Der
Holocaust als Rechtfertigung für
Israels völkerrechtswidrige Politik
- Erhard
Arendt - Arn Strohmeyer hat ein
neues Buch zu einem heiklen Thema
vorgelegt -
Das Buch erscheint
direkt nach Ostern
Der Holocaust war
eines der furchtbarsten Verbrechen
der Menschheitsgeschichte. Ihm
fielen nicht nur über fünf Millionen
Juden zum Opfer, sondern auch
Millionen anderer Menschen, die in
der Ideologie der
Nationalsozialisten „unwertes Leben“
darstellten. In Deutschland spielt
diese monströse Untat in der Politik
und im Alltagsleben kaum noch eine
Rolle, sie findet bestenfalls in
Reden an Gedenktagen noch
routinemäßige Erwähnung. Anders in
Israel. Hier ist der Holocaust auf
staatliches Betreiben hin tief in
das Bewusstsein der Menschen
eingedrungen, er bestimmt alle
Bereiche des Lebens, er ist dort
allgegenwärtig. Ja, er ist zu einem
Teil der israelischen Identität
geworden. Die israelische Politik
ist auch nie davor zurückgeschreckt,
den Holocaust als moralisches
Kapital für die eigenen Interessen
einzusetzen und ihn für das
Erreichen politischer Ziele zu
instrumentalisieren.
Titelblattentwurf
von Erhard Arendt
So benutzt Israel die
deutsche historische Schuld ganz
bewusst als Druckmittel gegenüber
deutschen Regierungen. Israel
rechtfertigt aber auch seine
völkerrechtswidrige Besatzungs-,
Landraub- und Siedlungspolitik
gegenüber den Palästinensern und
damit die massive Verletzung der
Menschenrechte mit dem Holocaust.
Damit begibt sich dieser Staat nicht
nur in ein großes moralisches
Dilemma, sondern er nimmt offenbar
auch einen großen Verlust seiner
moralischen Glaubwürdigkeit in Kauf.
Eine solche Rechtfertigung seiner
Politik stellt zugleich auch eine
extreme Trivialisierung dieses
Mega-Verbrechens dar. Der Autor
kritisiert einen solchen unwürdigen
Umgang mit den Toten des Holocaust
und versucht eine Antwort auf die
Frage zu geben: Wie können wir uns
heute angemessen erinnern?
Strohmeyer stützt
sich in seiner Studie auf die
Arbeiten vieler jüdischer und
israelischer Historiker und
Publizisten – Autoren, die Distanz
zum zionistischen Israel haben. Der
Verfasser schildert das
widersprüchliche Verhältnis, das die
zionistischen Juden zum Holocaust
hatten und haben. Die vorstaatliche
israelische Gesellschaft (der
Jischuw) hat, während die Verbrechen
an den europäischen Juden in den
Vernichtungslagern geschahen, wenig
Interesse an diesen Vorgängen
gezeigt. Was den Zionisten nach dem
Krieg den Vorwurf eintrug, nichts
oder zu wenig zur Rettung der Juden
getan zu haben. So argumentierte
etwa der Holocaust-Forscher Saul
Friedländer, der dem ersten
israelischen Ministerpräsidenten
David Ben Gurion vorwarf, das Wesen
des Holocaust gar nicht verstanden
zu haben.
Nach der
Staatsgründung 1948 wurde der
Holocaust in Israel eher mit
Schweigen übergangen. Die
Überlebenden, die ins Land gekommen
waren, wurden fast mit Verachtung
behandelt, weil man ihnen vorwarf,
sich nicht gewehrt zu haben und sich
wie Lämmer hätten zur Schlachtbank
hätten führen lassen. Erst der
Prozess gegen Adolf Eichmann brachte
die Wende. Ben Gurion benutzte die
Aburteilung dieses NS-Verbrechers
als großen Schauprozess, um den
Israelis und den Juden der Welt die
neue jüdische Stärke zu
demonstrieren: Der Eichmann-Prozess
war das Mittel, mit dem Ben Gurion
die nationale Einheit erneuern
wollte, aber dazu musste die
absolute politische Macht des
Holocaust und seiner Opfer
instrumentalisiert werden. Der
Prozess sollte auch zeigen, dass er
[Ben Gurion] den Holocaust nicht
„vergessen“, das Andenken der Opfer
nicht für deutsches
Wiedergutmachungsgeld „verkauft“ und
alles getan hatte, um die bedrohten
Juden in Europa zu retten. Seitdem
ist der Holocaust vor allem auch ein
Mittel zum Zweck des Erreichens und
der Rechtfertigung politischer Ziele
geworden.
Es gibt nicht wenige
israelische Intellektuelle, die auf
die Gefahren hinweisen, die es
bedeutet, wenn sich ein Staat oder
eine politische Kultur in
seinem/ihrem Handeln so gut wie
ausschließlich auf die Toten der
Vergangenheit beruft – und das auch
noch in völlig einseitig
partikularistisch-ethnischer und
nicht universalistischer Weise.
Strohmeyer weist vor allem darauf
hin, dass gerade diese Sichtweise
eine Verständigung mit den
Palästinensern unmöglich macht. Denn
nicht der Antisemitismus, den Israel
diesem Volk unterstellt, ist der
Grund für die Unlösbarkeit des
Konflikt zwischen den beiden
Völkern, sondern einerseits Israels
siedlerkolonialistische Ideologie
und andererseits seine
Selbstdarstellung, unter Berufung
auf den Holocaust selbst das Opfer
in dieser Auseinandersetzung zu
sein. Dies ist eine Deutung der
historischen und politischen
Ereignisse in Palästina, die alle
Realitäten auf den Kopf stellt. Dass
es ist die Pflicht der
internationalen Gemeinschaft und
gerade auch Deutschlands ist, hier
korrigierend einzugreifen und Druck
auf Israel auszuüben, macht der
Verfasser überaus deutlich.
Arn Strohmeyer:
Erinnern – aber wie? Israel zwischen
Holocaust-Gedenken und
Besatzungsunrecht, Gabriele Schäfer
Verlag Herne; ISBN
978-3-944487-38-0, 14,90 Euro
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