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Israel bereitet den Weg zum Töten per Computer

 Jonathan Cook, 13. Juli 2010

 

Es wird “Spot and Shoot” ( Erkenne und schieße!) genannt. Der Operateur sitzt vor einem Fernseh-Monitor, von dem aus man die Aktion mit einem Playstation-artigem Joystick (Steuerstock) kontrollieren kann. Das Ziel ist: zu töten.

„Gespielt“ wird dies von jungen Frauen, die in der israelischen Armee dienen.

Spor and shoot, wie es von der israelischen Armee genannt wird, mag wie ein Videospiel aussehen, die Figuren auf dem Schirm sind aber wirkliche Menschen – Palästinenser im Gazastreifen – die mit dem Druck auf einen Knopf am Joystick getötet werden können.

Die Soldatinnen,  die weit weg ( von diesen Menschen) in einem Operationsraum sitzen, sind verantwortlich fürs Zielen und Abschießen  der aus der Ferne kontrollierten Maschinengewehre, die in einem der Beobachtungstürme alle paar hundert Meter entlang des Elektrozauns stehen, der den Gazastreifen umgibt.

Das System ist eines der letzten Geräte für „Entferntes Töten“, die von Israels Rafaels Rüstungskompanie entwickelt wurde, der früheren Waffenforschungsdivision der israelischen Armee. Jetzt ist es eine separate Regierungsfirma.

Nach Giora Katz, Rafaels Vizepräsident, ist die aus der Ferne kontrollierte militärische Hardware wie „Spot and Shoot“ die Waffe der Zukunft.  Er erwartet, dass innerhalb eines Jahrzehnts wenigstens ein Drittel der Maschinen, die von der israelischen Armee benützt werden, um Land, Luft und Wasser zu kontrollieren, unbemannt ist.

Der Wunsch nach solchen Geräten  ist zum einen durch eine geringere Rekrutierung von Soldaten angefacht worden und zum anderen dadurch , dass die Bevölkerung weniger bereit ist, im Kampf den Tod zu riskieren, gibt das Militär zu.

Oren Berebbi, Chef der Technologiebranche, sagte vor kurzem einer amerikanischen Zeitung: „Wir versuchen jetzt überall auf dem Schlachtfeld, mit unbemannten Fahrzeugen auszukommen … wir können immer mehr Aufträge erfüllen, ohne  das Leben   von Soldaten  zu gefährden.“

Der schnelle Fortschritt mit dieser Technologie hat  bei der UN Alarm ausgelöst. Philip Alston, ihr Sonderberichterstatter über außergerichtliche Tötungen warnte letzten Monat vor der Gefahr, dass  eine „Play-Station-Mentalität zum Töten“ sich schnell entwickeln könnte.

Doch nach Analytikern ist es unwahrscheinlich, dass Israel sich von  der Hardware abwendet, die sie gerade entwickelt – und dabei die besetzten palästinensischen Gebiete, besonders den Gazastreifen als Testlabor benützt.

Aus der Ferne kontrollierte Waffensysteme  werden von unterdrückerischen Regimen und der expandierenden Sicherheitsindustrie rund um den Globus verlangt.

Diese Systeme sind noch im Anfangsstadium der Entwicklung, aber es gibt für sie einen großen und wachsenden Markt,“ sagt Shlomo Brom, ein General im Ruhestand und Verteidigungsanalytiker am Institut der nationalen Sicherheits-Studien  an der Tel Aviver Universität.

Das Spot und Shoot-System – offiziell als Sentry-Tech – hat vor allem deshalb große Anziehungskraft, weil es von 19/20jährigen Soldatinnen bedient wird. Es wird so zum einzigen Waffensystem, das nur von Frauen operiert wird.

Soldatinnen werden bevorzugt, diese Geräte des entfernten Tötens zu bedienen, weil es in Israels Kampfeinheiten einen Mangel an Rekruten gibt. Junge Frauen können diese Aufgaben erfüllen, ohne dass das soziale Tabu, ihr Leben zu riskieren, gebrochen wird, sagt Herr Brom.

Die Frauen sollen jeden, der sich  dem Zaun rund um Gaza verdächtig nähert, identifizieren und – wenn autorisiert von einem Offizier - ihn mit ihrem Joystick exekutieren.

Die israelische Armee, die  diese Technologie entlang Israels anderen Konfrontationslinien einzuführen plant, weigert sich, zu sagen, wie viele Palästinenser  im Gazastreifen schon durch diese ferngesteuerten Maschinengewehre getötet worden sind. Nach den israelischen Medien jedoch glaubt man, dass es mehrere Dutzend sind.

Das System wurde vor zwei Jahren  allmählich  zur Überwachung eingeführt, die Operateure sind  aber erst seit kurzem in der Lage, damit zu schießen. Die Armee gab zu, im Dezember Sentry Tech angewendet zu haben und damit wenigstens  zwei Palästinenser mehrere hundert Meter innerhalb des Zaunes getötet zu haben.

Haaretz, der selten Zugang zu einem Sentry Tech Kontrollraum gegeben wurde, zitierte einen Soldaten Bar Keren,20, der letzte Woche sagte: „Es ist sehr verführerisch, derjenige zu sein, der dies tut. Aber nicht jeder möchte diese Arbeit tun. Es ist keine einfache Sache, einen Joystick wie diesen von einer Sony Play-Station zu nehmen  und zu töten. Aber letzten Endes ist es ja zur Verteidigung.“

Audio-Sensoren auf den Türmen bedeuten, dass die Frauen den Schuss hören, der das Ziel tötet. Keine Frau hat bis jetzt ihre Aufgabe  des Schießens auf  „belastete“ Palästinenser verfehlt. Das israelische  Militär, das  ein nicht gekennzeichnetes Niemandsland innerhalb des Zaunes festlegt und  das ca. 300 Meter weit in die schmale Enklave hineinragt, ist von vielen Seiten kritisiert worden, da es auf  Zivilisten in der  militärisch „geschlossenen“ Zone  das Feuer eröffnet.

Von der Fa. Rafael wird berichtet, dass sie eine Version des Sentry Tech entwickelt, das Raketen auf größere Entfernungen abfeuern kann.

Etwas anderes wurde kürzlich für die israelische Armee entwickelt: ein gepanzerter Roboterwagen, der ein Gebiet mit 80km/h kontrollieren, durch Städte fahren, Überfälle ausführen und auf Ziele schießen kann. Er patrouilliert jetzt die israelische Grenze mit Gaza und dem Libanon.  Die israelischen Entwickler, G-nius,  haben ihn den ersten „Robotersoldaten“ genannt.

 

Israel ist am besten für seine Rolle bekannt, „unbemannte Flugapparate“  zu entwickeln – oder Drohnen, wie sie jetzt bekannt geworden sind. Ursprünglich waren sie fürs Spionieren gedacht und zuerst von Israel über dem Süden des Libanon in den frühen 80er-Jahren benützt worden. Heute werden sie zunehmend für außergerichtliches Töten aus  großer Höhe (Tausende Fuß )verwendet.

 

(dt. Ellen Rohlfs)

 

 

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