau einzustellen.

2016 wurden 256 Verletzungen des Rechts auf Bildung durch die Grave Violations Working Group dokumentiert, die sich auf den Unterricht von 29.230 Schülern auswirkten. Zwischen Januar und März 2017 gab es 24 Fälle direkter Anschläge auf Schulen. (3)

Dazu gehören Vorfälle, bei denen Tränengaskanister und Lärmgranaten auf Schüler auf ihrem Weg zur oder von der Schule abgeschossen wurden. Mehr als 20.000 Schüler verloren wichtige Unterrichtszeit wegen Behinderungen wie Verzögerungen an Check-Points, oder weil Gebiete für militärische Zwecke gesperrt wurden, sowie wegen der Festnahme und Verhaftung von Kindern in und in der Nähe von Schulen. Im Shuafat Flüchtlingslager in Ost-Jerusalem sind bis zu 15.000 Kinder gezwungen täglich einen Check-Point zu passieren, um die Schule zu erreichen.

Das universelle Recht auf Bildung ist in der Universalen Erklärung der Menschenrechte verankert, es wurde bekräftigt in der Internationalen Konvention über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, in der Konvention über die Kinderrechte und der UNESCO-Konvention gegen Diskriminierung in der Bildung. In den besetzten palästinensischen Gebieten wird dieses Recht zunehmend ausgehöhlt, dazu kommen schwerwiegende Gefahren für den Schutz der Kinder, wie die Konfrontation der Kinder mit Androhungen von Gewalt, Demütigungen, Festnahme und Verhaftung sowie dem Fehlen sicherer Räume zum Lernen.

Wir appellieren an alle Verantwortlichen das unveräußerliche Recht der Kinder auf Bildung zu schützen und sprechen (damit) die zunehmenden Gefahren für Kinder beim Zugang zu Bildung in den besetzten Gebieten an.

Wir ersuchen dringen die staatlichen Parteien, nicht-staatliche Akteure und lokale und internationale Gemeinschaften:

- Verletzungen des Rechts auf Bildung in allen seinen Formen zu beenden und    sich zu bemühen und sicherzustellen, dass (die Schuldigen) für Verletzungen    dieses grundlegenden Rechts zur Rechenschaft gezogen werden. - Alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Beschädigung und Zerstörung    von schulischer Infrastruktur zu verhindern, dazu gehört die Beendigung  der  administrativen Zerstörung von Bildungseinrichtungen und die Zurücknahme  der tausenden offenen Abriss-Anordnungen in Ost-Jerusalem und in Zone C   der Westbank.

- Gewalt und Anstiftung zur Gewalt in und in der Nähe von Schulen zu beenden  und alle Schulen und Unterrichtsorte als unantastbare sichere Räume für  Kinder und des Lehrpersonals zu respektieren. - Sicherzustellen, dass bewaffnete und unbewaffnete Siedler oder  Siedlungswächter sich nicht in und in der Nöhe von Schulen aufhalten und zu    garantieren, dass jeder Angriff auf Schulen korrekt untersucht und (die    Schuldigen) zur Rechenschaft gezogen werden. - Alle Anstrengungen zu unternehmen, um Schülern und Lehrpersonal ein    sicheres und unbehindertes Passieren durch Check-Points auf ihrem Weg zur    und von der Schule zu ermöglichen.

 Anmerkungen:

1) Die Ziviladministration ist eine zivil-militärische Organisation, die mit der Durchsetzung der israelischen zivilen  Politik im besetzten Territorium beauftragt ist. Sie operiert als zivile Organisation, ist aber dem Kommando der militärischen Behörden unterstellt.

2) Die israelische Planungs- und Flächenbebauungspolitik kontrolliert jeden Bau in der Zone C; 2015 wurden nur 1,81% der Anträge auf Baugenehmigung bewilligt. Der UN-Generalsekretär hat bereits früher festgestellt, dass die israelische Planungs- und Flächenbebauungspolitik in der Westbank, die den Bau von Wohnungen und Strukturen in der Zone C regelt, restriktiv, diskriminierend und unvereinbar mit den Bestimmungen des internationalen Rechts (Völkerrechts) ist.

*Quelle: Judea and Samaria Central Planning Committee, retrieved from
 http://iplan.gov.il/Mechozi/yosh/Pages/yosh.aspx
 (nur in Hebräisch verfügbar)

*UN Secretary General. 20.01.16 A/HRC/31/43. Israeli settlements in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem, and in the occupied Syrian Golan.Para.45

3) Angriffe auf Schulen werden von der working group on grave violations on Children Affected by Armed Conflicts (CAAC) definiert.          Quelle         Übersetzung: K. Nebauer

Belgien verlangt von Israel Schadensersatz für Zerstörung gespendeter Schulausstattung im Westjordanland - Bethan McKernan - 25.08.2017 - Schulenrichtungen, die von internationalen Organisationen in vier palästinensischen Gemeinden just vor Beginn des neuen Schuljahres zerstört wurden.

Belgien hat von den israelischen Behörden "Erklärungen sowie Schadensersatz" für die Zerstörung neuer Schuleinrichtungen für Palästinenser im Westjordanland verlangt, die von der EU gespendet wurden.

Die sechs neu errichteten stählernen 'Schildkröt'-Häuschen wurden im Dorf Jubbet al Dhib aufgestellt, damit die Kinder aus dem Ort nicht eine Stunde weit zur Schule gehen müßten.

Sie wurden am Dienstag – einen Tag vor Beginn des neuen Schuljahres - von den israelischen Behörden zerstört und die Einrichtung wie Stühle und Tische konfisziert, mit der Begründung für die Gebäude hätte es keine eigene Baugenehmigung gegeben.

Das Gebiet wurde abgeriegelt, zur militärischen Zone erklärt und Sicherheitskräfte warfen Lärmgranaten, um Dorfbewohner fern zu halten, wie die israelische Menschenrechtsgruppe B'Tselem sagte.

Israelische Medien berichteten, Dorfbewohner hätten während der Zerstörung Steine auf die Soldaten geworfen.

Die 80 Kinder des Dorfes mussten nun am ersten Schultag in einem engen Zelt oder in der heissen Sonne dem Unterricht folgen.

In einer Erklärung vom Donnerstag verurteilten der belgische Vize-Premierminister Didier Reynders und der Minister für Entwicklungskooperation Alexander De Croo gemeinsam die Zerstörung der teilweise von Belgien finanzierten Gebäude.

"Diese neuen Zerstörungen und Konfiszierungen von grundlegender Infrastruktur sind inakzeptabel: die belgischen Projekte wollen humanitäre Bedürfnisse abdecken und sind unter strikter Beachtung des internationalen humanitären Rechts durchgeführt", schrieben sie.

"Mit dem Unterminieren solcher humanitärer Projekte verstößt Israel gegen seine internationalen Verpflichtungen als Besatzungsmacht."

Die belgischen Behörden stellten außerdem fest, dass die Zerstörung in Jubbet al Dhib zusätzlich zur Zerstörung der Schuleinrichtungen in drei weiteren Westbankdörfern in den letzten zwei Wochen erfolgte. Alle waren von internationalen Organisationen und NGOs gespendet und aus denselben Gründen fehlender Baugenehmigung zerstört worden.

Kritiker der israelischen Politik haben schon lange darauf hingewiesen, dass es für Palästinenser so gut wie unmöglich ist Baugenehmigungen zu bekommen.

Die jüngste Häufung von Zerstörungen von Schulen und Konfiszierungen in der Westbank sind Teil eines größeren Angriffs auf Bildung in Palästina, sagt der norwegische Flüchtlingsrat (NRC); insgesamt 55 Schulen sind zur Zeit mit (Militär-)Anordnungen zur Zerstörung oder "Einstellung" der Bauarbeiten bedroht.

"Just als sie in ihre Klassenräume zurückkehren wollten, entdeckten die palästinensischen Schulkinder, dass ihre Schulen zerstört waren", sagte der palästinensische Direktor des NRC Hanibal Abiy Worku.

"Welche Gefahren drohen den israelischen Behörden durch diese Schulen? Was planen sie, was wollen sie erreichen, wenn sie tausenden Kindern ihr grundlegendes Recht auf Bildung verwehren?"

Der Koordinator von Regierungsaktivitäten in den (besetzten) Gebieten (COGAT), die Organisation, die die israelische Politik in den palästinensischen Gebieten umsetzt, antwortete nicht gleich auf das Ersuchen des Independent um eine Erklärung.

Letzten Monat reichten die Niederlande eine Beschwerde bei der israelischen Regierung ein, nachdem dutzende holländische Solarpaneele, die für dasselbe Dorf gespendet worden waren, konfisziert worden sind.
Mehr als 300 Gebäude (Strukturen) in der besetzten Westbank, die 2016 von den israelischen Behörden zerstört worden sind, waren zumindest teilweise von der EU oder internationalen NGOs gespendet, sagte ein israelischer Militäroffizier Anfang dieses Jahres.

Im vergangenen Jahr gab es auch die höchste Zahl von Zerstörungen palästinensischer Strukturen durch Israel seit Menschenrechtsgruppen dies dokumentieren.

"Belgien ist nicht der einzige internationale Geber, der von dieser Art von Zerstörungen betroffen ist. Belgien wird fortfahren gemeinsam mit seinen Partnern zu arbeiten wie in der Vergangenheit, um die israelischen Behörden aufzufordern (zu bitten) mit diesen Zerstörungen aufzuhören", sagten belgische Beamte.

Quelle  Übersetzung: K. Nebauer

 

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