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Der Krieg gegen die Kinder von Gaza
Von Saree Makdisi
PalestineChronicle.com

 

Eine ganze Generation von Palästinensern in Gaza wächst behindert auf: physisch auf Grund der Ernährung, weil sie nicht genug zu essen erhält; emotional, weil sie dem Druck ausgesetzt ist, in einem quasi Gefängnis und mit der ständigen Bedrohung durch Zerstörung und Vertreibung leben zu müssen; intellektuell und akademisch, weil sie sich nicht konzentrieren kann, oder, selbst wenn sie das kann, weil sie versucht, unter Umständen zu lernen und zu studieren, die kein Kind je aushalten müssen sollte.

 

Auch schon, bevor Israel in dieser Woche Gaza zum „feindlichen Gebiet“ erklärte, offensichtlich in Vorbereitung auf das Abschneiden der noch übrig gebliebenen Brennstoff- und Elektrizitätsressourcen für 1,5 Millionen Männer, Frauen und Kinder, war die Situation grässlich.

 

Als Ergebnis der israelischen Blockade auf die meisten Im- und Exporte und andere Maßnahmen, die darauf ausgerichtet waren, die Bevölkerung zu bestrafen, sind 70 Prozent der Arbeitskräfte Gazas arbeitslos oder ohne Einkommen, und nach Auskunft der Vereinten Nationen leben 80 Prozent der Bewohner in äußerster Armut. Etwa 1,2 Millionen von ihnen sind für ihr Überleben von Tag zu Tag abhängig von der Ernährungshilfe der U.N. oder internationaler Agenturen, ohne die, so Kirstie Campbell vom Welt-Ernährungs-Programm, „sie dazu verurteilt sind zu verhungern“.

 

Eine zunehmende Anzahl von palästinensischen Familien in Gaza können ihren Kindern nicht mehr als eine magere Mahlzeit täglich geben, oft wenig mehr als Reis und gekochte Linsen. Frische Früchte oder Gemüse sind außerhalb der Reichweite vieler Familien. Fleisch und Geflügel sind unmöglich teuer. Gaza blickt in die reichen Gewässer des Mittelmeers, aber Fisch ist auf dem Markt  nicht erhältlich, weil die israelische Marine  die Bewegungen der Fischer von Gaza eingeschränkt hat.

 

Eltern in Los Angeles, die die letzten Wochen damit verbracht haben, von einem Schulanfangs-Sale zum anderen zu rennen, könnten Schlimmeres tun als sich ein paar Minuten zu gönnen, um an ihresgleichen im Gazastreifen zu denken. Als Ergebnis der Belagerung  ist Gaza nicht nur knapp an Rohtextilien und anderen Basisgütern, sondern auch an Papier, Tinte und der Grundausstattung für den Schulbetrieb. Ein Drittel der Kinder in Gaza haben das Schuljahr ohne die notwendigen Schulbücher begonnen. John Ging, der Direktor der Hilfswerke der UN, in dessen Schulen 200.000 Kinder in Gaza unterkommen, hat gewarnt, dass die Kinder „hungrig und unfähig zur Konzentration“ in die Schule kommen.

 

Israel sagt, dass seine Maßnahmen in Gaza darauf gerichtet sind, Druck auf die palästinensische Bevölkerung auszuüben, damit diese wiederum Druck auf jene ausüben soll, die derbe, handgemachte Raketen von Gaza in die israelische Stadt Sderot abschießen. Diese Raketenangriffe sind unrecht. Aber es ist ebenso unrecht, die ganze Bevölkerung für die Aktionen einiger weniger zu bestrafen,  Aktionen, die die Schulkinder von Gaza ebenso wenig in der Lage sind zu stoppen wie ihre belagerten Eltern.

 

Es ist eine Verletzung des internationalen Rechtes, mehr als eine Million Menschen für etwas kollektiv zu bestrafen, das sie gar nicht getan hat. Nach der Genfer Konvention, zu deren Signatarstaaten Israel gehört, hat Israel aktuell die Verpflichtung, für das Wohlergehen der Menschen einzustehen, die es willkürlich seit mehr als vier Jahrzehnten mit einer militärischen Besetzung belegt hat. Stattdessen wurde das Gesetz mit einem Achselzucken zur Seite geschoben. Israel hat  wiederholt die Aufforderungen des U.N. Sicherheitsrates ignoriert. Es hat den Internationalen Gerichtshof in Den Haag weggeschickt. Was John Dugard, der Spezialberichterstatter der U.N. für Menschenrechte in den besetzten Ländern als „sorgfältig durchgeführte“ Strangulierung von Gaza bezeichnet – im vollen Blick einer mitleidlosen Welt – ist explizit ein Teil der Strategie. „Die Idee“, sagt Dov Weisglass, ein israelischer Berater, „ist, die Palästinenser auf Diät zu setzen, aber nicht, sie Hungers sterben zu lassen“.

(Übers.: Gerhilde Merz)

 

Saree Makdisi ist Professorin für englische Literatur an der UCLA und Autorin von „Palästina umgestülpt: eine Alltagsbesetzung, herausgekommen bei Norton. (Dieser Artikel wurde zuerst in der Los Angeles Times publiziert und mit Erlaubnis der Autorin wieder veröffentlicht.)

 

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