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Israelis und Obama

 Henry Siegmann

1.November 2009

 

Umfragen haben ergeben, dass Präsident Obama  nur noch über 6-10% der israelischen Öffentlichkeit hinter sich hat – vielleicht die niedrigste Popularität in einem Land weltweit.

Nach Medienberichten suchen die Berater des Präsidenten nach Wegen, um Israels Öffentlichkeit der Freundschaft des Präsidenten zu versichern und des uneingeschränkten Engagement für Israels Sicherheit.

Diese Freundschaft und das Engagement sind real, ungeachtet der Umfragezahlen in Israel. Außenministerin Hillary Clinton versuchte, diese Botschaft während ihres Besuches in Israel zu verstärken. Sonderbotschafter George Mitchell ist angeblich darum gebeten worden, ähnliche Bemühungen während seiner häufigeren Besuche in Jerusalem zu machen.

Das Weiße Haus ist dabei, einen neuen Rekord in der Anzahl der  beruhigenden Botschaften und Videogrüßen von einem amerikanischen Präsidenten nach Israel, aber auch an jüdische Organisationen in den USA zu senden – genau zu diesem Problem. Pläne für einen Präsidentenbesuch in Jerusalem sind im Gespräch.

Mitarbeiter des Präsidenten sind besorgt, dass die Feindseligkeit gegenüber Präsident Obama unter den Israelis seine Friedensbemühungen schädigen könnten. Das stimmt zweifelsohne.

 

Aber eine Weiße-Haus-Kampagne, die sich mit Israels Öffentlichkeit beim Präsidenten einschmeicheln will, könnte weit gefährlicher sein, weil der Grund für diese beispiellose israelische Feindseligkeit gegenüber einem amerikanischen Präsidenten die Angst ist, dass Präsident Obama ernsthaft darum bemüht ist, Israels Besatzung auf der Westbank und im Gazastreifen zu beenden.

Die Israelis sind nicht gegen Präsident Obamas Bemühungen, weil sie ihn nicht mögen;  sie mögen ihn genau wegen seiner Friedensbemühungen nicht. Er wird ihre Zuneigung  nur dann wieder erlangen, wenn er mit diesen Bemühungen aufhört.

 

So reagiert Israels Regierung und Volk auf Druck von außen für ein Friedensabkommen, der Israels Übereinstimmung mit dem Völkerrecht  und den UN-Resolutionen erwartet und dazu aufruft, zu den 1967-Grenzen zurückzukehren, und einseitige Veränderungen an dieser Grenze zurückweist.

Wie Israels Regierung wird auch die israelische Öffentlichkeit nicht müde, gegenüber Umfragen seine Hoffnungen auf Frieden und seine Unterstützung einer Zwei-Staatenlösung zu erklären. Was die Umfragen aber nicht berichten, ist, dass diese Unterstützung davon abhängt, was Israel genau unter Frieden versteht, von seinen territorialen Dimensionen und den Beschränkungen, die der Souveränität eines palästinensischen Staates auferlegt werden.

 

Ein amerikanischer Präsident, der sich an die arabische Welt wendet und einen fairen und gerechten Weg zum Frieden verspricht, wird  von Israelis sofort als anti-israelisch angesehen.

Der Vorsitzende einer führenden jüdischen Organisation in  Amerika war gegen die Ernennung von Senator Mitchell als Präsident Obamas als Friedensvermittler, weil seine Objektivität und sein Gerechtigkeitssinn ihn für diese Aufgabe disqualifizieren.

 

Die israelische Reaktion auf ernsthafte Friedensbemühungen sind nichts anderes als pathologisch – die Folge  einer Unfähigkeit, mit der Rückkehr des jüdischen Volkes in die Geschichte nach 2000 Jahren Machtlosigkeit und Opfersein fertig zu werden.

 

Der frühere Ministerpräsident Rabin, an dessen Ermordung durch einen jüdischen Rechtsextremisten man in dieser Woche in Israel gedenkt, sagte  bei seiner Amtseinführung 1992 den Israelis, dass ihr Land  militärisch mächtig und nicht ohne Freunde sei und auch in keiner Gefahr. Sie sollten deshalb aufhören, als Opfer zu denken und zu handeln.

 

Die Botschaft von Ministerpräsident Benjamin Netanyahus, dass die ganze Welt gegen Israel sei und dass die Israelis vor einem neuen Holocaust stünde – eine Angst, die er wiederholt während seiner Rede im September bei der UN- Vollversammlung zum Ausdruck brachte, um  den  Richard Goldstone-Bericht über den Gazakrieg in Misskredit zu bringen –  ist für zu viele Israelis leider die bessere Nachricht.

 

Diese Pathologie ist von amerikanisch-jüdischen Organisationen  begünstigt und unterstützt worden, deren Agenden mit den politischen und ideologischen Ansichten von Israels rechtem Flügel übereinstimmen. Diese Organisationen reflektieren nicht die Ansichten der meisten amerikanischen Juden, die zum größten Teile - fast 80% -  bei den Präsidenten Wahlen für Obama wählten.

Ein israelisch-palästinensisches Friedensabkommen hat sich allen US-Regierungen entzogen, nicht weil sie unfähig waren, die passenden Formulierungen auszuarbeiten; seit geraumer Zeit kennt jeder die wesentlichen Punkte dieser Formulierung, die von Präsident Clinton schon 2000 vorgeschlagen wurden.

Der Konflikt geht nur deshalb weiter, weil US-Präsidenten, und zu einem größeren Ausmaß Mitglieder des Kongresses, die alle zwei Jahre von Wahlspenden abhängen – einer Pathologie Rechnung tragen, die nur  durch Herausforderung geheilt werden kann.

Nur ein US-Präsident mit politischem Mut, der israelisches Missfallen riskiert und auch die Kritik aus dem Teil der Pro-Israel-Lobby in Amerika, die reflexartig die Politik Israels unterstützt, egal wie sehr sie gegen Vernunft und Moral verstößt – kann diese Pathologie heilen.

 

Wenn Präsident Obama  ernsthaft sein Versprechen hält, um endlich die 40 Jahre andauernde Besatzung durch Israel zu beenden, wenn er eine Zwei-Staaten-Lösung voranbringt, Israels Überleben als jüdischer und demokratischer Staat absichert und die nationalen Interessen der USA in der Region schützt, muß er dieses Missfallen riskieren. Wenn er  sein Versprechen einlöst, wird er Israels ewige Dankbarkeit verdienen.

 

 

Henry Siegmann war  früher Nationaldirektor des amerikanischen-jüdischen Kongresse. Jetzt ist er  der Direktor des US/ Nahost-Projektes.

 

(dt. Ellen Rohlfs)

 

 www.nytimes.com/2009/11/02/opinion/02iht-edsiegmann.html 

 

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