BDS
in der Kulturszene - Hauptsache, dagegen
- 28. Januar
2019 - Thorsten Schmitz - Das anti-israelische Netzwerk BDS
nimmt in der deutschen Kulturszene zunehmend Platz ein. BDS
steht für Boykott, Abzug von Investitionen und Sanktionen.
Statt auf politische Lösungen setzt das Netzwerk auf
medienwirksame Coups.
Die Kernfrage lautet: Ist BDS wirklich nur
israelischkritisch, wie Aktivisten selbst beteuern, oder
antisemitisch? - (...) Der Konflikt zwischen Israel
und BDS kennt keine neutralen Positionen
BDS will stören, spalten, Wut säen. Er profitiert davon,
dass sich alle Hoffnung auf eine Zweistaatenlösung nach
Jahrzehnten erfolgloser Gipfeldiplomatie als Illusion
erwiesen hat. Mit ihren drei zentralen Forderungen zielt die
Bewegung auf all jene, die die rechtsnationale Politik der
israelischen Regierung ablehnen. Die BDS-Initiative ist auch
ein Ventil für diese Wut. Nur eben keine konstruktive. Ihre
Anhänger sind gegen die Besatzung, wer wäre das nicht? Aber
statt politischer Lösungen bieten sie medienwirksame Coups,
etwa dass Airbnb keine Zimmer mehr im Westjordanland
anbietet und die Hollywood-Schauspielerin Scarlett Johannson
sich rechtfertigen musste, dass sie für den israelischen
Sprudelhersteller Sodastream Werbung machte. Sodastream
betrieb eine Produktionsstätte im Westjordanland, die es
nach den BDS-Protesten schließen musste. 500 Palästinenser
verloren ihre Jobs. >>>
Dazu
von Ekkehart Drost - Sehr geehrte Chefredaktion, sehr
geehrte Frau Zekri, lieber Herr Prantl, der oben genannte
Artikel von Thorsten Schmitz hat mich heute zu einem
Leserbrief an die SZ veranlasst. Ich habe den
Brief zu Ihrer Kenntnisnahme als
Worddokument angehängt.
In seinem Artikel schreibt Ihr Journalist
"Erstaunlicherweise ist es gar nicht so einfach, mit
BDS-Aktivisten in Deutschland darüber zu sprechen. Entweder
weigern sie sich, interviewt zu werden, weil sie für eine
staatliche Institution arbeiten und ihren Job nicht
verlieren wollen. Oder sie stehen nur für
Hintergrundgespräche zur Verfügung...(...)"
Thorsten Schmitz zitiert dann Sophia Deeg, nach deren
Erfahrungen Interviews oft verfälscht oder gar nicht
wiedergegeben werden.
Herr Schmitz erweckt also beim unwissenden Leser den
Eindruck, er sei um einen mindestens ausgewogenen Artikel
über dieses in Deutschland kontroverse Thema bemüht. Diesen
Eindruck muss ich leider als eine bewusste Irreführung der
Leserschaft zur Kenntnis nehmen. Derartige Methoden habe ich
bei meiner Zeitung, der ich über 40 Jahre (trotz der
Hanitzsch-Affaire) die Treue gehalten habe, nicht für
möglich gehalten.
Denn: Kurz nachdem ich heute Mittag meinen Leserbrief auch
an meinen großen Verteiler weitergegeben hatte, erhielt ich
eine Email von Judith Bernstein, der Mitbegründerin der
ersten Jüdisch-Palästinensischen Dialoggruppe in München.
Frau Bernstein schrieb mir:
"Thorsten Schmitz hat mich anderthalb Stunden interviewt.
Ich habe ihm genau gesagt, wofür BDS steht und wie es als
Ablenkungsmanöver dient, um jede Kritik an der israelischen
Politik zu unterbinden (wir haben ja genügend Beispiele aus
München), das war aber anscheinend nicht erwünscht. Im
Nachhinein bin ich richtig froh, dass er mich nicht zitiert
hat, denn mit so einem tendenziösen Beitrag wäre ich nie
einverstanden." Und ich füge hinzu, dass die Weigerung zu
einem Interview von Sophia Deeg in diesem Lichte als sehr
berechtigt erscheint.
Es ist mir angesichts der hervorragenden Journalisten und
Korrespondenten der SZ - ich möchte hier stellvertretend nur
den wunderbaren Holger Gertz nennen - völlig unverständlich,
wie Sie bei diesem sensiblen Thema immer wieder einen
Journalisten zu Wort kommen lassen, der sich journalistisch
wiederholt einseitig auf der israelischen Regierungsseite
bewegt, der bei seiner Philippika gegen BDS kein Wort
darüber verliert, dass sämtliche israelischen Regierungen
seit über 50 Jahren die Palästinenser mit einem strikten
Boykott nicht nur von Waren und Dienstleistungen, sondern
vor allem von Menschen belegen - praktiziert mit
unnachgiebiger Härte und Brutalität. Und Thorsten Schmitz
diffamiert gebetsmühlenartig jegliche Kritik an der
israelischen Regierungspolitik als antisemitisch.
Da ich in diesem Schreiben auch Herrn Schmitz ins CC gesetzt
habe, kann er gerne bei einer mit der SZ verbundenen Zeitung
wie dem Guardian nachlesen, wie guter
Journalismus aussehen kann.
Lieber Herr Prantl, anlässlich der Kündigung
Ihres, jetzt mit einem Preis ausgezeichneten ehemaligen
Karikaturisten Dieter Hanitzsch (der ehemalige Münchner OB
Uhde hielt dabei in seiner Rede nicht mit Kritik am Vorgehen
Ihrer Redaktion zurück) hatte ich Ihnen bereits meinen
Willen zur Kündigung meines SZ-Abos mitgeteilt. Ihr
Schreiben hat mich bewogen, davon Abstand zu nehmen. Nach 40
Jahren, länger als viele Ehen halten, hat wohl jeder ein
sehr enges und nahezu persönliches Verhältnis zu seiner
Zeitung. Sie wissen um mein langjähriges Engagement für die
Menschenrechte (auch) der Palästinenser, um meine
zahlreichen Aufenthalte in den besetzten Gebieten, auch im
Namen des Weltkirchenrates. Umso mehr hat mich der Artikel
heute - groß und protzig aufgemacht - zutiefst verstört. Ich
kann von einer Kündigung nur absehen, wenn Sie ähnlich wie
der Guardian jemandem sichtbaren Raum einräumen, der
differenziert über die vielen Unterstützer und auch über
unliebsame Mitläufer informiert. Gerne kann ich Ihnen
Menschen nennen - es gibt viele, die dazu bereit wären. Mit
traurigem Gruß Ihr Ekkehart Drost
Ein
Leserbrief dazu von Ekkehart Drost
- Göttingen am 28.1.2019 - Sehr geehrte Damen und
Herren, der Artikel von Thorsten Schmitz vom 28.1. kann
nicht unwidersprochen bleiben. Ich bitte Sie daher, meinen
Brief als langjähriger (noch) SZ-Abonnent zu
veröffentlichen:
"Sie setzen auf Krawall statt Dialog" -
Mit diesem Untertitel wird der Leser bereits auf den
"richtigen Weg" geführt, als "Kronzeugen" dienen u.a.der
Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung und ein
Zeichner, "der Israelis gern mit der Hakennase malt". Ist
das seriös, Herr Schmitz? Stets die Antisemitismuskeule
schwingend, hat sich der Verfasser immer wieder
undifferenziert über die Kritiker der israelischen
Regierungspolitik geäußert. Ich kann es nur als Schande
bezeichnen, dass die SZ diesem Mann derart viel Raum
einräumt, einem Journalisten, der sich offenbar das Ziel
gesetzt hat, die israelischen Menschenrechtsverletzungen
unter dem Deckmantel der "Ausgewogenheit" zu verharmlosen.
Geradezu widerwärtig sind die Attacken auf Andreas Zumach,
dem Preisträger des Göttinger Friedenspreises 2009 und
derzeitigen Juryvorsitzenden. Genüsslich pickt Schmitz
Zitate aus Zumachs über einstündiger Rede heraus und stürzt
sich auf einen Menschen, dem der Journalist nicht das Wasser
reichen kann. Es ist beinahe müßig, sich an dieser Stelle
weiter mit Schmitz auseinanderzusetzen, zu schablonenhaft
und durchsichtig sind dessen Schmähungen.
Auf der selben Linie bewegt sich die Hetze gegen das Bündnis
zur Beendigung der israelischen Besatzung. Sind die
Beiratsmitglieder Horst Teltschik, der jüdische Professor
Alfred Grosser und der Begründer und Initiator, der 2017
verstorbene Rupert Neudeck Menschen, die man mit Gewalt in
Verbindung bringt? Mit einer perfiden Formulierung,
gleichsam juristisch abgesichert, unterstellt dies Schmitz
den Beiratsmitgliedern.
Wie oft muss man in Deutschland noch auf Israelis hinweisen,
die sich kompromisslos hinter die vielfältige, aber immer
gewaltfreie BDS-Bewegung stellen?
Avraham Burg zum Beispiel, der ehemalige Knesset-Präsident
in seinem Haaretz-Aufsatz
"What´s wrong with BDS after all?"
u.a.: "Was würden Sie an Stelle der
Palästinenser tun? Eine gewaltsame palästinensische
Rebellion? Niemals! (...) Eine diplomatische Vereinbarung?
Damit bringt man Naftali Bennett und Netanjahu nur zum
Lachen."
Die zahlreichen Artikel von Gideon Levy, Amira Hass, die
Israelis Moshe Zimmermann (jüngst in einem Interview), der
Historiker Moshe Zuckerman, der Aufruf der 100
jüdisch-israelischen Professoren im März 2013 unter dem
Titel "Wenn ihr euch Sorgen um Israel macht, dann solltet
Ihr nicht länger schweigen!", sprechen eine deutliche
Sprache. Die Aufrufe des 2017 verstorbenen israelischen
Friedensaktivisten Reuven Moskovitz, gerade als Deutscher
bei israelischen Menschenrechtsverletzungen die Stimme zu
erheben, ebenso Uri Avnery, verstorben im vergangenen Jahr
und Eva Illuz und zahllose andere jüdische Menschen mehr.
Alles Antisemiten, bestenfalls self-hating jews, Herr
Schmitz?
Warum verschweigt dier SZ permanent und mutwillig, dass es
in Deutschland mit der "Jüdischen Stimme für gerechten
Frieden e.V." eine andere Stimme gibt als den Zentralrat der
Juden? Kann die SZ wirklich von sich behaupten, hier einen
seriösen Journalismus zu vertreten?
Als Abonnent der SZ (seit 40 Jahren) habe ich schon beim
unrühmlichen Rausschmiss des Karikaturisten Dieter Hanitzsch
schwer schlucken müssen - ob mein Abo diesen Angriff auf den
gewaltfreien Widerstand gegen die Menschenrechtsverletzungen
der israelischen Regierung auch übersteht, wage ich zu
bezweifeln. Völlig unverständlich für mich, wie dieser
Artikel von Frau Zekri und Herrn Prantl offenbar abgesegnet
werden konnte!
Allein die Tatsache, dass die taz die diesbezügliche
Berichterstattung und Kommentierung der SZ noch ins Negative
übertrifft sowie die hervorragende Arbeit von Dr. Alexandra
Föderl-Schmid halten mich (noch) bei der "SZ-Stange". Mit
freundlichem Gruß Ekkehart Drost - Gründungsmitglied im
Bündnis zur Beendigung der israelischen Besatzung e.V.
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