Palästina droht ein Bürgerkrieg
						Der Schlüssel liegt in 
						Israel 
						Johannes 
						Zang (Jerusalem) 
						Vor einem Jahr 
						kreisten alle Diskussionen in Jerusalem um die Frage: 
						Soll die israelische Regierung mit Hamas reden? Bei 
						einer der Veranstaltungen meinte ein Palästinenser aus 
						dem Publikum: Selbst wenn das palästinensische Volk 
						Mahatma Gandhi gewählt hätte, hätte Israel Kritik geübt.
						
						Am vergangenen Donnerstag jährte sich 
						erstmals der Wahlsieg von Hamas. Waren davor schon etwa 
						30 Palästinenser bei internen Kämpfen zwischen Hamas und 
						der bei den Wahlen unterlegenen Fatah umgekommen, so ist 
						seitdem noch einmal die gleiche Zahl an Menschen getötet 
						worden. Vordergründig scheinen die Kontrahenten um die 
						innerpalästinensische Vorherrschaft zu rangeln. Doch 
						könnten den Kämpfen durchaus offene Rechnungen aus den 
						neunziger Jahren zugrunde liegen: Damals haben Arafats 
						Sicherheitsdienste – allesamt Fatah-Leute – unter 
						Mithilfe israelischer Geheimdienstler Hamas-Führer 
						gefoltert. 
						Am Abgrund 
						Seit einem Jahr lässt die 
						internationale und israelische Blockadepolitik Palästina 
						am Rande des Abgrunds entlangschlittern. Seit dem 12. 
						März 2006 hat Israel keinem Arbeiter aus dem 
						Gaza-Streifen erlaubt, seinen Arbeitsplatz in Israel 
						aufzusuchen. Die Zahl der ständigen Straßensperren im 
						West-Jordanland – nur ein Viertel der Fläche 
						Mecklenburg-Vorpommerns – liegt bei 527. Dazu kommen 
						derzeit 114 „fliegende“ Kontrollpunkte der israelischen 
						Armee. Unvermindert setzt Israel den Siedlungsbau auf 
						palästinensischem Boden fort und reißt Woche für Woche 
						angeblich illegale palästinensische Häuser nicht nur in 
						Ost-Jerusalem ab. Weiter verhindert israelische 
						Bürokratie die Familienzusammenführung von 
						Palästinensern mit ihren ausländischen Ehepartnern. 
						Diese und andere Tatsachen senden die Botschaft an die 
						Palästinenser: Israel erkennt euer Existenzrecht nicht 
						an. 
						Israel hat zudem weder den gemäßigten 
						palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas gestärkt, 
						noch einer zu bildenden palästinensischen 
						Einheitsregierung Anreize in Aussicht gestellt. Der 
						israelische Journalist Zvi Bar´el sagt es so: „Im 
						Gegensatz zu anderen Regimen, die Sanktionen verhängen, 
						stellt Israel Bedingungen, ohne dafür etwas zu 
						versprechen.” 
						Ohne die Aussicht auf deutliche 
						Verbesserung des miserablen Alltags aber wird weder dem 
						Beschuss Israels mit Kassam-Raketen noch dem 
						Selbstmordterror und wohl auch nicht den 
						innerpalästinensischen Kämpfen der Nährboden zu 
						entziehen sein. Allein Israel als die Besatzungsmacht 
						hält dazu den Schlüssel in der Hand. 
						
						Mit, 31. Januar 2007
						
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