Die besetzten
Gebiete: Israels geheime Schande
Jimmy Carter: „Palestine, Peace not Apartheid”
--- Dezember 2006
Vor zwei Jahren
unterzeichnete ich mit dem Verlag Simon &Schuster einen Vertrag, dass
ich ein Buch über den Nahen Osten schreiben werde, das sich auf meine
Erfahrungen mit dem Carter-Zentrum stützt, das drei Wahlen in
Palästina beobachtet hatte und auf meine Gespräche mit israelischen
politischen Führern und Friedensaktivisten.
Wir waren 1996,
2005 und 2006 in jeder palästinensischen Gemeinde, als Yasser Arafat und
danach Mahmoud Abbas zum Präsidenten und die Mitglieder des Parlamentes
gewählt wurden. Die Wahlen wurden fast einwandfrei durchgeführt, die
Beteiligung war hoch – außer in Ostjerusalem, wo unter strengen
israelischen Einschränkungen nur etwa 2 Prozent eingetragener Wähler es
schafften, zu den Wahlurnen zu gehen.
Die vielen
kontroversen Probleme, die Palästina und den Weg zum Frieden mit Israel
betreffen, werden unter Israelis und in allen Nationen intensiv
debattiert, nur nicht in Amerika. Während der letzten 30 Jahre war ich
davon Zeuge und erlebte die strengen Einschränkungen jeder freien und
ausbalancierten Diskussion über diese Fakten. Dieser Widerstand, die
Politik der israelischen Regierung zu kritisieren, hängt mit den
außerordentlichen Lobby-Bemühungen der AIPAC und dem Fehlen bedeutsamer
gegenteiliger Stimmen zusammen.
Es würde für
Mitglieder des Kongresses fast politischer Selbstmord bedeuten, wenn sie
eine ausbalancierte Position zwischen Israel und Palästina einnehmen
und vorschlagen würden, dass Israel das Völkerrecht befolgen oder sie
sich für Gerechtigkeit und für die Menschenrechte der Palästinenser
einsetzen sollten. Nur sehr wenige würden es wagen, die
palästinensischen Städte Ramallah, Nablus, Hebron und Gazastadt oder
sogar Bethlehem zu besuchen und zu den belagerten Bewohnern dort zu
sprechen.
Was sogar noch
schwieriger zu begreifen ist, warum die redaktionellen Seiten der
größeren Zeitungen und Magazinen in den USA eine ähnliche Zurückhaltung
üben, ganz im Gegensatz zu den privaten Einschätzungen, die von ihren
Korrespondenten im Heiligen Land kräftig zum Ausdruck kommen.
…Ich benützte
Karten, Texte und Dokumentationen, um die Situation zu beschreiben und
den einzig möglichen Weg zum Frieden zu analysieren: Israelis und
Palästinenser sollten Seite an Seite innerhalb ihrer eigenen
international anerkannten Grenzen leben.
Diese Optionen
stimmen mit den Schlüssel-Resolutionen der UN überein, die von den USA
und Israel unterstützt wurden und die seit 1967 offizielle
amerikanische Politik ist. Abkommen, die von israelischen Führern und
ihren Regierungen 1978 und 1993 vollzogen wurden, und für die sie 1993
den Friedensnobelpreis erhalten haben. Die arabische Liga bietet 2002
an, Israel anzuerkennen, und das Internationale Quartett die „Road Map
zum Frieden“ die auch von der PLO anerkannt wurde, aber von Israel
zurückgewiesen wurde.
Mein Buch
„Palästina, Frieden nicht Apartheid“ widmet sich den Umständen und
Ereignissen in Palästina und nicht in Israel, wo Demokratie vorherrscht
und die Bürger zusammen leben und ihnen rechtlich der gleiche Status
gewährt wird. ( was so nicht stimmt ER)
Obwohl ich erst
eine Woche auf einer Buchvorstellungsreise unterwegs war, ist es schon
möglich, die öffentliche Reaktion und die der Medien zu beurteilen. Der
Verkauf ist lebhaft. Und ich hatte interessante Interviews im Fernsehen
und mit Zeitungen. Aber ich habe nur wenige Artikel gesehen, die auf
das eingehen, was ich geschrieben habe.
Buchbesprechungen wurden in den Mainstream-Medien meistens von
Vertretern jüdischer Organisationen gemacht, von denen es
unwahrscheinlich ist, dass sie die besetzten Gebiete aufsuchen. Ihre
erste Kritik ist, dass das Buch anti-Israel sei. Zwei Mitglieder des
Kongresses haben es öffentlich kritisiert …einige Buchbesprechungen
nennen mich antisemitisch und andere klagen es an, es bringe Lügen und
Verdrehungen…Alan Dershowitz nennt den Titel des Buches anstößig.
Doch draußen in
der realen Welt ist die Reaktion überwältigend positiv. Ich habe in fünf
Buchläden die Bücher von mehr als 1000 Käufern signiert. Da gab es eine
negative Bemerkung, dass ich wegen Verrat angeklagt werden sollte…Meine
beunruhigste Erfahrung machte ich auf einem Universitätscampus mit
vielen jüdischen Studenten, wo meine Lesung zurückgewiesen wurde.
Sehr ermutigt
wurde ich dagegen von prominenten jüdischen Bürgern und Mitgliedern des
Kongresses, die mir privat dafür dankten, dass ich die Fakten auf den
Tisch gelegt habe und einige neue Ideen brachte.
Das Buch
beschreibt die abscheuliche Unterdrückung und Verfolgung in den
besetzten palästinensischen Gebieten mit einem rigiden System und
strenger Trennung zwischen palästinensischen und jüdischen Siedlern auf
der Westbank. Eine enorme Gefängnismauer wird gerade gebaut und
schlängelt sich durch das restliche Palästina, um immer mehr Land für
die Siedler einzuschließen.
Auf viele Weisen
ist diese Apartheid viel unterdrückerischer als die, die die Schwarzen
in Südafrika erlebten. Ich habe es schon klar gemacht, dass es der
Wunsch einer Minorität von Israelis ist, ausgewählte Gegenden zu
konfiszieren und zu kolonisieren und dann jeden Widerstand dagegen zu
unterdrücken.
Selbstverständlich verurteile ich Terrorakte und Gewalt gegen
unschuldige Zivilisten. Ich informiere auch über die Zahl der Toten auf
beiden Seiten.
Der
hauptsächliche Zweck meines Buches aber ist, die Fakten über den Nahen
Osten darzustellen, die weitgehend in Amerika unbekannt sind, um eine
Diskussion anzufachen und zu helfen, dass Friedensgespräche – die es
seit 6 Jahren nicht gibt - wieder beginnen, damit es endlich zu einem
Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarn kommt.
Ich habe
außerdem die Hoffnung, dass Juden und andere Amerikaner, die mit mir
denselben Wunsch haben, motiviert werden, ihre Ansichten frei, ja, sogar
öffentlich und gemeinsam zu äußern. Ich wäre sehr froh, wenn ich dazu
verhelfen könnte.
Jimmy Carter war der 39. Präsident der USA. Sein neuestes Buch:
„Palästina: Frieden nicht Apartheid“. Es kam im November 2006 heraus.
Er schrieb dies für die Los Angeles –Times.
(dt. und geringfügig gekürzt Ellen Rohlfs)
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