Texte von Meir
Margalit
Hauszerstörungen in Jerusalem 2004
Das israelische Komitee gegen
Hauszerstörungen (ICAHD)
Meir Margalit,
2005-02-24
Das Jahr 2004 war für
uns von ICAHD das härteste Jahr in Ost-Jerusalem: 152 Häuser
wurden in der größten Zerstörungskampagne, die der Staat Israel
in Ost-Jerusalem durchführte, zerstört. Die Regierungsbürokratie
arbeitete mit Volldampf, alles natürlich im Namen des Gesetzes,
der öffentlichen Ordnung und mit Unterstützung der Gerichte.
Wenn Nicht-Juden jüdische Häuser in anderen Teilen der Welt
zerstören, nennt man dies ein Pogrom. Wenn der Staat Hunderte
von Häusern in Ost-Jerusalem zerstört, dann nennen wir dies
„Vollstreckung des Gesetzes“. Ein Nicht-Jude, der ein Haus
zerstört, wird „brutaler Kerl“ genannt. Ein Jude, der ein Haus
zerstört, wird „Bau-Inspektor“ genannt.
Das Jahr 2004 ist ein
schwieriges Jahr für die gewesen, die ein Gewissen haben. Es
gibt keine Scham; menschliche Moral fehlte und wir erlebten,
dass das Böse kein Ende hat. Jedes Mal, wenn wir dachten, dies
ist der Inbegriff ( des Bösen) und vielleicht hört es jetzt auf,
wurden wir von neuen Ausmaßen der Ungerechtigkeit überrascht.
Wir fragten uns auch, ob es keine Budgetbegrenzungen für die
Hintermänner der Zerstörung gab, die da Überstunden machten.
Das Jahr 2004 war ein
schmachvolles Jahr für die Menschenrechte in Ost-Jerusalem. Es
war ein Jahr, in dem viele ihre Menschlichkeit verloren haben
und in dem auf der Menschenwürde wie nie zuvor herumgetrampelt
wurde. Es war ein Jahr, in dem ganze Familien obdachlos geworden
sind, weil sie einen einzigen Fehler gemacht hatten: sie bauten
für ihre Familie ein Haus. Es war ein Jahr der Schande für das
Rechtssystem, das mit der Zerstörungsverwaltung
zusammengearbeitet und nicht den Mut gefunden hat, diese
legalisierte Ungerechtigkeit zu beenden. Immer wieder
autorisierten die Gerichte die Zerstörungsbefehle, genehmigten
die schändlichen Aktionen und behaupteten, dass sie nicht in der
Lage seien, dies zu verhindern, solange die Bau- und
Planungsgesetze nicht verändert werden. Wir erinnern uns an
Leute, die „nur Befehlen gehorcht“ haben. Wir haben Richter, die
sagen: „dies ist Gesetz“. Sie waschen ihre Hände in Unschuld,
verstecken sich hinter einer höheren Autorität und beteiligen
sich so an Verbrechen.
Das Jahr 2004 war ein
schlechtes Jahr für das Leben in der Stadt. Die Kluft zwischen
Ost und West ist tiefer denn je. Die Stadt ist zerrissen und
blutet; sie wird von vielen Bulldozern verletzt. Und aus den
offenen Wunden fließen Ströme von Hass und Widersprüchen. Das
Jahr 2004 war auch günstig für Bomben und Feuerwerke, weil
Hauszerstörungen ein sicheres Rezept für einen Aufstand ist, der
sicher kommen wird. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die
große Explosion aus dem Osten kommen wird – das Beben wird uns
alle erreichen. Allen Anzeichen nach wird das Jahr 2005 noch
schlimmer werden.
http://www.kibush.co.il/show_file.asp?num=744 (Aus
dem Hebr. ins Engl.: Nurit Steinfeld; dt. E.Rohlfs)
Tatsachen an Ort und Stelle: ein
Gegengewicht zur Euphorie
Lucia Pizarro, internationale
Koordinatorin, ICAHD
Während die israelische
Regierung über Gesten (des guten Willens) und vertrauensbildende
Maßnahmen spricht, fährt sie fort, aggressiv palästinensische
Häuser in Ostjerusalem zu zerstören. Gestern, am 22.2. 05 wurde
ein siebenstöckiges Haus (1500qm) auf dem Ölberg zerstört. Das
Gebäude gehörte den Familien Karesh und Harhash. Heute am 23.2.
wurden zwei Gebäude in Ort Sur Bahir ( zwischen Jerusalem und
Bethlehem) zerstört. Sie gehörte der Al-Atrash-Familie ( ca 120
qm) und Al Hatib-Familie ( ca 70qm).
2005 wurden allein schon
10 Gebäude zerstört, doch wenn wir das 7-stöckige Gebäude
berücksichtigen, sind mehr als 15 Wohnungen zerstört worden . Im
vergangenen Jahr wurden in Ost-Jerusalem 152 Wohngebäude
zerstört, und wir fürchten, dass es in diesem Jahr noch mehr
werden.
Es drohen noch viel
mehr Zerstörungen: 70 im Ortsteil al Muntar in Sur Bahir. Diese
Wohnungen sollen wegen des Mauerbaus zerstört werden. 30
Zerstörungen sind im Raum Wallajeh und 7 in Kufr Akab im
Augenblick eingefroren . All diese kommen zusätzlich zu den 269
Häusern mit Abrissbefehlen vom Innenministerium und zu 1504
Abrissbefehlen von der Stadtgemeindeverwaltung.
Im ganzen gibt es ca
2000 offenstehende Abrissbefehle in Ost-Jerusalem. Jeden Tag
fürchten die Familien, dass ihr Haus das nächste sein wird.
In dieser kritischen
Zeit, in der die Medien und die Politiker Euphorie über einen
neuen Friedensprozess entwickelt haben, müssen wir sie daran
erinnern, dass die Besatzung weitergeht und dass ( schreckliche)
Tatsachen an Ort und Stelle ich ständig und unerbittlich
ausbreiten. Tatsächlich ist das Beenden von Hauszerstörungen
speziell ein Teil israelischer Verpflichtung als grundlegender
Schritt im ersten Stadium der Road Map erwähnt, um das Vertrauen
zwischen den Völkern wieder herzustellen.
Was Israel im Augenblick
an Ort und Stelle tut, ist der beste Maßstab für seine
Absichten, einen gerechten Frieden mit den Palästinensern zu
suchen.
www.kibush.co.il/show_file.asp?num=739
(dt.Ellen Rohlfs)
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