Guten Tag,
Herr Prof. Dr.h.c. Lahnstein,
in Ihrer „Polemik
gegen einen, der entweder ein komischer Kauz oder ein
nützlicher Idiot ist“ wiederholen Sie die
Mythen Israels, die längst widerlegt sind.
Mangels
sachlich fundierter Kritik gegen das Buch „Die
ethnische Säuberung Palästinas“ bleibt Ihnen nichts
anderes übrig, als den anerkannten Historiker
Ilan Pappe herabzuwürdigen und zu beleidigen. Dieses
Verhalten ist typisch für all diejenigen, die israelische
Verbrechen totschweigen und den
Palästinozid bestreiten. Wie viele Leugner der
israelischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind auch
Sie kein Mann des Ausgleichs und der Verständigung
- offensichtlich schon gar nicht als
Aufsichtsratsvorsitzender und Ehrenprofessor der Universität
Haifa und langjähriger Präsident der Deutsch Israelischen
Gesellschaft.
Was Sie
als den „brutalste(n) Angriff auf die historische
Wahrheit“ bezeichnen, ist doch unter Historikern längst
Konsens, dass nämlich die palästinensische Bevölkerung durch
Einschüchterung und Terror systematisch vertrieben wurde und
nicht „freiwillig“ flüchtete. Die Behauptung, die Flucht sei
von der arabischen Führung gesteuert worden, „erwies,
obwohl ihre Unglaubwürdigkeit auf der Hand lag, sich viele
Jahre lang als propagandistisch wirksam... eine
Unterstellung, die sowohl der militärischen Logistik, als
auch der menschlichen Logik Hohn sprach... Tausende ...
Dokumente beweisen, dass die ‚Befehl-von-oben’-Theorie
falsch ist, und zeugen im Gegenteil von erheblichen
Anstrengungen des AHC und der arabischen Staaten, die
Fluchtbewegung einzudämmen...“ (Simcha
Flapan, "Die Geburt Israels. Mythos und Wirklichkeit"
Melzer-Verlag)
Der
Historiker
Benny Morris schreibt ebenfalls, dass die Gewalt, die
Einschüchterung und die Vertreibung der zivilen
palästinensischen Bevölkerung schon im Dezember 1947 begann
„in general the emigration was a direct result of ...
specific Haganah attacks ...
Several Communities were attacked or surrounded and expelled
by Haganah units .... “ und auf Seite 54: "Like the Beduins,
the villagers of the Sharon decamped over december 1947 -
March 1948 mainly because of Haganah ...attacs or fear of
such attacks ...."
Terror und
Krieg gegen die zivile Bevölkerung hat also längst begonnen,
bevor arabische Truppen Israel angriffen.
Als
Beispiel erinnere ich an das
Massaker von Deir Yassin
am 9. April 1948 - also gut einen Monat vor der
Staatsgründung – das eine riesige Fluchtbewegung auslöste
und gleichsam als Fanal wirkte und sich unauslöschlich in
das kollektive Gedächtnis der zu hunderttausenden aus
ihrer angestammten Heimat Vertriebenen einbrannte. „Menachem
Begin hat sich ... damit gebrüstet, dass es ohne Deir Yassin
kein Israel gäbe und nach Deir Yassin die zionistischen
Kräfte „wie ein heißes Messer in Butter" vordringen konnten.“
(Afif Safieh, zitiert von
John Rose in „Mythen des Zionismus. Stolpersteine auf dem
Weg zum Frieden",
Rotpunkt-Verlag)
„.. es
gibt keinen Zionismus, Kolonisierung oder einen jüdischen
Staat ohne Vertreibung der Araber und die Enteignung ihres
Landes.“
meinte Yoram Bar Porath, in der Zeitung Yediot Aahronot,
14.07.1972, und Benni Morris ist gar der Meinung, man habe
im Jahr 1948 nur halbe Arbeit geleistet. In einem Interview
vom 09.01.2004 sagt er ganz offen: "Wenn es die Umstände
erfordern, wird die Ausrottung (der Palästinenser) die
"final solution" sein.
Es ist
daher unwesentlich, ob es einen „Befehl von Oben“ zur
Vertreibung gab, denn jedes Mitglied der Terrorbanden wusste
von selbst, was zu tun ist – denn als erstes wurden die
eingenommenen
Dörfer dem Erdboden gleichgemacht, um eine mögliche
Rückkehr ihrer Bewohner zu verhindern.
Bei der
Gelegenheit frage ich Sie, warum Artikel 13 der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte, der besagt „Jedermann hat das
Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen zu
verlassen und in sein Land zurückzukehren“, im Falle der
vertriebenen Palästinenser nicht durchgesetzt wird. Die
Anerkennung der UN-Resolutionen zum
Rückkehrrecht bzw. des
Rechtes auf Entschädigung war doch Voraussetzung für die
Aufnahme Israels in die UNO.
Sie
behaupten, dass „die Juden in Palästina diesen
Teilungsplan akzeptiert haben“. Richtig ist, dass die
Mehrheit der Zionisten gegen eine Teilung waren. Ben Gurions
Eintreten für den Teilungsplan war rein taktischer Natur und
„ein Sprungbrett für weitere Expansion“ – wie man bis heute
sieht. Der ehemalige Terrorist Menachem Begin erklärte: „Die
Zweiteilung unseres Heimatlandes ist ungesetzlich. Sie wird
niemals anerkannt werden.“ (Flapan)
Das Arab
Higher Committee lehnte den Teilungsplan als ungerecht ab,
„mit Gewalt bekämpft“, wie Sie behaupten, ist nur die halbe
Wahrheit, denn die Mehrheit der Palästinenser verweigerte
sich dem Aufruf des Mufti, der Freiwillige für eine Armee
warb. „In der Tat war es so, dass vor der einseitigen
Unabhängigkeitserklärung viele palästinensische
Persönlichkeiten und Gruppen mit dem Mufti und seiner
politischen Partei nichts zu tun haben wollten und diverse
Versuche unternahmen, einen Modus vivendi mit den Zionisten
zu finden.“ (Flapan)
Als einen
traurigen Witz betrachte ich Ihren Einwand, dass Pappe für
ein einheitliches Palästina optiert, während "die
Mehrheit der Israelis, der Palästinenser und der
Völkergemeinschaft insgesamt an der „Zwei – Staaten –Lösung“
festhält und für einen unabhängigen Palästinenserstaat
eintritt. Nur: die sogenannte „Weltgemeinschaft“ hat
bisher rein gar nichts dafür getan, einen „unabhängigen
Palästinenserstaat“ zu errichten, denn sie hat
jahrzehntelang geschwiegen zur fortgesetzten israelischen
Landnahme, so dass ein „unabhängige Palästinenserstaat“
faktisch unmöglich geworden ist. Wie die zionistischen
Besatzer gesteht die sogenannte „Weltgemeinschaft“ den
Palästinensern allenfalls Bantustans zu. Seit Beginn der
Kolonisierung schaut die sogenannte „Weltgemeinschaft“ -die
sich zivilsiert nennt - tatenlos
zu, wie die Existenz des palästinensischen Volkes
systematisch zerstört und geleugnet wird. Die sogenannte
„Weltgemeinschaft“ spricht beständig vom Schutz der Existens
Israels, meint aber in Wirklichkeit den Schutz israelischer
Expansionspolitik !
Weil Ilan
Pappe für einen Boykott israelischer Universitäten eintritt,
sehen Sie die „akademische Freiheit“ in Gefahr. Ist
das nicht gnadenlos heuchlerisch, wenn man nicht
gleichzeitig ganz laut protestiert, wenn „per Militärdekret“
im besetzten Palästina „die Universitäten geschlossen
werden – oft monatelang. ... (Israelische) Soldaten gehen
auf den Campus der Universitäten u. richten Verwüstungen an
- so in der offenen Universität von Ramallah oder im
Landwirtschafts-Kolleg von Tul Karm. Aber das interessiert
unsere Universitätsleitungen in keinster Weise. Akademische
Freiheit - nur für uns. Und unsere Schülerorganisationen
organisieren wilde Demonstrationen gegen Schulgeld, aber
wenn es um das Schicksal palästinensischer Schüler geht, die
in ihren Häusern eingesperrt sind u. nicht zur Schule
können, verhalten sie sich apathisch.“.(Gideon
Levy, Haaretz/Znet 2003)
Weder Sie
noch die sogenannte „zivilisierte“ Welt hat je laut
aufgeschrieen, als die rassistischen Kolonialherren die
Palästinenser „auf Diät setzten“ – eine tödliche Diät, wie
wir in
Gaza sehen !
„Unanständig“ ist nicht Ilan Pappe, sondern das System, das
diese Ungerechtigkeiten zulässt und einen seiner fähigsten
Köpfe ins Exil nach England treibt.
Kein Friede ohne Gerechtigkeit !
Claudia
Karas
Aktionsbündnis für einen gerechten Frieden in Palästina