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Texte von Hajo Meyer

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 Judentum und Zionismus, wie auch Antisemitismus und Antizionismus sind total verschiedene Begriffe - Versuch einer dringend nötigen Begriffsbestimmung

 Dr. Hajo G. Meyer

 

PHILOSOPHISCHES ZUM NACHDENKEN:
Früher war ein Antisemit jemand, DER Juden nicht mochte.
Heute ist ein Antisemit jemand DEN bestimmte JUDEN nicht mögen.

 

 

1. Rein logische Argumente für die Unterschiede

Nicht jeder Jude ist Zionist.

  Der Terminus Jude ist genauso vieldeutig wie der Terminus Christ. Er kann  einen Katholiken wie auch einen Protestanten oder einen Griechisch-Orthodoxen   usw. usw. andeuten. Im Gegensatz hierzu ist der heutzutage reell existierende  politische Zionismus beinah monolithisch eindeutig definiert. Sein Ziel ist eine so große wie  mögliche Oberfläche in Palästina zu beherrschen mit einer Mindestzahl darauf lebender Palästinenser. Der Zionismus ist also eine politische Meinung die zu politischen Handlungen führt die  man ändern kann. Der Staat Israel und seine Politik stellt die heutige politische Realisierung der zionistischen Ideologie dar, einer Ideologie, der eine ziemlich schnell wachsende Zahl von Juden in der Welt durchaus nicht (mehr) anhängen. Da also viele jetzt lebende Juden durchaus keine Zionisten sind oder gar Anti-Zionisten folgt aus einfachster Logik dass Antizionismus durchaus nicht mit Antisemitismus gleichgestellt werden kann. Denn, wie wir weiter unten ausführen werden, ist beim klassischen Antisemitismus jegliche Äußerung in Worten oder Taten eines Juden von sich aus schon schlecht weil sie von einem Juden kommen. In scharfem Kontrast hiermit ist ein Antizionist gegen die politischen Absichten und Taten des Staates Israel, der die politische Realisation des politischen Zionismus darstellt. Noch deutlicher wird der logische Fehler einer Gleichstellung von Anti-Zionismus mit Antisemitismus wenn man sich bewusst wird, dass nicht alle Zionisten Juden sind.

 

• Nicht jeder Zionist ist Jude.

 Im Gegenteil. Die größte, mächtigste und fanatischste Gruppe von  Zionisten sind die christlichen Fundamentalisten in den USA und anderen    Ländern. Nach der Jerusalem Post vom 17.3.2007 behauptet diese  Gruppe 50 Millionen Anhänger zu haben. Wenn das vielleicht auch übertrieben ist, man darf, glaube ich, wohl annehmen, dass die Zahl ihrer Anhänger wenigstens so groß ist wie die Gesamtzahl der Juden in der Welt. Auch aus diesem Grund verbietet die Logik, dass man einen Antizionisten mit einem Antisemiten gleichsetzen könnte. Gleichsetzung mit der Gegnerschaft eines fundamentalen Christentums läge dann schon mehr auf der Hand. Was man natürlich nicht ausschließen kann und darf, ist, dass jemand sowohl Antisemit wie Antizionist sein kann. Das gibt es. Was aber manchen erstaunen wird, ist, dass sehr rabiate Antisemiten den Zionismus mit voller Kraft unterstützt haben.  Das wichtigste Beispiel hierfür ist wohl die gegenseitige Hilfe und Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts worauf wir weiter unten eingehen werden.

 

Zionist avant la lettre

Einer der berüchtigsten Antisemiten, der Mannd der das Wort Antisemitismus’ geprägt hat, Wilhelm Marr, war schon  17  Jahre vor Herzl ein    ausgesprochener Zionist. Er schreibt in seiner Streitschrift Vom jüdischen Kriegsschauplatz aus dem Jahre 1879:

[…]wir machen die Fehler unserer Vorfahren wieder gut und erobern den Juden ihr Vaterland zurück. Schon Sir Moses Montefiore trug sich mit dem Gedanken und die Association israélite hat ihn  ganz kürzlich wieder aufgenommen, Palästina jüdisch zu kolonisieren […] Voilà!- da habt Ihr eure Heimat, euer Vaterland wieder. Kultiviert es. Ihr könnt in Palästina Orthodoxe, Reformjuden, Indifferente, Konfessionslose sein. Zeigt Eure Arbeitskraft, Kapitalien habt ihr ja  mehr als genug, und dieser Arbeitskraft zu poussieren.

    Man bemerke nochmals, dies schreibt einer der rabiatesten Antisemiten der Geschichte 17 Jahre vor Herzl.


 

     • Gegenseitige Hilfe zwischen Zionisten und Naziregierung.

Ja, die Haltung  dieses Pioniers des Antisemitismus wurde auch von der in den 30 er Jahren des 20. Jahrhunderts  entstandenen rabiat antisemitischen Naziregierung fortgesetzt und äußerte sich in dem berüchtigten, aber für die Nazis wie auch für die Zionisten sehr hilfreichen Geld-Transfer Vertrag vom 1. September 1933. Dieser Vertrag ermöglichte, wohlhabenden deutsch-jüdischen Zionisten, und nur ihnen allein, einen Großteil ihres Vermögens nach Palästina zu überweisen und zwar in der Form von in Deutschland gekauften Maschinen und anderen Industrieprodukten. Diese Güter wurden dann in Palästina von der Firma Ha’avara zu Geld gemacht, das dann den aus Deutschland kommenden Einwanderern, die die Güter ja in erster Linie bezahlt hatten, wieder zugute kam. Als kleine pikante Note möchte ich hier hinzufügen dass der Schwiegervater des späteren Premiers Rabin einer der Firmanten der Ha’avara war[1]. Den Nazis half dieser Vertrag dadurch, dass er die Ankurbelung der Wirtschaft beschleunigte und durch den Export der nach Palästina verschifften Güter Devisen einbrachte. Obendrein wurde der von der Welt damals beachtete allgemeine Handelsboykott von Nazideutschland hierdurch zum Teil durchbrochen[2].


Wie weit die Anbiederung der Zionisten in Deutschland mit dem Naziregime ging, kann man einem Dokument entnehmen dass die Zionistische Vereinigung für Deutschland am 21.6.1933 der Nazi- Regierung übersandte[3]. Hierin wird von den offiziellen Zionisten die große Ähnlichkeit zwischen Zionismus und dem Nationalsozialismus ausführlich und mit Nachdruck hervorgehoben mit unter anderem folgenden wörtlichen Zitaten[die typografischen Hervorhebungen durch Fettdruck sind überall von mir, H.G. M.]:

 

Der Zionismus glaubt, dass eine Wiedergeburt des Volkslebens wie sie im deutschen Leben durch Bindung an die christlichen und nationalen Werte erfolgt, auch in der jüdischen Volksgruppe vor sich gehen müsse. Auch für den Juden müssen Abstammung, Religion, Schicksalsgemeinschaft und Artbewusstsein von entscheidender Bedeutung für seine Lebensgestaltung sein[4]. …. Unser Bekenntnis zum jüdischen Volkstum stellt ein reines und aufrichtiges Verhältnis zum deutschen Volk und seinen nationalen und  blutmäßigen Gegebenheiten her. Gerade weil wir diese Grundlage nicht zu verfälschen wünschen, weil auch wir gegen Mischehen und für Reinhaltung der jüdischen Art sind und Grenzüberschreitungen auf kulturellem Gebiet ablehnen, können wir, in deutscher Sprache und Kultur erzogen mit Bewunderung und innerer Anteilnahme an den Werken und Werten deutscher Kultur teilnehmen[5].…  Für seine praktischen Ziele glaubt der Zionismus auch die Mitwirkung einer grundsätzlich juden-gegnerischen Regierung gewinnen zu können, weil es sich in der Behandlung der jüdischen Frage nicht um Sentimentalitäten, sondern um ein reales Problem handelt, an dessen Lösung aller Völker, und in gegenwärtigen Augenblick besonders das deutsche Volk interessiert sind.

 
 

2. Inhaltliche Unterschiede zwischen  Antisemiten und Antizionisten

 • Antisemit gegen Eigenschaften von Juden, Antizionist gegen TATEN <

 Es ist die tiefste Überzeugung des klassischen, auf Rasse begründetem Antisemitismus, dass Jude sein eine dem Menschen anhaftende Eigenschaft ist, die per definitionem nicht zu ändern  ist. In meiner Jugend wurde dies treffend durch ein Lied ausgedrückt das die Straßenjungen sangen:

"Die Taufe mag zwar nützlich sein - doch grädt sie nicht das Nasenbein."

 

In  dem Standardwerk „Contemporary Jewish Religious Thought“ aus 1987  schreibt Hyam Maccoby auf S.14 und 18: Der moderne auf Rasse begründete Antisemitismus ist davon überzeugt, dass:

 "…der Fehler der Juden in der Hauptsache in den Juden selbst lokalisiert ist, da sie nun mal einer zutiefst minderwertigen Rasse angehören."

 

 

 • Ein Antizionist dagegen ist empört und kritisch gegenüber Taten des Staates Israel die dem Internationalen Völkerrecht und dem internationalen humanitären Recht widersprechen.

 

 • Ein Kritiker der Taten Israels kann auch Antisemit sein. Aber hieraus zu schließen, dass ein derartiger Kritiker also Antisemit sei, ist ein logischer Fehler auf den schon Aristoteles hingewiesen hat. Im Gegenteil wie wir oben dem  zitierten Text von Willem Marr und dem  Schreiben der Zionistischen Vereinigung für Deutschland entnehmen, geht intensive Unterstützung des Zionistischen Unternehmens ausgezeichnet zusammen mit dem Hegen von ausgesprochen oder sogar rabiaten antisemitischen Ideen. Für diese Leute ist nämlich der Zionismus eine wunderbare Lösung des Problems, dass sie nicht gern in ihrem Land zusammenleben mit Juden. Ein klassisches und wichtiges Beispiel neben den schon genannten, ist die Haltung des früheren britischen Premierministers Lord Balfour, der Mann der in aller erster Linie außer den Zionisten selbst, hauptverantwortlich für die heutigen Probleme in Palästina ist. Für ihn war die berühmte und berüchtigte Balfour-Erklärung die Lösung für das Problem, das ihn als Antisemit beunruhigte, nämlich die vielen Ostjuden, die zu der Zeit nach England kamen. Wenn sie nach Palästina gehen könnten wäre er sie los[6].

 

• Jude und Antizionist, in Analogie mit Anderen

Der Unterschied zwischen einem Juden und einem Zionisten ist ähnlich dem zwischen einem Russen und einem Bolsheviken oder einem Deutschen in der Kaiserzeit der gegen die aggressive Politik des Kaisers und seines Admiral Tirpitz war. Sind Heinrich Mann oder Thomas Mann „Antideutsche“ (bitte nicht im heutigen  Jargon) oder ist Romain Rolland „Antifranzose“ weil sie alle gegen die Kriegspolitik  ihrer jeweiligen Regierungen waren? Es geht um den Unterschied zwischen einer politischen Meinung gegenüber einer Regierung und der Verbundenheit mit einer Gruppe mit gemeinsamem sozio-kulturellen Erbe, den Juden, den Deutschen den  Franzosen.
 

3. Antizionismus und jüdischer Selbsthass.

 Um trotz der oben gegebenen Argumente, dass Antizionismus und Antisemitismus völlig verschiedene Dinge sind, doch jegliche Kritik an der Politik Israels mithilfe der Antisemitismuskeule schwer oder gar unmöglich zu machen, mussten die stahlharten Verteidiger von jeglichem unmenschlichen Vorgehen der israelischen Politik einen merkwürdigen Trick erfinden. Es kam ihnen nämlich die Schwierigkeit entgegen, dass es auch Juden gab und gibt, die es wagen, diese Kritik zu äußern. Ohne weiteres kann man natürlich einem Juden nicht so leicht vorwerfen, er sei Antisemit. Das klingt nicht logisch und ist es auch im allgemeinen nicht. Das paradoxe, ja recht seltsame ist nun aber, dass außer einigen pathologischen Fällen wie z.B. dem Philosophen Otto Weininger, die wichtigste Gruppe von jüdischen Selbsthassern  ausgerechnet unter den Pionieren des Zionismus zu finden ist!


Ein gutes Beispiel hierfür finden wir zum Beispiel bei einem der frühen Pionieren des Zionismus, Aaron David Gordon
[7]. Der schrieb 1911:

"Jeder einzelne muss darauf achten, dass er den Galutjuden in seinem Inneren in einen wahrhaft emanzipierten Juden verwandelt und eine unnatürliche, defekte und zersplitterte innere Persönlichkeit zu einem natürlichen, gesunden menschlichen Wesen umkehrt, das in Harmonie mit sich selbst lebt."

 

Wie  der israelische  Historiker und politische Wissenschaftler Zeëv Sternhell  über Gordon weiter erläutert[8] machte er diese Aussage, weil er meinte, dass die Juden  „ein parasitäres Volk wären“. Er zitiert dann Gordon selbst:

  Wir haben keine Wurzeln in der Scholle; es gibt keinen Boden unter unseren Füßen. Und wir sind Parasiten nicht nur im ökonomischen Sinn, sondern auch im Geist, in den Gedanken, in der Poesie in der Literatur und in unseren Tugenden und unseren Idealen wie auch in jeglichen höheren menschlichen Aspirationen.

 

 

Hassvoller könnten es auch die schlimmsten Antisemiten nicht sagen. Hier sind es aber die Pioniere des Zionismus!

Zum Schluss all dieser Zitate die wir noch lange fortsetzen könnten noch ein Gedicht, das Zeev Jabotinski in seinem Betar Gesangbuch aufgenommen hat. Er war der israelische Politiker der Vergangenheit, der wohl wie kein anderer die harte, heutige  Politik des politischen Zionismus geprägt hat.  Das Gedicht lautet:

"in Blut und Schweiß tritt eine neue Rasse hervor, stolz,  freigiebig,   grausam …  Erhebt euch aus dem  Schwingrasen  des Friedens, opfert Seele und Blut für noch niemals gesehene Größe …. zu siegen oder zu sterben."

Wenn man den hier ausgesprochenen Wunsch von einem der prominentesten Zionisten, seine eigene Art zu einer neuen Rasse mutieren zu wollen, nicht als Selbsthass bezeichnen muss, dann würde ich überhaupt nicht  mehr wissen, was man anderes darunter verstehen sollte. Dieses psychologische Phänomen, dass man die psychische Erkrankung, an der man selbst leidet, auf einen Feind projektiert, ist in der Psychopathologie zur Genüge bekannt und wird mit dem Wort Projektion angedeutet. Diese krankhafte Projektion  wird nun  von den fanatischen Verteidigern des Zionismus eifrig hantiert.


 

 

[1] Lea Rabin, Ich gehe weiter auf seinem Weg, Droemer Knaur, 1997, S.75

[2] www.1.yadvashem.org/about_holocaust/chronology/1933-1938/1933/chronology_...

[3] In Zwei Welten, Siegfried Moses zum fünfundsiebzigsten Geburtstag; Verlag Biaton Ltd.,

 Äußerungen der zionistischen Vereinigung für Deutschland zur Stellung der  Juden im neuen deutschen Staat, Tel-Aviv 1962

[4] Loc.cit.  II

[5] Loc.cit. III

[6] John Rose, The Myths of Zionism, Pluto Press, 2004, 121

[7] Göran Rosenberg, Das verlorene Land, Jüdischer Verlag, 1996, 46

[8] Zeev Sternhell, The Founding Myths of Israel, Princeton 1996, 47 f.

 

 

 

 

Hajo G. Meyer

Tragisches Schicksal

Das deutsche Judentum und die Wirkung historischer Kräfte.

Eine Übung in angewandter Geschichtsphilosophie
248 S., 29,80 €, kart., ISBN 978-3-86596-174-7

Zum Inhalt

Welche historischen Kräfte gibt es und wie wirken sie? Wird durch ihr Wirken die Geschichte der Juden in Deutschland vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert verständlich? Waren die deutschen Juden nur ein Spielball der Geschichte oder haben sie diese auch aktiv beeinflusst?

Hajo G. Meyer nähert sich diesen Fragen mit naturwissenschaftlicher Logik. Auf der Grundlage einer geschichtsphilosophischen Theorie der historischen Kräfte zeigt er, dass diese sowohl psychologischer als auch materieller Art sein können und veranschaulicht ihre Wirkungsweise. Er erläutert so die historischen Zusammenhänge, die zunächst zur Emanzipation der deutschen Juden, letztlich aber auch zum Holocaust geführt mehr >>>>

 

 
 

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