Nuri el-Okbi
und der Experte
( oder Wie Beduinen in Israel um ihre Landrechte kämpfen müssen )
Gush
Shalom, 9.5.10
(http://zope.gush-shalom.org/home/en/channels/press_releases/1273318862/
Im Fall des Beduinenlands sieht die
Staatsexpertenzeugin Prof. Ruth Kark keine Notwendigkeit, die Sache
vor Ort zu prüfen und sich mit den Beduinen zu treffen, bevor sie
ein Sachverständigengutachten abgibt.
In der Sitzung dieser Woche, bei der es
um den Fall des Beduinenlandes geht, und die vor der Richterin Sarah
Dovrath im Beer Sheba-Distriktgericht staatfand, hat Anwalt Michael
Sfard die Expertenzeugin des Staates Prof. Ruth Kark von der
Hebräischen Universität von Jerusalem einem Kreuzverhör unterzogen.
Sfard vertritt Nuri el-Okbi, den
Beduinen-Menschenrechtsaktivisten, der die Rückgabe des Landes in
Al-Arakib nordwestlich von Beersheba fordert, wo er geboren wurde
und von wo er und sein Stamm 1951 vertrieben wurden. Prof. Kark, die
sich auf historische Geographie spezialisiert hat, hat bei früheren
Rechtsfällen schon viele Sachverständigengutachten abgegeben und
unveränderlich die staatliche Leugnung unterstützt, dass Beduinen in
verschiedenen Teilen des Negev Land besitzen. Bis jetzt jedoch war
sie noch nie einem Kreuzverhör unterworfen worden.
Wie von Sfards Fragen bestätigt, war
die prinzipientreue Position der Prof. Kark die, dass es im 19.
Jahrhundert keine dauernde Besiedlung oder landwirtschaftliche
Nutzung des Negev gegeben hätte (außer seiner Küstenregion, die
heute dem Gazastreifen entspricht) und dass seine
Beduinenbevölkerung Nomaden waren, die keinen festen Sitz hatten.
Deshalb muss das Negevland als „Mawaat“ (buchstäblich „totes Land“)
nach dem Ottomanischen Landgesetz von 1858 angesehen werden – d.h.
unkultiviertes, besitzerloses Land, das deshalb als Landbesitz des
Sultans angesehen wurde, das heute dem Staat Israel gehört.
Sfards Fragen enthüllten die Tatsache,
dass Prof. Kark es nicht für nötig befand, vor der Formulierung des
Sachverständigengutachtens über den Besitzstand des Al-Arakib-Landes
eine Untersuchung des in Frage stehenden Landes vor Ort
durchzuführen und Reste zu prüfen, die auf seine Situation in der
Ottomanischen Zeit hinweisen. Sie hielt es auch nicht für nötig, die
beduinischen Bewohner selbst oder ihre Version der Sache zu hören,
die sich auf die umfassende mündliche Überlieferung stützt, die der
primäre Weg für historische Daten in der Beduinengesellschaft sind.
Stattdessen bezog sich Prof. Kark
hauptsächlich auf Berichte von europäischen und amerikanischen
Reisenden, die die Negevwüste während des 19.Jahrhunderts besuchten.
Bei seinem Kreuzverhör konfrontierte Sfard die Zeugin mit der
Meinung vieler Wissenschaftler und Forscher in Israel und im
Ausland, die die Verlässlichkeit dieser Reisenden hinterfragen.
Da viele von ihnen als christliche
Pilger nach Palästina kamen und mehr an biblischen Antiquitäten
interessiert waren als an den Bewohnern des Negev, zeigen ihre
schriftlichen Aufzeichnungen starke Vorurteile gegenüber den
Beduinen, und da ihre Vorstellungen von dem, was ein „Dorf“ ist und
was „Landwirtschaft“ sehr von europäischen Vorstellungen abhing und
nicht auf beduinische Lebensweise anzuwenden ist, bei der Beduinen
je nach Jahreszeit zwischen einem Winter- und Sommerwohnplatz hin-
und herwandern.
Anwalt Sfard bemerkte auch, dass viele
westliche Reisende, auf die Prof. Kark ihre
Sachverständigengutachten gründet, nie das al-Arakib-Gebiet
besuchten und so dieses Gutachten für diesen Fall völlig irrelevant
machten. Sfard bemerkte außerdem, dass Prof. Kark das Zeugnis eines
westlichen Reisenden ignorierte, der Al-Arakib besuchte und schon
1807 ein Lager mit nicht weniger als 70 Zelten des al-Okbi-Stammes
vorfand , Prof. Kark antwortete darauf :“Es war ein Zeltlager und
kein Dorf. Sie waren Nomaden. Am nächsten Tag mochten sie von dort
weggezogen sein.“
Prof. Karks Kreuzverhör wird am 13.
Mai vor der Richterin Sarah Dovrat im Beer Sheba- Distriktgericht
wieder aufgenommen.
(dt. Ellen Rohlfs)
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