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 From: "Angelika Schneider" <anka.sch(at)gmx.net To: <Brief-aus-Israel(at)yahoogroups.de Subject: [Brief-aus-Israel] Aktuelles aus den besetzten Gebieten  

 

Brief aus Israel 18.11.05
 

Liebe LeserInnen,

Noch bin ich mit meinem 'Umzug nach Hause' beschäftigt, bis das letzte Chaos beseitigt ist wird es wohl noch eine Weile dauern, ich hoffe aber, jetzt oder zumindest bald wieder regelmäßiger berichten zu können.

Während dessen läuft der Terror gegen unschuldige Menschen in Palästina - nicht nur in den besetzten Gebieten, seitdem Gaza offiziell unabhängig ist - ungeschwächt weiter. Immer wieder wird im Übrigen diese Einteilung gemacht zwischen 'Schuldigen' und 'Unschuldigen', als ob es völlig in Ordnung wäre, sogenannte 'Schuldige', meist junge Leute die versuchen, sich gegen Unterdrückung uns Staatsterror zur Wehr zu setzten, mit jedem Mittel zu beseitigen. Inwiefern sind die PalästinenserInnen überhaupt als schuldig zu betrachten an einem Konflikt, der von außen völlig unprovoziert ihnen ins Land getragen wurde?

Dennoch sind die BewohnerInnen von Bil'in, die nun schon seit bald einem Jahr ohne Gewalt versuchen, den Bau des Zaunes, der den Zugang zu einem großen Teil der Wälder und Olivenhaine, von denen ihr Lebensunterhalt abhängt, verhindert, in besonderem Maße unschuldig. Man kann sich kaum vorstellen, was es bedeutet, gewaltfrei zu bleiben im Angesicht von hochbewaffneten Militärs, die sich nicht scheuen, auf unbewaffnete Männer, Frauen und Kinder zu schießen - mit Tränengas, sog. Gummigeschossen, unerträgliche Lärmgranaten (die alle Verletzungen und manchmal auch den Tod bewirken können) und auch mit scharfer Munition.
Für ohnehin risikobereite, nicht besonders trainierte Jungen würde es wohl übermenschlichen Langmut kosten, ihren Zorn nach Beendigung der gewaltfreien Demo nicht durch Steinwurfe Luft zu machen. Vielleicht noch schwieriger ist es, sich das Leiden der Eltern vorzustellen, deren Kinder mitten in der Nacht aus ihren Betten gerissen und ins Gefängnis gebracht werden, wo sie häufig sogar jahrelang ohne Prozess fest gehalten werden, häufig unter kaum menschlichen Bedingungen und, da natürlich unter diesem Regime alle Gefängnisse überquellen, häufig ohne Besuchsmöglichkeiten.

Vor Kurzem wurden in Bil'in 4 Jugendliche ergriffen und verschleppt, der jüngste nur 14 Jahre alt. Sie haben immerhin das Glück, dass ihnen der Prozess gemacht wird, wohl wegen der großen Aufmerksamkeit, die der Widerstand in Bil'in erregt hat. Das beste, was als Ergebnis zu hoffen ist, ist, dass sie gegen Kaution entlassen werden. Dies droht aber zu scheitern weil der ISM, die geholfen hat, den gewaltlosen Widerstand zu organisieren und begleiten, schlicht das Geld für die Kaution fehlt. Es wird daher inständig gebeten, Spenden für diesen Zweck zu entrichten.
Es können Schecks, ausgestellt an 'MECA (ISM-USA Fund)," direkt an den
Prozessfonds von ISM geschickt werden, und zwar an

ISM - USA
PO Box 5073
Berkeley CA 94705-0073
USA

Außerdem besteht die Möglichkeit, auf der Internetseite www.palsolidarity.org/main/donations/ durch PayPal zu zahlen. Hier kann schon eine kleine Spende viel bewirken.


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Kurz nach der Mail mit dieser Bitte - die schon fast eine Woche zurück liegt - kamen mehrere Berichte über Kinder, die durch Schüsse ins Gesicht verletzt werden. Diese kamen häufig von der M 16 eines rabiaten 20-jährigen Siedlers, Amos, der auf der illegalen Ranchsiedlung von Avri Ran lebt und nichts anderes im Kopf hat, als Palästinenser zu beschießen. Dorothy war bei einigen Gerichtsterminen gegen Avri Ran zugegen. Sie schreibt: "Es war unglaublich, wie der Richter Avri Ran (ein Randalierer, der in jedem Land, wo Gerechtigkeit gilt, im Gefängnis säße) umarmte und fast küsste und an seinen Worten hing als wären sie Honig. Es war das Ekelhafteste, das ich je gesehen habe. So ist die Gerechtigkeit in Israel, wenn es auch einige isolierte Fälle wirklicher Gerechtigkeit gibt. Vor dem Urteil war es bereits offensichtlich, wie es ausfallen würde."

Weiter schreibt sie, " Ich erhalte immer noch Emails als Antwort auf Berichte wie der obere, die mir sagen, dass die Schuld bei palästinensischen Eltern liegt, die ihre Kinder zum Kämpfen schicken. Solche Unwissenheit! Zum einen sind viele der getöteten und verletzten Kinder einfach im falschen Augenblick an der falschen Stelle gewesen, andere waren unschuldige Ziele für übende Soldaten, und auch die, die an den Demos teilnehmen werden nicht durch ihre Eltern 'geschickt'.
Jedenfalls ist diese Vorstellung von "palästinensischen Eltern die ihre Kinder zum Kämpfen schicken' falsch und lächerlich, sie entlastet nur die Psyche von denen, die sich auf diese Weise über die Palästinenser stellen können. Das rechtfertigt das Töten von Kindern, nicht wahr?"


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In Haarez wird berichtet, dass ein IDF Sprecher zur Rechtfertigung der schweren Verletzung eines 14-jährigen gesagt hätte, als Protestler sich weigerten, ihre Blockade einer Baumaschine aufzugeben, sie besondere Maßnahmen einsetzen mussten, um die Demonstranten zu vertreiben.


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In derselben Post berichten ISM Aktivisten von der Erschießung eines 14-jährigen Jungen nachts in den Bergen bei Nablus.


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Vorige Woche wurden acht der 17 Festgenommenen, hauptsächlich Jugendliche, aus Bil'in zu 2-4 monatigen Gefängnisstrafen plus 1000 NIS Bußgeld verurteilt wegen ihrer Beteiligen an den gewaltfreien Demos - darunter auch der 14jährige Abdullah Ahmed Yassin. Einem Aktivisten bot man die Entlassung gegen 10 000 NIS Kaution, die Staatsanwaltschaft kann
aber in die Berufung gehen. Die anderen acht werden weiterhin in Gewahrsam bis zu ihren Prozessen im nächsten Jahr gehalten. Die Anklage
lautete in jedem Fall Beschädigung der Barriere.


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Dagegen wurde, seltenerweise, das Urteil gegen zwei israelische Aktivistinnen aufgehoben, darunter eine Mitbegründerin der ISM, die auch in der Muqata'a Anlage bei Arafat während der Belagerung 2002 ausgeharrt hatte. Der Richter, Rafi Strauss, sagte noch, er müsse "seinen Zorn und seine Missachtung gegen das Vorgehen der Polizei zum Ausdruck bringen".

Diese hat außerdem trotz mehrere Beschwerden bisher keinerlei Schritte gegen die Siedler in Tel Rumeida ergriffen. Im Gegenteil bemüht sie sich lediglicht, Menschenrechtsbeobachter aus der Stadt zu entfernen.
Mehrere sind bereits festgenommen worden. Allerdings hat ein Richter in Jerusalem sich geweigert, der Bitte der Polizei nachzukommen, vier internationale Aktivisten abzuschieben.
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Trotz der weitergehenden Gewalt ist ein großer Hoffnungsschimmer am Himmel erschienen in der Person von Amir Perez, der neue Führer der Arbeiterpartei in Israel. Endlich verleiht einer der Mehrheit der Bevölkerung ein Stimme, die einerseits ein Ende der gewaltsamen Besetzung herbeisehnen und andererseits unter der wachsenden Schere zwischen Arm und Reich in Israel leiden und sich dagegen empören, dass die Nöte der Armen von der Regierung ignoriert während riesige Summen in die Siedlungen investiert werden - von den Rüstungsausgaben in einem der am höchsten gerüsteten Länder der Erde ganz zu schweigen. Da die Partei Sharons zugleich auseinander zu fallen droht, wächst die Hoffnung auf einen gründlichen Umschwung in der Politik Israels nach der für März angesetzten Wahlen. Gottseidank.

Gruß, Anka

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