Sent: Saturday, September 20, 2003
2:03 AM
Subject: Ein Telefongespraech oder nothing to lose
Faten Mukarker
Ein Telefongespräch oder
nothing to lose
Liebe Freunde in der Ferne
Ein bekannter israelischer
Friedensaktivist wird 80 Jahre alt.
Ich als Palaestinenserin habe
grossen Respekt vor ihm.
Er hat praktisch sein Leben
lang für den Frieden zwischen seinem Volk und meinem Volk gekämpft. Ich
würde ihm und mir auch wünschen, dass die Zeit kommt wo er auch Ernten
kann, was er in all den Jahren gesät hat.
Ich möchte ihm zum Geburtstag
alles Gute wünschen. Ich möchte es nicht nur durch eine Mail, sondern ich
möchte ihm persönlich am Telefon gratulieren und ihm sagen, dass wenn es
noch einige in Israel gäbe, die so denken wie er, sähe es in diesem Land
bestimmt anders aus.
Ich rufe die Auskunft an, um
seine Telefonnummer zu erfahren.
Doch die Nummer die ich dann
anrufe war nicht die richtige sondern nur eine Namensverwandtschaft. Ich
entschuldige mich. Sie sagt, kein Problem, ich wäre schon heute die Nr.
20, die hier anruft. Da ich seit nun fast drei Jahren kaum mehr
Gelegenheit habe mit Israelis zu sprechen, wollte ich mich etwas mit ihr
unterhalten.
Ich fragte, ob die Gleichheit
der Namen auch mit der gleichen Gesinnung verbunden ist, denn ich müsste
vorher wissen wie sie denkt. Sie meinte nicht ganz. Besser als wenn sie
mit Nein geantwortet hätte, dachte ich, und sagte ihr so nebenbei, dass
ich Palästinenserin bin.
Und so kamen wir ins Gespräch:
Hast Du Kinder?
Ja, mein Sohn ist beim Militär.
Dann möchte ich Dich etwas
fragen.
Weißt Du, wenn mein Sohn in
Gefahr ist, dann kann ich nicht einschlafen und wenn mein Sohn auf
Menschen schießt. Auf Zivilisten, auf Frauen und Kinder, dann kann ich
auch nicht schlafen.
Dann wie schläfst du ein?
Stell Dir vor, er kommt nach
Hause und sagt Dir: heute habe ich ein palästinensisches Kind erschossen.
Was wirst du tun. Ihm auf die Schulter klopfen oder entsetzt sein.
Natürlich wird mich das nicht
freuen, war ihre Antwort, doch wenn er einen Befehl von seinem
Commandanten hat, was kann er dagegen tun. Das war dann ein Befehl.
Aber, sagte ich, hättet ihr
euch nicht in euer Geschichte gewünscht, das Soldaten Nein gesagt hätten
und nicht nachher reuevoll von “Befehl” sprachen.
Vergiss nicht den Terror den
ihr verbreitet, antwortete sie mir.
Du meinst die
Selbstmordanschläge, erwiderte ich. Glaub mir, ich bin gegen sie, denn
immer treffen sie Unschuldige, doch kannst du sie nicht separrat von dem
sehen , was dein Militär bei uns macht. Und ich denke, wenn ein Soldat
eine F-16 Tonnenschwere Bombe auf ein Haus fallen lässt, wobei viele
Unschuldige sterben, und es damit gerechtfertigt wird, dass ein
Intifadaaktivist in dem Haus ist, dann weiß ich nicht, wie ich das nennen
soll. Das ist dann kein Terror??.
Ich denke beides ist Gewalt und
das Blutvergießen sollte aufhören.
Doch meine wichtigste Frage ,
wie denkt ihr, oder anders wo ist die Logik bei eurem Denken. Glaubt ihr
wirklich, ihr könntet gemütlich in euren Restaurants sitzen, eure Feste
feiern, sicher auf euren Strassen sein. Und nebenbei drei Millionen
unterdrücken, aushungern und demütigen.
Was denkt ihr, wo sollen wir
hin, wir können uns nicht in Luft auflösen.
Wir haben auch keinen anderen
Platz, erwiderte sie.
Dann sind wir uns ja einig,
meinte ich. Wir beide haben nur dieses Stück Land, dann lasst uns
friedlich hier zusammen leben.
Es wäre so einfach “Leben und
Leben lassen”.
Doch sofort kam ihr Einwand,
wer garantiert uns, dass, wenn wir euch die Westbank wiedergeben, dass
dann die Gewalt aufhört.
Sie wollte eine Garantie, ich
sagte ihr nicht mal, Gott gibt eine 100%ige Garantie.
Schau sagte ich, ihr seit sechs
Millionen, wir sind, die hier leben drei Millionen. Für all diese
Millionen lohnt sich ein Versuch.
Da wo wir heute stehen, wie
schnell können wir da wieder sein.
Ihr seit so stark an Waffen und
an Militär, das ihr in einigen Stunden die Westbank wieder besetzen könnt.
Also, was haben wir zu
verlieren. Nothing to lose.
Salam Faten Mukarker